BGH Beschluss v. - I ZB 93/10

Zwangsvollstreckung: Verweigerung der Vollstreckung bei Zweifeln an der Parteiidentität wegen nicht in der Vollstreckungsklausel vermerkter Namensänderung oder Umfirmierung

Leitsatz

1. Die bloße Änderung des Namens oder der Firma einer Partei steht der Vollstreckung eines Titels dann nicht entgegen, wenn der Gläubiger die Personenidentität dem zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachweist .

2. Dass die Namensänderung bzw. Umfirmierung einer Partei in der Vollstreckungsklausel nicht vermerkt ("beigeschrieben") wird, führt lediglich dazu, dass das zuständige Vollstreckungsorgan, das zu eigenen Ermittlungen hinsichtlich der Parteiidentität zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, die Durchführung der Vollstreckung mit der Begründung verweigern kann, diese Identität lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen .

Gesetze: § 727 ZPO, § 750 ZPO

Instanzenzug: LG Darmstadt Az: 5 T 511/10 Beschlussvorgehend AG Rüsselsheim Az: 41 M 2185/10

Gründe

1I. Die Gläubigerin, die früher als "Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG" firmiert hat und seit mit ihrer gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom geänderten Firma UniCredit Bank AG ins Handelsregister eingetragen ist, betreibt gegen die Schuldnerin aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde vom die Zwangsvollstreckung. Nachdem ein Vollstreckungsversuch erfolglos geblieben und die Schuldnerin dem daraufhin anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unentschuldigt ferngeblieben war, ist auf Antrag der Gläubigerin gegen die Schuldnerin am Haftbefehl ergangen. Die von der Schuldnerin dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.

2Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Gläubigerin beantragt, verfolgt die Schuldnerin ihren Antrag auf Aufhebung des gegen sie am ergangenen Haftbefehls weiter.

3II. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

4Ein Gläubiger, der nach einer zwischenzeitlich erfolgten Namensänderung die Zwangsvollstreckung weiterbetreibe, bedürfe nur dann einer neuen vollstreckbaren Ausfertigung, wenn seine Identität nicht eindeutig festgestellt werden könne. Danach sei im Streitfall keine neue oder geänderte Vollstreckungsklausel erforderlich. Die Gläubigerin sei nicht Rechtsnachfolgerin der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG, sondern dieselbe (juristische) Person, die lediglich ihre Firma geändert habe. Ob die Identität zwischen der vollstreckenden und der im Titel bezeichneten Gläubigerin bereits offenkundig sei, könne dahinstehen; denn dies ergebe sich zumindest aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug. Für eine seitens der Schuldnerin völlig unsubstantiiert behauptete Verschmelzung der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG auf eine schon vorher existierende UniCredit AG bestünden keinerlei Anhaltspunkte.

5III. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

61. Das Beschwerdegericht ist mit Recht und insoweit von der Rechtsbeschwerde auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass die bloße Änderung des Namens oder der Firma einer Partei der Vollstreckung eines Titels dann nicht entgegensteht, wenn der Gläubiger die Personenidentität dem zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachweist (vgl. BayObLG, NJW 1956, 1800 f.; LG Hannover, JurBüro 2005, 275; LG Augsburg, Beschluss vom - 4 T 4358/08, juris Rn. 54; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 750 Rn. 13 und 20, jeweils mwN).

72. Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, die Gläubigerin habe diesen Nachweis mit der von ihr vorgelegten notariell beglaubigten Abschrift der "Bescheinigung aus dem Handelsregister" des Notars Dr. K.  vom geführt.

8a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde unterliegt der Beweiswert einer von einem Notar aufgrund Einsicht in das elektronische Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts erstellten Bescheinigung über die dortigen Akteneintragungen keinen grundsätzlichen Bedenken.

9b) Aus der Bescheinigung des Notars Dr. K.  vom ergibt sich, dass die Gläubigerin früher als Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft firmiert hat. Damit ist insoweit keine Rechtsnachfolge eingetreten. Dass der Grund für die Umfirmierung darin lag, dass die Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft zur selben Zeit von der UniCredit-Unternehmensgruppe übernommen wurde, ist unerheblich.

10c) Aus der Bescheinigung vom ergibt sich zwar des Weiteren, dass die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank Aktiengesellschaft, auf die der hier zu vollstreckende Titel lautete, gemäß Eintragung vom auf die gemäß Eintragung vom selben Tag in "Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft" umfirmierte Bayerische Vereinsbank Aktiengesellschaft verschmolzen worden ist. Dem Erfordernis der Klauselumschreibung, das damit entstanden war (vgl. , juris Rn. 7; Kroppenberg in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 727 Rn. 4), ist jedoch ausweislich der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde mit der am erfolgten Erteilung einer entsprechend geänderten vollstreckbaren Ausfertigung entsprochen worden.

11d) Es liegt fern, dass die Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, der diese geänderte Vollstreckungsklausel erteilt worden ist, nicht personenidentisch mit der namensgleichen Aktiengesellschaft war, die nach der am erfolgten Eintragung ins Handelsregister in die Gläubigerin des vorliegenden Verfahrens umfirmiert wurde. Diese Möglichkeit brauchte daher auch von den Vorinstanzen ohne entsprechenden Vortrag der Schuldnerin nicht in Betracht gezogen zu werden.

12e) Die von der Schuldnerin vorgelegten gerichtlichen Entscheidungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung, weil sie - jedenfalls soweit ersichtlich - die am in das Handelsregister eingetragene Umfirmierung der Gläubigerin fälschlich als Rechtsnachfolge bewerten. Die von der Schuldnerin des Weiteren vorgelegte Vollstreckungsklausel vom ist der Gläubigerin aufgrund (vermeintlicher) Offenkundigkeit erteilt worden. Damit stellte der Umstand, dass die Gläubigerin dort als Rechtsnachfolgerin der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG bezeichnet worden ist, ebenfalls kein aussagekräftiges Indiz für eine Rechtsnachfolge dar.

133. Das Beschwerdegericht hat es mit Recht auch als verzichtbar angesehen, dass die Umfirmierung in der Vollstreckungsklausel vermerkt ("beigeschrieben") wurde (vgl. IXa ZB 262/03, DGVZ 2004, 73, 74; MünchKomm.ZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 726 Rn. 69; Walker in Schuschke/Walker aaO § 750 Rn. 13 und 20; aA Musielak/Lackmann, ZPO, 8. Aufl., § 727 Rn. 1; Kroppenberg in Prütting/Gehrlein aaO § 727 Rn. 4; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., Einf §§ 727-729 Rn. 5 "Neuer Name"). Die Rechtsbeschwerde weist in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf hin, dass im Zwangsvollstreckungsrecht der Grundsatz der Formstrenge gilt und dass die Vollstreckungsorgane in Fällen, in denen die Bezeichnung des Titelgläubigers von der Bezeichnung desjenigen abweicht, der die Vollstreckung betreibt, keine Verpflichtung zu eigenen Ermittlungen trifft. Entscheidend ist hier vielmehr, dass die Vollstreckungsorgane berechtigt sind, die Frage der Identität der Parteien zu prüfen. Ein Vollstreckungsgläubiger, der es unterlässt, einen die Identität klarstellenden Vermerk bei der Stelle zu erwirken, die die vollstreckbare Ausfertigung des Titels erstellt (hat), läuft daher zwar Gefahr, dass das Vollstreckungsorgan die Durchführung der Vollstreckung mit der Begründung verweigert, die Parteiidentität lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen. Das Vollstreckungsorgan ist aber nicht gehindert, die Identität der Parteien mit den in der Vollstreckungsklausel genannten Personen im Wege eigener Ermittlungen festzustellen. Wer als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen wird, wird hierdurch nicht unbillig belastet; denn ihm steht die Möglichkeit offen, die Bejahung der Identität durch das Vollstreckungsorgan mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen anzugreifen.

14IV. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde unbegründet und deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Fundstelle(n):
BB 2011 S. 2177 Nr. 36
NJW 2011 S. 8 Nr. 37
NJW-RR 2011 S. 1335 Nr. 19
NWB-Eilnachricht Nr. 45/2011 S. 3751
WM 2011 S. 1665 Nr. 35
ZIP 2011 S. 2030 Nr. 42
XAAAD-90506