BAG Urteil v. - 5 AZR 135/09

Kleine dynamische Bezugnahmeklausel - Tarifsukzession - ergänzende Vertragsauslegung - Chefarztvergütung

Gesetze: § 133 BGB, § 157 BGB, § 242 BGB, § 2 Abs 1 TVÜ-VKA, § 4 Abs 1 TVÜ-VKA, § 19 Abs 2 TVÜ-VKA, § 1 Abs 2 TV-Ärzte/VKA, § 16 TV-Ärzte/VKA

Instanzenzug: ArbG Oldenburg (Oldenburg) Az: 5 Ca 30/08 E Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 16 Sa 901/08 E Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Vergütung nach dem zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom (im Folgenden: TV-Ärzte/VKA) beanspruchen kann.

Die Beklagte ist Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband und betreibt ein Krankenhaus. Der 1943 geborene Kläger war vom bis als leitender Abteilungsarzt (Chefarzt) der Medizinischen Klinik beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 16./ vereinbarten die Parteien ua.:

3Nach der Ersetzung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (im Folgenden: BAT) durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom (im Folgenden: TVöD) zum vergütete die Beklagte den Kläger nach Maßgabe dieses Tarifvertrags. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 15Ü der Anlage 1 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-VKA) vom .

4Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seit dem stehe ihm eine Vergütung nach Entgeltgruppe IV des TV-Ärzte/VKA zu. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe die Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA. Bei letzterem handele es sich um einen seit dem geltenden speziellen und sachnäheren Ärztetarifvertrag für die an kommunalen Krankenhäusern beschäftigten Ärztinnen und Ärzte. Der TVöD sei dagegen ein allgemeiner, berufsgruppenübergreifender Tarifvertrag für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Hinzu komme, dass alle bei der Beklagten beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Chefärzte nach dem TV-Ärzte/VKA bezahlt würden.

Der Kläger hat beantragt

6Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Kläger sei aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zum in die Entgeltgruppe 15Ü TVöD übergeleitet worden. Mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA sei der TVöD nicht ersetzt worden. Ein Wille der Arbeitsvertragsparteien, von zwei Tarifwerken dasjenige zu wählen, welches die höchste Vergütungsgruppe enthalte, lasse sich weder dem Vertrag noch den sonstigen Umständen als hypothetischer Parteiwille entnehmen. Zudem gelte der TV-Ärzte/VKA nicht für Chefärzte.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Gründe

8Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA.

9I. Der TV-Ärzte/VKA findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Unabhängig von der fehlenden beiderseitigen Tarifgebundenheit gilt der TV-Ärzte/VKA nicht für Chefärzte, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA. Chefärzte werden nach ausdrücklicher Regelung vom persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags nicht erfasst. Darüber hinaus sind nach § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA in Entgeltgruppe IV (nur) Leitende Oberärzte, denen die ständige Vertretung des Chefarztes übertragen ist (zu den Eingruppierungsmerkmalen des § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA vgl.  - AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 5), nicht aber Chefärzte eingruppiert.

10II. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA ergibt sich nicht aus dem Arbeitsvertrag.

111. Gemäß § 8 Abs. 1a des Arbeitsvertrags erhält der Kläger für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich als feste Vergütung Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend VergGr. I der Anlage 1a zum BAT in der für Mitglieder der VKA jeweils gültigen Fassung. Bei Ersetzung des BAT oder des maßgeblichen Vergütungstarifvertrags tritt an die Stelle der VergGr. I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrags unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen. Diese Vereinbarung enthält eine kleine dynamische Bezugnahme.

12a) Bei § 8 Abs. 1a des Arbeitsvertrags handelt es sich um eine Klausel, wie sie vielfach, auch in Verträgen anderer Chefärzte der Beklagten, verwendet wird und damit um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB), zumindest unstreitig um typische Erklärungen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( - Rn. 24 mwN, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ( - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13). Das gilt auch für die Auslegung typischer Erklärungen.

13b) Danach enthält § 8 Abs. 1a des Arbeitsvertrags eine kleine dynamische Bezugnahme.

14In § 8 Abs. 1a knüpfen die Parteien die Vergütung, obwohl Leitende Ärzte (Chefärzte) nach § 3 Buchst. i BAT von dessen Geltungsbereich ausgenommen sind und dementsprechend die Vergütungsordnungen zum BAT keine Eingruppierungsmerkmale für Chefärzte enthalten, pauschal an die VergGr. I der für den Bereich VKA geltenden Vergütungsordnung einschließlich der in § 26 BAT vorgesehenen Struktur einer Gesamtvergütung bestehend aus der Grundvergütung und dem Ortszuschlag an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Die Vergütung soll sich nach der VergGr. I des BAT in der jeweils gültigen Fassung richten. Damit wollte die Beklagte das in ihrem Krankenhaus geltende Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes auch für die Vergütung der Chefärzte im dienstlichen Aufgabenbereich anwenden und die dort stattfindende Vergütungsentwicklung nachvollziehen (vgl.  -; - 5 AZR 888/08 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind ( - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338; vgl. auch - 5 AZR 128/05 - Rn. 22, BAGE 116, 185).

15c) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel trägt allerdings neben der Erstreckung auf den TVöD auch eine solche auf den TV-Ärzte/VKA. Denn beide haben den BAT durch Tarifsukzession (vgl. dazu  - Rn. 19 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) ersetzt, § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA, § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-Ärzte/VKA) vom . Der BAT wurde auf Gewerkschaftsseite nicht nur von der Gewerkschaft ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossen, diese handelte aufgrund einer 1994 zwischen der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) und dem Marburger Bund geschlossenen Vereinbarung zugleich für den Marburger Bund, der im Jahre 2005 gegenüber der Gewerkschaft ver.di die zum Abschluss von Tarifverträgen erteilte Vollmacht widerrief, zugleich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zu Tarifvertragsverhandlungen über einen Tarifvertrag für Ärzte aufforderte und den BAT zum kündigte (vgl. dazu  (A) - Rn. 3, AP TVG § 3 Nr. 46 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 23; Bayreuther NZA 2009, 935).

162. Eine Auflösung der nach Vertragsschluss und bedingt durch die Tarifpluralität auf tariflicher Ebene eingetretenen Regelungspluralität hat durch ergänzende Vertragsauslegung zu erfolgen.

17a) Die Parteien wollten mit der Klausel des § 8 Abs. 1a des Arbeitsvertrags den den vereinbarten Tarifvertrag ersetzenden in Bezug nehmen, haben aber bei Abschluss des Arbeitsvertrags aufgrund der damaligen Tarifpraxis nicht bedacht (und auch nicht bedenken können), dass später auf tariflicher Ebene Tarifpluralität eintreten könnte. Die Vergütung kann sich nach dem Wortlaut nach mehreren unterschiedlichen Tarifverträgen richten, während die Parteien die Orientierung ihrer Vergütung an (nur) einem Tarifwerk gewollt haben. Damit ist nachträglich ein regelungsbedürftiger Sachverhalt entstanden, denn die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt nicht, nach welchem Tarifwerk sich die Vergütung richten soll, wenn es durch den späteren Abschluss mehrerer Tarifverträge nachträglich mehrere mögliche Bezugnahmeobjekte gibt.

18b) Mithin ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung nach dem ihr zugrunde liegenden Regelungsplan zu vervollständigen und zu fragen, nach welchem Tarifwerk die Parteien ihre Vergütung gerichtet hätten, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass der BAT durch mehrere Tarifverträge ersetzt werden könnte. Als redliche Vertragsparteien hätten die Parteien dasjenige ersetzende Tarifwerk gewählt, das überhaupt eine Vergütungsgruppe enthält, die die im Arbeitsvertrag benannte „Vergütungsgruppe I BAT“ ersetzt oder ihr am nächsten kommt. Eine „Überleitung“ bzw. „Ersetzung“ der VergGr. I der Vergütungsordnung zum BAT erfolgte nur durch die Entgeltgruppe 15Ü TVöD (§ 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. der Anlage 1 TVÜ-VKA, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA). Damit erhält der Kläger genau die Vergütung, die er arbeitsvertraglich vereinbart hat ( -).

19Die Entgeltgruppe 15Ü TVöD ist - jedenfalls bislang - auch dynamisch, ihre Tabellenwerte wurden zum , , sowie 1. Januar und erhöht. Dagegen enthält der TV-Ärzte/VKA überhaupt keine der VergGr. I der Vergütungsordnung zum BAT entsprechende Entgeltgruppe und hat zudem ein gegenüber dem früheren BAT vollständig neues Eingruppierungssystem für die von ihm erfassten Ärztinnen und Ärzte (also nicht für Chefärzte) geschaffen, §§ 16 ff. TV-Ärzte/VKA. Einer derartigen diskontinuierlichen Ersetzung ihrer Vergütungsabrede hätten redliche Vertragsparteien nicht den Vorzug gegenüber der mit einer Vergütung entsprechend Entgeltgruppe 15Ü TVöD kontinuierlichen Entwicklung gegeben (ähnlich Anton ZTR 2009, 2, 5). Es wäre keine angemessene Lösung, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Vergütungsvereinbarung und die Vergütung der Parteien auf ein „neues System“ umzustellen, wenn ein die Kontinuität der bisherigen Vergütungsabrede wahrendes Vergütungssystem zur Verfügung steht. Dass über die von den Parteien gewollte Dynamisierung der Vergütung hinaus der Kläger auch an strukturellen Änderungen der tariflichen Vergütungsregelungen oder an neuen Entgeltsystemen für Ärzte, die nicht Chefärzte sind, teilhaben soll, lässt sich dem Regelungsplan des § 8 Abs. 1a des Arbeitsvertrags nicht entnehmen (vgl. zu einer gleichlautenden Klausel  -). Dafür hat der Kläger auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte vorgebracht.

20c) Ein anderes Auslegungsergebnis lässt sich nicht damit begründen, der TV-Ärzte/VKA sei der „speziellere“ Tarifvertrag. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem tatsächlich so ist (verneinend etwa Bayreuther NZA 2009, 935: „tarifrechtlich (…) gleichwertig“). Jedenfalls für Chefärzte ist der TV-Ärzte/VKA schon deshalb nicht „spezieller“, weil er für sie ebenso wie der TVöD nicht gilt, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA, und keine Regelungen für die Berufsgruppe der Chefärzte enthält. Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel, die dazu dient, eine Tarifkonkurrenz aufzulösen (vgl. dazu ErfK/Franzen 11. Aufl. § 4 TVG Rn. 65 ff. mwN;  - Rn. 49, AP TVG § 3 Nr. 48 = EzA TVG § 3 Nr. 34). Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen ( - Rn. 20, BAGE 124, 34; - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 99, AP TVG § 3 Nr. 46 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 23). Für die ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb das tarifrechtliche Prinzip der Spezialität ohne Belang, sofern sich nicht aus dem Regelungsplan des Vertrags Gegenteiliges ergibt.

21d) Soweit der Kläger in der Revision auf das Urteil des Vierten Senats des - 4 AZR 796/08 - Rn. 39 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48) hinweist, führt dies ebenfalls nicht zu einem anderen Auslegungsergebnis. Der Vierte Senat führt in der angezogenen Entscheidung zu einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag eines Erziehers aus, nach Sinn und Zweck einer Inbezugnahme tariflicher Regelungen sei ua. das dem BAT nachfolgende Tarifwerk zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des Öffentlichen Dienstes erbracht würden. Im Weiteren wird erörtert, dass der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder sachnäher als der TVöD sei. Die Sachnähe zum TV-Ärzte/VKA fehlt jedoch, weil der TV-Ärzte/VKA für Chefärzte nicht gilt und zudem keine der VergGr. I BAT entsprechende bzw. aus dieser überleitende Vergütungsgruppe enthält. Sie ist im Gegenteil gerade im Hinblick auf die Entgeltgruppe 15Ü TVöD gegeben. Allein, dass der Kläger Arzt ist, führt nicht zu einer doppelten Ersetzung der vereinbarten Vergütungsgruppe (zunächst am und sodann erneut am ). Auch der (nicht festgestellte) Organisationsgrad von Chefärzten beim Marburger Bund und die Tatsache, dass dieser ggf. auch Interessen von Chefärzten vertritt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Marburger Bund einen Entgelttarifvertrag abgeschlossen hat, der nach seinem persönlichen Geltungsbereich Chefärzte erfasst.

22e) Eine Vergütung entsprechend dem TV-Ärzte/VKA hätten die Parteien nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien auch nicht deshalb vereinbaren müssen, weil Chefärzte stets mehr verdienen müssten als ihr in Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA eingruppierter ständiger Vertreter.

23Einen allgemeinen Grundsatz, ein Vorgesetzter sei stets höher zu vergüten als seine ihm unterstellten Mitarbeiter, gibt es im Arbeitsrecht ebenso wenig wie ein „Abstandsgebot“ ( -; vgl. für tarifliche Vergütungsregelungen auch - 6 AZR 665/08 - AP TVÜ § 4 Nr. 1). Überdies erzielt ein Chefarzt aufgrund der Einräumung des Liquidationsrechts als variablen weiteren Vergütungsbestandteil neben der Festvergütung in der Regel ein höheres Einkommen als die ihm unterstellten Ärzte. Genauso wenig lässt sich (entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts) dem Regelungsplan der Parteien entnehmen, dass der Kläger mit der Grundvergütung immer genauso viel verdienen müsse, wie ein ihm unterstellter Oberarzt. Der Vertrag spiegelt lediglich einen Willen der Parteien wider, dem Kläger die höchste bei Abschluss des Vertrags bekannte Vergütungsgruppe zu gewähren. Die vertragliche Orientierung an der VergGr. I BAT lässt noch nicht einmal einen Schluss auf die Vereinbarung einer arztspezifischen Vergütung zu.

24f) Eine Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung käme selbst dann nicht in Betracht, wenn die Beklagte allen Ärzten, die nicht Chefärzte sind und die sie vor dem nach der Vergütungsordnung zum BAT vergütete, ab Vergütung nach dem TV-Ärzte/VKA gewähren würde. Aus einer zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags erfolgten, der damaligen Tarifeinheit im öffentlichen Dienst folgenden einheitlichen Anwendung eines tariflichen Vergütungssystems auf alle bei ihr beschäftigten Ärzte einschließlich der Chefärzte ließe sich ein hypothetischer Wille der Beklagten, daran bei späterer Tarifpluralität für Ärzte, die nicht Chefärzte sind, festhalten zu wollen, nicht herleiten. Dafür bietet der Regelungsplan des § 8 Abs. 1a des Arbeitsvertrags keine Anhaltspunkte.

25Auch der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz - so er im Bereich der Vergütung trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit überhaupt Anwendung findet (vgl. dazu  - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; - 5 AZR 168/09 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22) - könnte in diesem Falle die Beklagte nicht zur „Überleitung“ der Chefärzte in den TV-Ärzte/VKA verpflichten, weil eine Differenzierung zwischen der Gruppe der Chefärzte und der Gruppe der „sonstigen Ärzte“ schon aufgrund von § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA sachlich gerechtfertigt wäre.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
SAAAD-90470