NWB Nr. 34 vom Seite 2833

Deutsches Schwarzgeld in der Schweiz wird besteuert

Dr. Sebastian Engler | Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater bei Leisner Rechtsanwälte München/Zürich

Die Eckpunkte des Steuerabkommens stehen

Der Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz ist beendet. Seit Anfang dieses Jahres verhandelten Vertreter beider Staaten über den Abschluss eines Abkommens zur Regelung offener Steuerfragen. Am sind die Verhandlungen nun abgeschlossen und ein Abkommenstext paraphiert worden. Nach Unterzeichnung durch die Regierungen wird der genaue Wortlaut in den nächsten Wochen veröffentlicht werden. Die wesentlichen Eckpunkte sind jedoch bereits bekannt.

Kernstück des geplanten Steuerabkommens ist die vergangenheitsbezogene Nachbesteuerung von deutschem unversteuertem Vermögen bei Schweizer Banken. Die Banken werden insoweit jeweils 19–34 % des Vermögensbestands einbehalten und anonym an den deutschen Fiskus abführen. Die genaue Höhe ist abhängig von der Dauer der Kundenbeziehung sowie des Anfangs- und des Endbestands des angelegten Kapitals. Durch den Abzug sollen die Betroffenen Steuer- und Straffreiheit für die Vergangenheit erlangen. Künftige Kapitalerträge werden ebenfalls über eine von den Banken einzubehaltende anonyme Abgeltungsteuer erfasst. Die Höhe beträgt 26,375 %. Dies entspricht der deutschen Abgeltungsteuer von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag. Bemerkenswert ist, dass damit Institutionen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes zu Erhebungsstellen des deutschen Fiskus gemacht werden. Um zu verhindern, dass weiter unversteuertes Geld in der Schweiz angelegt wird, können deutsche Behörden künftig Auskunftsgesuche stellen, die den Namen des Kunden, nicht jedoch den der Bank enthalten müssen. Die Gesuche bedürfen eines Anlasses und sind auf eine Anzahl von 750 bis 999 innerhalb von zwei Jahren beschränkt. Sie dürfen aber nicht für „fishing expeditions” genutzt werden. Deutschland hat sich zudem dazu verpflichtet, keine weiteren „Steuer-CDs” anzukaufen. Die Strafverfolgung von Schweizer Bankmitarbeitern wegen möglicher Beihilfe zu Steuerdelikten deutscher Kunden soll künftig unterbleiben. Ferner wird den Schweizer Banken ein erleichterter Zutritt zum deutschen Markt gewährt werden.

Das Abkommen soll zum in Kraft treten. Es bestehen jedoch noch politische Risiken. Als völkerrechtlicher Vertrag muss das Abkommen zunächst noch von den nationalen Gesetzgebungsorganen bestätigt werden. In Deutschland ist auch die Zustimmung des Bundesrats notwendig. Die geplante Besteuerung der Vergangenheit kann in einigen Fällen günstiger sein als die reguläre – verbunden mit dem Sahnehäubchen der Straffreiheit. Ob dies bei den aktuellen Mehrheitsverhältnissen im deutschen Bundesrat Zustimmung erfährt, bleibt abzuwarten. In der Schweiz kann es zu einer Volksabstimmung kommen, deren Ausgang ungewiss ist.

Für die Beratungspraxis bleibt zu hoffen, dass die Bedingungen der geplanten Abgeltungsteuer für die Vergangenheit bald feststehen, damit der regelmäßig günstigere Weg der Selbstanzeige beschritten werden kann.

Sebastian Engler

Fundstelle(n):
NWB 2011 Seite 2833
NWB PAAAD-89075