BGH Beschluss v. - XI ZB 36/10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG München I, 29 O 25414/09 vom OLG München, 19 W 2237/10 vom

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom hat der Kläger Rechtsbeschwerde gegen den eingelegt, mit dem die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom als unzulässig verworfen worden ist. In der Rechtsbeschwerdeschrift ist die Beklagte zu 1) neben der Beklagten zu 2) als Rechtsbeschwerdegegnerin aufgeführt. Der angefochtene Beschluss lag der Rechtsbeschwerdeschrift bei. In dem angefochtenen Beschluss ist die Beklagte zu 1) neben der Beklagten zu 2) als Beschwerdegegnerin bezeichnet. In ihm heißt es:

"Mit dem angefochtenen Beschluss vom , dem Kläger zugestellt am , hat das Landgericht das Verfahren in Richtung auf die Beklagte zu 2), die Musterbeklagte des Verfahrens KAP 1/07 am Oberlandesgericht München ist, gem. § 7 KapMuG ausgesetzt (Bl. 139 d.A.). Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom (Bl. 140 ff. d.A.), ... . "

Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung vom sind auch der Beklagten zu 1) zugestellt worden.

Nach Zustellung der Rechtsbeschwerdebegründung hat sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom erstmals zur Akte gemeldet und beantragt,

"die Rechtsbeschwerde des Klägers kostenpflichtig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen, soweit diese sich gegen die Beklagte zu 1 richtet."

Mit Beschluss vom hat der erkennende Senat auf die Rechtsmittel des Klägers die Beschlüsse des Beschwerdegerichts und des Landgerichts aufgehoben. In dem Rubrum des Beschlusses ist die Beklagte zu 1) nicht aufgeführt. Ihr Antrag ist in dem Beschluss nicht beschieden.

II. Die Beklagte möchte mit ihrem Antrag entsprechend § 321 ZPO erreichen, dass der Senatsbeschluss vom insoweit ergänzt wird, als sie als Beschwerdegegnerin in das Rubrum aufgenommen und ihr Antrag auf Verwerfung bzw. Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beschieden wird. Damit kann sie keinen Erfolg haben, da sie nicht Partei des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens ist.

1.a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet sich das Rechtsmittel in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 12 und vom - IX ZR 207/08, Rn. 2 mwN). Letztlich kommt es aber für die Frage, ob eine Beschränkung der Anfechtung gewollt ist, auf eine verständige Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist an (vgl. BGH aaO). Dabei sind an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners weniger strenge Anforderungen zu stellen als an die des Rechtsmittelführers. Eine Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, etwa daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden. Dies ist jedoch nicht zwingend. Auch aus einer beigefügten Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils können sich entscheidende Hinweise auf den Umfang der Anfechtung ergeben. Hierbei kommt insbesondere der Frage Bedeutung zu, ob eine Beschränkung des Rechtsmittelangriffs auf einen Teil der bisherigen Prozessgegner in Anbetracht des der Vorinstanz unterbreiteten Streitstoffes ungewöhnlich oder gar fernliegend (vgl. , NJW-RR 2011, 281 Rn. 12) bzw. - umgekehrt - naheliegend oder gar zwingend erscheint.

b) Gemessen an diesen Maßstäben war bereits anhand des mit der Rechtsmittelschrift eingereichten offensichtlich, dass das Rechtsmittel sich ausschließlich gegen die Beklagte zu 2) richtet. Im Rubrum des Beschlusses ist zwar auch die Beklagte zu 1) aufgeführt und als Beschwerdegegnerin bezeichnet. Jedoch ergibt sich aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses eindeutig, dass beschwert durch den Beschluss ausschließlich der Kläger in Bezug auf die Beklagte zu 2) ist, da die Aussetzung des Landgerichts sich ausschließlich in Bezug auf das Rechtsverhältnis zur Beklagten zu 2) richtet, die Musterbeklagte in dem Verfahren KAP 1/07 war. Das Rechtsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1) war demnach durch den Beschluss überhaupt nicht betroffen.

2. Schutzwürdige Belange der Beklagten zu 1) rechtfertigen auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der formellen Beschwer keine abweichende Entscheidung. Für die bereits im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertretene Beklagte, eine deutsche Großbank mit eigener Rechtsabteilung, war von Anfang an klar erkennbar, dass sie nicht Beschwerdegegnerin war und damit auch die Rechtsbeschwerde sich nicht gegen sie richtete.

Im Beschwerdeverfahren hat der Kläger bereits mit Schriftsatz vom klargestellt, dass sich seine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom richtet, das das Verfahren ausgesetzt hat, "soweit es sich gegen die U. AG richtet". Im Aussetzungsbeschluss des heißt es im Tenor ausdrücklich, dass das Verfahren gemäß §§ 7 Abs. 1, 9 Satz 1 KapMuG i.V.m. § 128 Abs. 4 ZPO ausgesetzt wird, "soweit es sich gegen die U. AG richtet". Es bestand danach aus der Sicht der anwaltlich beratenen und juristisch versierten Beklagten zu 1) von vornherein kein Anlass, einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt mit ihrer Interessenvertretung zu beauftragen, auch wenn sie - offenkundig versehentlich - als Rechtsbeschwerdegegnerin bezeichnet und die Rechtsbeschwerdeschrift ihren Instanzanwälten zugestellt worden ist.

Der beim Bundesgerichtshof zugelassene Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) hat sich zudem erst mit Schriftsatz vom zu den Akten gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt war für die anwaltlich vertretene und juristisch versierte Beklagte zu 1) zusätzlich auch aufgrund der ihr zuvor zugestellten Rechtsbeschwerdebegründung offenkundig, dass sie nicht Rechtsbeschwerdegegnerin war. Der Kläger hat dort beantragt, "unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nach den Anträgen des Klägers im Beschwerdeverfahren zu erkennen". Bereits im Eingangssatz der Begründung heißt es:

"Der Kläger wendet sich gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom , mit dem das Verfahren gemäß §§ 7 Abs. 1, 9 Satz 1 KapMuG i.V.m. § 128 Abs. 4 ZPO gegen die Beklagte zu 2) ausgesetzt wurde."

Fundstelle(n):
YAAAD-88531