BFH Beschluss v. - I R 74/10

Bezeichnung eines Beteiligten in der Revisionsschrift als Revisionskläger

Leitsatz

Ein im erstinstanzlichen Verfahren Beigeladener ist als Revisionskläger anzusehen, wenn er in der Revisionsschrift ausdrücklich und ausschließlich als Revisionskläger benannt ist.
Die Einlegung des Rechtsmittels als Prozessklärung ist nur in Verbindung mit einer bestimmten Person denkbar, von der die Erklärung ausgeht. In den Fällen, in denen Beigeladene am Verfahren beteiligt sind, muss aus der Revisionsschrift durch Benennung des Revisionsklägers eindeutig hervorgehen, wer Revision einlegt. Der Rechtsmittelführer muss für das Gericht erkennbar sein, eine Heilung des Mangels kommt nach Ablauf der Revisionsfrist nicht in Betracht.

Gesetze: FGO § 120, FGO § 124

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

1 I. Die Klägerin ist eine GmbH, an der die im finanzgerichtlichen Verfahren beigeladene Stadt A (Beigeladene) mit 74,9 v.H. und die X-AG mit 25,1 v.H. beteiligt sind. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) erkannte die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft zwischen der Klägerin und der Beigeladenen mit ihrem Betrieb gewerblicher Art (BgA) nicht an. Die deswegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab (, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1732).

2 Dagegen hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin des erstinstanzlichen Verfahrens im Namen und mit wörtlicher Nennung der Beigeladenen und ihrer Anschrift, die dort als „Klägerin und Revisionsklägerin” bezeichnet wird, Revision eingelegt. Die Geschäftsstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) hat das Verfahren zunächst unter dem Namen der Klägerin aufgenommen. In ihrer —nach Ablauf der Revisionsfrist— eingereichten Revisionsbegründung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einleitend die Klägerin als Revisionsklägerin aufgeführt. Die Geschäftsstelle des BFH hat der Beigeladenen die Klageschrift zugestellt und sie aufgefordert, sich zu dem Verfahren zu äußern. Daraufhin hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin „im Auftrag” der Beigeladenen mitgeteilt, die Beigeladene beabsichtige nicht, im Revisionsverfahren Anträge zu stellen oder zu den Schriftsätzen Stellung zu nehmen. Auf eine im weiteren Verfahren erfolgte Nachfrage der Geschäftsstelle hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, das Revisionsverfahren solle im Namen der Klägerin geführt werden.

3 II. Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Als Revisionsklägerin ist die im erstinstanzlichen Verfahren Beigeladene anzusehen, die die als Prozessbevollmächtigte aufgetretene Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft indes nicht zur Einlegung der Revision bevollmächtigt hat (§§ 62 Abs. 4, 155 FGO i.V.m. §§ 81 ff. der Zivilprozessordnung).

4 1. Die Zulässigkeit einer Revision setzt nach § 124 Abs. 1 FGO voraus, dass sie in der gesetzlichen Form eingelegt wird. Dazu gehört nach § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO die Bezeichnung des angefochtenen Urteils. Daraus ergibt sich nach allgemeiner Ansicht auch die Pflicht zur Bezeichnung der Beteiligten, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich gefordert wird (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 14; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 120 FGO Rz 61). Denn die Einlegung des Rechtsmittels als Prozesserklärung ist nur in Verbindung mit einer bestimmten Person denkbar, von der die Erklärung ausgeht (vgl. Senatsbeschlüsse vom I R 46/84, BFHE 153, 1, BStBl II 1988, 585, und vom I R 114/75, BFHE 120, 341, BStBl II 1977, 163). Gerade in den Fällen, in denen —wie im Streitfall— Beigeladene am Verfahren beteiligt sind, muss aus der Revisionsschrift durch Benennung des Revisionsklägers eindeutig hervorgehen, wer Revision einlegt (vgl. Rüsken in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 120 FGO Rz 25, m.w.N.). Der Rechtsmittelführer muss für das Gericht erkennbar sein, eine Heilung des Mangels kommt nach Ablauf der Revisionsfrist nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 153, 1, BStBl II 1988, 585).

5 a) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Revisionsschrift dahin auszulegen, dass Revisionsklägerin die Beigeladenen ist. Denn dort wird im Einleitungssatz („Revision der ...”) ausdrücklich und ausschließlich die Beigeladene unter Hinweis auf ihren BgA als Revisionsklägerin benannt. Dass die Beigeladene fälschlich auch als „Klägerin” bezeichnet wird, führt nicht zu einem möglichen Verständnis der Revisionsschrift dahingehend, nicht die Beigeladene, sondern die dort namentlich gar nicht erwähnte Klägerin solle Rechtsmittelführerin sein.

6 Der Umstand, dass die Geschäftsstelle des BFH die Revision zunächst als Rechtsmittel der Klägerin behandelt hat, bindet den Senat nicht. Über die Zulässigkeit der Revision entscheidet der Senat gemäß §§ 124 Abs. 1, 126 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 3 FGO in der Besetzung mit drei Richtern. Eine Präjudizierung durch ein Schreiben der Geschäftsstelle tritt nicht ein (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 120, 341, BStBl II 1977, 163). Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf den entsprechenden Hinweis der Geschäftsstelle mitgeteilt hat, die Revision sei im Namen der Klägerin erhoben, kommt dem aufgrund des zwischenzeitlichen Ablaufs der Revisionsfrist keine Bedeutung mehr zu.

7 b) Indes hat die demzufolge als Revisionsklägerin anzusehende Beigeladene gegenüber dem BFH durch die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitteilen lassen, sie beabsichtige nicht, im Revisionsverfahren Anträge zu stellen oder Stellung zu nehmen. Dieser Mitteilung ist zu entnehmen, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht i.S. des § 62 Abs. 4 FGO bevollmächtigt war, eine Revision namens der Beigeladenen einzulegen. Auch wurde damit der bereits bei Revisionseinlegung bestehende Mangel fehlender Vollmacht nicht nachträglich geheilt. Dies führt zur Unzulässigkeit der Revision.

8 2. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind der Prozessbevollmächtigten der Klägerin als vollmachtloser Vertreterin der Beigeladenen und Revisionsklägerin aufzuerlegen. Abweichend von der Regel des § 135 Abs. 2 FGO entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass in Fällen vollmachtloser Vertretung der vollmachtlose Vertreter die Kosten des unzulässigen Rechtsmittels zu tragen hat, wenn und weil er —und nicht der von ihm vermeintlich vertretene Beteiligte— die erfolglose Prozessführung veranlasst hat (vgl. Senatsbeschluss vom I R 9/98, BFH/NV 2000, 572; , BFH/NV 2002, 1601).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1371 Nr. 8
JAAAD-85234