BFH Urteil v. - VII R 15/07

Zolltarifliche Einreihung von Adaptern für Programmiermaschinen

Leitsatz

1. Ein Adapter für Programmiermaschinen der im Streitfall vorliegenden Art, der die elektrische Verbindung zwischen der Programmiermaschine und einem mit dieser nicht kompatiblen zu programmierenden Baustein herstellt und dessen mit Hilfe eines vorhandenen Memory-Chips ausgeführte Datenverarbeitungsfunktion nicht die das Ganze kennzeichnende Hauptfunktion ist, ist keine Einheit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine, jedoch als Zubehör für Maschinen der Pos. 8471 KN in die Pos. 8473 KN einzureihen.

2. Teile und Zubehör, die sich als Waren der Pos. 8473 KN darstellen, sind nicht auch als elektrische Maschinen oder elektrotechnische Waren in das Kap. 85 KN einzureihen.

Gesetze: KN zu Anm. 3 Abschn. XVI Anm. 2 Buchst. a Anm. 5 B und Anm. 5 C Kap. 84 KN zu Anm. 3 Abschn. XVI, Anm. 2 Buchst. a, Anm. 5 B und Anm. 5 C Kap. 84zu Pos. 8471 Pos. 8473 Pos. 8536 zu Pos. 8471, Pos. 8473, Pos. 8536

Instanzenzug: ,

Gründe

I.

1Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte im Juli 2005 bei der Oberfinanzdirektion (OFD), deren Zuständigkeit auf den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt —HZA—) übergegangen ist, die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für einen „Adapter für Programmiergeräte ...”, einer elektrischen Verbindung zwischen einem Programmiergerät und dem zu programmierenden Baustein, und begehrte zunächst die Einreihung in die Unterpos. 8536 90 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN).

2Mit der vZTA Nr. DE M/3095/05-1 der wurde die Ware in die Codenummer 8536 90 85 99 eingereiht. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin die Einreihung der Ware in die Pos. 8471 KN, hilfsweise die Pos. 8473 KN, begehrte, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass es sich bei der Ware um einen Adapter handele, der aus vier Sockeln mit eingebetteten Kontaktfahnen bestehe, die auf einer mit diskreten Kondensatoren bestückten gedruckten Schaltung, die einen Memory-Chip enthalte, montiert seien. Diese Ware diene als elektrisches Gerät dem Verbinden elektrischer Stromkreise und sei in der Pos. 8536 KN genannt. Nach der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN komme eine Einreihung in das Kap. 84 KN nicht in Betracht, weil die Ware mit dem Verbinden von Stromkreisen eine eigene Funktion erfülle, bei der es sich nicht um Datenverarbeitung handele. Der auf der gedruckten Schaltung angebrachte Memory-Chip, auf dem der Programmierprozess festgehalten werde und von dem er wieder abgerufen werden könne, unterstütze lediglich die Datenübertragung durch den Adapter. Die Funktion des Memory-Chips sei eine Hilfsfunktion zu der mittels des Adapters durchgeführten Datenübertragung.

3Mit ihrer Revision hat die Klägerin zunächst geltend gemacht, dass die Adapter die Voraussetzungen einer Einheit eines Datenverarbeitungssystems gemäß Anm. 5 B zu Kap. 84 KN erfüllten. Es handele sich bei der streitigen Ware um Steckkarten, ähnlich den handelsüblichen Computersteckkarten, die auf die Schnittstelle des Programmiergeräts geklemmt würden und vier Steckplätze für die zu programmierenden Bausteine enthielten. Die Adapter ermöglichten die Verbindung zwischen der Datenverarbeitungsmaschine und dem zu programmierenden Baustein, sie dienten der Datenübermittlung vom Programmiergerät in den Baustein, seien ausschließlich für das spezifische Programmiersystem bestimmt und hätten für sich keine eigene Funktion. Jedenfalls seien die Adapter als Teile automatischer Datenverarbeitungsmaschinen der Pos. 8473 KN anzusehen.

4Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom (BFH/NV 2008, 1899, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern —ZfZ— 2008, 270), auf den verwiesen wird, ausgesetzt und hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens die im Streitfall maßgebenden Tarifierungsfragen vorgelegt, die der (ZfZ 2010, 190) wie folgt beantwortet hat:

5„Ein Adapter der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art, der die Funktion der Herstellung einer elektrischen Verbindung zwischen der Programmiermaschine und den zu programmierenden Bausteinen und die Funktion des Festhaltens des Programmierprozesses, der später abgerufen werden kann, ausübt, erfüllt die in Buchst. c der Anmerkung 5 B zu Kapitel 84 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission vom geänderten Fassung genannte Voraussetzung und ist als „Einheit” einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine in die Position 8471 dieser Nomenklatur einzureihen, sofern seine Hauptfunktion darin besteht, eine Datenverarbeitung vorzunehmen. Ist diese Funktion nicht gegeben, so ist ein solcher Adapter als „Teil” oder „Zubehör” einer Maschine in die Position 8473 der genannten Nomenklatur einzureihen, wenn er entweder für das Funktionieren der Maschine unabdingbar ist oder wenn es sich um einen Ausrüstungsgegenstand, der diese Maschine für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet macht, oder um eine Vorrichtung handelt, mit deren Hilfe eine im Zusammenhang mit der Hauptfunktion der Maschine stehende Sonderarbeit ausgeführt werden kann; dies ist vom vorlegenden Gericht zu prüfen. Kann der Adapter in keine der beiden vorgenannten Positionen eingereiht werden, so ist er als „Elektrisches Gerät zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen” anzusehen und deshalb in die Position 8536 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen.”

6Der Senat hat daraufhin das ausgesetzte Revisionsverfahren wieder aufgenommen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu der Vorabentscheidung des EuGH zu äußern.

7Die Klägerin ist der Ansicht, der Adapter lasse sich in Anbetracht der Vorabentscheidung des EuGH nicht in die Pos. 8471 KN einreihen, da die Speicherfunktion des Memory-Chips nur eine Hilfsfunktion sei. Der Adapter sei jedoch als Teil bzw. Zubehör einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine in die Pos. 8473 KN einzureihen.

8Das HZA ist der Ansicht, dass der Adapter keine Datenverarbeitungsfunktion ausführe, sondern Daten lediglich weiterleite. Das HZA bestreitet außerdem, dass der Adapter, der Gegenstand der vZTA gewesen sei, über einen Memory-Chip verfügt habe. Das FG habe insoweit seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Die Einreihung in die Pos. 8473 KN sei ebenfalls nicht möglich, weil der Adapter eine Ware einer eigenen Position der KN, nämlich der Pos. 8536 KN, sei und somit die Anm. 2 Buchst. a zu Abschn. XVI KN der Einreihung in die Pos. 8473 KN entgegenstehe.

II.

9Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und zur Verpflichtung des HZA, die begehrte vZTA zu erteilen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Die vZTA vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).

10Der streitgegenständliche Adapter ist zwar nicht als Einheit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine in die Pos. 8471 KN (1.), jedoch als Teil oder Zubehör für Maschinen der Pos. 8471 KN in die Unterpos. 8473 30 80 KN (Unterpos. 8473 30 90 KN in ihrer früheren Fassung) einzureihen (2.).

111. Die Einreihung des Adapters als Einheit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine (welche die Klägerin nach der Beschränkung ihres Antrags auch nicht mehr begehrt) kommt nicht in Betracht, weil er mit seiner Hauptfunktion keine Datenverarbeitung ausführt, welche nach dem EuGH-Urteil in ZfZ 2010, 190 erforderlich ist, um die in Anm. 5 B Buchst. c zu Kap. 84 KN in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission vom zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Union —ABlEU— Nr. L 327/1) genannte Voraussetzung zu erfüllen, Daten in einer Form empfangen oder liefern zu können, die vom System verwendbar sind. Zwar führt der auf dem Adapter vorhandene Memory-Chip eine Datenverarbeitungsfunktion aus, zu der die Verwendung von Daten durch ihre Speicherung, Änderung, Erhaltung, Umwandlung oder Aufbereitung zählt (vgl. EuGH-Urteil in ZfZ 2010, 190, Rz 35 f.). Gleichwohl reicht allein diese Funktion des Memory-Chips nicht, um dem Adapter insgesamt die Eigenschaft einer Einheit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine zu verleihen, weil er daneben die Funktion hat, eine elektrische Verbindung zwischen dem Programmiergerät und dem zu programmierenden Baustein herzustellen, und es sich daher um eine Maschine handelt (vgl. zur Definition der „Maschine”: Anm. 5 zu Abschn. XVI KN), die dazu bestimmt ist, mehrere verschiedene sich ergänzende Funktionen auszuführen, so dass es gemäß Anm. 3 zu Abschn. XVI KN für die tarifliche Einreihung auf die das Ganze kennzeichnende Hauptfunktion ankommt (vgl. EuGH-Urteil in ZfZ 2010, 190, Rz 25, 37). Nach den den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO), welche die Klägerin im Übrigen für zutreffend hält, hat aber der Memory-Chip lediglich eine die Datenübertragung unterstützende Hilfsfunktion.

12Es kann daher offenbleiben, ob der erkennende Senat an die tatsächliche Feststellung des FG zum Vorhandensein eines Memory-Chips auf dem Adapter gebunden ist (die seinerzeit nicht mit einem Antrag auf Berichtigung des Tatbestands angegriffen wurde), oder ob das HZA mit seinem Vorbringen, die OFD habe im finanzgerichtlichen Verfahren der klägerischen Behauptung über das Vorhandensein eines Memory-Chips auf dem Adapter, der Gegenstand der angefochtenen vZTA war, stets widersprochen und es sei nicht erkennbar, auf welcher Grundlage das FG zu seiner gegenteiligen Feststellung gelangt sei, zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht hat (§ 118 Abs. 2 FGO).

132. Von der Pos. 8473 KN werden Teile und Zubehör (ausgenommen Koffer, Schutzhüllen und dergleichen), erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Maschinen, Apparate oder Geräte der Pos. 8469 bis 8472 bestimmt, erfasst.

14Wie der EuGH wiederholt ausgeführt hat (vgl. Urteil in ZfZ 2010, 190, Rz 40, m.w.N.), folgt aus dem Begriff „Teil”, dass es ein Ganzes gibt, für dessen Funktionieren dieser Teil unabdingbar ist. Ob danach der streitgegenständliche Adapter als Teil einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine angesehen werden kann, erscheint zweifelhaft; das FG hat zu dieser Frage der Unabdingbarkeit für das Funktionieren der Programmiermaschine keine Feststellungen getroffen. Die Klägerin hat zwar im Revisionsverfahren vorgetragen, dass die Programmiermaschine ihre Funktion ohne den Adapter nicht erfüllen könne —was das HZA bestreitet—, andererseits ergibt sich aber aus ihrem Vorbringen, wonach der Adapter zum Zweck der Programmierung verwendet werden müsse, wenn der zu programmierende Baustein kein Dual-Inline Gehäuse besitze, dass es Bausteine gibt, deren Programmierung durch die Programmiermaschine auch ohne den Einsatz des Adapters möglich, er also nicht in jedem Fall für das Funktionieren der Maschine unabdingbar ist.

15Hiervon ausgehend ist der Adapter aber jedenfalls als Zubehör i.S. der Pos. 8473 KN anzusehen, da unter diesen Begriff Ausrüstungsgegenstände fallen, welche die Maschinen oder Apparate, an denen sie angebracht werden, für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet machen, oder Vorrichtungen, die ihre Verwendungsmöglichkeit erweitern oder mit deren Hilfe eine im Zusammenhang mit der Hauptfunktion der Maschinen und Apparate stehende Sonderarbeit ausgeführt werden kann (vgl. EuGH-Urteil in ZfZ 2010, 190, Rz 41 unter Hinweis auf die Erläuterungen zum Harmonisierten System —ErlHS— zu Pos. 8473 Rz 03.0). Der Adapter erfüllt diese Voraussetzungen, da er die Programmiermaschine für eine bestimmte Arbeit, nämlich das Programmieren nicht kompatibler Bausteine, deren Schnittstelle nicht zu derjenigen der Programmiermaschine passt, geeignet macht und damit die Verwendungsmöglichkeit der Programmiermaschine erweitert.

16Für die Einreihung des Adapters in die Pos. 8473 KN kommt es auch nicht darauf an, ob es sich —was im bisherigen Verfahren nicht im Streit war, nun aber vom HZA in Zweifel gezogen wird— bei der Programmiermaschine um eine automatische Datenverarbeitungsmaschine handelt oder ob diese als Maschine zum Aufzeichnen von Daten auf Datenträger in codierter Form, anderweit weder genannt noch inbegriffen (vgl. Pos. 8471 KN letzter Halbsatz), in die Unterpos. 8471 90 00 KN einzureihen ist (vgl. ErlHS zu Pos. 8471 Rz 96.0, jetzt: Rz 60.0). Jedenfalls wird die Programmiermaschine von der Pos. 8471 KN erfasst, weshalb der Adapter, der in Anbetracht seiner objektiven Beschaffenheit erkennbar ausschließlich für eine Maschine dieser Position bestimmt ist —das HZA hat keine andere denkbare Verwendungsmöglichkeit aufgezeigt—, als Zubehör für eine Maschine der Pos. 8471 KN in die Unterpos. 8473 30 90 KN (in der seinerzeit geltenden Fassung) einzureihen ist.

17Anders als das HZA meint, steht dieser Einreihung die Anm. 2 Buchst. a zu Abschn. XVI KN nicht entgegen. Dem HZA ist nicht darin zu folgen, dass sich der streitgegenständliche Adapter als eine Ware der Pos. 8536 KN darstellt und deshalb gemäß der genannten Anmerkung dieser Position zuzuweisen ist. Vielmehr verhält es sich so, dass der Adapter nicht in die Pos. 8536 KN eingereiht werden kann, weil —worauf der EuGH mit Urteil in ZfZ 2010, 190, Rz 44 hingewiesen hat— nach der ErlHS zu Kap. 85 Rz 01.1, 02.0 elektrische Maschinen, Apparate und Geräte sowie deren Teile der in Kap. 84 aufgeführten Art nicht zu Kap. 85 KN gehören. Da der streitgegenständliche Adapter —wie ausgeführt— die Voraussetzungen für eine Einreihung in die Pos. 8473 KN erfüllt und somit im Übrigen auch unter die im Klammerzusatz der Anm. 2 Buchst. a zu Abschn. XVI KN genannten Ausnahmen fällt, gelangt diese Anmerkung im Streitfall nicht zur Anwendung. Bei Teilen und Zubehör, die sich als eine Ware einer im Klammerzusatz aufgeführten Position darstellen, kommt es darauf an, für welche Maschine sie bestimmt sind.

18Nach alledem ist der Adapter in die Pos. 8473 KN und dort in die Unterpos. 8473 30 90 KN (in der seinerzeit geltenden Fassung) einzureihen. Die für den Streitfall maßgebenden Tarifierungsvorschriften sind in der aktuellen KN in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEU Nr. L 284/1) gleich geblieben; lediglich die Nummer der für die Einreihung des Adapters in Betracht kommenden Unterposition lautet nunmehr 8473 30 80; die Voraussetzungen der Anm. 5 B zu Kap. 84 KN finden sich jetzt unverändert in den Anm. 5 B und 5 C zu Kap. 84 KN.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1271 Nr. 7
BFH/PR 2011 S. 363 Nr. 9
DStR 2011 S. 12 Nr. 22
DStRE 2011 S. 911 Nr. 14
GStB 2011 S. 31 Nr. 8
HFR 2011 S. 807 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 25/2011 S. 2110
RIW 2011 S. 656 Nr. 9
StB 2011 S. 221 Nr. 7
KAAAD-84133