EuGH Urteil v. - C-230/09 und C-231/09

Abgabe im Sektor Milch und Milcherzeugnisse - Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 - Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik - Übertragung einzelbetrieblicher Referenzmengen - Auswirkungen auf die Berechnung der Abgabe - Auswirkungen auf die Berechnung der Milchprämie

Leitsatz

1. Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2217/2004 des Rates vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge proportional zur einzelbetrieblichen Referenzmenge der einzelnen Erzeuger, die Überlieferungen vorgenommen haben, also zu der zum 1. April des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums bestimmten Menge, oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgen muss. Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff der einzelbetrieblichen Referenzmenge erlaubt nicht die Berücksichtigung von während dieses Zeitraums erfolgten Übertragungen.

2. Eine nationale Regelung, mit der die in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2217/2004 geänderten Fassung vorgesehene Befugnis wahrgenommen wird, objektive Kriterien festzulegen, nach denen die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge erfolgt, muss insbesondere die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts sowie die mit der gemeinsamen Agrarpolitik, speziell der gemeinsamen Marktorganisation im Milchsektor, verfolgten Ziele beachten.

3. Diese Ziele stehen einer im Rahmen der Wahrnehmung dieser Befugnis erlassenen nationalen Regelung nicht entgegen, die den Erzeugern, die Überlieferungen vorgenommen haben, sofern ihnen nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1788/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2217/2004 geänderten Fassung während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine einzelbetriebliche Referenzmenge übertragen worden ist, für die von dem Erzeuger, der zuvor über sie verfügte, für denselben Zeitraum bereits Milch erzeugt und geliefert worden war, ermöglicht, unter Einschluss eines Teils oder der Gesamtheit dieser Referenzmenge an dieser Neuzuweisung teilzuhaben. Die Mitgliedstaaten hatten jedoch dafür Sorge zu tragen, dass eine solche Regelung nicht zu Übertragungen führt, die trotz formaler Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Bedingungen nur den Zweck gehabt hätten, bestimmten Erzeugern, die Überlieferungen vorgenommen haben, zu ermöglichen, bei dieser Neuzuweisung besser dazustehen.

4. Der Begriff "prämienfähige einzelbetriebliche Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt" in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/2005 der Kommission vom 26. Januar 2005 geänderten Fassung, der dem in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2217/2004 geänderten Fassung definierten Begriff der "verfügbaren Referenzmenge" entspricht, ist so auszulegen, dass er dann, wenn einem Erzeuger während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine Referenzmenge übertragen worden ist, auf die vom Übertragenden während desselben Zeitraums bereits Milch geliefert worden war, auf Seiten des Empfängers nicht den Teil der übertragenen Referenzmenge umfasst, auf den vom Übertragenden bereits abgabenfrei Milch geliefert worden war.

Instanzenzug:

Gründe

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (ABl. L 270, S. 123) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2217/2004 des Rates vom (ABl. L 375, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1788/2003).

Diese Ersuchen ergehen in Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Hauptzollamt Koblenz sowie Kurt und Thomas Etling in GbR (Rechtssache C-230/09) und zwischen dem Hauptzollamt Oldenburg sowie Herrn Aissen und Herrn Rohaan (Rechtssache C-231/09) und betreffen zum einen die Festlegung der Referenzmenge, anhand deren die Milchprämie festgelegt wird, und zum anderen die Bestimmung der Grundlage, auf der die Teilhabe an der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge festgelegt wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Die Regelung über die Abgabe im Milchsektor

Wegen des fortbestehenden Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Milchsektor wurde 1984 mit der Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 10) in diesem Sektor eine Zusatzabgabenregelung eingeführt, die auf dem Grundsatz beruhte, dass auf Milch- und/oder Milchäquivalenzmengen, die eine zu bestimmende Referenzmenge überschreiten, eine Abgabe zu zahlen ist.

Am selben Tag wurde die Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) erlassen.

Die Zusatzabgabenregelung wurde etliche Male verlängert, u. a. durch die mehrfach geänderte Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 405, S. 1).

Die letztgenannte Verordnung wurde insbesondere zum Zweck der Vereinfachung und der Klarheit durch die Verordnung Nr. 1788/2003 aufgehoben und ersetzt, die ihrerseits durch die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. L 299, S. 1) mit Wirkung vom aufgehoben und ersetzt wurde. Für die Ausgangsrechtsstreitigkeiten gilt gleichwohl ratione temporis weiter die Verordnung Nr. 1788/2003.

Der fünfte, der zehnte und der vierzehnte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1788/2003 hatten folgenden Wortlaut:

"(5) Die Abgabe sollte auf eine abschreckende Höhe festgesetzt werden und vom Mitgliedstaat zu zahlen sein, sobald die einzelstaatliche Referenzmenge überschritten ist. Sie sollte anschließend vom Mitgliedstaat auf die Erzeuger aufgeteilt werden, die zu der Überschreitung beigetragen haben. Diese haben dem Mitgliedstaat, allein aufgrund der Tatsache, dass sie die ihnen verfügbare Referenzmenge überschritten haben, einen Beitrag zu der fälligen Abgabe zu zahlen.

...

(10) ... Die Summe der Mengen, die den Erzeugern von den Mitgliedstaaten zugeteilt werden, sollte die einzelstaatlichen Referenzmengen nicht überschreiten. ...

...

(14) Um eine gewisse Flexibilität bei der administrativen Handhabung der Regelung zu erhalten, sollten die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, die am Ende eines Zeitraums nicht genutzten Mengen auf nationaler Ebene oder unter den Abnehmern neu aufzuteilen."

Die Verordnung Nr. 1788/2003 legte die Regeln für die Aufteilung auf die Erzeuger dergestalt fest, dass jede einzelstaatliche Referenzmenge in einzelbetriebliche Referenzmengen aufgeteilt wurde.

Art. 4 dieser Verordnung sah vor:

"Die Abgabe wird gemäß den Artikeln 10 und 12 vollständig auf die Erzeuger aufgeteilt, die zu den jeweiligen Überschreitungen der einzelstaatlichen Referenzmengen nach Artikel 1 Absatz 2 beigetragen haben.

Unbeschadet von Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 12 Absatz 1 schulden die Erzeuger dem Mitgliedstaat ihren nach Maßgabe von Kapitel 3 berechneten Beitrag zur fälligen Abgabe allein aufgrund der Überschreitung ihrer verfügbaren Referenzmengen."

Art. 5 der Verordnung Nr. 1788/2003 bestimmte:

"Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

...

i) 'einzelstaatliche Referenzmenge' die für die einzelnen Mitgliedstaaten in Anhang I festgesetzte Referenzmenge;

j) 'einzelbetriebliche Referenzmenge' die Referenzmenge eines Erzeugers zum 1. April eines jeden Zwölfmonatszeitraums;

k) 'verfügbare Referenzmenge' die Referenzmenge, die dem Erzeuger am 31. März des Zwölfmonatszeitraums, für den die Abgabe berechnet wird, zur Verfügung steht, wobei alle in dieser Verordnung vorgesehenen Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen und zeitweiligen Neuzuweisungen, die während dieses Zwölfmonatszeitraums erfolgt sind, berücksichtigt werden."

Art. 6 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1788/2003 lautete:

"Die einzelbetrieblichen Referenzmengen werden gegebenenfalls für die einzelnen Zwölfmonatszeiträume angepasst, damit für jeden Mitgliedstaat die Summe der einzelbetrieblichen Referenzmengen für Lieferungen und für Direktverkäufe die entsprechende nach Artikel 8 angepasste einzelstaatliche Referenzmenge nicht überschreitet, wobei Kürzungen zur Aufstockung der nationalen Reserve nach Artikel 14 zu berücksichtigen sind."

Art. 10 Abs. 3 dieser Verordnung sah die Möglichkeit vor, eine Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge vorzunehmen. Er bestimmte:

"Je nach Entscheidung des Mitgliedstaats wird der Beitrag der Erzeuger zur Zahlung der fälligen Abgabe, gegebenenfalls nach Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge, die proportional zu den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgt, wie folgt festgelegt:

a) entweder auf nationaler Ebene nach Maßgabe der Überschreitung der verfügbaren Referenzmenge des einzelnen Erzeugers,

b) oder zunächst auf der Ebene des Abnehmers und anschließend gegebenenfalls auf einzelstaatlicher Ebene."

Die Art. 15 bis 20 der Verordnung Nr. 1788/2003 legten bestimmte Bedingungen fest, unter denen die einzelbetrieblichen Referenzmengen übertragen werden konnten.

Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Verordnung sah vor:

"Die Mitgliedstaaten genehmigen vor dem Ende eines jeden Zwölfmonatszeitraums für den betreffenden Zeitraum zeitweilige Übertragungen eines Teils der einzelbetrieblichen Referenzmengen, welche die berechtigten Erzeuger nicht in Anspruch zu nehmen beabsichtigen."

Art. 17 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmte:

"Bei Verkauf, Verpachtung, Vererbung, vorweggenommener Erbfolge oder einer anderen Übertragung mit vergleichbaren rechtlichen Auswirkungen für die Erzeuger wird die einzelbetriebliche Referenzmenge nach Bedingungen, die von den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der für die Milcherzeugung verwendeten Flächen oder anderer objektiver Kriterien und gegebenenfalls einer Vereinbarung zwischen den Parteien festgelegt werden, mit dem Betrieb auf die Erzeuger übertragen, die den Betrieb übernehmen. Der gegebenenfalls nicht mit dem Betrieb übertragene Teil der Referenzmenge wird der nationalen Reserve zugeschlagen."

Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1788/2003 sah vor:

"Im Hinblick auf die Umstrukturierung der Milcherzeugung oder zur Verbesserung der Umweltbedingungen können die Mitgliedstaaten nach Modalitäten, die sie unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten festlegen,

...

b) nach objektiven Kriterien die Bedingungen festlegen, unter denen sich die Erzeuger zu Beginn eines Zwölfmonatszeitraums durch die zuständige Behörde oder die von ihr benannte Stelle einzelbetriebliche Referenzmengen gegen Entgelt zuweisen lassen können, die am Ende des vorangegangenen Zwölfmonatszeitraums von anderen Erzeugern gegen eine in einem Betrag oder in mehreren Jahresbeträgen angewiesene Entschädigung in Höhe des vorstehend genannten Entgelts endgültig freigesetzt wurden;

...

e) anhand objektiver Kriterien die Regionen und Erfassungszonen bestimmen, in denen zur Verbesserung der Milcherzeugungsstruktur die endgültige Übertragung von Referenzmengen ohne entsprechende Flächenübertragung zulässig ist;

f) auf Antrag des Erzeugers bei der zuständigen Behörde oder der von ihr benannten Stelle zur Verbesserung der Milcherzeugungsstruktur auf der Ebene des Betriebs oder zur Extensivierung der Erzeugung die endgültige Übertragung von Referenzmengen ohne entsprechende Flächenübertragung und umgekehrt gestatten."

Die Regelung für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik

Vor allem, um der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten, wurden mit der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (ABl. L 270, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/2005 der Kommission vom (ABl. L 24, S. 15) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1782/2003) die Betriebsprämienregelung und weitere Stützungsregelungen, die Direktzahlungen vorsehen, eingeführt; dazu zählte auch die Regelung über Milchprämien und Ergänzungszahlungen. Diese Verordnung wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (ABl. L 30, S. 16) aufgehoben und ersetzt. Für den Ausgangsrechtsstreit in der Rechtssache C-230/09 gilt gleichwohl ratione temporis weiter die Verordnung Nr. 1782/2003.

Das mit dieser Regelung eingeführte System beruhte vor allem auf den Grundsätzen des Übergangs von der Förderung der Erzeugung zur Unterstützung des Erzeugers durch Einführung eines entkoppelten Systems von Einkommensbeihilfen für jeden landwirtschaftlichen Betrieb sowie der Zusammenführung einer Reihe von aufgrund verschiedener Regelungen vorgenommenen Direktzahlungen zu einer auf Basis der bisherigen Ansprüche in einem Bezugszeitraum bestimmten einheitlichen Betriebsprämie.

Im 29. Erwägungsgrund, letzter Satz, dieser Verordnung hieß es, dass die einheitliche Betriebsprämie auf einzelbetrieblicher Basis berechnet werden sollte.

Art. 62 der Verordnung Nr. 1782/2003 betraf die regionale Durchführung der Betriebsprämienregelung. Dieser Artikel bestimmte:

"... können die Mitgliedstaaten beschließen, dass die Beträge für Milchprämien und Ergänzungszahlungen gemäß den Artikeln 95 und 96 Abschnitt 2005 ganz oder teilweise in die Betriebsprämienregelung einbezogen werden. Die nach diesem Absatz ermittelten Ansprüche werden entsprechend geändert.

Der Referenzbetrag für diese Zahlungen entspricht den gemäß den Artikeln 95 und 96 zu gewährenden Beträgen, die auf der Grundlage der einzelbetrieblichen Referenzmenge für Milch, die dem Betrieb am 31. März des Jahres, in dem diese Zahlungen ganz oder teilweise in die Betriebsprämienregelung einbezogen werden, zur Verfügung steht, berechnet werden.

..."

Art. 95 der Verordnung Nr. 1782/2003 sah vor:

"(1) Von 2004 bis 2007 kommen Milcherzeuger für eine Milchprämie in Betracht. Die Prämie wird je Kalenderjahr und Betrieb und je Tonne prämienfähiger einzelbetrieblicher Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt, gezahlt.

...

(3) Einzelbetriebliche Referenzmengen, die bis zum 31. März des jeweiligen Kalenderjahres Gegenstand einer zeitweiligen Übertragung gemäß Artikel 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 ... oder Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 ... waren, gelten als Mengen, die in diesem Kalenderjahr im Betrieb des Empfängers verfügbar sind.

..."

Nationales Recht

In § 14 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (Milchabgabenverordnung) vom (BGBl. I S. 2143) (im Folgenden: MilchAbgV) hieß es:

"Der Käufer kann Anlieferungs-Referenzmengen, die im jeweiligen Zwölfmonatszeitraum nicht genutzt worden sind (Unterlieferungen), anderen Milcherzeugern, deren Lieferungen die ihnen zugeteilte Anlieferungs-Referenzmenge überschritten haben (Überlieferer), zuteilen. Die Zuteilung der nicht genutzten Anlieferungs-Referenzmengen an die jeweiligen Überlieferer erfolgt nach folgender Berechnungsformel:

Summe der Unterlieferungen x Anlieferungs-Referenzmenge des Überlieferers

Summe der Anlieferungs-Referenzmengen der Überlieferer.

..."

Gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz) vom (BGBl. I S. 1868) hat die Bundesrepublik Deutschland die regionale Durchführung der Betriebsprämienregelung vom an umgesetzt.

§ 6 der Verordnung über die Durchführung der Milchprämie und der Ergänzungszahlung zur Milchprämie (Milchprämienverordnung) vom (BGBl. I S. 267) (im Folgenden: MilchPrämV) wurde für die Berechnung der Betriebsprämie nach § 34 Abs. 1 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie zur Änderung der Kartoffelstärkeprämienverordnung (InVeKoS-Verordnung) vom (BGBl. I S. 3194) für anwendbar erklärt.

§ 6 MilchPrämV bestimmte:

"(1) Die für die Gewährung der Milchprämie und der Ergänzungszahlung zur Milchprämie maßgeblichen Referenzmengen, die dem Milcherzeuger am 31. März des Antragsjahres zur Verfügung stehen, werden durch eine Bescheinigung des ... im Falle von Anlieferungs-Referenzmengen für den jeweiligen in Absatz 2 Nr. 2 bezeichneten Käufer zuständigen Hauptzollamtes (Hauptzollamt) festgestellt (Referenzmengen-Bescheinigung).

(2) In der Referenzmengen-Bescheinigung sind zugleich

1. die Milch- und Milchäquivalenzmengen, die in dem Zwölfmonatszeitraum, der am 31. März des Antragsjahres endet, von dem Milcherzeuger tatsächlich angeliefert oder vermarktet worden sind, ... anzugeben.

..."

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C-231/09

Das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-231/09 betrifft zwei beim vorlegenden Gericht anhängige Verfahren, die jeweils von Herrn Aissen und Herrn Rohaan eingeleitet wurden, beide Milcherzeuger, die in dem Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 Milch lieferten. In diesem Zeitraum hatte jeder von ihnen einen Milcherzeugungsbetrieb mit einer entsprechenden Referenzmenge übernommen, die ihnen zusammen mit diesem Betrieb übertragen wurde, jedoch für diesen Zeitraum teilweise bereits von dem vormaligen Betriebsinhaber genutzt worden war.

Beide ersuchten die zuständige Behörde, zu bescheinigen, dass ihnen die Referenzmenge des vormaligen Betriebsinhabers in vollem Umfang übertragen worden war. Diese Behörde stellte jedem von ihnen eine entsprechende Bescheinigung aus, erläuterte darin jedoch, dass die Molkerei im Fall der Übertragung innerhalb des Zwölfmonatszeitraums dem neuen Betriebsinhaber die Referenzmenge anzeigen müsse, die unter Berücksichtigung der vom vormaligen Betriebsinhaber im selben Zeitraum bereits gelieferten Menge noch zu liefern bleibe.

Auf der Grundlage dieser Bescheinigungen und der von der betreffenden Molkerei übermittelten Informationen nahm das Hauptzollamt Oldenburg eine Neuberechnung der Referenzmengen von Herrn Aissen und von Herrn Rohaan vor und teilte jedem von ihnen für den Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 nur den Teil der übertragenen Referenzmenge zu, für den vom vormaligen Betriebsinhaber keine Milch geliefert worden war, wobei sie den übrigen Teil für diesen Zeitraum beim Letztgenannten beließ.

Da Herr Aissen und Herr Rohaan beide ihre für die jeweiligen Lieferungen zugewiesenen Referenzmengen überschritten hatten, legte das Hauptzollamt Oldenburg ihren jeweiligen Beitrag zur Milchabgabe fest.

Im Rahmen der Festsetzung der Abgabe nahm das Hauptzollamt Oldenburg die in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehene Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge vor. Bei dieser Neuzuweisung berücksichtigte es weder im Fall von Herrn Aissen noch in dem von Herrn Rohaan den dem übernommenen Betrieb im betreffenden Zeitraum zustehenden Teil der Referenzmenge, der vom vormaligen Betriebsinhaber bereits genutzt worden war.

Herr Aissen und Herr Rohaan erhoben Klage gegen die Bescheide über die Festlegung des auf sie jeweils entfallenden Beitrags zur Milchabgabe.

Das Finanzgericht Hamburg gab den Klagen mit der Begründung statt, dass bei der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge die gesamte dem übernommenen Betrieb zustehende Referenzmenge ungeachtet der von dem vormaligen Betriebsinhaber vorgenommenen Milchlieferungen zugunsten des neuen Betriebsinhabers zu berücksichtigen sei.

Das Hauptzollamt Oldenburg legte beim Bundesfinanzhof Revision ein.

Es ist der Ansicht, aus Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 sei zu folgern, dass Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen oder zeitweilige Neuzuweisungen von Referenzmengen, die während eines Zwölfmonatszeitraums erfolgt seien, zu berücksichtigen seien, wenn man nach Ablauf dieses Zeitraums prüfe, ob der Erzeuger mehr Milch geliefert habe, als seinem Recht, Milch abgabenfrei zu liefern, entsprochen habe. Dieses Recht sei verbraucht, wenn es genutzt worden sei. Die Übertragung einer einmal bereits genutzten Referenzmenge könne also, in welchem rechtlichen Zusammenhang sie auch immer vorgenommen werde, das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ließe sich jedoch die Referenzmenge auch als abstraktes Recht auffassen. Das Unionsrecht sehe für den Fall eines Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums nicht die Festsetzung oder Berechnung einer zweiten Referenzmenge, sondern die Berücksichtigung einer einzigen Referenzmenge vor, deren Gebrauch allerdings zunächst dem einen und dann einem anderen Erzeuger zu Gebote stehe, wobei sie von dem Letzteren nur insoweit gebraucht werden könne, als sie nicht durch die Milchlieferungen des Ersteren bereits verbraucht sei. Es scheine also nicht geboten, die Referenzmenge nach irgendeinem Schlüssel auf die aufeinanderfolgenden Erzeuger aufzuteilen.

Somit wäre denkbar, im Rahmen der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der einzelstaatlichen Referenzmenge im Fall eines Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums die gesamte einzelbetriebliche Referenzmenge zu berücksichtigen, die dem neuen Betriebsinhaber bei Ablauf dieses Zeitraums zur Verfügung stehe, auch wenn er niemals das volle Recht zur abgabenfreien Milchlieferung besessen habe.

Der Bundesfinanzhof schließt hingegen nicht aus, dass insbesondere aufgrund der Gefahr spekulativer Übertragungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden könnten, im Rahmen der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der einzelstaatlichen Referenzmenge besser dazustehen, eine solche gedankliche Differenzierung zwischen der Nutzung der einzelbetrieblichen Referenzmenge und der Berücksichtigung dieser Referenzmenge im Rahmen der Neuzuweisung als der im Sinne des Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 "verfügbaren Referenzmenge" dem Buchstaben und dem Geist des Unionsrechts einschließlich der allgemeinen Grundsätze des Milchmarktordnungsrechts widerspreche.

Unter diesen Umständen hat der Bundesfinanzhof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003, dahin zu verstehen, dass die Referenzmenge eines Erzeugers, der einen Betrieb während eines laufenden Zwölfmonatszeitraums von einem anderen Erzeuger übernommen hat, nicht die Menge umfasst, auf die während des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen Erzeuger vor dem Betriebsübergang Milch geliefert worden ist?

2. Stehen Regelungen des Unionsrechts oder allgemeine Grundsätze der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, die im Rahmen der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehenen Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der einzelstaatlichen Referenzmenge an Erzeuger, die Überlieferungen vorgenommen haben, in dem in der ersten Frage zugrunde gelegten Fall den Erzeuger, der den Betrieb während des Zwölfmonatszeitraums übernommen hat, auch mit dem von dem anderen Erzeuger belieferten Teil der Referenzmenge an der Zuteilung jenes Anteils teilnehmen lässt?

Rechtssache C-230/09

Kurt und Thomas Etling betreiben in GbR Milcherzeugung. Im Milchwirtschaftsjahr 2004/2005 wurde ihnen insbesondere im Hinblick darauf, dass sie seit dem Jahr 2000 einen Teil ihrer für Lieferungen zugewiesenen Referenzmenge in Höhe von 50 000 kg verpachtet hatten, eine Anlieferungs-Referenzmenge von 553 678 kg zugewiesen. Der Pachtvertrag wurde im Februar 2005 aufgelöst, so dass dieser Teil der Referenzmenge mit Wirkung vom auf sie überging.

Auf ihr Ersuchen stellte die zuständige Landwirtschaftsbehörde einen Bescheid darüber aus, dass mit Wirkung vom eine Anlieferungs-Referenzmenge von 50 000 kg auf sie übergegangen sei, erläuterte darin allerdings, dass innerhalb des Zwölfmonatszeitraums 2004/2005 nur der - von der Molkerei zu bestimmende - noch nicht ausgeschöpfte Teil dieser Referenzmenge genutzt werden könne.

Der ausscheidende Pächter hatte vor der Auflösung des Pachtvertrags für diesen Zwölfmonatszeitraum bereits 50 000 kg Milch geliefert. Auf der Grundlage des oben genannten Bescheids und der von der Molkerei übermittelten Informationen nahm das Hauptzollamt Koblenz insbesondere für die Zwecke der Festsetzung der fälligen Milchabgabe eine Neuberechnung der Anlieferungs-Referenzmengen von Kurt und Thomas Etling in GbR und des genannten Pächters vor und vertrat die Ansicht, dass die übertragene Referenzmenge, da sie vom Letztgenannten vollständig ausgeschöpft worden sei, für diesen Zwölfmonatszeitraum diesem Pächter, nicht aber Kurt und Thomas Etling in GbR zuzuschreiben sei.

Für die Zwecke der Berechnung der Milchprämie stellte das Hauptzollamt Koblenz Kurt und Thomas Etling in GbR eine Bescheinigung aus, in der die Übernahme der zuvor verpachteten Referenzmenge nicht berücksichtigt war, so dass darin nur die Referenzmenge von 553 678 kg angegeben war.

Da ihr Einspruch gegen diese Bescheinigung zurückgewiesen worden war, erhoben Kurt und Thomas Etling in GbR Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz, das ihr stattgab, da es die Auffassung vertrat, dass es unter den im Ausgangsverfahren gegebenen Umständen für den Erhalt einer solchen Prämie im Sinne der Verordnung Nr. 1782/2003 nicht auf etwaige durch den Pächter erfolgte Lieferungen ankomme.

Das Hauptzollamt Koblenz legte beim Bundesfinanzhof gegen diese Entscheidung Revision ein.

Dieser hält es für denkbar, im Rahmen von Art. 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003, wonach die Milchprämie u. a. anhand der prämienfähigen einzelbetrieblichen Referenzmenge, über die der Betrieb verfüge, berechnet werde, im Fall des Übergangs einer einzelbetrieblichen Referenzmenge während eines Zwölfmonatszeitraums diese Prämie nach Maßgabe der gesamten einzelbetrieblichen Referenzmenge zu gewähren, die dem Erwerber der übertragenen Referenzmenge bei Ablauf dieses Zeitraums zur Verfügung stehe, auch wenn er niemals das volle Recht zur abgabenfreien Milchlieferung besessen habe.

Der Bundesfinanzhof schließt jedoch nicht aus, dass eine solche gedankliche Differenzierung zwischen der Nutzung der einzelbetrieblichen Referenzmenge und der Berücksichtigung dieser Referenzmenge im Rahmen der Berechnung der Milchprämie als der im Sinne des Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 "verfügbaren Referenzmenge" dem Buchstaben und dem Geist des Unionsrechts einschließlich der allgemeinen Grundsätze des Milchmarktordnungsrechts widerspreche.

Unter diesen Umständen hat der Bundesfinanzhof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 5 Buchst. k der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003, dahin zu verstehen, dass die Referenzmenge eines Erzeugers in dem Zwölfmonatszeitraum, in welchem ihm von einem anderen Erzeuger eine Referenzmenge übertragen worden ist, nicht die Menge umfasst, auf die während des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen Erzeuger bereits Milch geliefert worden ist?

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom sind die Rechtssachen C-230/09 und C-231/09 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zu den Vorlagefragen

Vorbemerkungen

Die Verordnung Nr. 1788/2003 sah verschiedene Fälle der Übertragung von einzelbetrieblichen Referenzmengen oder Teilen hiervon zwischen Erzeugern vor. Der Gesetzgeber hatte es insoweit für angebracht gehalten, zum einen Ausnahmen von dem Grundsatz vorzusehen, wonach die einem Betrieb zustehende Referenzmenge zusammen mit diesem übertragen wird, und zum anderen Mechanismen der vorübergehenden Übertragung oder Neuzuweisung aufrechtzuerhalten, um bestimmten Erzeugern zu ermöglichen, innerhalb der Grenzen der einzelstaatlichen Referenzmenge die abgabenfrei vermarktete Milchmenge für einen bestimmten Zwölfmonatszeitraum auszuweiten. Einen solchen Mechanismus bildete u. a. der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehene, der die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der einzelstaatlichen Referenzmenge an die Erzeuger ermöglichte, die während eines Zwölfmonatszeitraums Überlieferungen vorgenommen hatten.

Diese Verordnung sah darüber hinaus in ihren Art. 17 und 18 Übertragungen von Referenzmengen vor, die sich, obwohl sie während oder zu Beginn dieses Zeitraums erfolgten, gewöhnlich über das Ende dieses Zeitraums hinaus auf die Referenzmenge eines Erzeugers auswirkten. Hinsichtlich dieser Übertragungen ergibt sich aus dem allgemeinen Aufbau der Verordnung Nr. 1788/2003, dem mit ihr verfolgten Ziel, auf dem durch strukturelle Überschüsse gekennzeichneten Milchmarkt durch eine Beschränkung der Milcherzeugung das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen, sowie aus dem im zehnten Erwägungsgrund der Verordnung aufgeführten und in deren Art. 6 Abs. 5 verankerten Grundsatz, wonach die Summe aus den den Erzeugern von einem Mitgliedstaat zugewiesenen Mengen und den von ihm der nationalen Reserve zugewiesenen Mengen die einzelstaatliche Referenzmenge nicht übersteigen darf, dass die einzelbetriebliche Referenzmenge, die Gegenstand einer solchen Übertragung ist, dem erwerbenden Erzeuger die abgabenfreie Vermarktung von Milch im gleichen Zeitraum nur so weit ermöglichen darf, als der vormalige Inhaber dieser Referenzmenge sie nicht genutzt hat.

Zu den beiden Fragen in der Rechtssache C-231/09

Mit seinen beiden Fragen in der Rechtssache C-231/09, die zusammen und an erster Stelle zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, die Teilhabe eines Erzeugers, der Überlieferungen vorgenommen hat, an der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 festzulegen, wenn dieser Erzeuger während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums einen Betrieb übernommen hat, dem eine einzelbetriebliche Referenzmenge zusteht und in dem der Erzeuger, der den Betrieb zuvor führte, für denselben Zeitraum Milch erzeugt und geliefert hatte.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 es der Entscheidung der Mitgliedstaaten überließ, ob sie eine Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge an die Erzeuger, die Überlieferungen vorgenommen hatten, durchführten, bevor sie nach den in Art. 10 Abs. 3 Buchst. a oder b dieser Verordnung vorgesehenen Modalitäten den Beitrag jedes einzelnen dieser Erzeuger zur Zahlung der für den maßgebenden Zwölfmonatszeitraum fälligen Milchabgabe festlegten.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Vorgang der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge und der Vorgang der Festlegung des Beitrags der Erzeuger zur Zahlung der fälligen Abgabe zwei gesonderte Vorgänge sind, auch wenn sie insoweit einen Zusammenhang aufweisen, als der erste Vorgang eine Voraussetzung für den zweiten sein kann und sich auf dessen Ergebnis auswirkt.

Außerdem geht aus dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 selbst hervor, dass die in Buchst. a oder b dieser Bestimmung vorgesehenen Modalitäten sich nur auf den Vorgang der Festlegung des Beitrags der Erzeuger zur Zahlung der fälligen Abgabe beziehen.

Folglich bezieht sich das in Art. 10 Abs. 3 Buchst. a dieser Verordnung vorgesehene Kriterium der "Überschreitung der verfügbaren Referenzmenge" des einzelnen Erzeugers entgegen der Ansicht der Europäischen Kommission nicht auf den Vorgang der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge.

Auf jeden Fall kann die verfügbare Referenzmenge, wie sie in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 definiert ist, kein bei dieser Neuzuweisung verwendbares Kriterium bilden. Dieser Definition ist nämlich zu entnehmen, dass diese Menge u. a. unter Berücksichtigung der "in dieser Verordnung vorgesehenen ... zeitweiligen Neuzuweisungen", zu denen die in Art. 10 Abs. 3 dieser Verordnung vorgesehene Neuzuweisung zählt, festgelegt wird. Die verfügbare Referenzmenge im Sinne dieses Art. 5 Buchst. k ist daher erst nach dieser Neuzuweisung bekannt, sofern diese stattfindet.

Vielmehr ist zu prüfen, ob andere in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehene Kriterien in dem Fall anwendbar sind, dass ein Mitgliedstaat beschließt, eine solche Neuzuweisung vorzunehmen.

Der Gesetzgeber hat insoweit in der deutschen, der französischen, der portugiesischen und der slowenischen Fassung dieser Bestimmung folgende Formulierungen verwendet: "Neuzuweisung ..., die proportional zu den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgt", "après réallocation ou non, proportionnellement aux quantités de référence individuelles de chaque producteur ou selon des critères objectifs à fixer par les États membres, de la partie inutilisée de la quantité de référence nationale affectée aux livraisons" (gegebenenfalls nach Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge, die proportional zu den einzelbetrieblichen Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgt), "após eventual reatribuição - proporcionalmente às quantidades de referência individuais de cada produtor ou de acordo com critérios objectivos a definir pelos Estados-Membros - da parte não utilizada da quantidade de referência nacional afectada às entregas" (nach etwaiger Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge, die proportional zu den einzelbetrieblichen Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgt) und "porazdeljen ali ne, v sorazmerju z individualnimi referencnimi kolicinami vsakega proizvajalca ali skladno z objektivnimi merili, ki jih dolocijo drzave clanice" (gegebenenfalls nach Neuzuweisung, die proportional zu den einzelbetrieblichen Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgt).

Anderen Sprachfassungen der Verordnung Nr. 1788/2003 wie der bulgarischen, der englischen und der niederländischen ist allerdings zu entnehmen, dass sich die Wendung "proportional zu den [einzelbetrieblichen] Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien" in Art. 10 Abs. 3 dieser Verordnung nicht auf die etwaige Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge, sondern auf die Festlegung des Beitrags der Erzeuger zur Zahlung der fälligen Abgabe bezieht.

Nach ständiger Rechtsprechung kann die in einer der Sprachfassungen einer unionsrechtlichen Vorschrift verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen oder ihr insoweit Vorrang vor den anderen Sprachfassungen eingeräumt werden (vgl. u. a. Urteile vom , Endendijk, C-187/07, Slg. 2008, I-2115, Randnr. 23, und vom , Sabatauskas u. a., C-239/07, Slg. 2008, I-7523, Randnr. 38). Außerdem müssen die verschiedenen sprachlichen Fassungen einer Vorschrift des Unionsrechts einheitlich ausgelegt werden; falls die Fassungen voneinander abweichen, muss die Vorschrift daher anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. in diesem Sinne Urteile Endendijk, Randnr. 24, und vom , M u. a., C-340/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 44).

Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber, wie im 14. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1788/2003 ausgeführt wird, eine gewisse Flexibilität bei der administrativen Handhabung der Abgabenregelung im Sektor Milch und Milcherzeugnisse dadurch einführen wollte, dass er die Mitgliedstaaten ermächtigt hat, die am Ende eines Zeitraums nicht genutzten Referenzmengen neu aufzuteilen.

Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass es sich bei dieser Möglichkeit um eine Neuerung gegenüber der zuvor bestehenden Regelung gehandelt oder dass der Gesetzgeber diese Regelung insoweit nennenswert geändert hätte.

Vielmehr hieß es im siebten Erwägungsgrund der durch die Verordnung Nr. 1788/2003 ersetzten Verordnung Nr. 3950/92 bereits, dass, "[d]a die verwaltungsmäßige Handhabung der Regelung verhältnismäßig flexibel gehalten werden soll, ... der Ausgleich der Mengenüberschreitungen auf die gesamten einzelbetrieblichen Referenzmengen gleicher Art innerhalb des jeweiligen Mitgliedstaats vorzusehen [ist]". Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92, dem später Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 entsprach, sah folgerichtig vor, dass "[j]e nach Entscheidung des Mitgliedstaats ... der Beitrag der Erzeuger zur fälligen Abgabe nach eventueller Neuzuweisung der ungenutzten Referenzmengen entweder auf der Ebene des Abnehmers nach Maßgabe der Überschreitungsmengen, die nach Aufteilung der ungenutzten Referenzmengen entsprechend den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger noch verbleiben, oder auf einzelstaatlicher Ebene nach Maßgabe der Überschreitung der Referenzmenge des einzelnen Erzeugers festgelegt [wird]".

Aus allen Sprachfassungen der letztgenannten Bestimmung geht aber klar hervor, dass es die Aufteilung der ungenutzten Referenzmengen, d. h. die Neuzuweisung dieser Mengen war, die "entsprechend den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger" zu erfolgen hatte, und dass der Beitrag der Erzeuger zur Zahlung der fälligen Abgabe seinerseits nach Maßgabe der Überschreitung der Referenzmenge des einzelnen Erzeugers festgelegt wurde.

Zweitens ist festzustellen, dass, wäre Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 dahin auszulegen, dass sich die Wendung "proportional zu den [einzelbetrieblichen] Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien" auf die Festlegung des Beitrags der Erzeuger zur Zahlung der fälligen Abgabe bezieht, die in dieser Formulierung enthaltenen Kriterien zu dem in Art. 10 Abs. 3 Buchst. a dieser Verordnung vorgesehenen Kriterium, nämlich "nach Maßgabe der Überschreitung der verfügbaren Referenzmenge des einzelnen Erzeugers", hinzuträten, was die Anwendung der Abgabenregelung zumindest unnötig erschweren würde.

Demnach gelten die in dieser Formulierung enthaltenen Kriterien für die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge.

Hinsichtlich der genauen Tragweite dieser Kriterien ist darauf hinzuweisen, dass in der deutschen Fassung von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 der Begriff "Referenzmengen" verwendet wurde.

Wie in Randnr. 60 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, kann die in einer der Sprachfassungen einer unionsrechtlichen Vorschrift verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden.

In den anderen Sprachfassungen dieses Art. 10 Abs. 3 als der deutschen wurde jedoch die Wendung "einzelbetriebliche Referenzmengen", die im Übrigen in Art. 5 Buchst. j der Verordnung Nr. 1788/2003 als "die Referenzmenge eines Erzeugers zum 1. April eines jeden Zwölfmonatszeitraums" definiert wurden, gebraucht.

Unter diesen Umständen ist, wie das Hauptzollamt Koblenz und das Hauptzollamt Oldenburg geltend machen, Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 dahin auszulegen, dass die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge proportional zur einzelbetrieblichen Referenzmenge der einzelnen Erzeuger, die Überlieferungen vorgenommen haben, also zu der zum 1. April des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums bestimmten Menge, oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgen muss.

Es ist insoweit Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Bundesrepublik Deutschland mit dem Erlass von § 14 Abs. 1 MilchAbgV von der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehenen Wahlmöglichkeit Gebrauch machen wollte, wonach diese Neuzuweisung proportional zur einzelbetrieblichen Referenzmenge der einzelnen Erzeuger, die Überlieferungen vorgenommen haben, erfolgt, oder ob dieser Mitgliedstaat unter Rückgriff auf die in derselben Bestimmung gleichfalls vorgesehene Möglichkeit, andere objektive Kriterien für diese Neuzuweisung festzulegen, einem solchen Erzeuger, dem während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine Referenzmenge übertragen wurde, auf die von dem Erzeuger, der zuvor über sie verfügte, für denselben Zeitraum bereits Milch erzeugt und geliefert worden war, ermöglichen wollte, unter Einschluss eines Teils oder der Gesamtheit dieser Referenzmenge an dieser Neuzuweisung teilzuhaben.

Für den Fall, dass sich die Bundesrepublik Deutschland für die erste Lösung entschieden haben sollte, ist darauf hinzuweisen, dass der in Art. 5 Buchst. j der Verordnung Nr. 1788/2003 definierte Begriff "einzelbetriebliche Referenzmenge" dadurch, dass er auf den Beginn des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums Bezug nimmt, jedenfalls nicht die Berücksichtigung von während dieses Zeitraums erfolgten Übertragungen von Referenzmengen erlaubt.

Für den Fall, dass sich die Bundesrepublik Deutschland für die zweite Lösung entschieden haben sollte, ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten dadurch, dass er ihnen die Möglichkeit eingeräumt hat, für die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge andere objektive Kriterien als das der einzelbetrieblichen Referenzmenge festzulegen, zu diesem Zweck einen ziemlich weiten Ermessensspielraum belassen hat. Allerdings waren die Mitgliedstaaten nicht ermächtigt, insoweit Kriterien beliebiger Art festzulegen.

Beim Erlass von Maßnahmen zur Durchführung einer Unionsregelung haben die Mitgliedstaaten ihr Ermessen nämlich insbesondere unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Mulligan u. a., C-313/99, Slg. 2002, I-5719, Randnr. 35, und vom , Azienda Agricola Giorgio, Giovanni und Luciano Visentin u. a., C-495/00, Slg. 2004, I-2993, Randnr. 40), zu denen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung gehören. Daneben haben solche Durchführungsmaßnahmen die Grundrechte wie das Recht auf Eigentum zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil Mulligan u. a., Randnr. 36).

Ferner darf eine nationale Regelung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, in Anbetracht des Umstands, dass ihre Einführung im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik erfolgt, nicht so festgelegt oder angewandt werden, dass die mit der gemeinsamen Agrarpolitik, speziell der gemeinsamen Marktorganisation im Milchsektor, verfolgten Ziele beeinträchtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Mulligan u. a., Randnr. 33). Hierzu sind insbesondere die durch die Verordnung Nr. 1788/2003 aufgestellten Grundsätze für das Funktionieren des Systems der Milchabgabe anzuführen, einschließlich derer, die Übertragungen von Referenzmengen betreffen.

Insoweit berührt zwar der in Randnr. 50 des vorliegenden Urteils erwähnte Grundsatz, wonach die Summe aus den den Erzeugern von einem Mitgliedstaat zugewiesenen Mengen und den von ihm der nationalen Reserve zugewiesenen Mengen die einzelstaatliche Referenzmenge nicht übersteigen darf, das Recht eines Erzeugers, dem eine bereits teilweise oder vollständig genutzte einzelbetriebliche Referenzmenge übertragen wurde, abgabenfrei Milch zu liefern, doch kann dieser Grundsatz keine Auswirkungen auf den in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehenen Vorgang der Neuzuweisung haben. Da nämlich der einzige Zweck dieses Vorgangs darin besteht, den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, am Ende eines Zwölfmonatszeitraums den ungenutzten Anteil der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge auf die Erzeuger aufzuteilen, die Überlieferungen vorgenommen haben, wirkt er sich nicht auf den Umfang dieses ungenutzten Anteils aus und ist daher nicht geeignet, die Übereinstimmung zwischen der Summe aus den einzelbetrieblichen Referenzmengen und den von dem betreffenden Mitgliedstaat der nationalen Reserve zugewiesenen Referenzmengen auf der einen und der einzelstaatlichen Referenzmenge auf der anderen Seite zu beeinträchtigen.

Es stand den Mitgliedstaaten daher frei, im Rahmen der Wahrnehmung der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehenen Befugnis "objektive Kriterien" festzulegen, um diesen Erzeugern, sofern ihnen während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine Referenzmenge übertragen worden war, für die von dem Erzeuger, der zuvor über sie verfügte, bereits für denselben Zeitraum Milch geliefert worden war, zu ermöglichen, unter Einschluss eines Teils oder der Gesamtheit dieser Referenzmenge an dieser Neuzuweisung teilzuhaben, sofern diese Regelung den anderen in den Randnrn. 74 und 75 des vorliegenden Urteils genannten zwingenden Erfordernissen genügt.

Die Mitgliedstaaten hatten jedoch dafür Sorge zu tragen, dass eine solche Regelung in der Weise aufgestellt wird, dass sie nicht zu Übertragungen führt, die trotz formaler Einhaltung der in der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehenen Bedingungen nur den Zweck hätten, bestimmten Erzeugern, die Überlieferungen vorgenommen haben, zu ermöglichen, bei der Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge besser dazustehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs finden Unionsverordnungen bei missbräuchlichen Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern nämlich keine Anwendung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Paletta, C-206/94, Slg. 1996, I-2357, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom , Emsland-Stärke, C-110/99, Slg. 2000, I-11569, Randnr. 51).

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen in der Rechtssache C-231/09 wie folgt zu antworten:

- Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 ist dahin auszulegen, dass die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge proportional zur einzelbetrieblichen Referenzmenge der einzelnen Erzeuger, die Überlieferungen vorgenommen haben, also zu der zum 1. April des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums bestimmten Menge, oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgt. Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff der einzelbetrieblichen Referenzmenge erlaubt nicht die Berücksichtigung von während dieses Zeitraums erfolgten Übertragungen von Referenzmengen.

- Eine nationale Regelung, mit der die in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 vorgesehene Befugnis wahrgenommen wird, objektive Kriterien festzulegen, nach denen die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge erfolgt, muss insbesondere die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts sowie die mit der gemeinsamen Agrarpolitik, speziell der gemeinsamen Marktorganisation im Milchsektor, verfolgten Ziele beachten.

- Diese Ziele stehen einer im Rahmen der Wahrnehmung dieser Befugnis erlassenen nationalen Regelung nicht entgegen, die den Erzeugern, die Überlieferungen vorgenommen haben, sofern ihnen nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1788/2003 während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine einzelbetriebliche Referenzmenge übertragen worden ist, für die von dem Erzeuger, der zuvor über sie verfügte, für denselben Zeitraum bereits Milch erzeugt und geliefert worden war, ermöglicht, unter Einschluss eines Teils oder der Gesamtheit dieser Referenzmenge an dieser Neuzuweisung teilzuhaben. Die Mitgliedstaaten hatten jedoch dafür Sorge zu tragen, dass eine solche Regelung nicht zu Übertragungen führt, die trotz formaler Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Bedingungen nur den Zweck gehabt hätten, bestimmten Erzeugern, die Überlieferungen vorgenommen haben, zu ermöglichen, bei dieser Neuzuweisung besser dazustehen.

Zur Frage in der Rechtssache C-230/09

Wie aus der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C-230/09 hervorgeht, betrifft der Ausgangsrechtsstreit in dieser Rechtssache die Festlegung der Referenzmenge, anhand deren die Höhe der Kurt und Thomas Etling in GbR zu gewährenden Milchprämie festgelegt werden musste. Das vorlegende Gericht ersucht insoweit um die Auslegung von Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 nur deshalb, weil es der Auffassung ist, dass Art. 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003, der die Berechnung dieser Prämie zur Zeit der im Ausgangsverfahren maßgebenden Ereignisse regelte, hinsichtlich dieser Berechnung auf diesen Art. 5 Buchst. k verwiesen habe.

Die Frage des vorlegenden Gerichts ist daher so zu verstehen, dass es im Wesentlichen wissen möchte, ob die Wendung "prämienfähige einzelbetriebliche Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt" in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 so zu verstehen ist, dass dieser Ausdruck dann, wenn einem Erzeuger während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine vom vormaligen Inhaber im selben Zeitraum bereits genutzte einzelbetriebliche Referenzmenge übertragen worden ist, auch diese letztgenannte Referenzmenge umfasst.

Zunächst ist zu prüfen, ob die Annahme zutrifft, dass Art. 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 auf den Begriff der "verfügbaren Referenzmenge", wie er in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 definiert ist, verwiesen hat.

Wie sowohl die Kommission in ihren Schriftsätzen als auch der Generalanwalt in den Nrn. 19 und 20 seiner Schlussanträge ausgeführt haben, wurde in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 nicht genau die in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 definierte Wendung "verfügbare Referenzmenge" gebraucht. Gleichwohl wäre, da in diesem Art. 95 Abs. 1 der Begriff der "einzelbetrieblichen Referenzmenge" verwendet wurde, der Rückgriff auf den Satzteil "über die der Betrieb verfügt" unnötig gewesen, hätte der Gesetzgeber auf den Begriff der "einzelbetrieblichen Referenzmenge" im Sinne von Art. 5 Buchst. j der Verordnung Nr. 1788/2003 abstellen wollen.

Außerdem ist Art. 95 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1782/2003 zu entnehmen, dass als Mengen, die im Betrieb des Empfängers verfügbar sind, einzelbetriebliche Referenzmengen gelten, die bis zum 31. März des Kalenderjahrs Gegenstand einer zeitweiligen Übertragung gemäß Art. 16 der Verordnung Nr. 1788/2003 waren. Daher ist die Situation eines Erzeugers, dem die Milchprämie gewährt werden kann, für die Zwecke der Berechnung dieser Prämie zu diesem Zeitpunkt zu beurteilen.

Es ist aber die "verfügbare Referenzmenge", die nach dem Wortlaut des Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 unter Bezugnahme auf diesen Zeitpunkt bestimmt wird.

Angesichts dieser Erwägungen ist festzustellen, dass der Gesetzgeber in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 tatsächlich den Begriff der "verfügbaren Referenzmenge" gemeint hat, wie er in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 definiert ist.

Sodann ist zu prüfen, ob dieser Ausdruck dann, wenn einem Erzeuger während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine vom vormaligen Inhaber im selben Zeitraum bereits genutzte Referenzmenge übertragen worden ist, auch diese letztgenannte Referenzmenge umfasst.

Der in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 definierte Begriff der "verfügbaren Referenzmenge" bezeichnet "die Referenzmenge, die dem Erzeuger am 31. März des Zwölfmonatszeitraums, für den die Abgabe berechnet wird, zur Verfügung steht, wobei alle in dieser Verordnung vorgesehenen Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen und zeitweiligen Neuzuweisungen, die während dieses Zwölfmonatszeitraums erfolgt sind, berücksichtigt werden". Er spielt daher in der Systematik dieser Verordnung eine besondere Rolle und kann mithin nicht außerhalb dieses Kontexts beurteilt werden.

Dem Wortlaut des fünften Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1788/2003 und dem Wortlaut ihrer Art. 4 Abs. 2 und 10 Abs. 3 Buchst. a ist nämlich zu entnehmen, dass diese Referenzmenge lediglich als Grundlage für die Ermittlung etwaiger von den Erzeugern vorgenommener Überlieferungen und somit der Höhe der fälligen Abgabe dient, da die Wendung "verfügbare Referenzmenge" in keiner anderen Bestimmung dieser Verordnung gebraucht wird.

Könnte insoweit eine einzelbetriebliche Referenzmenge oder auch ein Teil hiervon im Fall der Übertragung von einem Erzeuger zur abgabenfreien Lieferung in einem Zwölfmonatszeitraum und dann von dem Erzeuger, auf den die Übertragung erfolgt, dazu genutzt werden, sie seiner verfügbaren Referenzmenge zuzuschlagen und somit seine Überlieferung für denselben Zeitraum zu verringern, würde ein und dieselbe Referenzmenge für denselben Zwölfmonatszeitraum zweimal genutzt, was dem in den Randnrn. 50 und 76 des vorliegenden Urteils erwähnten Grundsatz zuwiderliefe, wonach die Summe aus den den Erzeugern von den Mitgliedstaaten zugewiesenen Mengen und den der nationalen Reserve zugewiesenen Mengen die einzelstaatliche Referenzmenge nicht übersteigen darf.

Diese Lösung steht auch im Einklang mit dem allgemeinen Aufbau der Verordnung Nr. 1788/2003, da mit ihr die Gefahr vermieden wird, dass zwei verschiedenen Erzeugern für ein und denselben Zeitraum auf der Grundlage ein und derselben verfügbaren Referenzmenge eine Milchprämie gewährt wird.

Somit darf der Begriff der verfügbaren Referenzmenge nicht von dem Gebrauch getrennt werden, den die Erzeuger von ihr machen, und kann daher nicht eine übertragene, von einem anderen Erzeuger für denselben Zwölfmonatszeitraum bereits genutzte einzelbetriebliche Referenzmenge oder einen Teil hiervon umfassen.

Nach alledem ist folglich auf die Vorlagefrage in der Rechtssache C-230/09 zu antworten, dass der Begriff "prämienfähige einzelbetriebliche Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt" in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003, der dem in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 definierten Begriff der "verfügbaren Referenzmenge" entspricht, so auszulegen ist, dass er dann, wenn einem Erzeuger während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine Referenzmenge übertragen worden ist, auf die vom Übertragenden während desselben Zeitraums bereits Milch geliefert worden war, auf Seiten des Empfängers nicht den Teil der übertragenen Referenzmenge umfasst, auf den vom Übertragenden bereits abgabenfrei Milch geliefert worden war.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2217/2004 des Rates vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge proportional zur einzelbetrieblichen Referenzmenge der einzelnen Erzeuger, die Überlieferungen vorgenommen haben, also zu der zum 1. April des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums bestimmten Menge, oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgen muss. Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff der einzelbetrieblichen Referenzmenge erlaubt nicht die Berücksichtigung von während dieses Zeitraums erfolgten Übertragungen.

2. Eine nationale Regelung, mit der die in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1788/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2217/2004 geänderten Fassung vorgesehene Befugnis wahrgenommen wird, objektive Kriterien festzulegen, nach denen die Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge erfolgt, muss insbesondere die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts sowie die mit der gemeinsamen Agrarpolitik, speziell der gemeinsamen Marktorganisation im Milchsektor, verfolgten Ziele beachten.

3. Diese Ziele stehen einer im Rahmen der Wahrnehmung dieser Befugnis erlassenen nationalen Regelung nicht entgegen, die den Erzeugern, die Überlieferungen vorgenommen haben, sofern ihnen nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1788/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2217/2004 geänderten Fassung während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine einzelbetriebliche Referenzmenge übertragen worden ist, für die von dem Erzeuger, der zuvor über sie verfügte, für denselben Zeitraum bereits Milch erzeugt und geliefert worden war, ermöglicht, unter Einschluss eines Teils oder der Gesamtheit dieser Referenzmenge an dieser Neuzuweisung teilzuhaben. Die Mitgliedstaaten hatten jedoch dafür Sorge zu tragen, dass eine solche Regelung nicht zu Übertragungen führt, die trotz formaler Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Bedingungen nur den Zweck gehabt hätten, bestimmten Erzeugern, die Überlieferungen vorgenommen haben, zu ermöglichen, bei dieser Neuzuweisung besser dazustehen.

4. Der Begriff "prämienfähige einzelbetriebliche Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt" in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/2005 der Kommission vom 26. Januar 2005 geänderten Fassung, der dem in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2217/2004 geänderten Fassung definierten Begriff der "verfügbaren Referenzmenge" entspricht, ist so auszulegen, dass er dann, wenn einem Erzeuger während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine Referenzmenge übertragen worden ist, auf die vom Übertragenden während desselben Zeitraums bereits Milch geliefert worden war, auf Seiten des Empfängers nicht den Teil der übertragenen Referenzmenge umfasst, auf den vom Übertragenden bereits abgabenfrei Milch geliefert worden war.

Fundstelle(n):
QAAAD-83642