BFH Urteil v. - I R 1/10

Keine sog. erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für Grundstücksverwaltungs-GmbH in Liquidation nach Veräußerung des letzten Grundstücks

Leitsatz

Einer Grundstücksverwaltungs-GmbH in Liquidation, die nach Veräußerung ihres letzten Grundstücks keiner grundstücksverwaltenden Tätigkeit mehr nachgeht, steht die sog. erweiterte Gewerbeertragskürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht (mehr) zu.

Gesetze: GewStG § 9 Abs. 1 Satz 1, GewStDV § 20 Abs. 1, GewStR Abschn. 60 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine 1984 gegründete Grundstücksverwaltungs-GmbH i.L. mit abweichendem Wirtschaftsjahr, das zum 30. Juni eines jeden Jahres endet. Mit Vertrag vom veräußerte sie zum ihr letztes Grundstück; daraus erzielte sie einen Veräußerungsgewinn. Danach ging die Klägerin keiner grundstücksverwaltenden Tätigkeit mehr nach.

2 Durch Beschluss vom wurde die Gesellschaft mit Ablauf des aufgelöst. Die Liquidation ist nicht im Handelsregister eingetragen. Eine Auskehrung des Gesellschafsvermögens fand nicht statt. Am erfolgte eine Ausschüttung an die Gesellschafter in Höhe von 150.000 €.

3 Die von ihr für das Streitjahr 2005 beanspruchte sog. erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wurde ihr vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) unter Hinweis auf das Senatsurteil vom I R 201/78 (BFHE 135, 327, BStBl II 1982, 477) versagt.

4 Die Klage gegen den dementsprechend festgesetzten Gewerbesteuermessbescheid blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg wies sie mit Urteil vom 6 K 315/07 ab; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 665 abgedruckt.

5 Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahin zu ändern, dass der Gewerbeertrag um 488.867 € gekürzt wird.

6 Das FA beantragt, die Revision zuzulassen.

7 II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht davon abgesehen, der Klägerin die sog. erweiterte Gewerbeertragskürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu gewähren.

8 1. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wird auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, der Gewerbeertrag um den Teil gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

9 2. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen wurden von der Klägerin im Streitjahr nicht (mehr) erfüllt. Sie hat während dieses Zeitraums nicht „ausschließlich” Grundbesitz verwaltet. Denn mit dem Verkauf ihres letzten Grundstücks zum endete die grundstücksverwaltende Tätigkeit. Die Tätigkeit der Klägerin beschränkte sich hinfort auf die Verwaltung ihres Kapitalvermögens. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags aber nur zu gewähren, wenn entweder ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt wird. Im Streitfall fand die Verwaltung und Nutzung des Kapitalvermögens indessen nicht neben derjenigen des Grundbesitzes, sondern zeitlich danach statt. Die von der Klägerin während des streitigen Erhebungszeitraums 2005 entfaltete Haupttätigkeit bestand daher nicht durchgängig in der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Dieses umfassende und damit nicht nur qualitative und quantitative, sondern auch zeitliche Verständnis des Begriffs der Ausschließlichkeit in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entspricht ständiger Spruchpraxis des Senats (vgl. Urteil in BFHE 135, 327, BStBl II 1982, 477; Beschlüsse vom I B 5/99, BFH/NV 2000, 79, sowie vom I B 104/99, BFH/NV 2000, 1497); es besteht in Anbetracht des eindeutigen Regelungswortlauts kein Anlass, diese aufzugeben.

10 3. Die vom FG in den Vordergrund gestellte Frage, ob die Revision —entgegen Abschn. 60 Abs. 3 Satz 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien und dem Senatsurteil vom I R 17/99 (BFHE 192, 353, BStBl II 2001, 251)— auch daran scheitern könnte, dass sich das am verkaufte Grundstück am als dem Beginn des streitigen Erhebungszeitraums und damit dem gemäß § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Gewerbesteuer-Druchführungsverordnung maßgebenden Stichtag weder im rechtlichen noch im wirtschaftlichen Eigentum der Klägerin befand, kann angesichts dessen unbeantwortet bleiben.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 841 Nr. 5
EStB 2011 S. 183 Nr. 5
StuB-Bilanzreport Nr. 9/2011 S. 355
RAAAD-79992