NWB Nr. 13 vom Seite 1025

Schwarzgeldbekämpfungsgesetz

Dipl.-Kfm. (FH) Carsten Rothbart | Rechtsanwalt/Referent für Steuerrecht beim Deutschen Steuerberaterverband e. V., Berlin

Reform der Selbstanzeige – Operation gelungen, Patient tot?

Spätestens seit den medienwirksamen Steuerhinterziehungsfällen durch Geldanlagen in Liechtenstein und der Schweiz stand die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO in der öffentlichen Diskussion. Oftmals als Bestandteil von Steuerhinterziehungsstrategien gegeißelt, wurde von verschiedenen Seiten wiederholt eine Streichung der straffreien Rückkehr in die Steuerehrlichkeit gefordert. Auf der anderen Seite wurde wiederholt auf die wichtige Rolle der Selbstanzeige hingewiesen und eine Beibehaltung dieses seit über 100 Jahren bewährten Instruments gefordert. Denn neben dem fiskalischen Zweck der Erschließung bisher nicht deklarierter Steuerquellen hat die Regelung des § 371 AO eine wichtige Funktion beim verfassungsrechtlich garantierten Verbot der Selbstbezichtigung einer Straftat. Nicht selten besteht bei einer zutreffenden Deklaration die Gefahr, sich selbst für die Vergangenheit der Steuerhinterziehung zu bezichtigen; hier bietet die Selbstanzeige einen bewährten Ausweg.

Ein in der breiten Öffentlichkeit weniger beachteter ) hatte jedoch bereits zuvor die Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige – wenn auch nur im Rahmen eines obiter dictums – verschärft und unter anderem ein Verbot der Teilselbstanzeige ausgesprochen. Jedoch hat diese Judikatur zu Rechtsunsicherheit geführt, da die Reichweite der Forderung an den Täter, „reinen Tisch zu machen”, nicht eindeutig ist. Unklar war, ob alle Steuerarten aller strafrechtlich noch nicht verjährten Veranlagungszeiträume betroffen sind, oder ob sich das Verbot der Teilselbstanzeige auf die Tat im materiellen Sinne, also definiert durch Steuerart und Veranlagungszeitraum, bezieht.

Das jetzt vom Deutschen Bundestag am beschlossene Schwarzgeldbekämpfungsgesetz stellt daher in mancherlei Hinsicht einen politischen Kompromiss dar. Sowohl die Einführung eines „verkappten Strafzuschlags” für Hinterziehungsbeträge über 50.000 Euro – pro Steuerart und Jahr – und das Erfordernis der vollständigen Selbstanzeige – beschränkt auf eine Steuerart, jedoch für alle unverjährten Zeiträume – tragen eine eindeutige Handschrift. Das geplante Gesetz wird sich in der Zukunft beweisen müssen. Eines ist jedoch bereits erkennbar: Die erhöhten Anforderungen werden die Praxis in vielen Fällen vor Probleme stellen. Dabei sind die medienwirksamen „Schwarzgeldanlagen” in der Schweiz vielleicht weniger betroffen als Sachverhalte bei Unternehmen, zumal hier der Betrag von 50.000 Euro schnell überschritten sein wird. Es kann daher nur geraten werden, möglichst bis zum Tag der Ausfertigung des neuen Gesetzes voraussichtlich im April des Jahres die bisherige Rechtslage zu nutzen. Der Gesetzgeber hält dabei in der Anwendungsnorm zur Neuregelung noch einen Bonus bereit, denn die skizzierte Rechtsprechung des BGH wird negiert und eine Teilselbstanzeige bis dahin ausdrücklich zugelassen.

Carsten Rothbart

Fundstelle(n):
NWB 2011 Seite 1025
NWB JAAAD-78962