EuGH Urteil v. - C-540/09

Übernahmegarantie (‚underwriting guarantee‘), die von Kreditinstituten im Rahmen von Aktienausgaben auf dem Kapitalmarkt gegenüber den ausgebenden Gesellschaften gegen Zahlung einer Provision abgegeben wird - Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen

Leitsatz

Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin gehend auszulegen, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer auch Dienstleistungen umfasst, die ein Kreditinstitut in Form einer Übernahmegarantie und gegen eine Vergütung gegenüber einer Gesellschaft erbringt, die im Begriff steht, Aktien auszugeben, wenn diese Garantie zum Gegenstand hat, dass sich dieses Institut dazu verpflichtet, diejenigen Aktien zu erwerben, die möglicherweise in der für die Zeichnung der Aktien vorgesehenen Zeit nicht gezeichnet werden.

Instanzenzug:

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. a und d Nrn. 1, 2 und 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Skandinaviska Enskilda Banken AB Momsgrupp (im Folgenden: SEB) und dem Skatteverk (schwedische Finanzverwaltung) über die Qualifizierung von Dienstleistungen in Form einer Übernahmegarantie ("underwriting guarantee") im Hinblick auf ihre Befreiung von der Mehrwertsteuer.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Art. 2 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

"Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

..."

Art. 13 Teil B der Sechsten Richtlinie bestimmt:

"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

a) die Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden;

...

d) die folgenden Umsätze:

1. die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber,

2. die Vermittlung und die Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten und Garantien sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber,

...

5. die Umsätze - einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung - die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von

- Warenpapieren,

- Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Artikel 5 Absatz 3,

..."

Nationales Recht

Kapitel 1 § 1 des Mehrwertsteuergesetzes (Mervärdesskattelagen) (1994:200) vom (SFS 1994, Nr. 200, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) sieht vor:

"An den Staat ist nach diesem Gesetz Mehrwertsteuer zu entrichten

1. für Umsätze mit Waren oder Dienstleistungen im Inland, die steuerpflichtig sind und als Teil einer beruflichen Tätigkeit vorgenommen werden,

..."

Kapitel 3 § 9 des Mehrwertsteuergesetzes bestimmt:

"Umsätze mit Bank- und Finanzdienstleistungen sowie Umsätze des Wertpapierhandels oder damit vergleichbarer Tätigkeiten sind von der Steuer befreit.

Die Notartätigkeit, Inkassodienstleistungen sowie Verwaltungsdienstleistungen in Bezug auf Factoring oder die Vermietung von Lagerraum gehören nicht zu den Bank- und Finanzdienstleistungen.

Unter Wertpapierhandel sind zu verstehen

1. der Umsatz und die Vermittlung von Aktien, anderen Anteilen und Forderungen, unabhängig davon, ob sie als Wertpapier verbrieft sind oder nicht, und

2. die Verwaltung von Investmentfonds gemäß dem Gesetz (2004:46) über Investmentfonds."

Kapitel 3 § 10 des Mehrwertsteuergesetzes lautet:

"Von der Steuerpflicht befreit sind Umsätze mit Versicherungs- und Rückversicherungsdienstleistungen einschließlich der Dienstleistungen von Versicherungsmaklern und anderen Versicherungsvermittlern, die Versicherungen oder Rückversicherungen betreffen."

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

SEB ist ein schwedisches Kreditinstitut, das an der Spitze einer "Mehrwertsteuergruppe" ("mervärdesskattegrupp") steht. Dieses Kreditinstitut erbringt auch Dienstleistungen der Unternehmensfinanzierung in Verbindung mit der Ausgabe von Finanzinstrumenten.

Im Jahr 2002 gab SEB zusammen mit einer anderen Mitgliedsgesellschaft derselben Mehrwertsteuergruppe gegenüber einer dritten Gesellschaft Übernahmegarantien ab, nach denen die Mitglieder dieser Gruppe sich verpflichteten, am Ende der Zeichnungsfrist nicht gezeichnete Aktien dieser Gesellschaft zu erwerben (im Folgenden: Übernahmegarantie). Für die Abgabe dieser Garantie wurden die Mitglieder der Gruppe durch die Zahlung einer Provision vergütet.

In der Annahme, dass die Abgabe von Übernahmegarantien von der Mehrwertsteuer befreit sei, wurde von der Mehrwertsteuergruppe in Bezug auf die Zahlung dieser Provision Mehrwertsteuer weder berechnet noch verbucht.

Nach einer im Jahr 2005 durchgeführten Steuerprüfung vertrat das Skatteverk die Auffassung, dass die Abgabe von Übernahmegarantien keinen von der Mehrwertsteuer befreiten Umsatz darstelle, und nahm mit Bescheid vom eine Mehrwertsteuerberichtigung für den Abrechnungszeitraum Oktober 2002 vor.

Gegen diesen Bescheid erhob SEB Klage beim Länsrätt i Stockholms län (Verwaltungsgericht für den Bezirk Stockholm), das die Klage abwies.

Die Mehrwertsteuergruppe legte gegen dieses abweisende Urteil Berufung beim Kammarrätt i Stockholm (Verwaltungsberufungsgericht Stockholm) ein. Nachdem dieses Gericht die Berufung zurückgewiesen hatte, legte SEB ein Rechtsmittel beim Regeringsrätt (Oberstes Verwaltungsgericht) ein und trug dafür vor, dass die fragliche Übernahmegarantie mit anderen im Finanzsektor erbrachten Dienstleistungen, auf die keine Mehrwertsteuer erhoben werde, verglichen werden könne, etwa Umsätzen des Wertpapierhandels, Versicherungen, Kreditgewährungen, Garantien oder Verkaufsoptionen.

Dazu führt das vorlegende Gericht unmittelbar aus, dass die Abgabe von Übernahmegarantien nach der Rechtsprechung der schwedischen Gerichte keinen steuerbefreiten Umsatz im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie (Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen) darstelle.

Das Regeringsrätt stellt allerdings fest, dass die nationalen Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Anwendung der in der genannten Bestimmung der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung auf Übernahmegarantiedienstleistungen voneinander abwichen. So seien in Irland und im Vereinigten Königreich insbesondere für solche Dienstleistungen ausdrückliche Mehrwertsteuerbefreiungen eingeführt worden.

Außerdem macht das vorlegende Gericht geltend, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Auslegung der in Art. 13 Teil B Buchst. a oder Buchst. d Nrn. 1, 2 und 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen keine klare Antwort auf die Frage gegeben habe, ob eine dieser Befreiungen auf Dienstleistungen in Form der Abgabe von Übernahmegarantien anwendbar sei.

Das Regeringsrätt hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 13 Teil B der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass die darin aufgeführten Steuerbefreiungen auch Dienstleistungen (Underwriting) umfassen, die darin bestehen, dass ein Kreditinstitut gegen eine Vergütung eine Garantie gegenüber einem Unternehmen gewährt, das im Begriff steht, Aktien auszugeben, wenn diese Garantie zum Gegenstand hat, dass sich das Kreditinstitut dazu verpflichtet, diejenigen Aktien zu erwerben, die möglicherweise in der für die Zeichnung der Aktien vorgesehenen Zeit nicht gezeichnet werden?

Zur Vorlagefrage

Einleitende Bemerkungen

Vor der Analyse der Rechtsgrundlage einer eventuellen Befreiung einer Übernahmegarantie wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ist darauf hinzuweisen, dass diese als eine Lieferung von Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie in deren Anwendungsbereich fällt, da zwischen dem Ausgebenden und dem Garantiegeber ein Rechtsverhältnis besteht und die Provision, die der Garantiegeber von dem Ausgebenden erhält, den tatsächlichen Gegenwert für die vom Garantiegeber gegenüber dem Ausgebenden abgegebene Garantie bildet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. März 1994, Tolsma, C-16/93, Slg. 1994, I-743, Randnr. 14, vom , First National Bank of Chicago, C-172/96, Slg. 1998, I-4387, Randnr. 26, und vom , MacDonald Resorts, C-270/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 16).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die in Art. 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. u. a. Urteile vom , CPP, C-349/96, Slg. 1999, I-973, Randnr. 15, und vom , Eulitz, C-473/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

In Bezug auf die Frage, ob eine solche Übernahmegarantie nach Art. 13 Teil B Buchst. a oder Buchst. d Nrn. 1, 2 und 5 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sein kann, ist darauf hinzuweisen, dass die Begriffe, mit denen die in diesem Art. 13 vorgesehenen Steuerbefreiungen bezeichnet sind, eng auszulegen sind, da diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch insbesondere mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Diese Regel einer engen Auslegung bedeutet also nicht, dass die zur Definition der Steuerbefreiungen nach Art. 13 verwendeten Begriffe in einer Weise auszulegen sind, die den Befreiungen ihre Wirkung nähme (vgl. Urteil Eulitz, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Was schließlich die Gründe betrifft, aus denen die Mehrwertsteuerbefreiungen für die in Art. 13 Teil B genannten Umsätze angenommen wurden, geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass mit diesen Befreiungen bezweckt wird, die Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbunden sind, zu beseitigen und eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits zu vermeiden (Urteil vom , Velvet & Steel Immobilien, C-455/05, Slg. 2007, I-3225, Randnr. 24).

Die vorgelegte Frage ist im Licht dieser Erwägungen zu beantworten.

Zur Befreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie

Auch wenn es angesichts der gegenüber dem Gerichtshof im Rahmen des bei ihm anhängigen Verfahrens abgegebenen Erklärungen nicht ausgeschlossen ist, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Übernahmegarantie gemäß Art. 13 Teil B Buchst. a oder Buchst. d Nrn. 1, 2 und 5 der Sechsten Richtlinie zu mehreren Kategorien von mehrwertsteuerbefreiten Umsätzen gehören kann, ist die vorgelegte Frage an erster Stelle im Hinblick auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 dieser Richtlinie über Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen, zu prüfen.

Gegenüber dem Gerichtshof abgegebene Erklärungen

SEB trägt vor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Übernahmegarantiedienstleistung in Schweden autonomen Charakter habe und von der übergreifenden Dienstleistung der Wertpapierausgabe abtrennbar bleibe. Im Übrigen sei die Übernahmegarantie im vorliegenden Fall von anderen Einheiten als denjenigen, die die Aktienausgabe vorgenommen hätten, abgegeben worden.

Die schwedische Regierung räumt zwar ein, dass diese Übernahmegarantiedienstleistung nicht Bestandteil eines Pakets von Finanzdienstleistungen sei und im Hinblick auf die Mehrwertsteuer gesondert beurteilt werden müsse, ist jedoch der Auffassung, dass sie nicht nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sei.

Zur Qualifizierung dieser Dienstleistung macht SEB, die in ihrer Analyse von der Europäischen Kommission unterstützt wird, geltend, dass die entsprechende Übernahmegarantiedienstleistung ein Umsatz, der sich auf Wertpapiere beziehe, entsprechend der Definition in der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei, da sie im Sinne der Urteile vom , SDC (C-2/95, Slg. 1997, I-3017, Randnrn. 72 und 73), und vom , CSC Financial Services (C-235/00, Slg. 2001, I-10237, Randnr. 33), Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere begründen, ändern oder zum Erlöschen bringen und die rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen zwischen den Parteien ändern könne.

Irland trägt vor, dass eine Übernahmegarantie in Irland nur einen Bestandteil einer übergreifenden und unteilbaren Dienstleistung in Verbindung mit der Ausgabe von Wertpapieren bilde, die insbesondere Beratungs- und Vermarktungsdienstleistungen umfasse. Diese übergreifende Dienstleistung sei in Irland gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit, da es sich um einen Umsatz handele, der sich auf Wertpapiere beziehe.

Das Skatteverk meint, dass die Abgabe einer Übernahmegarantie nicht als Umsatz, der sich auf Wertpapiere beziehe, eingestuft werden könne, da die Übernahmegarantie als solche keine Rechte oder Pflichten in Bezug auf das Eigentum an den Aktien begründe, ändere oder zum Erlöschen bringe. Die entsprechenden rechtlichen Folgen träten zwischen dem Garantiegeber und dem Ausgebenden nur dann ein, wenn die ausgegebenen Aktien nicht vollständig von anderen Investoren übernommen würden und der Garantiegeber den Rest zu zeichnen habe. Nur in dieser Fallgestaltung sei eine Befreiung von der Mehrwertsteuer möglich. Wenn die ausgegebenen Aktien hingegen vollständig von Investoren auf dem Markt übernommen würden, trete keine Änderung der Rechte und Pflichten in Bezug auf das Eigentum an den Aktien ein, so dass keine Befreiung möglich sei.

Antwort des Gerichtshofs

Zunächst ist angesichts der von SEB und der schwedischen Regierung gegenüber dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen, die sich insoweit entsprechen, festzustellen, dass die fragliche Übernahmegarantie in Schweden als eine Leistung an sich angesehen werden kann, die autonom erbracht werden kann, und nicht als eine mit den anderen bei einer Aktienausgabe erbrachten Leistungen verbundene Leistung.

Zur Beantwortung der vorgelegten Frage ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Bezug auf die Tragweite der Befreiung gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie festgestellt hat, dass die Umsätze, die sich auf Aktien und andere Wertpapiere beziehen, auf dem Wertpapiermarkt bewirkte Umsätze sind und dass der Wertpapierhandel Handlungen umfasst, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern (Urteil SDC, Randnrn. 72 und 73).

Der Gerichtshof hat allerdings auch entschieden, dass Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen, im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie Umsätze sind, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (Urteil CSC Financial Services, Randnr. 33).

Im Licht des so vom Gerichtshof im Urteil CSC Financial Services angewandten Kriteriums, nämlich der auch nur potenziellen Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage zwischen den betroffenen Parteien, ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Übernahmegarantie entsprechend der Darstellung des Generalanwalts in Nr. 53 seiner Schlussanträge die in dieser Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt.

Selbst wenn die ausgegebenen Aktien später vollständig von Investoren auf dem Markt übernommen werden sollten, so dass ein Aufkaufen der restlichen Aktien durch den Garantiegeber nicht mehr erforderlich wäre, wäre nämlich der Abschluss eines Vertrags über eine Übernahmegarantie, wie er im Ausgangsverfahren in Rede steht, als solcher geeignet, Rechte in Bezug auf das Eigentum an den Aktien zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen, wobei eine solche Möglichkeit für sich genommen ausreicht, um eine derartige Übernahmegarantie als Umsatz, der sich auf Wertpapiere bezieht, im Sinne der genannten Rechtsprechung einzustufen.

Im Übrigen würde ein Kreditinstitut, das eine Garantie im Rahmen einer Aktienausgabe abgegeben hat, bei der alle ausgegebenen Aktien von Investoren auf dem Markt gezeichnet wurden, gemäß dem Standpunkt des Skatteverk für diesen Umsatz nicht in den Genuss einer Befreiung von der Mehrwertsteuer kommen, da zwischen den Parteien keine Aktienübertragung und damit keine tatsächliche Änderung ihrer Rechte und Pflichten in Bezug auf das Eigentum an den Aktien stattfände.

Wenn hingegen ein anderes Kreditinstitut eine Übernahmegarantie derselben Art im Rahmen einer Aktienausgabe abgäbe, bei der nicht alle ausgegebenen Aktien gezeichnet werden und das Kreditinstitut sich daher gezwungen sähe, die nicht gezeichneten Aktien zu übernehmen, wäre der entsprechende Umsatz, der entgegen dem Vorbringen des Skatteverk in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie fällt und von der Aktienausgabe unabhängig ist, von der Mehrwertsteuer befreit, da in diesem Fall tatsächliche Änderungen der Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf das Eigentum an den Aktien einträten.

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass eine Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie dahin gehend, dass eine Übernahmegarantiedienstleistung je nachdem, ob die ausgegebenen Aktien teilweise oder vollständig gezeichnet wurden, von der Mehrwertsteuer befreit ist oder nicht, dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zuwiderliefe, auf dem das mit dieser Richtlinie aufgestellte gemeinsame Mehrwertsteuersystem u. a. beruht und der es nicht zulässt, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (Urteil vom 28. Juni 2007, JP Morgan Fleming Claverhouse Investment Trust und The Association of Investment Trust Companies, C-363/05, Slg. 2007, I-5517, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Da eine Übernahmegarantie wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als Umsatz, der sich auf Wertpapiere bezieht, im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit ist, ist es für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits und damit für die dem vorlegenden Gericht zu gebende Antwort nicht mehr erforderlich, eine solche Garantie zudem im Hinblick auf Art. 13 Teil B Buchst. a oder Buchst. d Nrn. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie zu prüfen.

Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie dahin gehend auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer auch Dienstleistungen umfasst, die ein Kreditinstitut in Form einer Übernahmegarantie und gegen eine Vergütung gegenüber einer Gesellschaft erbringt, die im Begriff steht, Aktien auszugeben, wenn diese Garantie zum Gegenstand hat, dass sich dieses Institut dazu verpflichtet, diejenigen Aktien zu erwerben, die möglicherweise in der für die Zeichnung der Aktien vorgesehenen Zeit nicht gezeichnet werden.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin gehend auszulegen, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer auch Dienstleistungen umfasst, die ein Kreditinstitut in Form einer Übernahmegarantie und gegen eine Vergütung gegenüber einer Gesellschaft erbringt, die im Begriff steht, Aktien auszugeben, wenn diese Garantie zum Gegenstand hat, dass sich dieses Institut dazu verpflichtet, diejenigen Aktien zu erwerben, die möglicherweise in der für die Zeichnung der Aktien vorgesehenen Zeit nicht gezeichnet werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
ZAAAD-75672