BGH Beschluss v. - V ZB 318/10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: AG Osnabrück, 246 XIV 8/10 B vom LG Osnabrück, 11 T 137/10 vom

Gründe

I. Auf Antrag der Beteiligten zu 2 hat das die Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen für die Dauer von längstens drei Monaten und die sofortige Vollziehbarkeit der Entscheidung angeordnet. Die Beschwerde hat das zurückgewiesen.

Auf die Rechtsbeschwerde, mit der der Betroffene am nach der Entlassung aus der Haft die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung erstrebt hat, hat der Senat mit Beschluss vom (V ZB 89/10) die Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses hat daraufhin den Feststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen, weil der Betroffene bereits im April 2010 bei dem Amtsgericht beantragt hatte, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen. Hiergegen richtet sich die erneute Rechtsbeschwerde; für dieses Verfahren beantragt der Betroffene die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe.

II. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Feststellungsantrag wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Es könne nicht sowohl über die bei dem Amtsgericht als auch über die in dem ersten Rechtsbeschwerdeverfahren gestellten Anträge entschieden werden, weil anderenfalls die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehe. Die Senatsentscheidung vom stehe der Zurückweisung als unzulässig nicht entgegen.

III. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 29/10, [...] Rn. 4). Sie hat jedoch keine Aussicht auf Erfolg.

2. Das Beschwerdegericht hat den in dem ersten Rechtsbeschwerdeverfahren gestellten Feststellungsantrag, der nach der Aufhebung der ersten Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache Gegenstand des zweiten Beschwerdeverfahrens war, zu Recht als unzulässig angesehen. Es hätte deshalb die Beschwerde zurückweisen müssen. Dass es stattdessen den Antrag nicht etwa als unzulässig verworfen, sondern zurückgewiesen hat, ist unschädlich. Denn darin liegt im Ergebnis die Zurückweisung der Beschwerde.

a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass eine Bindungswirkung der Senatsentscheidung vom nach § 74 Abs. 6 Satz 4 FamFG hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Feststellungsantrags im Hinblick auf die anderweitige Rechtshängigkeit nicht besteht.

aa) Gebunden ist das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, an diejenige rechtliche Beurteilung, auf der die Aufhebung unmittelbar beruht (, NJW 2005, 3071, 3073; , NJW-RR 2001, 447, 448; , NJW 1996, 924, 925 - jeweils zum Revisionsverfahren).

bb) Von der Bindungswirkung nicht erfasst sind Prozessvoraussetzungen, die nicht ausdrücklich Gegenstand der aufhebenden Entscheidung gewesen sind (, MDR 1959, 121; MünchKommZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rn. 12; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 11; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 563 Rn. 4; aA: Stein/ Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 565 Rn. 12 unter Berufung auf , BGHZ 22, 373). So liegt es hier. Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom (V ZB 89/10) nicht mit der Zulässigkeit des in dem dortigen Verfahren gestellten Feststellungsantrags unter dem Gesichtspunkt der anderweitigen Rechtshängigkeit befasst. Deshalb war das Beschwerdegericht nicht gehindert, über die Zulässigkeitsvoraussetzungen erneut zu befinden und insoweit zu einem von seiner früheren Entscheidung und der Senatsentscheidung abweichenden Ergebnis zu gelangen.

cc) Eine Bindungswirkung fehlt zudem, weil nach der Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht neue Tatsachen festgestellt worden sind und auf der Grundlage eines geänderten maßgeblichen Sachverhalts entschieden worden ist (vgl. Xa ZR 70/08, [...] Rn. 4; IVb ZR 18/84, NJW 1985, 2029, 2030; , BGHZ 159, 122, 127; , BGHZ 22, 373, 374 - jeweils zum Revisionsverfahren). Denn im Zeitpunkt der ersten Entscheidung des Senats war ihm der im April 2010 bei dem Amtsgericht gestellte Antrag des Betroffenen nicht bekannt. Dessen Existenz hat das Beschwerdegericht erstmals in der jetzt angefochtenen Entscheidung festgestellt.

b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme des Beschwerdegerichts, der Feststellungsantrag vom sei wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig.

aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG kann während der Rechtshängigkeit dieselbe Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Die Vorschrift gilt nach § 13 GVG, § 2 EGGVG auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Allerdings gibt es für diese, außer für Ehesachen und Familienstreitsachen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 253, 261 ZPO), keine Vorschriften über den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit. In Betracht kommen deshalb für diesen Zeitpunkt der Eingang des verfahrenseinleitenden Antrags (§ 23 Abs. 1 FamFG) bei dem Gericht oder die Übermittlung dieses Antrags an die Beteiligte zu 2 (§ 23 Abs. 2 FamFG). Welcher der beiden Zeitpunkte maßgeblich ist, kann offen bleiben. Denn der Antrag vom ist einen Tag später bei dem Amtsgericht eingegangen und von dort der Beteiligten zu 2 übermittelt worden.

bb) Das dortige Verfahren und das vorliegende Verfahren haben denselben Gegenstand. Denn der Betroffene hat mit seinen Anträgen vom und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgt, nämlich die Feststellung, dass die vollzogene Haftanordnung ihn in seinen Rechten verletzt hat. Dass der Wortlaut der Anträge nicht übereinstimmt, ist unerheblich. Auf die Begründetheit des ersten Feststellungsantrags kommt es ebenfalls nicht an (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 261 Rn. 2).

Fundstelle(n):
YAAAD-73325