NWB Nr. 8 vom Seite 585

„Wirtschaftlich vorrangiger Veranlassungszusammenhang entscheidend”

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Mit einem klassischen Dilemma

hatte sich der Bundesfinanzhof im Fall eines Arbeitnehmers zu befassen, der seinem Arbeitgeber, an dem er zugleich als GmbH-Gesellschafter beteiligt ist, ein Darlehen gewährt und dieses Darlehen aufgrund der Insolvenz der GmbH dann ausfällt. Ist der Darlehensverlust nun den Lohneinkünften oder den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen? Im Gesetz steht hierzu nichts, weshalb sich die Rechtsprechung behilft: der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang entscheidet. Welcher Veranlassungszusammenhang der engere und wirtschaftlich vorrangige ist, das herauszufinden ist Aufgabe der Finanzgerichte. Die Münchener Richter verwiesen die Sache daher an die Vorinstanz zurück, nicht jedoch, ohne Hinweise auf ihre Sicht der Dinge zu geben. Schneider kommentiert die noch zu einem Sachverhalt vor Einführung der Abgeltungsteuer ergangene Entscheidung auf Seite 604.

Seit 2009, also seit Einführung der Abgeltungsteuer, besteht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich ein Werbungskostenabzugsverbot. Und seit dem ist umstritten, ob dieses Abzugsverbot sowohl gegen das objektive Nettoprinzip und das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit als auch gegen die für die Einkommensgesetzgebung geltende Leitlinie der Folgerichtigkeit verstößt. Nachdem das dazu geführte Musterverfahren vor dem FG Münster aus anderen Gründen in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde und die danach eingelegte Sprungklage zunächst gescheitert ist, ist jetzt unter dem Aktenzeichen 9 K 1637/10 eine Sprungklage vor dem FG Baden-Württemberg anhängig. Einzelheiten hierzu auf Seite 602. – Unsicherheit besteht noch in einer weiteren Frage des Werbungskostenabzugs: Können bei Einnahmen aus Kapitalvermögen, die im Jahr 2008 zufließen, Werbungskosten auch dann in 2009 berücksichtigt werden, wenn ein Abfluss erst in diesem Veranlagungszeitraum erfolgt ist? Während die Finanzverwaltung dies mit Hinweis auf das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG verneint, argumentiert Eggers auf Seite 646, dass nach der Übergangsregelung für den Werbungskostenabzug in 2009 lediglich der Zufluss der Kapitalerträge vor 2009 erforderlich ist.

Mit der neuen Grunderwerbsteuerbefreiung für Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns wollte der Gesetzgeber die Bedingungen für Umstrukturierungen von Unternehmen krisenfest, planungssicher und mittelstandsfreundlicher ausgestaltet werden. Doch schon Dettmeier/Geibel stellten in NWB 8/2010 S. 582 fest: die flankierenden Maßnahmen – wie Vorbehaltens- und Nachbehaltensfrist – entpuppen sich als ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Mit ihrem Ländererlass vom Dezember letzten Jahres hat die Finanzverwaltung den Anwendungsbereich der Vorschrift noch weiter eingeschränkt. Die daraus resultierenden, das grundlegende Verständnis der Vorschrift betreffende Fragen geben – so Behrens/Bock auf Seite 615 – Anlass zur Änderung des Ländererlasses.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2011 Seite 585
NWB UAAAD-63709