Betriebliche Altersversorgung - Auslegung von Versorgungsregelungen
Gesetze: § 1 BetrAVG, § 133 BGB, § 157 BGB
Instanzenzug: ArbG Herne Az: 3 Ca 3124/06 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 4 Sa 1638/07 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Berechnung der Betriebsrente des Klägers und dabei darüber, inwieweit Ausbildungszeiten zu berücksichtigen sind sowie über die Höhe des anzusetzenden pensionsberechtigten Einkommens.
2Der Kläger ist 1943 geboren. Nachdem er in der DDR ein Studium der Mathematik und Physik ohne Abschluss abgebrochen hatte, studierte er ab Chemie an der Universität Rostock und erlangte am den akademischen Grad eines Diplomchemikers. Anschließend war er an einem Institut in Thüringen als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Im Februar 1976 übersiedelte er in die Bundesrepublik Deutschland und nahm zum ein Promotionsstudium im Bereich Chemie an der Technischen Hochschule Aachen auf. Dieses schloss er am mit der Verleihung des Doktortitels ab.
3Vom bis zum war der Kläger bei mehreren Rechtsvorgängerinnen der Beklagten tätig, zuletzt als Deponieleiter. Seit dem bezieht er eine gesetzliche Altersrente und eine Betriebsrente der Beklagten.
Mit Schreiben vom hatte sich die H AG als damalige Rechtsvorgängerin der Beklagten „an die außertariflichen und leitenden Mitarbeiter der Werke II“, darunter auch den Kläger gewandt und ihnen ua. mitgeteilt:
In einem an den Kläger persönlich adressierten Schreiben vom selben Tage heißt es:
Auf der im Schreiben erwähnten Zweitschrift unterzeichnete der Kläger am folgende aufgestempelte Erklärung:
Die im Schreiben der H in Bezug genommene Pensionszusage für außertarifliche und leitende Angestellte der H AG in der Fassung vom ist eine vertragliche Einheitsregelung. Sie lautet auszugsweise:
Durch eine von der H AG als Arbeitgeberin auf der einen und Gesamtbetriebsrat und Gesamtsprecherausschuss auf der anderen Seite unterzeichnete Vereinbarung vom (hiernach: Änderungsvereinbarung 1996) wurde das bis dahin geltende berufsjahrbezogene Entgeltsystem abgelöst und zum 1. Mai bzw. durch ein leistungsbezogenes „neues Entgeltsystem für Führungskräfte der H AG“ ersetzt. Die Änderungsvereinbarung 1996 lautet auszugsweise:
9Zum erfolgte eine weitere Änderung des Entgeltsystems.
Am schloss die seinerzeitige Arbeitgeberin und Rechtsvorgängerin der Beklagten, die D AG, mit ihrem Gesamtbetriebsrat und dem Gesamtsprecherausschuss eine Änderungsvereinbarung zur „Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung betreffend die Pensionszulage und die Weihnachtsvergütung für Pensionäre der ehemaligen D AG sowie die Pensionszusagen für außertarifliche Mitarbeiter und leitende Angestellte der ehemaligen H AG“ (hiernach: Änderungsvereinbarung 2004). In dieser heißt es ua.:
Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils im vorliegenden Verfahren vereinbarte die Beklagte unter dem mit dem Gesamtbetriebsrat und dem Gesamtsprecherausschuss eine Protokollnotiz zu der Änderungsvereinbarung 2004 (hiernach: Protokollnotiz), die ua. folgende Regelungen enthält:
Mit Schreiben vom hatte die D-H AG, die seinerzeitige Arbeitgeberin des Klägers und Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem Kläger mitgeteilt, es errechne sich für ihn auf der Grundlage des neuen Entgeltsystems mit Wirkung vom als Vollzeitjahresvergütung ein Grundentgelt iHv. 167.818,00 DM, bestehend aus einem individuellen Funktionsentgelt von 123.552,00 DM und einem jährlich neu festzusetzenden Leistungsentgelt iHv. 44.266,00 DM. Der „Beurteilungspunktwert 09/99“ wird mit „6“ beziffert. Das Schreiben enthält den Hinweis:
13Am hatte der Kläger vor dem Arbeitsgericht Lörrach mit der D-H AG einen Vergleich (- 1 Ca 369/98 -) geschlossen. Die D-H AG verpflichtete sich dabei, dem Kläger Leistungsbeurteilungen für die Jahre 1997 - 1999 mit einem Gesamtergebnis von jeweils 15 Punkten zu erteilen.
Die Gehaltsabrechnung des Klägers für Dezember 1999 weist folgende Bezüge aus:
15In einem weiteren Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Lörrach (- 1 Ca 1/05 -), in dem es ua. um Leistungsbeurteilungen des Klägers ging, vertraten die Prozessbevollmächtigten der D AG mit Schriftsatz vom die Auffassung, die Leistungsbeurteilungen für die Jahre 2001 - 2003 seien für die Bemessung der dem Kläger zustehenden betrieblichen Altersversorgung nach der Änderungsvereinbarung 2004 irrelevant. Maßgeblich für die betriebliche Altersversorgung sei der höhere Betrag zwischen dem Jahresentgelt nach dem neuen Vergütungssystem sowie dem Schattenentgelt, in das das bisherige Grundentgelt, das 13. Monatsentgelt, eine Tantieme, Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen sowie Einmalzahlungen aus dem alten System einflössen. Das Grundentgelt und das davon abhängige 13. Entgelt würden jährlich in etwa auf den Inflationsfaktor angehoben. Das Schattenentgelt des Klägers sei danach immer höher gewesen, als es das aktuelle Grundentgelt selbst bei einer „Supermannbeurteilung“ gewesen wäre.
16Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Parteien - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - darüber gestritten, ob die Hochschulausbildungszeiten und Promotionszeiten des Klägers im Fach Chemie gem. Ziff. 5 der PZ H anzurechnen sind sowie darüber, ob bei der Berechnung des individuellen Schattenentgelts des Klägers nach der Änderungsvereinbarung 2004 das tatsächlich gezahlte Jahresgrundentgelt seit Dezember 1999, einschließlich aller Bestandsschutzanteile, in die Berechnung einzustellen ist oder ob das Schattenentgelt in Fortführung der Regelung in Nr. 9 der Änderungsvereinbarung 1996 zu berechnen ist.
17Der Kläger hat die Ansicht vertreten, Zeiten seines Diplom- und Promotionsstudiums seien als Ausbildungszeiten im Sinne der Ziff. 5 PZ H zu berücksichtigen. Bei der Berechnung seines individuellen Schattenentgelts sei das tatsächlich gezahlte Grundentgelt seit Dezember 1999 zugrunde zu legen. Eine darin möglicherweise enthaltene Besitzstandszulage dürfe nach Ziff. 2.1.2 Buchst. a der Änderungsvereinbarung 2004 nicht herausgerechnet werden. Aus der Protokollnotiz könne die Beklagte keine Rechte ableiten. Diese stelle eine Änderungsvereinbarung dar, die ihn als Betriebsrentner nicht mehr erfassen könne. Die Beklagte dürfe sich zudem nicht in Widerspruch zu dem Vortrag im Rechtsstreit - 1 Ca 1/05 - vor dem Arbeitsgericht Lörrach setzen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
19Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
20Sie hält die Betriebsrente des Klägers für richtig berechnet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der Anrechnung von Ausbildungszeiten abgewiesen und im Übrigen festgestellt, dass bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers ein pensionsberechtigtes Einkommen iHv. 130.580,61 Euro zugrunde zu legen sei. Dabei hat es das tatsächlich vom Kläger erzielte Jahreseinkommen 1999 berücksichtigt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er weiterhin die Anrechnung seiner Ausbildungszeiten begehrt hatte, zurückgewiesen. Der Berufung der Beklagten hat es teilweise entsprochen und festgestellt, dass bei der betrieblichen Altersversorgung des Klägers ein pensionsberechtigtes Einkommen iHv. 117.304,63 Euro zugrunde zu legen sei. Mit seiner Revision begehrt der Kläger weiterhin die Anrechnung seiner Ausbildungszeiten und hinsichtlich der Berechnung des pensionsberechtigten Einkommens die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
22Die Revision ist zum Teil begründet. Die Vorinstanzen haben die zulässige Klage hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 2. begehrten Anrechnung von Ausbildungszeiten zu Unrecht abgewiesen. Insoweit war das angefochtene Urteil aufzuheben, die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abzuändern und der Klage stattzugeben. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass bei der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung des Klägers lediglich ein pensionsberechtigtes Einkommen iHv. 117.304,63 Euro zugrunde zu legen ist und den Feststellungsantrag zu 1. im Übrigen abgewiesen.
23I. Die Klage ist zulässig. Für die Feststellungsanträge besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
24Die Anträge richten sich auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, Ausbildungszeiten anzurechnen, sowie auf die Feststellung der Höhe des bei der Berechnung der Betriebsrente in Ansatz zu bringenden pensionsberechtigten Einkommens. Dabei handelt es sich um feststellungsfähige Rechtsverhältnisse, da sich Feststellungsklagen nicht auf das Rechtsverhältnis insgesamt beziehen müssen. Es reicht aus, wenn sie sich auf einzelne daraus entstandene Rechte, Pflichten oder Folgen beschränken ( - Rn. 15). Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deshalb, weil der Kläger Leistungsklage erheben könnte. Die Feststellungsklage ist geeignet, die maßgeblichen Streitpunkte zwischen den Parteien in prozessökonomischer Weise zu bereinigen (vgl. - Rn. 16 mwN, NZA-RR 2009, 499).
25II. Soweit sie in die Revision gelangt ist, ist die Klage teilweise begründet. Die Zeiten des Diplomstudiums und des Promotionsstudiums des Klägers sind nach Ziff. 5 PZ H wie pensionsberechtigte Dienstjahre zu berücksichtigen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Berechnung des pensionsberechtigten Einkommens das tatsächliche Jahresgehalt des Klägers im Jahre 1999 einschließlich einer darin möglicherweise enthaltenen Besitzstandszulage zugrunde zu legen. Das pensionsberechtigte Einkommen ist vielmehr in Fortschreibung des in Ziff. 9 der Änderungsvereinbarung 1996 genannten Betrages zu berechnen.
261. Die Beklagte ist verpflichtet, die Zeiten des Diplomstudiums und des Promotionsstudiums des Klägers vom bis zum sowie vom bis zum wie pensionsberechtigte Dienstjahre zu berücksichtigen.
27a) Die Berücksichtigungsfähigkeit dieser Zeiten ergibt sich aus Ziff. 5 PZ H. Die Auslegung der PZ H durch die Vorinstanzen ist, da es sich um eine vertragliche Einheitsregelung handelt, vom Senat als Revisionsgericht in vollem Umfang überprüfbar (vgl. - Rn. 26).
28aa) Nach Ziff. 5 Abs. 1 PZ H sind Zeiten einer abgeschlossenen Fachhochschul- oder Hochschulausbildung nach Vollendung des 20. Lebensjahres zu berücksichtigen, wenn das Beschäftigungsverhältnis mit dem Unternehmen innerhalb von zehn Jahren „nach Abschluss der Ausbildung“ begonnen wurde. Dieser Absatz enthält weder eine ausdrückliche Regelung darüber, welche Fachhochschul- und Hochschulzeiten gemeint sind, noch, was unter Abschluss der Ausbildung zu verstehen ist. Dies ergibt sich vielmehr aus dem nächsten Absatz, der mit dem Wort „dabei“ anschließt. Mit dieser Formulierung wird deutlich gemacht, dass er den vorangegangenen Absatz konkretisiert.
29Ziff. 5 Abs. 2 PZ H bestimmt, dass die tatsächlichen Ausbildungszeiten von Beginn des ersten Studiensemesters bis zum Datum der bei Studienende ausgestellten Urkunde in den dort genannten Grenzen anzurechnen sind. Aus der im selben Satz enthaltenen Aufzählung von Anrechnungszeiten ergibt sich weiter, dass unter „Studienende“ nicht das Ende des Studiums im Sinne einer ersten Hochschulausbildung gemeint ist. Unter „Studienende“ sind vielmehr die genannten Examina (Promotion, Erstes und Zweites Staatsexamen, Graduierung) zu verstehen, unabhängig davon, ob sie das erste Hochschulstudium abschließen oder nicht. Das „Studium“ ist daher die zur Erreichung des jeweiligen Abschlusses erforderliche Ausbildung. Das ist daraus zu entnehmen, dass der jeweils bezeichnete Abschluss und das dort vorher genannte „Hochschulstudium“ durch die Worte „für“ und „mit“ verbunden werden, also der Abschluss als Teil des Studiums aufgefasst wird. Damit sind sowohl die Promotion als auch das Zweite Staatsexamen als Teil des abgeschlossenen Hochschulstudiums zu verstehen.
30Nach Ziff. 5 PZ H ist es unerheblich, ob zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten - Hochschulstudium und nachfolgende Ausbildung zur Erlangung der Promotion oder des Zweiten Staatsexamens - eine zeitliche Unterbrechung liegt. Dies ist in den Fällen des Hochschulstudiums mit Promotion und des Hochschulstudiums mit Zweitem Staatsexamen nicht unüblich. Anhaltspunkte dafür, ab wann eine Unterbrechung der einheitlichen Ausbildung entgegenstehen sollte, sind der PZ H nicht zu entnehmen. Deshalb sind Zeiten eines Hochschulstudiums auch dann wie pensionsberechtigte Dienstjahre zu berücksichtigen, wenn ein größerer Abstand zwischen dem Abschluss des Hochschulstudiums und dem Erwerb der darauf folgenden Qualifikation - Promotion oder Zweites Staatsexamen - besteht und die Zeit des Hochschulstudiums bei Eintritt in das Unternehmen schon längere Zeit zurückliegt. Dem steht der Zweck der Anrechnung von Ausbildungszeiten nicht entgegen. Auch ein nach längerer Unterbrechung aufgenommenes Promotionsstudium oder Referendariat führt zur Aktualisierung der während des Studiums erworbenen Kenntnisse und damit zur Aufrechterhaltung und Wiedergewinnung von Qualifikationen, die der Beklagten zugutekommen.
31bb) Danach sind die Zeiten des Diplomstudiums und des Promotionsstudiums des Klägers wie pensionsberechtigte Dienstjahre zu berücksichtigen. Er hat seine Promotion am abgeschlossen und ist am in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten getreten.
32Dass der Kläger zwischenzeitlich in einem anderen Arbeitsverhältnis tätig war, steht der Anrechnung nicht entgegen. Maßgeblich ist allein, dass er innerhalb von zehn Jahren nach der Promotion bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingetreten ist. Ebenso wenig hindert die Anrechnung nach Ziff. 5 Abs. 3 PZ H, dass er zunächst Mathematik und Physik studiert hat, denn dabei handelt es sich um kein abgeschlossenes Studium.
33b) Die Anrechnung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich der Kläger am mit den im Schreiben der H enthaltenen Bedingungen einverstanden erklärt hat und danach unter „Berücksichtigung der pensionsberechtigten Dienstjahre nach Ziff. 4 und etwaiger Ausbildungszeiten nach Ziff. 5“ als Stichtag für die betriebliche Altersversorgung der gelten sollte. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass diesem Schreiben kein über die Erteilung der Zusage der PZ H hinausgehender Bedeutungsgehalt beizumessen sei. Selbst wenn es sich um typische Erklärungen handeln sollte, deren Auslegung der unbeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. - zu B III der Gründe, BAGE 115, 304), ist dieses Auslegungsergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
34Das Schreiben diente der Vereinbarung der PZ H auch im Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine von der PZ H abweichende Vereinbarung getroffen werden sollte. Vielmehr sollte unter „Berücksichtigung“ etwaiger Ausbildungszeiten nach Ziff. 5 der PZ H der im Schreiben angegebene Stichtag gelten. Damit kann nicht auf einen von den Vorgaben der PZ H abweichenden Regelungswillen der Parteien geschlossen werden. Mit der in dem Schreiben enthaltenen Angabe, als Stichtag für die betriebliche Altersversorgung gelte der , hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten lediglich ihre Rechtsauffassung zum Inhalt von Ziff. 5 PZ H für das Arbeitsverhältnis des Klägers dokumentiert.
352. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass bei der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung ein pensionsberechtigtes Einkommen von 130.580,61 Euro zu berücksichtigen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht das im Jahre 1999 unter Einschluss einer möglichen Besitzstandszulage verdiente Jahresentgelt zugrunde zu legen. Als Schattenentgelt ist vielmehr das fortgeschriebene Entgelt nach Ziff. 9 der Änderungsvereinbarung 1996 heranzuziehen. Das ergibt sich aus den Änderungsvereinbarungen 2004 und 1996. Auf die Bedeutung der im Jahr 2007 vereinbarten Protokollnotiz kommt es nicht an. Aus dem Prozessverhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Verfahren - 1 Ca 1/05 - des Arbeitsgerichts Lörrach ergibt sich nichts anderes.
36a) Die Auslegung der Änderungsvereinbarungen 2004 und 1996 ergibt, dass das individuelle Schattenentgelt, das sich nach dem „Jahres-Grundentgelt auf Basis des Standes Dezember 1999“ errechnet (Ziff. 2.3, Ziff. 2.1.2 Buchst. a der Änderungsvereinbarung 2004), keine Besitzstandszulagen enthält.
37aa) Die Änderungsvereinbarungen 2004 und 1996 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich beim Kläger um einen leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG handelt. Beide Änderungsvereinbarungen wurden auf Arbeitnehmerseite sowohl vom Gesamtbetriebsrat als auch vom Gesamtsprecherausschuss unterzeichnet. Es liegt damit eine kollektive Regelung zwischen der Arbeitgeberseite und den im Betriebsverfassungsgesetz bzw. Sprecherausschussgesetz vorgesehenen Organen vor, die auch leitende Angestellte erfasst. Aus dem detaillierten Inhalt der getroffenen Vereinbarungen folgt, dass diese unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse auch der leitenden Angestellten Anwendung finden sollten (vgl. - Rn. 24, BAGE 129, 302).
38bb) Die Auslegung der Änderungsvereinbarungen ergibt, dass das für die Berechnung des pensionsberechtigten Einkommens maßgebliche individuelle „Schatteneinkommen“ des Klägers nicht das im Jahre 1999 verdiente Jahreseinkommen einschließlich einer möglichen Besitzstandszulage ist, sondern das fortgeschriebene Entgelt nach Ziff. 9 der Änderungsvereinbarung 1996.
39(1) Maßgeblich ist Ziff. 2.3 der Änderungsvereinbarung 2004. Diese gilt für den in Ziff. 1.3 der Änderungsvereinbarung 2004 genannten Personenkreis und damit auch für den Kläger, der am Neuordnungsstichtag - gem. Ziff. 1.1 der Änderungsvereinbarung 2004 - bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatte. Die Versorgungsrechte dieser Mitarbeiter bestimmen sich grundsätzlich nach den bisher maßgeblichen Regelungen (Ziff. 2.3 Satz 1 der Änderungsvereinbarung 2004). Ergänzend bestimmt Ziff. 2.3 Satz 2 der Änderungsvereinbarung 2004 für diese Arbeitnehmer, dass die Bestimmung des versorgungsfähigen Einkommens entsprechend den Regelungen in Ziff. 2.1.2 Buchst. a der Änderungsvereinbarung 2004 erfolgt. Lediglich der Gehaltskorrekturfaktor ist davon abweichend geregelt.
40Nach Ziff. 2.1.2 Buchst. a der Änderungsvereinbarung 2004 ist für Arbeitnehmer, die unter Abs. 4 Satz 3 der Regelung fallen, also den Bestimmungen der Änderungsvereinbarung 1996 unterliegen, nicht auf das Jahresgrundentgelt auf der Basis des Standes Dezember 1999 unter Einschluss von Besitzstandszulagen abzustellen. Das folgt aus dem Zweck von Ziff. 2.1.2 der Änderungsvereinbarung 2004, der in der Überschrift mit „Ermittlung der Besitzstandsleistung“ kenntlich gemacht ist. Denn mit der Änderungsvereinbarung 1996 wurde bei der Gewährleistung des Besitzstands zwischen den laufenden Einkommen und der betrieblichen Altersversorgung unterschieden: Während beim laufenden Einkommen sich der Besitzstand nach ihrer Ziff. 8 dynamisiert an der Jahresvergütung 1995 orientierte, hing der für die betriebliche Altersversorgung maßgebliche Besitzstand dieser Arbeitnehmergruppe nicht mehr vom 1995 gezahlten Jahresgrundentgelt ab, sondern lediglich von dem in Ziff. 9 der Änderungsvereinbarung 1996 genannten Betrag. Maßgeblich war also das aktuelle Funktionsentgelt und das Leistungsentgelt, das fiktiv mit der durchschnittlichen Beurteilung der letzten drei Jahre in der aktuellen Funktionsstufe ermittelt wurde, sowie der in Anlage 4 zu Ziff. 9 dieser Regelung enthaltene Gehaltskorrekturfaktor. Nur daran knüpft die Änderungsvereinbarung 2004 an. Sie modifiziert lediglich den Gehaltskorrekturfaktor und schützt ausgehend vom Stand des Jahres 1999 durch Ziff. 2.1.2 Buchst. a Abs. 4 Satz 3 bzw. Ziff. 2.3 Satz 2 erster Spiegelstrich, 2. Satz mit der daran anknüpfenden Inflationsschutzregelung ab dem Jahre 2000 vor Geldwertverlusten.
41Folgte man demgegenüber der Ansicht des Klägers, so käme ihm - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat - letztlich ein doppelter Bestandsschutz zugute. Es wäre nämlich das Gehalt aus dem Jahre 1999 zugrunde zu legen, das seinerseits auf der Basis der Bestandsschutzregeln der Ziff. 8 der Änderungsvereinbarung 1996 zu ermitteln wäre. Das so errechnete Gehalt wäre dann nochmals um den bestandsschützenden Gehaltskorrekturfaktor der Änderungsvereinbarung 2004 zu korrigieren. Das war von dieser Änderungsvereinbarung erkennbar nicht bezweckt.
42(2) Der Kläger kann sich auch nicht auf die Fußnote 9 der Änderungsvereinbarung 2004 stützen. Diese definiert nur das Jahresgrundentgelt nach Ziff. 2.1.2 Buchst. a Abs. 4 Satz 1 erster Spiegelstrich und damit gerade nicht, was für das individuelle Schattenentgelt nach dem zweiten Spiegelstrich dieses Satzes maßgeblich ist. Die Änderungsvereinbarung 2004 unterscheidet an der maßgeblichen Stelle ausdrücklich zwischen beiden Alternativen und regelt, dass dem Versorgungsberechtigten die bessere beider Alternativen zugutekommen soll. Angesichts des unterschiedlichen Regelungsgehalts der Begriffe „Grundentgelt“ und „individuelles Schattenentgelt“ kann die Definition dieser Fußnote nicht zur Berechnung des individuellen Schattenentgelts herangezogen werden.
43b) Bei dieser Auslegung der Änderungsvereinbarungen 1996 und 2004 kommt es nicht darauf an, ob die Protokollnotiz aus dem Jahr 2007 auf das Rechtsverhältnis der Parteien Anwendung findet.
44In der Protokollnotiz haben Arbeitgeber, Gesamtbetriebsrat und Gesamtsprecherausschuss eine Vereinbarung getroffen, die der zutreffenden Auslegung der Änderungsvereinbarungen 1996 und 2004 entspricht. Sie hat daher klarstellenden Charakter. Eine Abweichung von den Änderungsvereinbarungen 1996 und 2004 ist allenfalls insoweit denkbar, als dort für das individuelle Schattenentgelt der hier in Betracht kommenden Arbeitnehmergruppe, die unter die Änderungsvereinbarung 1996 fällt, von dem „Leistungsentgelt auf Basis des im jeweiligen Jahr der Berechnung maßgeblichen Beurteilungspunktwerts“ die Rede ist. Demgegenüber stellt Ziff. 9 der Änderungsvereinbarung 1996 auf die durchschnittliche Beurteilung der letzten drei Jahre in der aktuellen Funktionsstufe ab. Daraus ergäbe sich für den Kläger kein anderes - nachteiliges - Ergebnis. Durch den gerichtlichen Vergleich im Rechtsstreit - 1 Ca 368/98 - vor dem Arbeitsgericht Lörrach haben sich die Parteien nicht nur für das Jahr 1999, sondern für die Jahre 1997 bis 1999 und damit für die auch nach Ziff. 2.1.2 Buchst. a Abs. 4 Satz 3 der Änderungsvereinbarung 2004 iVm. Ziff. 9 der Änderungsvereinbarung 1996 maßgeblichen drei Jahre auf einen Beurteilungspunktwert von jeweils „15“ verständigt.
45c) Aus dem Prozessverhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Verfahren - 1 Ca 1/05 - des Arbeitsgerichts Lörrach kann der Kläger nichts herleiten.
46aa) Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die in einem einzelnen Verfahren geäußerten Rechtsansichten tatsächlich die ständige Auslegungspraxis der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin hinsichtlich der Änderungsvereinbarungen 2004 und 1996 wiedergeben und damit zur Auslegung dieser Vereinbarungen herangezogen werden könnten (vgl. - zu II 3 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 77 Ruhestand Nr. 2), gibt es nicht.
47bb) Die Beklagte verhält sich auch nicht widersprüchlich (§ 242 BGB), wenn sie im vorliegenden Verfahren eine andere Rechtsansicht vertritt als seinerzeit.
48Ein schützenswertes Vertrauen des Klägers dahingehend, die Beklagte würde immer und unter allen Umständen hinsichtlich der hier maßgeblichen Auslegung dieselbe Ansicht vertreten, konnte durch dieses Prozessverhalten nicht begründet werden. Soweit der Kläger erstmals in der Revision vorgetragen hat, er hätte, wenn er von der jetzigen Änderung der Auffassung der Beklagten gewusst hätte, in dem früheren Verfahren Berufung eingelegt, handelt es sich um neues Vorbringen in der Revisionsinstanz, das nach § 559 Abs. 1 ZPO der Entscheidung nicht mehr zugrunde gelegt werden kann.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
BAAAD-61592