Finanzministerium Baden-Württemberg - 3 -G 1000/3

Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung; Behandlung von Einsprüchen und Anträgen auf Änderung bzw. Aufhebung, die sich auf die und beziehen

Der Bundesfinanzhof hat in seinen Urteilen vom ( und ) entschieden, dass die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens jedenfalls für Stichtage bis zum noch verfassungsgemäß sind. Für jüngere Stichtage äußert er Zweifel hinsichtlich der Beachtung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG. Die BFH-Urteile haben diesbezüglich keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen, da nur das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen feststellen kann. Einheitswertfeststellungen sind daher auch weiterhin unverändert auf alle Stichtage durchzuführen.

Die vom BFH geäußerten verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich auf den lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt ( bzw. im Beitrittsgebiet) und die darauf beruhenden Wertverzerrungen stützen, führen zu Einsprüchen gegen Nachfeststellungen und Wertfortschreibungen. Als Begründung wird auf die o. g. BFH-Verfahren bzw. die verfassungsrechtlichen Zweifel des BFH verwiesen.

Einsprüchen und Anträgen auf Änderung oder Aufhebung der Einheitswertfeststellungen kann derzeit nicht entsprochen werden. Ich bitte, wie folgt zu verfahren:

  1. Zulässige Einsprüche und zulässige Anträge nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO gegen den Einheitswertbescheid sind als unbegründet zurückzuweisen. Mit dem Einspruch verbundene Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sind abzulehnen, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (zur Begründung vgl. Nr. 4).

    Ein Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO kommt gegenwärtig nicht in Betracht, da zur möglichen Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens kein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht anhängig ist.

  2. Verspätete und damit unzulässige Einsprüche oder verfristete Anträge nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO gegen Einheitswertbescheide sind als unzulässig zu verwerfen. Eine Umdeutung gemäß § 357 Abs. 1 AO in einen Antrag auf Änderung bzw. Aufhebung nach § 22 Abs. 3 BewG erfolgt nicht.

  3. Anträge auf Änderung oder Aufhebung des Einheitswertbescheids nach § 22 Abs. 3 BewG sind als unbegründet abzulehnen und mit Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (zur Begründung vgl. Nr. 4).

    Die Finanzverwaltung hat derzeit nach den o. g. BFH-Entscheidungen weder Anlass noch Möglichkeit, den Anträgen stattzugeben. Die Anträge sind abzulehnen. Ein geeignetes anderweitiges Musterverfahren ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht anhängig. Das Verfahren vor dem FG Düsseldorf (Az. 11 K 1484/10 Gr, BG) betrifft ein Streitjahr, für das der BFH in der Entscheidung vom die Zugrundelegung des Einheitswerts noch für verfassungsrechtlich tragbar ansieht.

  4. Für die Ablehnung der o. g. Einsprüche und Anträge kann folgende Begründung herangezogen werden:

    „Soweit mit den Einsprüchen/Anträgen verfolgt wird, eine Änderung beziehungsweise Aufhebung der durchgeführten Einheitsbewertung durchzusetzen, kann dies nicht unter Bezugnahme auf die begründet werden. Der Bundesfinanzhof hat lediglich entschieden, dass die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens jedenfalls für Stichtage bis zum verfassungsgemäß sind. Für die Stattgabe der Einsprüche/Anträge wäre dagegen eine Entscheidung erforderlich, dass die Einheitsbewertung nicht verfassungsgemäß ist. Diese Entscheidung fehlt.

Es ist daher nicht möglich, aus den BFH-Entscheidungen die Verfassungswidrigkeit der geltenden Einheitsbewertung und der davon abhängigen Grundsteuer abzuleiten.

Dies gilt umso mehr, als sich die tatsächlichen Verhältnisse seit dem vom BFH genannten Termin nicht grundlegend geändert haben. Das Bundesverfassungsgericht hat gerade in jüngerer Zeit wiederholt Verfassungsbeschwerden, in denen die Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung geltend gemacht wurde, aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen (z. B. und ). Das Finanzamt ist daher an das geltende Recht gebunden.“

Inhaltlich gleichlautend
Finanzministerium Baden-Württemberg v. - 3 -G 1000/3
OFD Karlsruhe v. - G 1000/5 - St 344

Fundstelle(n):
WAAAD-61306