BVerwG Beschluss v. - 7 B 64/10

Anwendung des Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes vom im Denkmalrecht; Veränderung an einem archäologischen Kulturdenkmal; Zumutbarkeit der Übernahme von Dokumentationskosten

Leitsatz

1. Art. 31 GG setzt eine kompetenzgemäß erlassene - sowie auch im Übrigen wirksame - und unmittelbar anwendbare Bestimmung des Bundesrechts voraus.

2. Art. 6 Abs. 2 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes vom (BGBl II S. 2709) verpflichtet ausdrücklich nur die Vertragsparteien auf bestimmte Handlungsziele, legt den Betroffenen selbst aber keine Pflichten auf. Insoweit ist das Übereinkommen auf eine gesetzgeberische Ausfüllung und Umsetzung angewiesen.

Gesetze: Art 31 GG, § 14 Abs 9 S 3 DSchG ST, Art 6 ArchErbeÜbk

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Az: 2 L 292/08 Urteilvorgehend VG Dessau-Roßlau Az: 1 A 322/07 DEnachgehend Az: 2 BvR 272/11 Nichtannahmebeschluss

Gründe

I.

1Die Klägerin, ein Gasversorgungsunternehmen, beabsichtigte, eine im Erdboden verlegte Gashochdruckleitung durch Rohrnetzauswechslung teilweise zu erneuern. Da im betroffenen Gebiet von der Existenz von Bodendenkmalen auszugehen war, erteilte der Beklagte der Klägerin für dieses Vorhaben eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung. In den Nebenbestimmungen wurde - unter Bezugnahme auf eine von der Klägerin und dem Beigeladenen abgeschlossene Grabungsvereinbarung - unter anderem festgelegt, dass vor Beginn der Bauarbeiten Ausgrabungen vorzunehmen seien, bei denen archäologische Funde und Befunde freizulegen und zu dokumentieren seien. Die Kosten der Dokumentation wurden der Klägerin als Veranlasserin auferlegt.

2Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Nebenbestimmung über die Kostentragung aufgehoben. Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 9 Satz 3 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt - DenkmSchG LSA - lägen vor. Danach könnten die Veranlasser von Veränderungen und von Maßnahmen an Denkmalen im Rahmen des Zumutbaren zur Übernahme von Dokumentationskosten verpflichtet werden. Durch die geplanten und für die Erneuerung der Gashochdruckleitung erforderlichen Grabungen habe die Klägerin Veränderungen an archäologischen Kulturdenkmalen in zurechenbarer Weise verursacht. Die Entscheidung des Beklagten, der Klägerin die gesamten Kosten der Dokumentation aufzuerlegen, leide indessen an Ermessensfehlern. Nicht zu beanstanden sei allerdings die Entscheidung, die Klägerin dem Grunde nach zur Tragung von Dokumentationskosten heranzuziehen. Sie stütze sich auf die Erwägung, dass die Klägerin mit der Realisierung des Vorhabens, das Anlass für die Maßnahmen an den Denkmalen sei, langfristig Erträge erzielen könne. In diesem Fall sei es gerechtfertigt, dass der Veranlasser zumindest einen Teil der Grabungskosten trage. Ermessensfehlerhaft sei aber die Entscheidung, der Klägerin die Dokumentationskosten in voller Höhe aufzuerlegen. Die Zumutbarkeitsgrenze werde verkannt und die Entscheidung auf eine nicht ausreichende Tatsachengrundlage gestützt. Allein aus der von der Klägerin unterzeichneten Grabungsvereinbarung folge die Zumutbarkeit der Kostentragung nicht; denn wegen des gesetzlichen Erfordernisses der Angemessenheit der Gegenleistung der Klägerin stelle sich die Zumutbarkeitsfrage auch bei Vorliegen einer vertraglichen Regelung. Zumutbar sei die Kostenübernahme im Regelfall dann, wenn die Dokumentationskosten 15 % der Gesamtinvestitionskosten nicht überschritten. Die sachgerechte Anwendung dieses Maßstabs setze aber voraus, dass im Zeitpunkt der Ermessensentscheidung die tatsächliche Höhe dieser Kosten feststehe. Eine endgültige Entscheidung über die Kostentragung sei demnach in der Regel nach Durchführung der Grabungen und des Vorhabens zu treffen. Anderes komme nur dann in Betracht, wenn bereits eine überschlägige Prüfung ergebe, dass die Dokumentationskosten unter der maßgeblichen Zumutbarkeitsgrenze verblieben. Das sei hier nicht der Fall; bislang sei von einem Anteil von über 21 % auszugehen.

3Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

II.

4Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist, soweit sie den Darlegungsanforderungen genügt, unbegründet.

51. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass und inwieweit die höchstrichterliche Beantwortung einer bestimmten Rechtsfrage des Bundesrechts oder des nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen Landesrechts zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Daran fehlt es hier.

6a) Die vom Beklagten unter II. 1. a) aa) der Beschwerdeschrift als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage

"Verdrängt Art. 6 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes vom (BGBl II 2002 S. 2709) als vorrangiges Bundesrecht (Art. 31 GG) die Zumutbarkeitsregelung in § 14 Abs. 9 Satz 3 DenkmSchG LSA?"

betrifft revisibles Recht. Der Beklagte wirft zwar keine Frage zur Auslegung der Kollisionsnorm des Art. 31 GG auf. Der Fragestellung liegt allerdings die Annahme zugrunde, dass Art. 6 Abs. 2 des Europäischen Übereinkommens eine Norm des Bundesrechts ist, an der die Gültigkeit der genannten landesrechtlichen Vorschrift zu messen ist. Die Beantwortung der hierauf bezogenen Frage bedarf aber nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Denn sie ist auf der Grundlage einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Weiteres zu verneinen.

7Die von Art. 31 GG tatbestandlich vorausgesetzte Kollision von Bundes- und Landesrecht liegt vor, wenn - die Kollisionsnorm hinweggedacht - die betreffenden Normen des Bundes- und des Landesrechts auf denselben Sachverhalt anwendbar sind und bei ihrer Anwendung zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen; die Normen müssen sich demnach auf denselben Regelungsgegen-stand beziehen und die Normadressaten mit einander widersprechenden Normbefehlen überziehen (vgl. - BVerfGE 121, 317 <348>). Wegen des Vorrangs anderer kollisionsvermeidender Regelungen des Grundgesetzes müssen sich die einschlägigen Normen aber zunächst an den Bestimmungen über die bundesstaatliche Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten messen lassen (vgl. hierzu - BVerfGE 80, 137 <153>). Art. 31 GG setzt demnach eine kompetenzgemäß erlassene - sowie auch im Übrigen wirksame - und unmittelbar anwendbare Bestimmung des Bundesrechts voraus. Dem entspricht Art. 6 Abs. 2 Buchst. a) des Übereinkommens nicht.

8Allein das Zustimmungsgesetz vom (BGBl II S. 2709) macht die genannte Vorschrift nicht zu einer Norm des Bundesrechts. Dieses nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erlassene (Bundes-)Gesetz bezieht sich zwar auf das gesamte Übereinkommen. Es entfaltet in diesem Umfange Rechtswirkungen insoweit, als es die Exekutive zum völkerrechtlich verbindlichen Vertragsschluss ermächtigt; es gibt dem dafür zuständigen Bundespräsidenten die Erlaubnis zur Ratifikation. Innerstaatliche Geltung als Bundesrecht hat das Übereinkommen - mit der Maßgabe des an seine völkerrechtliche Verbindlichkeit geknüpften späteren Inkrafttretens am (Bekanntmachung vom <BGBl II S. 309>) - allerdings nur insoweit erlangt, als dem Bund für die darin geregelten Sachmaterien nach Art. 70 ff. GG die Gesetzgebungskompetenz zusteht ( BVerwG 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 <20>, BVerwG 7 B 163.76 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 5). Denn eine konkurrierende Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge verleiht dem Bund keine von den allgemeinen Regelungen, insbesondere Art. 70 ff. GG, losgelöste Vertragsdurchführungs-/Transformationskompetenz (vgl. Fastenrath/Groh in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 32 Rn. 66 f.; Nettesheim in: Maunz/Dürig, GG, Art. 32 Rn. 70 f.). Daran ändert die Tatsache nichts, dass die Länder dem Übereinkommen gemäß dem sogenannten "Lindauer Abkommen" zugestimmt haben (siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung, BRDrucks 101/02 S. 17; vgl. auch - BVerfGE 92, 203 <231>). An der hiernach erforderlichen Bundeskompetenz fehlt es für die Bestimmung über die Kostentragung nach Art. 6 Abs. 2 des Übereinkommens, da das Denkmalschutzrecht nach der Grundregel des Art. 70 Abs. 1 GG in die Zuständigkeit der Länder fällt.

9Darüber hinaus fehlte der Regelung über die Kostentragung jedenfalls die unmittelbare Anwendbarkeit. Völkervertragsrechtliche Bestimmungen sind dann im innerstaatlichen Recht mit Wirkung für und gegen die von der Regelung Betroffenen unmittelbar anwendbar, sofern sie nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet und hinreichend bestimmt sind, wie innerstaatliche Vorschriften rechtliche Wirkung zu entfalten, also dafür keiner weiteren normativen Ausfüllung bedürfen (vgl. BVerwG 1 C 52.87 - BVerwGE 80, 233 <235>, vom - BVerwG 1 C 1.03 - BVerwGE 120, 206 <208 f.> und vom - BVerwG 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 <20>). Es bedarf keiner Vertiefung, ob die Regelung in diesem Sinne hinreichend bestimmt und - wie der Beklagte meint - so zu verstehen ist, dass bei groß angelegten privaten Erschließungsvorhaben die privaten Veranlasser stets die gesamten Kosten notwendiger archäologischer Arbeiten zu tragen haben. Der Wortlaut der nicht authentischen deutschen Übersetzung des Übereinkommens mag mit der Formulierung, dass eine Deckung der notwendigen Kosten im Zusammenhang mit öffentlichen oder privaten Erschließungsmaßnahmen "aus Mitteln der öffentlichen Hand beziehungsweise der Privatwirtschaft" vorgesehen werden soll, einem solchen Verständnis nicht entgegenstehen. Ob dies auch für die verbindlichen Fassungen in englischer und französischer Sprache gilt und ob dieses Verständnis sich nach einer Auslegung gemäß den Vorschriften der Art. 31 ff. des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge - WVRK - vom (BGBl II 1985 S. 946/ II 1987 S. 757) als maßgeblich erweist, bedarf weiterer Prüfung. Dabei müsste auch die Bedeutung des im "Entwurf des erklärenden Berichts zu dem (revidierten) Europäischen Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes" enthaltenen "Kommentars zu den Artikeln des revidierten Übereinkommens" (abgedruckt in Landtag Rheinland-Pfalz, Drucks. 12/4287, S. 17, 19 f.), der gegebenenfalls als ergänzendes Auslegungsmittel gemäß Art. 32 WVRK heranzuziehen ist, geklärt werden. Ungeachtet dessen scheiterte eine unmittelbare Anwendung jedenfalls daran, dass die Vorschrift als eine nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes erforderliche Ermächtigungsgrundlage für die hoheitliche Heranziehung des Betroffenen zu finanziellen Lasten nicht taugt. Denn Art. 6 des Übereinkommens verpflichtet ausdrücklich nur die Vertragsparteien auf bestimmte Handlungsziele, legt den Betroffenen selbst aber keine Pflichten auf. Insoweit ist das Übereinkommen auf eine gesetzgeberische Ausfüllung und Umsetzung angewiesen (vgl. auch Nethövel, Das Verursacherprinzip im Denkmalrecht, 2008, S. 94 ff.).

10b) Die vom Beklagten unter II. 1. a) bb) der Beschwerdeschrift aufgeworfene Frage

"Ist Art. 6 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes vom (BGBl II 2002 S. 2709) im Rahmen der Ermessensausübung (§ 40 VwVfG) - eventuell mit der Folge einer Ermessensreduktion auf Null - zur Kostentragung von Dokumentationskosten der Denkmalschutzbehörden anzuwenden?"

führt ebenso wenig auf eine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts.

11Eine Frage des nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen Landesrechts ist damit nicht etwa deswegen aufgeworfen, weil § 14 Abs. 9 Satz 3 DenkmSchG LSA der Behörde Ermessen einräumt. Denn die Anwendung einer dem irrevisiblen Rechts entstammenden Ermessensregelung kann nicht als Verstoß gegen § 40 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Sachsen-Anhalt - VwVfG LSA -) und damit als Verletzung revisiblen Rechts gerügt werden (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 7 B 8.88 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 1 und vom - BVerwG 7 B 94.90 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 161).

12Der Beklagte macht in Bezug auf die Ermessensregelung der Sache nach geltend, dass das Landesrecht nach Maßgabe des Übereinkommens und somit vertragskonform auszulegen sei (vgl. etwa Göhner, DSI 04/2005, S. 65 f.; Hönes, NuR 2005, 751 <757> und BayVBl 2008, 650 <652>). Inwieweit angesichts von Vertragsbestimmungen, die - wie oben dargelegt - schon mangels ordnungsgemäßer Umsetzung ins nationale Recht nicht als (revisibles) Bundesrecht anzusehen sind, eine revisionsgerichtliche Überprüfung einer solchen aus der Völkerrechtsfreundlichkeit der deutschen Rechtsordnung abzuleitenden Auslegungsregel (vgl. , 1038/01 - BVerfGE 112, 1 <26>) überhaupt in Betracht kommt, kann dahinstehen. Denn der Beklagte müsste jedenfalls die Nichtbeachtung der ihm günstigen vertraglichen Regelung rügen. Nur damit könnte er nämlich dartun, dass er - als Zulässigkeitsvoraussetzung des zuzulassenden Rechtsmittels - mit der Revision die Beseitigung der Beschwer durch die angefochtene Entscheidung erstrebt (vgl. IVb ZR 318/81 - BGHZ 85, 140 <142>). Dies ist hier aber nicht der Fall, denn das Oberverwaltungsgericht hat wegen des nach seinen Ausführungen nicht zuletzt im Übereinkommen verankerten Veranlasserprinzips die Ermessensentscheidung des Beklagten, dass die Klägerin dem Grunde nach Dokumentationskosten zu tragen hat, nicht beanstandet.

13c) Der Beschwerde kann ferner nicht gefolgt werden, soweit sie der folgenden Frage (II. 1. a) cc) der Beschwerdeschrift)

"Führt die Anwendung von Art. 6 des Europäischen Übereinkommens dazu, dass der Vorhabenträger die gesamten Kosten einer archäologischen Dokumentation zu tragen hat, es also nicht auf die Frage einer prozentualen Beteiligung des Vorhabenträgers ankommt?"

rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst.

14Denn es bedarf keiner weiteren Klärung, dass eine vertragskonforme Auslegung, wie sie mit der Frage angesprochen wird, jedenfalls nur im Rahmen einer methodisch vertretbaren Rechtsanwendung erfolgen kann (vgl. - BVerfGE 111, 307 <317>). Deswegen kann mit ihr eine gesetzgeberische Entscheidung, die Kostentragungspflicht durch die Zumutbarkeit zu beschränken, nicht überspielt werden; dies gilt umso mehr, soweit mit dieser Ermessensgrenze verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung getragen werden soll.

15d) Schließlich ist die Revision auch nicht wegen der Frage (II. 1. e) der Beschwerdeschrift)

"Ist die Prüfung der Ermessensgrenze - jedenfalls mit Rücksicht auf Art. 6 des genannten Übereinkommens - unternehmensbezogen zu führen?"

zuzulassen.

16Der Beklagte sieht darin eine Frage des revisiblen Rechts, weil nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts der Begriff der Zumutbarkeit im Sinne von § 14 Abs. 9 Satz 3 DenkmSchG LSA sich mit dem der Angemessenheit im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) decke.

17Ob dem zu folgen ist und ob dann allerdings der Begriff der Angemessenheit durch Wertungen des irrevisiblen materiellen Rechts bestimmt wird, kann offen bleiben. Denn die Fragestellung knüpft, soweit ersichtlich, an tatsächliche Voraussetzungen an, die das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat; jedenfalls dieser Umstand steht der Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung entgegen (vgl. BVerwG 5 B 99.92 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309). Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts ist die Zumutbarkeitsprüfung dann unternehmensbezogen, wenn sie auf eine Änderung der Ertragslage aufgrund des die Dokumentationskosten verursachenden Vorhabens abstellt. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erzielt die Klägerin durch die Rohrnetzauswechslung aber keine diesem Vorhaben konkret zuzuordnenden Erträge.

18e) Die übrigen vom Beklagten aufgeworfenen Fragen beziehen sich allein auf das Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt und sind deswegen einer rechtsgrundsätzlichen Klärung von vornherein nicht zugänglich.

192. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (s. etwa BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Hieran fehlt es; der Beklagte zeigt schon einen divergenzfähigen Rechtssatz nicht auf.

20Der Beklagte entnimmt den Beschlüssen des BVerwG 4 B 91.03 - und vom - BVerwG 4 B 36.03 - einen Rechtssatz des Inhalts, dass derjenige, der in Kenntnis des Vorhandenseins von Bodendenkmalen eine Planung für die entsprechende Fläche betreibe, als Veranlasser der Grabungen anzusehen sei mit der Folge, dass er die Kosten für die fachkundigen archäologischen Rettungsgrabungen und die wissenschaftlichen Vor-, Begleit- und Nacharbeiten entsprechend dem Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom zum Schutz des archäologischen Erbes zur Gänze zu tragen habe. Ein solcher Rechtssatz findet sich indessen in keiner der angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Vielmehr enthalten diese keinerlei divergenzfähige Ausführungen zu Fragen des materiellen Rechts; im Übrigen zielten schon die in den genannten Verfahren ohne Erfolg als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen nicht auf den vom Beklagten den Entscheidungen entnommenen Rechtssatz.

21Soweit der Beklagte zu meinen scheint, dass das Bundesverwaltungsgericht sich mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde die Rechtsausführungen des Oberverwaltungsgerichts generell zu Eigen mache, ist dies unzutreffend.

223. Mit der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) dringt der Beklagte ebenso wenig durch.

23Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Das leistet der Beklagte im Hinblick auf den behaupteten Gehörsverstoß nicht.

24Das Gebot rechtlichen Gehörs erfordert zum einen, dass dem Beteiligten die Möglichkeit eingeräumt wird, in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht all das vorzutragen, was aus seiner Sicht zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig ist. Zum anderen muss das Gericht, um dem Anspruch auf rechtliches Gehör Rechnung zu tragen, die Ausführungen der Prozessbeteiligten nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern nach Maßgabe ihrer rechtlichen Erheblichkeit auch in Erwägung ziehen. Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat (stRspr, vgl. etwa - BVerfGE 95, 205 <216 f.>; sowie - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 45). Dieser Ausnahmefall wird vom Beklagten nicht substantiiert dargetan.

25Den Hinweis auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes als eines zentralen Elements der rechtlichen Argumentation sowohl des Beklagten als auch des Beigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht beachtet. Es findet nicht nur am Ende des Sachverhalts bei der Wiedergabe des Vorbringens des Beklagten ausdrücklich Erwähnung. Auch in den Entscheidungsgründen geht das Oberverwaltungsgericht bei den Ausführungen zum Veranlasserprinzip vermittelt durch die Bezugnahme auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom - 26 B 00.3684 - auf das Übereinkommen ein. Denn der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verweist zur Stützung der vom Oberverwaltungsgericht fast wörtlich übernommenen Ausführungen auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom - 8 A 10775/02 - und das Übereinkommen.

26Mit dem weiteren Vortrag zeigt der Beklagte den gerügten Verfahrensverstoß ebenso wenig auf. Er gibt im Wesentlichen Auszüge aus seinem schriftlichen bzw. mündlichen Vorbringen wieder, ohne diese jedoch zu den Begründungserwägungen des Oberverwaltungsgerichts in Bezug zu setzen und dabei jeweils zu prüfen, inwieweit das Oberverwaltungsgericht den Vortrag auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung in zulässiger Weise unbeachtet lassen durfte.

27Ein Gehörsverstoß wird letztlich auch nicht insoweit substantiiert dargelegt, als der Beklagte vorträgt, die Feststellung im angefochtenen Urteil, wonach er die Kostenpositionen nicht in Zweifel ziehe, sei unzutreffend. Zum einen bezieht sich diese Feststellung nur auf den Ansatz der Baugemeinkosten. Zum anderen kommt nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts eine Kostenregelung ohne Feststellung der tatsächlichen Kosten nur dann in Betracht, wenn bereits eine überschlägige Prüfung ergibt, dass die Dokumentationskosten deutlich unter der maßgeblichen Zumutbarkeitsschwelle von 15 % der Gesamtinvestitionskosten liegen. Bei dieser überschlägigen Prüfung legt das Oberverwaltungsgericht die Angaben der Klägerin zu Grunde. Diesen rechtlichen Ausgangspunkt stellt der Beklagte nicht infrage. Im Übrigen wäre der Vortrag auch dann im Ergebnis unerheblich, wenn bei der überschlägigen Prüfung die Einwände des Beklagten gegen die Kostenschätzung der Klägerin zu beachten wären. Denn nach dem Vorbringen des Beklagten würden sich auf dieser Grundlage die Gesamtkosten für die Dokumentation auf "unter 20 %" belaufen. Die vom Oberverwaltungsgericht für maßgeblich erachtete Schwelle ist damit aber nicht erreicht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
HAAAD-60245