BSG Beschluss v. - B 12 SF 7/09 S

Leitsatz

Leitsatz:

Auch bei einem negativen rechtswegübergreifenden Kompetenzkonflikt wird das zuständige Gericht vom BSG bestimmt, sofern sich die beiden beteiligten Gerichte jeweils rechtskräftig für unzuständig erklärt haben und das BSG als für einen der beteiligten Gerichtszweige zuständiger oberster Gerichtshof zuerst um die Entscheidung angegangen wird.

Instanzenzug: SG Koblenz, S 10 SF 3/08

Gründe

I

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Rückforderung von Landesmitteln für ein Projekt zur Qualifizierung schwer vermittelbarer, von Arbeitslosigkeit bedrohter Jugendlicher. Der Kläger hat gegen die entsprechenden Bescheide des beklagten Landes am Klage zum Verwaltungsgericht (VG) Koblenz erhoben. Das VG hat entgegen der Stellungnahmen der Beteiligten mit Beschluss vom den Rechtsweg zu den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an des Sozialgericht (SG) Koblenz verwiesen. Zur Überzeugung der Kammer besitze das seitens des Klägers durchgeführte Projekt den Charakter einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 61 SGB III und handele es sich damit um eine Angelegenheit der Arbeitsförderung im Sinne von § 51 Abs 1 Nr 4 SGG. Das SG Koblenz hat sich für sachlich nicht zuständig erklärt und den Rechtsstreit dem Bundessozialgericht (BSG) zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt (Beschluss vom ).

II

Für die Entscheidung ist nach dem Beschluss des Präsidiums vom der 12. Senat des BSG zuständig.

Das zuständige Gericht wird in entsprechender Anwendung von § 58 Abs 1 Nr 4 SGG, auf den sich das SG bezieht, auch bei einem negativen rechtswegübergreifenden Kompetenzkonflikt vom BSG bestimmt, sofern sich die beiden beteiligten Gerichte jeweils rechtskräftig für unzuständig erklärt haben und das BSG als für einen der beteiligten Gerichtszweige zuständiger oberster Gerichtshof zuerst um die Entscheidung angegangen wird (vgl , SozR 1500 § 58 Nr 4 und Beschluss vom , 1 S 14/88, juris). Die Voraussetzungen dieser hier allein als einschlägig in Betracht kommenden Norm sind vorliegend gegeben. Eine vom abweichende Bestimmung des zuständigen Gerichts kommt entgegen der Auffassung des SG Koblenz nicht in Betracht.

Das SG Koblenz ist schon deshalb für die Entscheidung zuständig, weil der Verweisungsbeschluss des VG Koblenz rechtskräftig und für das SG Koblenz nach § 17a Abs 2 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) bindend ist. Dies gilt im Interesse des verfassungsrechtlich gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) und einer möglichst zügigen sachlichen Entscheidung grundsätzlich und in aller Regel unabhängig von der Verletzung prozessualer oder materieller Vorschriften.

Für eine abweichende Bestimmung ist vorliegend kein Raum. Den Streit der beteiligten Gerichte über den Anwendungsbereich von Regelungen über die Zuständigkeit zu entscheiden oder in jedem Einzelfall die Richtigkeit des dem Verweisungsbeschluss vorliegenden Subsumtionsvorgangs zu überprüfen, ist gerade nicht Aufgabe des "gemeinsam" übergeordneten Gerichts im Verfahren nach § 58 Abs 1 Nr 4 SGG. Es kann offenbleiben, ob in Verfahren zur Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts, in denen ein nach Maßgabe von § 17a Abs 4 Satz 4 GVG mit Rechtsmitteln angreifbarer Verweisungsbeschluss vorliegt, dieser überhaupt nach den Maßstäben überprüfbar ist, die von der Rechtsprechung für Verweisungsbeschlüsse wegen örtlicher Unzuständigkeit angewandt werden (vgl dazu zB Beschluss vom , B 12 SF 3/07 S, SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4 mwN), denn auch nach diesen Maßstäben ist der Beschluss des VG nicht unbeachtlich. Ein Verstoß gegen elementare Verfahrensgrundsätze ist nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich. Die Entscheidung des VG Koblenz ist auch nicht willkürlich. Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung allein dann, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr vertretbar ist, sodass sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht und deshalb auch Art 3 Abs 1 GG verletzt.

Fundstelle(n):
RAAAD-59453