Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Paderborn vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.
Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel hat jedoch insoweit Erfolg, als eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft übersehen, die Maßregel einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu prüfen. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wurde bei ihm etwa 2006 eine Polytoxikomanie diagnostiziert. Nachdem der Angeklagte sich Mitte 2007 im Rahmen einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG einer Entwöhnungsbehandlung unterzogen hatte, konsumierte er ab Ende 2007 wieder täglich Kokain, Amphetamin und Cannabis, so auch am Tattag, dem . Durch die Tat wollte er sich weitere Betäubungsmittel verschaffen. Wegen einer nicht näher dargelegten Persönlichkeitsstörung 'und/oder' (UA S. 8) einer Drogenintoxikation hat das Landgericht nicht auszuschließen vermocht, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat erheblich vermindert war. Durch diese nicht rechtsfehlerfreie Annahme des § 21 StGB (vgl. BGH 4 StR 47/10 zur Relevanz des Drogeneinflusses) wird der Angeklagte nicht beschwert.
Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass die abgeurteilte Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen ... Es ist unwahrscheinlich, dass ein Heilungserfolg, der die Maßregelanordnung entbehrlich machen könnte, bereits dadurch eingetreten ist, dass der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben keine Betäubungsmittel mehr konsumiert. Eine solche Annahme wäre Spekulation, weil weder ein Laborbefund noch ein Gutachten eines Sachverständigen vorlag. Zudem blieb ungeklärt, seit wann der Angeklagte kein Rauschgift mehr genommen und ob er im Hinblick auf die Polytoxikomanie auch andere Drogen, wie zum Beispiel Alkohol, gemieden hat. Eine Abstinenz würde indes für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB sprechen.
Die Änderung des § 64 StGB von einer Muss- in eine Sollvorschrift macht dessen Prüfung durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (Senat 4 StR 36/08 Rn. 5). Da der Beschwerdeführer die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen hat, kann die Unterbringungsanordnung nachgeholt werden (BGHSt 37, 5). Der neue Tatrichter hat über die Anordnung nach § 64 StGB unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) zu entscheiden".
Dem schließt sich der Senat an.
In Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt schließt der Senat aus, dass das Landgericht im Falle einer Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
Fundstelle(n):
PAAAD-57958