BFH Urteil v. - V R 62/09

Keine mittelbare finanzielle Eingliederung einer GmbH über zwei gemeinsame Gesellschafter in eine GbR

Gesetze: UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, Richtlinie 77/388/EWG Art. 4 Abs. 2

Instanzenzug: ,

Gründe

1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschafter der GbR waren X und Z zu je 50 %. X und Z waren auch zu 50 % (X) und zu 9,86 % (Z) an einer GmbH beteiligt. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH war X, während Z Prokurist der GmbH war. Die GbR hatte ein bebautes Grundstück an die GmbH verpachtet. Mit Beschluss vom eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH.

2 Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—), davon aus, dass zwischen der Klägerin als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) bestehe. Dem folgte die Klägerin zwar bei Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen, nicht aber im Rahmen der für das Streitjahr (2004) abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung. Demgegenüber ging das FA bei Erlass des Umsatzsteuerjahresbescheides vom wie bisher vom Bestehen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft aus. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3 Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass alle Eingliederungsvoraussetzungen erfüllt seien.

4 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, die sie auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Keine der von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorausgesetzten Eingliederungsvoraussetzungen sei verwirklicht.

5 Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2004 erklärungsgemäß ohne Berücksichtigung der Organschaft auf 11.590,08 € herabzusetzen ist.

6 Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7 Alle Eingliederungsvoraussetzungen seien erfüllt.

8 II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Zwischen der Klägerin und der GmbH besteht mangels finanzieller Eingliederung keine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.

9 1. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). Gemeinschaftsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

10 Zwar kann im Hinblick auf die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG „nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse” vorzunehmenden Beurteilung eine Organgesellschaft auch dann unselbständig sein, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ausgeprägt ist. Nicht ausreichend ist jedoch, dass die Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Eingliederungsmerkmale besteht (, BFH/NV 1993, 133, unter II.a; vom V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534, unter II.2.a; vom V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a bb; vom V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451, unter II.1.b; vom V R 12 und 13/06, BFH/NV 2008, 1365, unter II.2.d; vom V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.3.a).

11 2. Im Streitfall scheitert die vom FA und vom FG angenommene Organschaft am Erfordernis der finanziellen Eingliederung. Nach dem Urteil des Senats vom V R 9/09 kann eine GmbH nicht finanziell in eine Personengesellschaft eingegliedert sein, wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an der GmbH und der Personengesellschaft verfügen (, BFHE 229, 433). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf dieses Urteil, mit dem er seine frühere Rechtsprechung, nach der in derartigen Fällen eine Organschaft in Betracht kam, aufgegeben hat. Da im Streitfall die beiden Gesellschafter X und Z nur gemeinsam über eine finanzielle Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin und an der GmbH verfügten, war die GmbH nicht mittelbar über die Gesellschafter X und Z in die Klägerin eingegliedert.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 79 Nr. 1
GmbHR 2011 S. 443 Nr. 8
UR 2010 S. 907 Nr. 23
MAAAD-55603