BFH Beschluss v. - XI B 91/09

Eindeutige und leicht nachprüfbare Identifizierung der abgerechneten Leistung Voraussetzung für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung

Gesetze: UStG § 14, UStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Der Streitfall hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3 a) Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) stützt die von ihm angenommene grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) darauf, dass das Finanzgericht (FG) an eine Rechnung i.S. des § 14 Abs. 2 in der im Streitjahr 1996 geltenden Fassung des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) die gleichen Anforderungen stelle, die die Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu erfüllen habe, und dass es ferner ausgeführt habe, diese Anforderungen seien nicht erfüllt, weil die streitbefangenen Rechnungen entgegen § 14 Abs. 4 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UStG den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nicht enthielten.

4 b) Die vom FA angenommene grundsätzliche Bedeutung besteht nicht.

5 aa) Das FG hat seine Entscheidung u.a. auf das (BFH/NV 1997, 381) gestützt. Danach gilt der allgemeine Rechnungsbegriff des § 14 Abs. 4 UStG sowohl für die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG als auch im Hinblick auf den Vorsteuerabzugsanspruch gemäß § 15 Abs. 1 UStG.

6 bb) In der Rechtsprechung des BFH ist ferner geklärt, dass die Angaben in einer Rechnung i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 4 UStG eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ermöglichen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile vom V R 118/89, BFH/NV 1994, 584, und vom V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205; Beschlüsse vom V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; vom V B 171/98, BFH/NV 1999, 1652). Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 1504). Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. , BFH/NV 2003, 518, unter II.1.a bb).

7 cc) Daraus folgt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zuzulassen ist, wenn das FG im Einzelfall festgestellt hat, dass die Leistungsbeschreibung in den streitbefangenen Rechnungen eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistungen nicht ermöglicht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 518, unter II.1.a cc). So liegt es hier.

8 Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) am mit dem Computerprogramm, das er zur Rechnungserstellung nutzte, für seine damals bei ihm im Unternehmen angestellte Ehefrau zwei Aufstellungen über Leistungen an dem seiner Ehefrau gehörenden Gebäude gefertigt. Die Aufstellungen trugen zunächst das Datum . Der Kläger übergab die Aufstellungen seiner Ehefrau, die das Datum auf die ersten Seiten der Aufstellungen aufstempelte sowie handschriftlich Rechnungsnummern hinzufügte, die bereits für andere Rechnungen vergeben worden waren. Die Aufstellungen vom waren mit „Rechnung” überschrieben und an die Ehefrau gerichtet. Sie enthielten die Leistungsbeschreibungen Trockenbau sowie Dachklempnerarbeiten, Heizung, Solar- und Sanitärinstallation und keinen Leistungszeitraum.

9 Hierzu hat das FG in den Urteilsgründen u.a. ausgeführt, aus dem Zweck des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UStG folge, dass das Leistungsdatum grundsätzlich anzugeben sei, wie sich gerade auch im vorliegenden Fall zeige. Da die —erkennbar anhand des auf den Folgeseiten aufgedruckten Datums— am erstellten „Rechnungen vom ” kein Leistungsdatum enthielten, bestehe eine Ungewissheit über das Rechnungsdatum. Es wäre damit aus den „Rechnungen” nicht ohne weiteres ersichtlich, wann die mit der Leistungserbringung zusammenhängende Umsatzsteuer und der damit korrespondierende Anspruch auf Vorsteuerabzug entstanden sein soll. Nur durch das im Rahmen eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens erlangte Wissen um die Leistungserbringung habe das FA nach Vorlage von Teilrechnungen aus den ermittelten Tatsachen den Schluss ziehen können, dass die Umsatzsteuer dem Besteuerungszeitraum 1996 und nicht dem Besteuerungszeitraum 1997 zuzuordnen sei.

10 Damit hat das FG angesichts der Besonderheiten des Streitfalls festgestellt, dass die Leistungsbeschreibung in den streitbefangenen Rechnungen eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistungen nicht ermöglicht. Über die Beurteilung des Streitfalls hinaus wird dadurch das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts nicht berührt.

11 2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zuzulassen.

12 Die Vorentscheidung weicht entgegen der Ansicht des FA nicht von dem Rechtssatz im (BFH/NV 1996, 860, unter II.2.a) ab, wonach für den Vorsteuerabzug eine Urkunde ausreicht, die den in § 14 Abs. 4 UStG bezeichneten Anforderungen entspricht; dafür genüge, dass das Abrechnungspapier Angaben tatsächlicher Art enthalte, die die Identifizierung der abgerechneten Leistungen ermöglichen.

13 Das FG hat festgestellt, dass diese Identifizierung im Streitfall nicht ohne weiteres möglich war. Es stimmt damit mit der vorbezeichneten Rechtsprechung des BFH überein.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 2138 Nr. 11
UR 2010 S. 826 Nr. 21
UAAAD-52398