Oberfinanzdirektion Münster - S 2706 - 73 - St 13 - 33

Auswirkungen einer Vermögensanlage in einem BgA auf die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG

Juristische Personen des öffentlichen Rechts begründen mit ihren Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen unter den Voraussetzungen des § 4 KStG einen Betrieb gewerblicher Art. Die in einer solchen Einrichtung auch oder ausschließlich betriebene Auftragsforschung ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG steuerbefreit. Keine Auftragsforschung liegt vor, soweit die Tatbestände des zweiten Halbsatzes der Norm erfüllt sind.

Bei der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG handelt es sich um eine rein tätigkeitsbezogene Steuerbefreiung. Dies hat zur Folge, dass nicht der Betrieb gewerblicher Art "Auftragsforschung" insgesamt steuerbefreit ist, sondern nur die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Auftragsforschung. Infolgedessen fällt dieser Betrieb gewerblicher Art stets in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG, da die Vorschrift nur dann nicht greift, wenn der Betrieb gewerblicher Art selbst steuerbefreit ist. Nach dem Sinn und Zweck der Norm ist es jedoch vertretbar, die Vorschrift auf den steuerfreien Teil des Betriebs gewerblicher Art nicht anzuwenden.

Es stellt sich die Frage,

  1. ob aus der (kurzfristigen) Anlage von Drittmitteln erzielte Erträge (Zinsen) als Teil der steuerbefreiten Auftragsforschung anzusehen sind und demzufolge unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG fallen und

  2. ob aus der langfristigen Vermögensanlage thesaurierter Gewinne aus der Auftragsforschungstätigkeit erzielte Erträge gem. § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG steuerfrei sind und welche Auswirkungen sich auf die Besteuerung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG ergeben.

zu a) Erträge aus der Anlage von Drittmitteln

Soweit Drittmittel für eine Übergangszeit verzinslich angelegt und auch die Erträge für die Auftragsforschung verwendet werden, sind dies - von der Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG gedeckte - unschädliche Hilfsgeschäfte, die keinen eigenen Besteuerungstatbestand auslösen. Die Erträge gehören zu dem Gewinn aus der steuerbefreiten Auftragsforschung. Wird dieser Gewinn in den hoheitlichen Bereich der jPdöR überführt, ist der Steuertatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG nicht einschlägig.

zu b) Erträge aus der Thesaurierung von Gewinnen aus der Auftragsforschung

Soweit die juristische Person des öffentlichen Rechts die Gewinne aus der Auftragsforschung im Betrieb gewerblicher Art thesauriert, ist entsprechend den Regelungen in Rz. 23 des BStBl 2002 I S. 935, in der Fassung des BStBl 2005 I S. 831, zwischen einer steuerlich zulässigen und unzulässigen Rücklagenbildung zu unterscheiden. Nur wenn die Mittel für bestimmte (hier Auftragsforschungs-) Vorhaben angesammelt werden, für deren Durchführung entweder bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen oder deren Durchführung glaubhaft und finanziell in einem angemessenen Zeitraum möglich ist, liegt eine steuerlich zulässige Rücklagenbildung vor.

Alternative 1: Zulässige Rücklagenbildung:

Die (Kapital-) Erträge aus der Vermögensanlage der thesaurierten Gewinne sind zwar kein Ausfluss einer konkreten Auftragsforschungstätigkeit, dennoch auf Ebene des Betriebs gewerblicher Art steuerfrei nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG. Eine Überführung der (Kapital-) Erträge aus der Vermögensanlage der thesaurierten Gewinne in den Hoheitsbereich der juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegt nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG.

Alternative 2: Keine zulässige Rücklagenbildung:

Die Thesaurierung der Gewinne aus der Auftragsforschungstätigkeit kann auch nicht mittelbar als begünstigte Auftragsforschungstätigkeit angesehen werden. Mangels zulässiger Rücklagenbildung gelten die Gewinne aus der Auftragsforschung als in den hoheitlichen Bereich überführt und umgehend durch die Trägerkörperschaft wieder eingelegt. Diese fiktive Ausschüttung unterliegt nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG, da diese Vorschrift auf den steuerfreien Teil des Betriebs gewerblicher Art (= Gewinne aus der Auftragsforschungstätigkeit) nicht anwendbar ist. Hingegen sind die (Kapital-) Erträge aus der Anlage dieser steuerlich unzulässig thesaurierten Gewinne auf Ebene des Betriebs gewerblicher Art steuerpflichtig und unterfallen auf Ebene der juristischen Person des öffentlichen Rechts der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG.

Oberfinanzdirektion Münster v. - S 2706 - 73 - St 13 - 33

Fundstelle(n):
DB 2010 S. 1856 Nr. 34
DStR 2010 S. 2250 Nr. 44
FR 2010 S. 915 Nr. 19
StBW 2010 S. 843 Nr. 18
AAAAD-49046