BVerwG Beschluss v. - 1 WB 66.09

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gründe

I

Der 1957 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des . Er wurde am zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Vom bis wurde der Antragsteller als Panzerstabsoffizier und Lehrstabsoffizier Taktik und Logistik/Leiter des Gefechtsübungssimulationssystems ... im Bataillon ... verwendet.

Mit Fernschreiben des Personalamts der Bundeswehr vom wurde der Antragsteller mit Wirkung vom und Dienstantritt am auf den Dienstposten eines S 3-Stabsoffiziers und MS-Stabsoffiziers (Modellbildung und Simulation) beim Heeresamt in ... versetzt. Unter dem erhielt er eine entsprechende förmliche Versetzungsverfügung.

Gegen die Versetzung legte der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 9. Juli und Beschwerde ein. Zur Begründung führte er unter anderem an, dass er die Eignungsanforderungen für den Dienstposten beim Heeresamt nicht erfülle und der Versetzung schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne von Nr. 6 der Versetzungsrichtlinien entgegenstünden (Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit der Schwiegereltern, eigene Krankheit des Antragstellers und Krankheit seiner Ehefrau).

Mit Bescheid vom wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde als unbegründet zurück. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - legte den Antrag zusammen mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vor.

Nach mehreren ärztlichen Untersuchungen des Antragstellers sowie aufgrund einer Stellungnahme des Beratenden Arztes des Personalamts der Bundeswehr vom , die eine heimatnahe Verwendung des Antragstellers empfahl, wurde der Antragsteller mit Wirkung vom auf eine Planstelle "Stabsoffizier z.b.V." (A 15) beim Heeresführungskommando in ... versetzt.

Im Hinblick auf diese - mit seinem Einverständnis erfolgte - Versetzung erklärte der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragt, 1. die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen und 2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren für notwendig zu erklären.

Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat mit Schreiben vom der Erledigungserklärung des Antragstellers (vorab) zugestimmt. Er ist der Auffassung, dass die Verfahrenskosten dem Bund nicht aufzuerlegen sind.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 1261/09 -, die Personalgrundakte des Antragstellers sowie die Akten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (BVerwG 1 WDS-VR 7.09) haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa BVerwG 1 WB 4.08 - m.w.N.).

Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Auslagen zur Hälfte dem Bund aufzuerlegen, weil die Erfolgsaussichten des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand als offen einzuschätzen sind (vgl. zum Grundsatz der hälftigen Kostenteilung bei offenen Erfolgsaussichten Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand November 2009, § 161 Rn. 22 m.w.N.).

Die - den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigende - (Folge-)Versetzung zum Heeresführungsführungskommando in ... stellt keine (rückwirkende) Aufhebung der hier strittigen Versetzung des Antragstellers zum Heeresamt in ... dar; der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat sich damit nicht in die Rolle des Unterlegenen begeben.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung ist im Falle der Anfechtung einer Maßnahme, hier: der Versetzung des Antragstellers zum Heeresamt, der Zeitpunkt der Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung an den Senat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG 1 WB 49.07 - BVerwGE 132, 234 <243> m.w.N.). Maßgeblich ist deshalb vorliegend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des - am eingegangenen - Vorlageschreibens vom .

Ob zu diesem Zeitpunkt die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers, die letztlich zu der von ihm gewünschten (Folge-) Versetzung nach ... führten, bereits vorlagen, ist offen. Zwar datiert die Stellungnahme des Beratenden Arztes des Personalamts der Bundeswehr, die eine heimatnahe Verwendung empfiehlt, um eine Verschärfung der akuten Belastungssituation und damit eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers zu verhindern, erst vom , also einem deutlich späteren als dem maßgeblichen Zeitpunkt. Sie stützt sich ihrerseits jedoch auf frühere Befunde des Fachsanitätszentrums ... sowie insbesondere des Sanitätszentrums ... vom 9. bzw. , die ebenfalls bereits eine mangelnde Verwendungsfähigkeit des Antragstellers auf dem Dienstposten beim Heeresamt feststellten und sich für eine heimatnahe Verwendung aussprachen. Ob aus diesen Attesten und einer Bewertung der gesundheitlichen Entwicklung des Antragstellers im Rückblick weiter zu folgern ist, dass dessen gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch bereits Ende November 2009 vorlagen oder aber als sichere Folge seiner Versetzung zum Heeresamt eintreten würden (so dass diese von vornherein nicht hätte verfügt werden dürfen), lässt sich einerseits nicht ausschließen, andererseits aber auch ohne weitere Beweiserhebung (ggf. durch sachverständige ärztliche Beurteilung) nicht positiv klären. Für eine solche Beweisaufnahme ist im Rahmen der hier allein noch zu treffenden Kostenentscheidung kein Raum (vgl. Clausing a.a.O. m.w.N.).

Ebenfalls offen bleiben muss der zweite hauptsächliche Streitpunkt des vorliegenden Falls, nämlich die Frage der fachlichen Eignung des Antragstellers für den Dienstposten eines S 3-Stabsoffiziers und MS-Stabsoffiziers beim Heeresamt. Unstrittig ist insoweit, dass der Antragsteller nicht über die nach der Aufgabenbeschreibung des Dienstpostens geforderte Vorverwendung im Gefechtssimulationszentrum des Heeres oder im Gefechtsübungszentrum des Heeres verfügt. Zwischen dem Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - und dem Antragsteller umstritten ist hingegen, ob die rund viereinhalbjährige Verwendung des Antragstellers als Leiter des Gefechtsübungssimulationszentrums ... dem Zweck der geforderten Vorverwendungen wenn nicht formal, so doch zumindest materiell entspricht. Die Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen auf einzelne Eignungsanforderungen in einer Dienstpostenbeschreibung bei einer Versetzungsentscheidung ad hoc verzichtet werden kann, ist, soweit ersichtlich, jedenfalls in dieser Allgemeinheit vom Senat bisher nicht geklärt; für eine solche Klärung ist im Rahmen einer Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung kein Raum (vgl. BVerwG 1 WB 7.06 -). Darüber hinaus bedürfte es wohl weiterer Ermittlungen, ob ggf. diese Voraussetzungen im Falle des Antragstellers vorliegen; auch insoweit würde die Eingrenzung der Kostenentscheidung auf den bisherigen Sach- und Streitstand überschritten.

Insgesamt erscheint deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten eine hälftige Kostenteilung angemessen, was bedeutet, dass die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen zur Hälfte dem Bund aufzuerlegen sind.

Über den weiteren Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren für notwendig zu erklären, ist nicht im Rahmen dieses Beschlusses des Senats zu entscheiden (vgl. hierzu BVerwG 1 WB 13.09 - Rn. 44). Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Rechtsanwalts ist nicht Teil der vom Gericht zu treffenden Kostengrundentscheidung, sondern gehört in das Verfahren der Kostenfestsetzung, für das der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig ist (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 WBO und § 142 Satz 1 WDO). Eine von dieser Zuständigkeitsverteilung abweichende Regelung wie in § 162 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 VwGO kennt die Wehrbeschwerdeordnung nicht.

Fundstelle(n):
QAAAD-48958