BGH Beschluss v. - IX ZB 65/10

Insolvenzverfahren: Beginn der Klagefrist bei im Insolvenzplan vorgesehener Tabellenfeststellungsklage; Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Bestätigung des Insolvenzplans; Glaubhaftmachung der Schlechterstellung durch den Insolvenzplan; Durchführung der Gläubigerversammlung

Leitsatz

1. Der Insolvenzplan kann vorsehen, dass die Gläubiger wirksam bestrittener Forderungen binnen einer bestimmten Ausschlussfrist Tabellenfeststellungsklage erheben müssen, andernfalls die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt wird. Die Klagefrist beginnt jedoch erst mit Rechtskraft des Beschlusses zu laufen, der den Insolvenzplan bestätigt .

2. Für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Gläubigers, mit der geltend gemacht wird, dass dem Insolvenzplan gemäß § 250 InsO von Amts wegen die Bestätigung hätte versagt werden müssen, genügt, dass der Gläubiger geltend macht, durch den Insolvenzplan in seinen Rechten beeinträchtigt zu werden. Eine Beschwer in Form einer Schlechterstellung durch den Plan gegenüber einem durchgeführten (Regel-)Insolvenzverfahren ist nicht erforderlich .

3. Zur Glaubhaftmachung der Schlechterstellung durch den Insolvenzplan gemäß § 251 InsO .

4. Eine Gläubigerversammlung ist so durchzuführen, dass eine geordnete Willensbildung und Abstimmung möglich ist .

Gesetze: § 188 InsO, § 189 InsO, § 250 Nr 1 InsO, § 251 Abs 2 InsO, § 253 InsO

Instanzenzug: Az: 5 T 98/10 Beschlussvorgehend Az: 35 IN 703/09

Gründe

I.

1Mit Beschluss vom eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, ordnete Eigenverwaltung an und bestellte den weiteren Beteiligten zu 4 zum Sachwalter. Es bestimmte Termin auf den zur Gläubigerversammlung, in der über den Fortgang des Verfahrens beschlossen werden, die angemeldeten Forderungen geprüft und der noch vorzulegende Insolvenzplan erörtert und nach Abstimmung bestätigt werden sollten.

2Mit Schriftsatz vom legte der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin den Insolvenzplan vor. Mit Schriftsatz vom beantragten die weiteren Beteiligten zu 2 und 3, die Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 251 InsO zu versagen.

3Am hat das Amtsgericht den Berichts-, Prüf-, Erörterungs- und Abstimmungstermin durchgeführt. Mit Beschluss vom hat es den Plan bestätigt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 und 3 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde begehren sie die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und die Versagung der Planbestätigung.

II.

4Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 253, 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

51. Den weiteren Beteiligten zu 2 und 3 fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Allerdings ist auf Seite 68 des Insolvenzplans festgelegt, dass die Gläubiger von wirksam bestrittenen Insolvenzforderungen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Verkündung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplanes im ordentlichen Verfahren Klage gegen den Bestreitenden auf Feststellung zur Tabelle erheben und dem Sachwalter nachzuweisen haben, dass Feststellungsklage erhoben sei. Der Insolvenzverwalter/Sachwalter werde vor Auszahlung der Planquote ein Verteilungsverzeichnis in entsprechender Anwendung des § 188 InsO aufstellen, auf der Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsicht der Beteiligten niederlegen und die Summe der Forderungen sowie den für die Verteilung verfügbaren Betrag dem Insolvenzgericht anzeigen.

6Dementsprechend ist das Verteilungsverzeichnis am beim Insolvenzgericht eingereicht und am auf der Geschäftsstelle niedergelegt und gemäß § 188 InsO im Internet veröffentlicht worden. In das Verteilungsverzeichnis waren die wirksam bestrittenen Forderungen der weiteren Beteiligten zu 2 und 3 nicht aufgenommen. Diese haben bisher keine Tabellenfeststellungsklage erhoben.

7Daraus ergibt sich entgegen der Auffassung der Schuldnerin nicht, dass die Rechtsbeschwerdeführerinnen nicht (mehr) beschwert sind, weil die Ausschlussfrist des § 189 Abs. 1 InsO abgelaufen sei und sie deshalb im regulären Insolvenzverfahren gemäß § 189 Abs. 3 InsO mit ihren (angeblichen) Ansprüchen ohnehin bei der Verteilung nicht mehr berücksichtigt werden könnten.

8Die im Insolvenzplan festgelegte Klagefrist ist noch nicht abgelaufen, weil sie erst mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zu laufen beginnt.

9a) Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung im Insolvenzplan bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Allerdings können die Vorschriften über die Feststellung der Forderungen der Insolvenzgläubiger in einem Insolvenzplan nicht abbedungen werden (, ZIP 2009, 480, 482 Rn. 24 ff.). Abbedungen werden können aber die Vorschriften über die Verteilung, § 217 InsO. Die hier abgewandelt anzuwendenden Vorschriften der §§ 188, 189 InsO befinden sich im Abschnitt "Verteilung" des fünften Teils der Insolvenzordnung. Sie können durch den Insolvenzplan modifiziert werden.

10b) Das Landgericht hat nicht festgestellt, wer die Forderung der Rechtsbeschwerdeführerinnen bestritten hat; nach dem Vortrag der Beteiligten waren dies der Sachwalter und/oder die Schuldnerin. Dies ist hier unerheblich. Nachdem Eigenverwaltung angeordnet ist, konnte auch die Schuldnerin mit Wirkung für die Masse wirksam bestreiten, § 283 Abs. 1 InsO.

11c) Offen bleiben kann, ob nach dem Inhalt des Insolvenzplans die Ausschlussfrist von zwei Wochen - entsprechend dem Wortlaut - ab Verkündung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans zu laufen beginnt oder ob der Plan entsprechend §§ 188, 189 InsO dahin auszulegen ist, dass die Frist mit der öffentlichen Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses beginnt.

12d) Die Ausschlussfrist kann jedenfalls erst mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zu laufen beginnen.

13Nach dem Plan selbst (Seite 67) tritt dieser mit Rechtskraft seiner Bestätigung in Kraft. Dies entspricht § 254 Abs. 1 Satz 1 InsO. Auch nach allgemeinen Grundsätzen können die im gestaltenden Teil (hier: Teil E) des Plans festgelegten Wirkungen erst mit der Rechtskraft der Bestätigung eintreten (MünchKomm-InsO/Sinz, 2. Aufl. § 248 Rn. 23).

14Dies kann zwar zu Verzögerungen bei der Verfahrensabwicklung führen. Andererseits kann dem mit einem Rechtsmittel angegriffenen Insolvenzplan nicht eine Vorwirkung in der Form zuerkannt werden, dass er dem Rechtsmittel die Grundlage entzieht, wenn der Rechtsmittelführer sich nicht bereits gleichzeitig den Vorschriften des Insolvenzplans unterwirft, dessen Bestätigung er bekämpft.

15Die hier geforderte Tabellenfeststellungsklage kann auch nicht - etwa unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung - gleichzeitig als solche unmittelbar nach §§ 188, 189 InsO angesehen werden. Dort hätte zwar bei angeordneter Eigenverwaltung gemäß § 283 Abs. 2 InsO ebenfalls der Schuldner die Verteilung vorzunehmen und das vom Sachwalter geprüfte Verteilungsverzeichnis vorzulegen mit der Folge des Beginns der Ausschlussfrist des § 189 InsO. Das Verfahren der Regelinsolvenz kann aber nicht als im Insolvenzplan enthalten angesehen werden, zumal dort von den Regelungen der §§ 188, 189 InsO hinsichtlich des Fristbeginns bewusst abgewichen wird. Die Veröffentlichung des Verteilungsverzeichnisses ist zudem ausdrücklich auf der Grundlage des Insolvenzplans erfolgt.

16Vor Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans kann auch die dort vorgesehene Verteilung nicht vorgenommen werden. Erst mit der Rechtskraft beginnt die Frist entsprechend § 189 InsO zu laufen. Solange der Gläubiger Feststellungsklage nicht erhoben und diese nicht fristgerecht entsprechend § 189 InsO nachgewiesen hat, kann der Schuldner folglich auch nicht gemäß § 255 Abs. 1 InsO mit der Erfüllung des Plans in Rückstand geraten (MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 256 Rn. 7). Sobald die Feststellungsklage nach § 189 InsO fristgerecht nachgewiesen ist, kann sich dagegen der Schuldner vor Nachteilen gemäß § 255 InsO durch Zahlungen nach Maßgabe des § 256 InsO schützen. Gegebenenfalls ist dann auf Antrag des Schuldners festzustellen, in welchem Umfang die bestrittene Forderung vorläufig zu berücksichtigen ist, § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO.

172. Eine Versagung der Bestätigung nach § 251 InsO haben die Vordergerichte zutreffend abgelehnt. Die Rechtsbeschwerdeführer haben keinen zulässigen Antrag nach § 251 InsO gestellt, weil sie nicht glaubhaft gemacht haben, dass sie durch den Plan schlechter gestellt werden.

18a) Die behauptete Schlechterstellung durch den Insolvenzplan haben die Rechtsbeschwerdeführer nicht nach § 251 Abs. 2 InsO glaubhaft gemacht, weil sie die von ihnen behaupteten Ansprüche der Masse gegen den Gesellschafter B. aus Darlehen, die Ansprüche gegen die Geschäftsführer der Schuldnerin aus § 64 GmbHG sowie die Ansprüche aus Insolvenzanfechtung nach den §§ 133, 134 InsO gegenüber der Mutter und der geschiedenen Ehefrau des Gesellschafters B. schon dem Grunde nach, aber auch hinsichtlich ihrer Durchsetzbarkeit nicht substantiiert dargelegt haben.

19Das wird von ihnen im Kern auch nicht in Frage gestellt. Ihr Einwand geht vielmehr dahin, dass an die Substantiierung nicht die üblichen Anforderungen gestellt werden könnten, weil es Aufgabe des Insolvenzverwalters bzw. Sachwalters (vgl. § 280 InsO) sei, derartige Ansprüche zu ermitteln und durchzusetzen. Letzteres ist zwar im Grundsatz richtig, entbindet aber den Gläubiger nicht von der Obliegenheit des § 251 Abs. 2 InsO.

20b) Die Glaubhaftmachung einer Schlechterstellung hätte im Übrigen erfordert, dass die Rechtsbeschwerdeführer ihre eigenen Ansprüche gegen die Schuldnerin glaubhaft machen. Da diese wirksam bestritten und nicht zur Tabelle festgestellt sind, können sie nicht als bestehend zugrunde gelegt werden.

21In ihrem Versagungsantrag vom wird lediglich auf die Forderungsanmeldung verwiesen. Eine Glaubhaftmachung der eigenen Ansprüche fehlt. Ist jedoch eine Insolvenzforderung nicht anerkannt oder wenigstens glaubhaft gemacht, scheidet die Glaubhaftmachung einer Benachteiligung durch den Plan von vorneherein aus.

223. Das Insolvenzgericht musste die Bestätigung des Plans nicht von Amts wegen gemäß § 250 InsO versagen.

23a) Entgegen der Auffassung der Schuldnerin ist die Beschwerde auch insoweit zulässig, als sie auf § 250 InsO gestützt wird. Nach § 253 InsO steht dem Gläubiger die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss zu, durch den der Insolvenzplan bestätigt wird. Dies gilt auch dann, wenn der beschwerdeführende Gläubiger lediglich geltend macht, die Bestätigung hätte gemäß § 250 InsO von Amts wegen versagt werden müssen (vgl. , ZInsO 2010, 85, 86 Rn. 3 f).

24Ob die Beschwerde gegen die Bestätigung des Insolvenzplans schon dann zulässig ist, wenn der Gläubiger durch die Bestätigung des Plans einen Teil seiner Forderungen verliert, oder ob sie weiter voraussetzt, dass eine wirtschaftliche Schlechterstellung im Vergleich zum durchgeführten Insolvenzverfahren vorliegt, hat der Senat zuletzt allerdings offen gelassen (vgl. aaO Rn. 4).

25Die Frage ist streitig. Nach einer Auffassung ist es ausreichend, dass die Rechte des beschwerdeführenden Gläubigers durch den Plan verändert werden (LG Berlin NZI 2005, 335, 336; HK-InsO/Flessner, 5. Aufl. § 253 Rn. 7; Uhlenbruck/Lüer, InsO 13. Aufl. § 253 Rn. 2). Nach anderer Auffassung muss der Gläubiger durch den Plan schlechter gestellt werden als bei einer Regelabwicklung ohne Plan (MünchKomm-InsO/Sinz, aaO § 253 Rn. 21; Bähr/Landry in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 14 Rn. 192).

26Der Senat hat bereits entschieden, es reiche für die stets zu fordernde Beschwer aus, dass sich der beschwerdeführende Gläubiger darauf beruft, durch den Plan in seinen Rechten beeinträchtigt zu werden (BGHZ 163, 344, 347). Daran ist festzuhalten. Wollte man darüber hinaus fordern, dass der Beschwerdeführer durch den Plan schlechter gestellt wird als mit der Durchführung des (Regel-)Insolvenzverfahrens, würde dies eine umfassende Prüfung erfordern, die im Rahmen der Beschwerde zumindest eine Glaubhaftmachung der Gläubiger im Sinne des § 251 Abs. 2 InsO erfordern würde. Ein solches Erfordernis kennt § 253 InsO nicht.

27b) Dem Plan war nicht gemäß § 250 Nr. 1 InsO die Bestätigung wegen Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften zur Behandlung des Insolvenzplans in einem wesentlichen Punkt zu versagen.

28aa) Die Ladung zur Gläubigerversammlung am in einen zu kleinen Sitzungssaal, von dem die Versammlung in einen größeren Sitzungssaal verlegt wurde, stellt keinen Verfahrensmangel in einem wesentlichen Punkt dar.

29Die Ladung zur Gläubigerversammlung hat gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 InsO die Zeit, den Ort und die Tagesordnung anzugeben. Dies gilt entsprechend für den Erörterungs- und Abstimmungstermin über einen Insolvenzplan gemäß § 235 Abs. 1 und Abs. 2 InsO, auch wenn dieser Termin nicht - wie im vorliegenden Fall - zusammen mit der Gläubigerversammlung abgehalten wird, in der über den Fortgang des Verfahrens und die Prüfung der angemeldeten Forderungen beschlossen werden soll (HK-InsO/Flessner, aaO § 235 Rn. 4).

30In der Ladung zum Erörterungs- und Abstimmungstermin gemäß § 235 InsO ist deshalb auch der Terminsort zutreffend anzugeben (MünchKomm-InsO/Hinzen, aaO § 235 Rn. 21). Andernfalls liegt eine wirksame Ladung nicht vor.

31Stellt sich allerdings bei oder vor Sitzungsbeginn heraus, dass der vorgesehene Sitzungssaal zu klein ist, bestehen gegen eine Verlegung in einen anderen Sitzungssaal keine Bedenken, wenn der neue Sitzungssaal durch Aushang bekannt gemacht und in kurzer Zeit unschwer zu erreichen ist. So ist im vorliegenden Fall verfahren worden. In der ersten halben Stunde haben zusätzlich Mitarbeiter des Schuldnervertreters in dem zunächst festgesetzten Sitzungssaal auf die Verlegung hingewiesen und die Teilnehmer weiter verwiesen.

32Ist auf diese Weise alles getan worden, damit die Beteiligten problemlos an dem Termin teilnehmen konnten, liegt jedenfalls kein Mangel in einem wesentlichen Punkt vor (vgl. ).

33bb) Soweit die Rechtsbeschwerdeführer geltend machen, zur Erörterung des Plans habe zu wenig Zeit zur Verfügung gestanden, ist ein wesentlicher Verfahrensmangel ebenfalls nicht gegeben.

34Jede Gläubigerversammlung, auch der Erörterungs- und Abstimmungstermin über einen Insolvenzplan gemäß § 235 InsO, ist so durchzuführen, dass eine geordnete Willensbildung und Abstimmung der Gläubiger möglich ist.

35(1) Soweit die Rechtsbeschwerdeführer mutmaßen, andere Gläubiger hätten womöglich bei längerer Erörterungsdauer noch Fragen gestellt, die dazu geführt hätten, dass weitere Gläubiger ihre Zustimmung zum Plan versagt hätten, können sie sich hierauf nicht berufen. Sie haben nicht substantiiert dargelegt, welche Fragen gestellt worden wären, die selbst oder zusammen mit den zu erwartenden, aber nicht dargelegten Antworten eine Änderung der Abstimmungsergebnisse hätten erwarten lassen.

36(2) Soweit sie beklagen, eigene Fragen, die sie sodann zu Protokoll gegeben hätten, seien nicht hinreichend beantwortet worden, so dass sie auch keine ergänzenden Fragen mehr hätten stellen können, ist ebenfalls nicht substantiiert dargelegt, welche zusätzlichen Fragen hätten gestellt werden sollen.

37Der Umstand, dass die Rechtsbeschwerdeführer ihre Fragen nicht als ausreichend beantwortet angesehen haben, hatte nicht zur Folge, dass der Rechtspfleger die erforderlichen Abstimmungen nicht hätte durchführen dürfen. Andernfalls könnten einzelne Gläubiger den Fortgang des Verfahrens verhindern. Den Rechtsbeschwerdeführern und den anderen Gläubigern stand es frei, aus ihrer Meinung nach unzureichend beantworteten Fragen die Konsequenzen für die Abstimmung zu ziehen. Weigert sich - wie dies im vorliegenden Fall unstreitig der Fall war - der Planersteller ausdrücklich, eine (weitere) Änderung des Plans vorzunehmen, was gemäß § 240 InsO in seinem Ermessen steht, kann über den Plan ohnehin nur in der vorliegenden Fassung abgestimmt werden.

38Die Abstimmung der Gläubiger war nicht beeinträchtigt. Jeder Gläubiger konnte an den durchgeführten Abstimmungen teilnehmen, sein Abstimmungsverhalten war nicht gestört. Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, dass bei den erzielten Abstimmungsergebnissen (Zustimmung zum Plan in der Gruppe 1 <Arbeitnehmer mit rückständigen Lohnforderungen> 100 %, in Gruppe 2 <Finanzamt Brandenburg> 100 % und in der Gruppe 3 <466 nicht nachrangige Gläubiger mit einem Forderungsbetrag von 37.602.029,09 € > 95,49 % der Gläubiger, 87,998 % der Forderungssummen) sich für die erforderlichen einfachen Mehrheiten nach § 244 InsO relevante Änderungen hätten ergeben können.

39Zeichnet sich ab, dass die erforderliche Mehrheit für den Plan bereits gesichert ist, ist eine länger andauernde weitere Erörterung auf Verlangen einzelner ablehnender Gläubiger nicht mehr zwingend geboten.

40cc) Soweit die Rechtsbeschwerdeführerinnen schließlich geltend machen, ab 15.00 Uhr sei im Sitzungssaal eine Unruhe entstanden, die eine Teilnahme aller anwesenden Beteiligten nicht mehr gewährleistet habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Wahrnehmung der Sitzungsleitung und die Aufrechterhaltung der Ordnung gemäß § 176 GVG dem Rechtspfleger als Vorsitzenden oblag. Dass die Unruhe die Erörterung des Insolvenzplans in einer Weise beeinträchtigt hätte, dass dadurch die Willensbildung und Abstimmung in relevanter Weise beeinträchtigt geworden wäre, haben die Vorinstanzen nicht festzustellen vermocht und die Rechtsbeschwerdeführerinnen nicht substantiiert dargelegt. Im Hinblick auf die bei der Abstimmung erzielten Mehrheiten kann eine Auswirkung auf das Ergebnis ausgeschlossen werden.

41c) Dem Plan war schließlich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht gemäß § 250 Nr. 1 InsO die Bestätigung zu versagen, weil er den Anforderungen des § 220 Abs. 2 InsO an den Inhalt des darstellenden Teils nicht entsprochen hätte.

42Nach § 220 Abs. 2 InsO muss der darstellende Teil eines Insolvenzplans alle Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten, die für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind.

43Bindende, in allen Planverfahren einzuhaltende Vorgaben können dabei schon wegen der Vielzahl der in Betracht kommenden Pläne sowie der unterschiedlichen Schuldner nicht gemacht werden. Diese sind vom Umfang und der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens abhängig (, ZInsO 2010, 85, 86 Rn. 3).

44Ein wesentlicher Verstoß im Sinne des § 250 InsO gegen die Verfahrensvorschrift über den Inhalt des darstellenden Teils des Insolvenzplans liegt dann vor, wenn es sich um einen Mangel handelt, der Einfluss auf die Annahme des Insolvenzplans gehabt haben könnte ( aaO).

45Ein solcher wesentlicher Mangel ist demzufolge anzunehmen, wenn die Angaben erforderlich sind für die Vergleichsberechnung zu der Frage, inwieweit der Plan die Befriedigungschancen der Gläubiger verändert. Hierbei ist der Umfang der Masse von wesentlicher Bedeutung. Grundlage für die naturgemäß nur mögliche Schätzung wird in der Regel das nach § 151 Abs. 1 InsO vom Verwalter aufzustellende Verzeichnis der Massegegenstände sein und die dabei nach § 151 Abs. 2 InsO anzugebenden Werte (vgl. MünchKomm-InsO/Eilenberger, aaO § 220 Rn. 4). Anzugeben sind jedenfalls die Werte, die im Verhältnis zur Größe des Verfahrens von Bedeutung sind für die Meinungsbildung der Gläubiger und des Gerichts. Die insoweit von den Rechtsbeschwerdeführern geltend gemachten Mängel des darstellenden Teils sind jedenfalls nicht wesentlich im Sinne des § 250 Nr. 1 InsO.

46aa) Forderungen gegen die Gesellschafter sind im Insolvenzplan mit einem Buchwert von 9.040.984,75 € sowie einem Erinnerungswert von 1 € angegeben, für den Fall der Regelabwicklung des Insolvenzverfahrens mit 4.520.000 €. Die Werte sind in den Erläuterungen des Plans im Einzelnen begründet. Hiergegen erheben die Rechtsbeschwerdeführer eine Reihe von Bedenken.

47Notwendiger Inhalt des darstellenden Teils des Insolvenzplans ist es, die Gläubiger auf derartige Darlehensforderungen hinzuweisen und diese zu bewerten, um eine Grundlage für die Abstimmung oder gegebenenfalls zuvor für Nachfragen und Erörterungen zu schaffen.

48Umfassende Ausführungen zu Details sind dagegen nicht zu verlangen. Auch wenn die Bewertung durch den Planersteller im Einzelnen nicht zutreffend sein sollte, ist den Erfordernissen des § 220 Abs. 2 InsO Rechnung getragen. Jedenfalls leidet die Darstellung nicht an einem Mangel in einem wesentlichen Punkt.

49bb) Beanstandet haben die Rechtsbeschwerdeführer weiter, dass eine Prüfung des Zeitpunkts der objektiven Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht stattgefunden habe und deshalb mögliche Ansprüche gegen die Geschäftsführer B. und K. aus § 64 GmbHG nicht hätten beziffert werden können und daher im Insolvenzplan nicht berücksichtigt worden seien.

50Im Insolvenzplan (Seite 13) sind derartige Ansprüche angeführt, mit einem Erinnerungswert von 1 € bewertet und unter Anmerkung 68 (Seite 24) erläutert. Dargestellt werden die Grundlagen eines Anspruchs nach § 64 GmbHG. Es wird ausgeführt, dass zunächst der maßgebliche Zeitpunkt festgestellt werden müsste, dass aber der insoweit zu untersuchende Sachverhalt noch nicht vollständig aufbereitet sei, dass dies noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde und das Ergebnis derzeit offen sei; deshalb werde nur ein Merkposten in Ansatz gebracht.

51Maßgebend und ausreichend ist auch hier, dass die möglichen Ansprüche aufgeführt und erörtert sind, auch wenn im Zeitpunkt der Planerstellung keine abschließende Beurteilung möglich ist.

52Die Ausführungen zum Besserungsschein II (Plan S. 55) sehen vor, dass der Gesellschafter B. zur Abgeltung aller Ansprüche der Schuldnerin gegen ihn (unter bestimmten Voraussetzungen) 1 Mio. € aus Drittmitteln zur Verfügung stellt. Die Gläubiger konnten somit darüber befinden, ob sie - zu diesem Zeitpunkt - den im Insolvenzplan vorgesehenen Regelungen zustimmen wollten. Eine Aufarbeitung aller Details kann auch hinsichtlich von Ansprüchen aus § 64 GmbHG im Insolvenzplan als notwendiger Inhalt des darstellenden Teils nicht verlangt werden. Dies könnte die Vorlage des Plans erheblich verzögern oder im Einzelfall verhindern. Es ist Sache der Gläubiger, die dargestellten Vorteile und Risiken eines Plans zu einem frühen Zeitpunkt abzuwägen und bei der Erörterung des Plans und der Abstimmung zu berücksichtigen.

53Auch insoweit leidet die Darstellung nicht an einem Mangel in einem wesentlichen Punkt.

54cc) Schließlich machen die Rechtsbeschwerdeführer unter Bezugnahme auf die Begründung der sofortigen Beschwerde geltend, im Insolvenzplan sei nichts zu einer Anfechtung im Hinblick auf Immobilienveräußerungen an Angehörige (die Mutter und die ehemalige Ehefrau des Gesellschafters B.) aus §§ 133, 134 InsO in Höhe von 300.000 € ausgeführt, obwohl der Planersteller und Schuldnervertreter im Erörterungstermin vom derartige Ansprüche erwähnt habe. Der Schuldnervertreter hat in der Erwiderung auf die sofortige Beschwerde das Vorliegen derartiger Ansprüche substantiiert verneint. Hierauf sind die Rechtsbeschwerdeführer nicht eingegangen.

55Der Insolvenzplan enthält Ausführungen zu bestehenden Anfechtungsansprüchen in Höhe von 472.555,09 €. Im gestaltenden Teil ist festgelegt, dass der Sachverwalter befugt sein soll, die bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten, die eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand haben, auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortzuführen (§ 259 Abs. 3, § 280 InsO).

56Bestehende Anfechtungsansprüche sind, wenn sie für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind, in den darstellenden Teil aufzunehmen. Im gestaltenden Teil ist zu regeln, ob bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens anhängig gemachte Anfechtungsklage fortgeführt werden, weil andernfalls die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für die Anfechtungsklagen entfällt (, ZIP 2010, 102).

57Anzusprechen sind jedoch nur Anfechtungsansprüche, die wahrscheinlich bestehen, die also sinnvollerweise geltend gemacht werden. Nicht bestehende oder unwahrscheinliche Ansprüche müssen nicht dargestellt und erörtert werden. Nach den substantiierten Darlegungen des Planerstellers bestehen die von den Rechtsbeschwerdeführern vermuteten Ansprüche nicht.

58Allerdings wäre der darstellende Teil des Insolvenzplans in einem wesentlichen Punkt fehlerhaft, wenn bestehende Anfechtungsansprüche in relevantem Umfang vom Planersteller verschwiegen würden, etwa um - wie die Rechtsbeschwerdeführer mutmaßen - den Schuldner oder den (einzigen) Gesellschafter der Schuldnerin oder ihm nahe stehende Personen zu schonen.

59Derartige Mängel des Insolvenzplans sind aber nicht substantiiert dargelegt. Die unter Beweis gestellten angeblichen Äußerungen des Planerstellers im Erörterungstermin sind von ihm bestritten. Könnten sie in der behaupteten Form bewiesen werden, ergäbe sich aus ihnen kein substantiiert dargelegter Anfechtungsanspruch.

Fundstelle(n):
DB 2010 S. 1985 Nr. 36
NJW-RR 2011 S. 51 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2010 S. 2520
StuB-Bilanzreport Nr. 18/2010 S. 724
WM 2010 S. 1509 Nr. 32
ZIP 2010 S. 1499 Nr. 31
BAAAD-47777