BFH Beschluss v. - X B 16/10

Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte umfassend zu erörtern

Gesetze: FGO § 76 Abs. 2, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2, GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben bzw. wurden nicht schlüssig dargelegt.

2 1. a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) verlangt eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen (vgl. , BFH/NV 2002, 217, m.w.N.).

3 b) Der Vortrag der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Zwar formulieren sie die Rechtsfrage, ob eine mittelbare Schenkung im steuerlichen Sinne nur eine Schenkung unter Auflage i.S. von § 516 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) oder auch ein Auftragsverhältnis i.S. von § 662 ff. BGB mit einem anschließenden Verzicht auf den Herausgabeanspruch gemäß § 667 BGB sein kann, und tragen fallbezogen vor, im letztgenannten Fall könnte rechtstechnisch für die dauernde Last nur auf die Vereinbarung des Klägers mit seinem Vater vom abgestellt werden. Sie tragen jedoch nicht vor, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage streitig ist, sondern führen lediglich an, die Rechtsfrage werde in der Literatur diskutiert, und verweisen in diesem Zusammenhang ohne weitere Erläuterungen auf eine Dissertation mit dem Titel „Mittelbare Schenkung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht”. Daneben lässt ihr Vortrag nicht erkennen, warum die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage —wie von ihnen behauptet— im allgemeinen Interesse liegen soll.

4 2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen. Die Kläger haben es versäumt, dem angegriffenen Urteil tragende und entscheidungserhebliche abstrakte Rechtssätze zu entnehmen und diese solchen aus den Urteilen des (Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst —DStRE— 2009, 1052; Revision eingelegt X R 10/09) und vom 3 K 219/06 (DStRE 2009, 1050; Revision eingelegt X R 13/09) gegenüberzustellen, um so die Abweichung zu verdeutlichen. Im Übrigen liegt die von den Klägern behauptete Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von den Entscheidungen in DStRE 2009, 1052 und in DStRE 2009, 1050 schon deshalb nicht vor, weil in den Verfahren unterschiedliche Sachverhalte zu beurteilen waren. In den den Verfahren in DStRE 2009, 1052 und in DStRE 2009, 1050 zugrunde liegenden Streitfällen haben die Beteiligten eindeutige Vermögensübergabeverträge geschlossen, die jedoch nicht wie vereinbart durchgeführt worden sind. Im Streitfall der Kläger kam das FG hingegen zu dem Ergebnis, die Anerkennung der zwischen dem Kläger und seinem Vater getroffenen Vereinbarung scheitere bereits an klaren und eindeutigen Regelungen zum Beginn des Rechtsverhältnisses und für das behauptete Auftragsverhältnis könnten keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen werden.

5 3. Zu Unrecht machen die Kläger auch geltend, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO, § 76 Abs. 2 FGO). Eine sog. Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (, BFH/NV 2002, 947). Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht indes nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern oder sie ihnen im Voraus anzudeuten (, BFH/NV 2000, 1235). Danach liegt im Streitfall keine Überraschungsentscheidung vor; denn die im Streitfall maßgebliche Frage, ob die wiederkehrenden Leistungen des Klägers an seinen Vater auf klaren und eindeutigen Vereinbarungen beruhen, war zentraler Diskussionspunkt im Einspruchs- und im finanzgerichtlichen Verfahren. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat bereits in dem Einspruchsbescheid vom (Bl. 5 der FG-Akte) darauf hingewiesen, dass keine klaren und eindeutigen Vereinbarungen vorliegen. Auch das FG hat im Schreiben vom Zweifel daran geäußert, ob die Vereinbarung des Klägers mit seinem Vater die strengen Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an Verträge zwischen nahen Angehörigen erfülle, die klar und eindeutig vereinbart sein müssten. Eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor, auch wenn berücksichtigt wird, dass der im finanzgerichtlichen Verfahren selbst als Prozessbevollmächtigter tätig gewordene Kläger im Schriftsatz vom um einen konkreten richterlichen Hinweis bat, da er der Auffassung war, die Meinung des Gerichts, die Vereinbarung mit dem Vater genüge nicht den Anforderungen an Verträge zwischen nahen Angehörigen, sei nicht voll nachvollziehbar. Das Gericht ist zwar im Rahmen des § 76 Abs. 2 FGO gehalten, durch Hinweise den Weg zu zeigen, wie das erstrebte Prozessziel am wirksamsten und einfachsten erreicht werden kann; es ist jedoch nicht Aufgabe des Gerichts, im gerichtlichen Verfahren fachkundig vertretenen Beteiligten Rechtsrat und Rechtsauskunft zu geben (, BFH/NV 1992, 609).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 1643 Nr. 9
XAAAD-47453