Bundesministerium der Finanzen - IV A 3 -S 0338/07/10010

Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 AO); Reichweite der Vorläufigkeitsvermerke

Schreiben der Bundessteuerberaterkammer Berlin vom – En/Ze

Bezug:

Sehr geehrte Damen und Herren der Bundessteuerberaterkammer Berlin,

für Ihr Schreiben vom danke ich Ihnen.

Die Finanzverwaltung teilt nicht die im Urteil des 7. Senats des vertretene Ansicht, die im Hinblick auf anhängige Musterverfahren den Steuerbescheiden beigefügten Vorläufigkeitsvermerke seien inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Das Urteil wurde sowohl vom Kläger als auch von der beklagten Finanzbehörde mit der Revision angefochten und ist somit nicht rechtskräftig. Das BMF und das Niedersächsische Finanzministerium sind dem Revisionsverfahren III R 39/08 beigetreten und haben im Herbst 2008 ihre Stellungnahmen abgegeben. Für den Fall, dass der BFH das Urteil des 7. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts wider Erwarten bestätigen sollte, besteht zwischen dem BMF und den obersten Finanzbehörden der Länder Einvernehmen darüber, dass die Verwaltung keine für die Steuerpflichtigen negativen Folgen aus einer Nichtigkeit der Vorläufigkeitsvermerke ziehen würde. [1] Zur Behandlung der Einsprüche, die unter Berufung auf das Revisionsverfahren erhoben werden, verweise ich auf mein Schreiben vom – IV A 3 - S 0625 /08/10006 –.

Die Anregung im letzten Satz Ihres Schreibens, „die Vorläufigkeitsvermerke im Regelfall auch auf einfachgesetzliche Auslegungsfragen zu erweitern”, verstehe ich dahingehend, dass nach Ihrer Auffassung die Vorläufigkeit sich grundsätzlich auf alle denkbaren Auslegungsfragen zu den in den Vorläufigkeitsvermerken zitierten Rechtsnormen erstrecken sollte. Einen derartigen Vorschlag kann ich nicht befürworten. Voraussetzung für einen auf Nummer 4 des § 165 Absatz 1 Satz 2 AO gestützten Vorläufigkeitsvermerk ist nämlich, dass bereits im Zeitpunkt der vorläufigen Steuerfestsetzung eines bestimmte Auslegungsfrage Gegenstand eines beim BFH anhängigen Verfahrens ist. Ferner müsste die Auslegungsfrage im Vorläufigkeitsvermerk benannt werden. Vorläufigkeitsvermerke, die sich auf alle denkbaren Auslegungsfragen erstrecken würden, wären dagegen wohl inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.

Sollten nach Ihrer Einschätzung bestimmte, dem BFH vorliegende „einfachgesetzliche” Rechtsfragen einen Anlass für Vorläufigkeitsvermerke nach § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 AO geben, bin ich selbstverständlich bereit, konkrete Vorschläge entgegenzunehmen und mit den obersten Finanzbehörden der Länder zu erörtern.

Die obersten Finanzbehörden der Länder erhalten Kopien unseres Schriftwechsels.

Bundesministerium der Finanzen v. - IV A 3 -S 0338/07/10010

Fundstelle(n):
FAAAD-46367