Geschlechtsbezogene Benachteiligung - Gleichstellungsbeauftragte - männlicher Bewerber
Gesetze: § 1 AGG, § 3 Abs 1 AGG, § 5 AGG, § 6 Abs 1 S 2 AGG, § 7 Abs 1 AGG, § 8 Abs 1 AGG, § 15 Abs 1 AGG, § 15 Abs 2 AGG, Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 2 GG, Art 3 Abs 3 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 28 Abs 2 GG, Art 33 Abs 2 GG, § 5a GemO ND vom
Instanzenzug: ArbG Lingen Az: 1 Ca 246/07 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 16 Sa 236/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob dem Kläger ein Entschädigungsanspruch wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung bei der Bewerberauswahl zusteht.
Die Beklagte ist eine Stadt mit ca. 53.000 Einwohnern. Mit Inserat vom schrieb sie in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung die Stelle einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten aus. Die Anzeige lautet auszugsweise wie folgt:
3Wegen des hohen Anteils ausländischer, vor allem muslimischer Frauen an der Wohnbevölkerung sollte sowohl finanziell als auch zeitlich ein Schwerpunkt der Tätigkeit in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen liegen und zwar in der Initiierung von Projekten, der Beratung und Betreuung von Gruppen und in der Einzelberatung. Diese spezielle Ausrichtung der Stelle war im Rahmen der hausinternen Diskussion bei der Beklagten in den politischen Ausschüssen bereits vor der Ausschreibung deutlich geworden und Gegenstand struktureller politischer Entscheidungen. Eine Gelegenheit, bei der die Gleichstellungsbeauftragte Kontakt zu muslimischen Frauen herstellen und die sie zur Integrationsarbeit nutzen soll, ist das jährlich stattfindende Fest „türkischer Frauen“, bei dem Männer nicht zugelassen sind. Eines der von der Gleichstellungsbeauftragten zu betreuenden Projekte ist das „Frauenschwimmen“ für Musliminnen, bei dem diese in einem abgeschotteten Raum des Hallenbades unter sich bleiben und in Abwesenheit von Männern schwimmen können.
4Mit Schreiben vom bewarb sich der Kläger auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle. Er verfügt über ein mit dem Titel Diplomkaufmann abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudium und ein Fernstudium der Volkswirtschaftslehre mit dem Abschluss als Diplomvolkswirt. Vom bis zum war er bei der R AG tätig und dort seit ordentliches Betriebsratsmitglied. In diesem Rahmen erfüllte der Kläger ua. die Aufgaben eines stellvertretenden Gleichstellungsbeauftragten.
Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Bewerbung habe nicht berücksichtigt werden können und begründete dies ua. wie folgt:
§ 5a der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) idF vom lautet auszugsweise:
7Mit anwaltlichem Schreiben vom ließ der Kläger einen Entschädigungsanspruch iHv. 8.500,00 Euro gegenüber der Beklagten wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung geltend machen.
8Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung von 8.500,00 Euro verlangt. Er meint, die Beklagte habe ihn mit der geschlechtsbezogenen Ausschreibung der Stelle und der entsprechend begründeten Ablehnung seiner Bewerbung unzulässig wegen seines Geschlechts benachteiligt. Er sei für die Stelle objektiv geeignet und entspreche dem Anforderungsprofil. Insbesondere habe er mit seinen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen die geforderte geisteswissenschaftliche Ausbildung absolviert. Soweit § 5a NGO vorsehe, das Amt der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau zu besetzen, sei dies europarechtswidrig. Die Höhe der ihm zu zahlenden Entschädigung habe sich an drei Monatsgehältern entsprechend einem Mittelwert der Entgeltstufe der Entgeltgruppe 11 des TVöD/VKA Anlage A zu orientieren.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
11Sie vertritt die Ansicht, die Ausschreibung der Stelle ausschließlich für eine Frau sei gerechtfertigt, weil das weibliche Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte sei. Zudem sei der Kläger für die Stelle auch deshalb objektiv nicht geeignet, weil er die in der Stellenanzeige weiter geforderten Voraussetzungen nicht erfülle. Weder könne er Erfahrungen in der aktiven Frauenarbeit vorweisen noch seien seine wirtschaftswissenschaftlichen Studienabschlüsse als geisteswissenschaftliche zu qualifizieren. Darüber hinaus verlange § 5a NGO die Bestellung einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Gründe
13Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu.
14I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Zahlung einer Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG, weil er durch die Ablehnung seiner Bewerbung nicht unzulässig wegen seines Geschlechts benachteiligt worden sei. Es fehle allerdings nicht offensichtlich an seiner fachlichen Eignung für die ausgeschriebene Stelle; auch sei sein Geschlecht mitursächlich für die unterbliebene Berücksichtigung seiner Bewerbung gewesen. Die Beschränkung der Bewerberauswahl für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen sei nicht nach § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt, weil das weibliche Geschlecht hierfür keine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstelle. Die Beschränkung des Amtes auf Frauen und damit § 5a NGO seien als positive Maßnahme nach § 5 AGG zulässig.
15II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Kläger hat keinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG gegen die Beklagte.
161. Der Kläger gilt als Beschäftigter, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Satz 2 AGG, ohne dass es hierfür darauf ankäme, ob er für die Position des Gleichstellungsbeauftragten objektiv geeignet ist. Die objektive Eignung eines Bewerbers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG(offengelassen - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG bietet keinen Anhaltspunkt für das Erfordernis eines solchen Tatbestandsmerkmals. Für eine Auslegung über den Wortlaut hinaus besteht auch angesichts des § 3 Abs. 1 AGG kein Bedürfnis (vgl. unter II 3 a bb (1), anders noch zu § 611a BGB: - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14; - 8 AZR 295/99 - BGleiG E.II.2.1 BGB § 611a Nr. 2). Ob die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung Voraussetzung der Aktivlegitimation ist ( - aaO), kann hier offenbleiben. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewerbung des Klägers nicht ernsthaft war, bestehen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht.
172. Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSd. § 15 AGG, weil sie als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist und Arbeitnehmer beschäftigt, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 AGG.
183. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG setzt voraus, dass der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 1 AGG verstoßen hat( - mwN, AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ihm eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG zuzurechnen ist, die nicht aufgrund der §§ 8 bis 10 AGG oder nach § 5 AGG zulässig ist.
19a) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss( - BAGE 123, 358 = AP AGG § 33 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 5).
20aa) Der Kläger wurde ungünstiger behandelt als tatsächliche oder potentielle Bewerberinnen, denn seine Bewerbung wurde abgelehnt, ohne dass er zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Die hierin liegende Versagung der Chance auf Einstellung stellt eine ungünstige Behandlung dar unabhängig davon, ob eine Einstellung andernfalls erfolgt wäre( - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; zur Benachteiligung im Verfahren auch: - BVerfGE 89, 276).
21bb) Die ungünstigere Behandlung des Klägers erfolgte in einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG.
22(1) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die Position des Gleichstellungsbeauftragten geeignet war, denn vergleichbar(nicht: gleich!) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Hinsichtlich der genauen Verortung der Frage der objektiven Eignung sind Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich. Teilweise wird sie als Voraussetzung der Aktivlegitimation des Bewerbers angesehen ( - LAGE AGG § 15 Nr. 3; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 6 AGG Rn. 3) oder dies jedenfalls erwogen ( - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1), teilweise im Rahmen des Begriffs der Benachteiligung bei § 3 Abs. 1 AGG geprüft (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 15, 18, vgl. aber auch § 6 Rn. 10; Adomeit/Mohr NZA 2007, 179, 182; wohl auch Däubler/Bertzbach-Däubler AGG 2. Aufl. § 7 Rn. 9; für einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Verbindung mit der RL 2000/78/EG: - NZA 2006, 1217). Jedenfalls aber wird überwiegend zu Recht für das Vorliegen einer Benachteiligung verlangt, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wird (so ausdrücklich - BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3; Däubler/Bertzbach-Däubler aaO; Adomeit/Mohr AGG § 22 Rn. 27; ErfK/Schlachter aaO; aA: vgl. Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 25, § 3 Rn. 7; - LAGE AGG § 22 Nr. 1, das die mangelnde Eignung im Ergebnis als Einwendung des Anspruchsgegners begreift). Könnte nämlich ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, wenn für den Arbeitgeber auch das verbotene Merkmal ein Motiv der unterbliebenen Einstellung war, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, der nicht darin besteht, eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers zu sanktionieren, sondern vor ungerechtfertigter Benachteiligung zu schützen. Dabei ist es naheliegender, nach dem Inkrafttreten des AGG an die Legaldefinition des § 3 Abs. 1 AGG anzuknüpfen, der ausdrücklich von dem Erfordernis einer vergleichbaren Situation spricht, als die objektive Eignung als ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft zu begreifen. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger § 3 Rn. 15, anders aber § 6 Rn. 10; vgl. Däubler/Bertzbach-Däubler aaO). Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers (ebenso Bauer/Göpfert/Krieger § 3 Rn. 15, 18; ähnlich Däubler/Bertzbach-Däubler aaO), die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt (ebenso mit anderem Ausgangspunkt: Schiek/Kocher § 22 Rn. 24, 25). Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich frei zu entscheiden hat, wie Art. 12 Abs. 1 GG es gebietet ( - mwN, aaO), aber nicht durch das Stellen hierfür nicht erforderlicher Anforderungen an Bewerber die Vergleichbarkeit der Situation selbst gestalten und den Schutz des AGG de facto beseitigen kann (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 36; Däubler/Bertzbach-Däubler aaO, die deshalb ein erhebliches bzw. offenkundiges Eignungsdefizit verlangen). Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten können, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürfen des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünscht, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung sind. Ebenfalls keinen Einfluss auf die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situation kann aus gesetzessystematischen Erwägungen das Vorliegen des verbotenen Merkmals selbst haben. Ob an dessen Fehlen bzw. Vorliegen ausnahmsweise angeknüpft werden darf, ist nicht für den Tatbestand der Benachteiligung, sondern allein für deren mögliche Rechtfertigung nach den §§ 8 bis 10 AGG und § 5 AGG relevant.
23(2) Soweit das Landesarbeitsgericht die objektive Eignung des Klägers bejaht, hält dies unter Beachtung der dargelegten Maßstäbe einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zu Recht lässt das Landesarbeitsgericht dahinstehen, ob die vom Kläger abgeschlossenen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge als geisteswissenschaftlich zu qualifizieren sind. Für die Frage, ob ein Bewerber geeignet ist, die Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten wahrzunehmen, mag es eine Rolle spielen, ob er überhaupt eine Ausbildung abgeschlossen und im Rahmen einer solchen gelernt hat, Probleme zu analysieren und systematische Lösungen zu erarbeiten. Auf bestimmte, im Rahmen eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums nicht vermittelte Inhalte dagegen kam es auch der Beklagten nicht an, denn sie hat mit der allgemein gehaltenen Formulierung „... in einer pädagogischen bzw. geisteswissenschaftlichen Fachrichtung“ gerade nicht konkret vorhandenes Fachwissen zur Voraussetzung gemacht, sondern höchstens rein technische Ausbildungsgänge ausgeschlossen. Der objektiven Eignung des Klägers steht auch nicht entgegen, dass er nicht über Erfahrungen in der „aktiven Frauenarbeit“ verfügte. So war er unstreitig über einen Zeitraum von über drei Jahren im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit mit Gleichstellungsfragen betraut. Dies impliziert „aktive Frauenarbeit“, weil er sich dabei zwangsläufig auch mit geschlechtsspezifischen Problemen von Frauen im Zusammenhang mit deren Erwerbstätigkeit zu befassen hatte. Im Übrigen ist die nach Ansicht der Beklagten hiermit angesprochene Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Frauengruppen für die Position der Gleichstellungsbeauftragten zwar sicher hilfreich und von ihr erwünscht. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass derartige Vorerfahrungen für die zu erbringenden Tätigkeiten so zwingend sind, dass die Beklagte die Einstellung einer nicht über sie verfügenden Bewerberin gar nicht in Betracht gezogen hätte.
24cc) Die Benachteiligung des Klägers erfolgte ausweislich der Begründung der Beklagten im Ablehnungsschreiben und nach ihren schriftsätzlichen Darlegungen wegen seines Geschlechts. Es reicht für die Kausalität des verbotenen Merkmals iSd. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 AGG aus, wenn in einem Motivbündel, das die Entscheidung beeinflusst hat, das Merkmal als Kriterium enthalten gewesen ist( - BVerfGE 89, 276). Dies ist hier der Fall, obwohl die Beklagte davon ausging, durch § 5a NGO schon formell an der Einstellung eines Mannes gehindert zu sein. Sie hat nämlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die ihrer Ansicht nach dem § 5a NGO zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung teilt, wonach die gesellschaftlichen Bedingungen die Besetzung des Amtes mit einer Frau erfordern. Außerdem hält sie eine solche wegen der auf der ausgeschriebenen Stelle zu leistenden Integrationsarbeit für zwingend nötig. Dass sie zudem der Auffassung ist, der Kläger entspreche auch nicht den Anforderungen des Stellenprofils, ändert an der geschlechtsbezogenen Benachteiligung des Klägers nichts, weil das verbotene Merkmal für die Auswahlentscheidung lediglich mitursächlich gewesen sein muss.
25b) Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht die Zulässigkeit der unterschiedlichen Behandlung des Klägers wegen seines Geschlechts nach § 8 Abs. 1 AGG. Das weibliche Geschlecht ist für die zu besetzende Stelle wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung, deren Zweck rechtmäßig und die angemessen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom (- 8 AZR 365/97 - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14).
26aa) § 8 Abs. 1 AGG stellt mit dem Erfordernis, das Merkmal nach § 1 AGG müsse eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit darstellen, nach der Rechtsprechung des Senats( - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1) inhaltlich keine geringeren Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung als § 611a BGB in der bis geltenden Fassung. Dieser hat für die Zulässigkeit der Differenzierung nach dem Geschlecht verlangt, dass dieses unverzichtbare Voraussetzung für die Erbringung der Tätigkeit ist. Dementsprechend kann das Geschlecht nur dann iSd. § 8 Abs. 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung bilden, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Abzustellen ist auf die konkret vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die sich nach dem vom Arbeitgeber festgelegten Unternehmenskonzept richtet ( - aaO). Das vom Arbeitgeber geforderte Merkmal muss um wesentlich sein zu können, für die vom Arbeitgeber vorgegebene berufliche Anforderung eine prägende Bedeutung haben, wobei es nicht darauf ankommt, welcher zeitliche Anteil der Tätigkeit betroffen ist, sondern darauf, ob das Merkmal für die Erreichung des unternehmerischen Zwecks erforderlich ist. Das Differenzierungsmerkmal darf nicht nur für unbedeutende, für den Arbeitsplatz nicht charakteristische Tätigkeiten notwendig sein ( - aaO).
27bb) Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, dass die Ablehnung der Bewerbung des Klägers auch aufgrund seines Geschlechts nicht schon deshalb nach § 8 AGG zulässig ist, weil § 5a NGO die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau gebietet. § 5a NGO verwendet durchgehend die weibliche Form „Gleichstellungsbeauftragte“ und „Vertreterin“, während im Übrigen beide grammatikalische Formen Verwendung finden - etwa „der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister“ in § 5a Abs. 5 NGO. Diese gesetzliche Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht des Stelleninhabers führt jedoch nicht zwingend zur Rechtfertigung einer auf sie gestützten Maßnahme. Diese ist ihrerseits nur wirksam, wenn bezüglich des geregelten Sachverhalts die europarechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 2 RL 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen(Neufassung) - und damit auch des § 8 AGG - inhaltlich erfüllt sind und die Beschränkung im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 2 und 3 GG verfassungsgemäß ist (v. Roetteken AGG Stand Januar 2010 § 8 Rn. 43; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 8 Rn. 6).
28cc) Ob § 5a NGO mit Europarecht(insbesondere der RL 2006/54/EG), Art. 33 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 2 und 3 GG vereinbar ist, kann aber offenbleiben. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob das weibliche Geschlecht generell für das Amt der nach § 5a NGO zu bestellenden kommunalen Gleichstellungsbeauftragten iSd. § 8 Abs. 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt (verneinend für die nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens zu bestellende Gleichstellungsbeauftragte mit dem dort festgelegten Aufgabenbereich: - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14), sondern, ob dies im Hinblick auf die konkret von der Beklagten gesuchte Gleichstellungsbeauftragte der Fall ist. Dies ist nach dem Stellenzuschnitt zu bejahen.
29(1) Die von der Beklagten gesuchte Gleichstellungsbeauftragte soll an der Umsetzung des Verfassungsauftrages der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Stadt und in der Stadtverwaltung mitwirken. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sollen in der Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen liegen. Diese Integrationsarbeit, die unstreitig insbesondere Musliminnen betrifft, soll im Rahmen der Initiierung von Projekten und der Beratung von Gruppen sowie der Einzelberatung erfolgen. Außerdem soll die Gleichstellungsbeauftragte zum Abbau von Benachteiligungen Maßnahmen insbesondere zu frauen- und mädchenrelevanten Themen entwickeln. Sie soll mit allen frauenrelevanten Organisationen, Initiativen und Institutionen zusammenarbeiten und Unterstützung bei Frauendiskriminierung bieten.
30(2) Zur Erbringung eines Teils dieser Tätigkeiten ist das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung, weil sie von einem Mann nicht ausgeübt werden könnten, ohne den verfolgten Zweck zu gefährden. Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken(so auch - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14) und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln. Etwas anderes gilt aber für die Projekte und Beratungsangebote zur Integration zugewanderter Frauen. Zwar haben viele Musliminnen keine Schwierigkeiten, mit Männern zu kommunizieren. Diese Frauen bedürfen in der Regel aber auch keiner integrativen Angebote. Musliminnen dagegen, deren Alltagsleben von traditionellen Mustern und Rollenverteilungen geprägt ist und die gerade deshalb mit integrativen Angeboten erreicht werden sollen, haben zum einen aufgrund kultureller Vorverständnisse Schwierigkeiten, sich an einen Mann zu wenden und werden zum anderen häufig unter einem erhöhten Rechtfertigungsdruck seitens ihres familiären und gesellschaftlichen Umfeldes stehen, wenn sie an einem von einem Mann geleiteten Projekt teilnehmen möchten. Auch wenn die Gleichstellungsbeauftragte nicht selbst das Projekt leitet, wird sie doch häufig die erste Ansprechpartnerin für Interessentinnen sein. So wäre etwa der Erfolg des Frauenschwimmens deshalb nicht nur gefährdet, wenn der Kläger als Gleichstellungsbeauftragter es selbst betreuen würde, sondern bereits wenn er als dessen Initiator in Erscheinung träte, etwa indem er telefonisch Auskunft zu Schwimmzeiten oder Kosten erteilte. Noch deutlicher zeigt sich die Notwendigkeit des weiblichen Geschlechts der Gleichstellungsbeauftragten im Bereich der vorgesehenen Beratung. Voraussetzung für die Wahrnehmung von Beratungsangeboten ist die Kenntnis von diesen. Nach dem unstreitigen und damit dem Revisionsurteil zugrunde zu legenden Vortrag der Beklagten leistet die Gleichstellungsbeauftragte intensive Integrationsarbeit im Rahmen von Veranstaltungen türkischer Frauen, zu denen Männer keinen Zutritt haben. Schon die Kontaktaufnahme wäre also für einen männlichen Gleichstellungsbeauftragten deutlich erschwert. Zugewanderte Frauen und Mädchen, die tatsächlich der Beratung bedürfen, wird es zudem in aller Regel sehr schwer fallen, sich einem Mann zu offenbaren, zumal ihre Probleme häufig gerade mit der Vormachtstellung männlicher Familienmitglieder in traditionell ausgerichteten muslimischen Familien zusammenhängen - etwa im Hinblick auf Fragen der Selbstbestimmung bei der Wahl von Schul- und Ausbildungsplatz, des allgemeinen Lebensstils, der Eheschließung oder der Geburtenkontrolle.
31Auch im Bereich der vorgesehenen Zusammenarbeit mit frauenrelevanten Organisationen, Initiativen und Institutionen wäre der verfolgte Zweck bei Besetzung der Stelle mit einem Mann gefährdet. „Frauenrelevante Organisationen“ sind ganz überwiegend solche, deren Arbeit sich auf negative Erfahrungen von Frauen und Mädchen mit Männern gründet, etwa Frauenhäuser, Anlaufstellen für sexuell missbrauchte Mädchen, Frauennotrufe oder berufliche Frauennetzwerke. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung muss davon ausgegangen werden, dass diese Organisationen die Kooperation mit einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten nicht nur bevorzugen, sondern mit einem männlichen Gleichstellungsbeauftragten gar nicht zusammenarbeiten möchten oder können. Soweit die Gleichstellungsbeauftragte nach dem Stellenprofil konkrete Unterstützung in Fällen von Frauendiskriminierung leisten soll, ist zwar nicht für jede Fallgestaltung zwingend, dass sich eine potentiell diskriminierte Frau nicht auch an einen männlichen Gleichstellungsbeauftragten wenden würde. Solche Fallgestaltungen sind aber - etwa im Bereich sexueller Belästigungen oder aufgrund geschlechtsbezogener persönlicher Herabsetzungen - möglich und bilden einen Teil des Aufgabenbereichs.
32(3) Das weibliche Geschlecht ist für die von der Beklagten vorgegebene berufliche Anforderung prägend und betrifft nicht nur unbedeutende, für den Arbeitsplatz nicht charakteristische Arbeiten. Auf der Integrationsarbeit liegt nach dem von der Beklagten erstellten Stellenprofil ein Schwerpunkt der Tätigkeit und der Zusammenarbeit mit frauenrelevanten Organisationen und der Unterstützung in Fällen von Frauendiskriminierung kommt jedenfalls keine nur untergeordnete Bedeutung zu.
33(4) Der von der Beklagten vorgenommene, das weibliche Geschlecht bedingende Stellenzuschnitt begegnet keinen Bedenken. Die Bestimmung des spezifischen beruflichen Tätigkeitsbereichs und der daraus abzuleitenden beruflichen Anforderungen ist Teil der nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Unternehmerfreiheit( - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Auch im Bereich des öffentlichen Dienstes obliegt es dem Dienstherrn, die Dienstposten nach organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten auszugestalten ( ua. - mwN, NVwZ 2008, 69; - mwN, aaO). Um die Anforderungen von Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG, § 1 AGG sicherzustellen, muss der verfolgte unternehmerische Zweck zudem rechtmäßig sein, darf also nicht gegen eine Verbotsnorm verstoßen, und die gestellte Anforderung muss angemessen sein. Dies bedingt eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen dem verfolgten unternehmerischen Zweck einerseits und dem Nachteil für den Beschäftigten oder Bewerber andererseits (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 35; - aaO).
34Aufgabe der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ist es, im Rahmen der gemeindlichen Tätigkeit das verfassungsrechtliche Gleichberechtigungsgebot umzusetzen. Zielgruppe dieser Tätigkeit sind deshalb vor allem die Einwohner der Gemeinde. Dementsprechend hat nach § 5a NGO die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen zum Ziel. Insoweit kann diese Maßnahmen anregen, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft betreffen. Außerdem wirkt sie an allen Vorhaben, Entscheidungen und Maßnahmen mit, die Auswirkungen auf die Anerkennung der gleichwertigen Stellung von Männern und Frauen in der Gesellschaft haben. Die konkrete Gleichstellungspolitik obliegt dabei den Gemeinden. Wegen der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG können sie die Funktion der Gleichstellungsbeauftragten im Einzelnen ausgestalten und Prioritäten in deren Tätigkeit setzen, um so auf örtliche Besonderheiten zu reagieren( - BVerfGE 91, 228; 40/00 - NVwZ 2002, 1502). Es begegnet insofern keinen Bedenken, wenn die Beklagte aufgrund ihres hohen Anteils zugewanderter Frauen an der Bevölkerung einen Schwerpunkt in der Integrationsarbeit mit ausländischen Frauen setzt, denn diese betrifft Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (vgl. hierzu - ZTR 2004, 308) und dient der Anerkennung der gleichwertigen Stellung von Männern und Frauen in der Gesellschaft. Ebenso kann die Gemeinde die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten mit der Übertragung einer Sachbearbeitung für besondere Frauenfragen verbinden (Galette in: KVR SH-GO Stand November 2009 § 2 Rn. 43). Insofern konnte die Beklagte auch das Stellenprofil dahingehend zuschneiden, dass die Gleichstellungsbeauftragte insbesondere Maßnahmen zu frauen- und mädchenrelevanten Themen entwickeln und besonders mit frauenrelevanten Organisationen, Initiativen und Institutionen zusammenarbeiten soll.
35Der verfolgte Zweck, die Integration zugewanderter Frauen zu fördern und diese im Rahmen von Gruppen- und Einzelberatung zu unterstützen sowie gezielt der Diskriminierung von Frauen entgegenzuwirken, ist rechtmäßig, denn er verstößt nicht gegen eine Verbotsnorm.
36Zur Erreichung dieses Zwecks ist es angemessen, den Bewerberkreis für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen zu beschränken. Die Abwägung der getroffenen Grundrechte und des europäischen Primärrechts(vgl. - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1) ergibt, dass der männlichen Bewerbern damit zugefügte Nachteil im Hinblick auf den verfolgten Zweck verhältnismäßig ist. Wegen der nach Art. 12 GG geschützten Unternehmerfreiheit kann der Arbeitgeber grundsätzlich bestimmen, welchen unternehmerischen Zweck er verfolgt ( - BAGE 103, 31 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124). Um den Schutz der Rechte des Bewerbers nach Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG zu gewährleisten, hat jedoch eine Missbrauchskontrolle stattzufinden. Deshalb kann der Arbeitgeber das Vorhandensein eines in § 1 AGG genannten Merkmals nicht verlangen, wenn er in willkürlicher Weise einen Arbeitsplatz eingerichtet hat, für dessen Besetzung gerade ein in § 1 AGG genanntes Merkmal unverzichtbar ist ( - mwN, aaO). Liegt dem Unternehmenskonzept eine bestimmte Erwartung Dritter zugrunde, darf diese nicht ihrerseits diskriminierend sein (Däubler/Bertzbach-Brors § 8 Rn. 13). Insoweit ist davon auszugehen, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung legitim sind und ihnen kein diskriminierender Charakter innewohnt (Bauer/Göpfert/Krieger § 8 Rn. 29, 30; v. Roetteken § 8 Rn. 56; Adomeit/Mohr § 8 Rn. 32, 34). Gleiches gilt, wenn ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und dieses erfordert, dass der fragliche Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört (ebenso Däubler/Bertzbach-Brors aaO; Adomeit/Mohr § 8 Rn. 35, 37), wie dies der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden (v. Roetteken § 8 Rn. 65).
37Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Frauen, Art. 1, 2 GG und - bezüglich zugewanderter Frauen - der Zweck diese und damit auch deren Kinder gesellschaftlich zu integrieren, überwiegen nach diesen Grundsätzen das Interesse männlicher Bewerber, die Stelle zu erhalten. Die Motivation ausländischer Frauen, die der Beratung und Integration bedürfen, von Opfern von Frauendiskriminierung und von frauenspezifischen Organisationen, eine Frau als Ansprechpartner zu wünschen, ist nicht ihrerseits diskriminierend. Sie beruht zum Teil auf Schamgefühl oder darauf, dass es den Betroffenen leichter fällt, einer Frau zu vertrauen bzw., dass sie einer Frau aufgrund deren Geschlechts ein besseres Verständnis für ihre geschlechtsspezifischen Probleme zutrauen. Diese Wertung deckt sich mit der des Senats in der Entscheidung vom (- 8 AZR 365/97 - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14), wonach es einer Gemeinde überlassen bleibt, über die jeweilige Gemeindeordnung hinausgehende geschlechtsspezifische Voraussetzungen für die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen und diese insbesondere vorliegen können, wenn Betreuungssituationen im Verhältnis zu Bürgerinnen auftreten, die ausschließlich von Frauen wahrgenommen werden können.
38Auch im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG bestehen keine Bedenken gegen die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung. Ein dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unterfallendes Merkmal kann als Eignungsmerkmal iSd. Art. 33 Abs. 2 GG nämlich ausnahmsweise herangezogen werden, wenn aufgrund der Anforderungen des Amtes Bewerber ohne die fragliche Eigenschaft ungeeignet sind und besondere verfassungsrechtliche Gründe für die Schaffung eines solchen Amts sprechen(Dreier/Masing Grundgesetz-Kommentar 2. Aufl. Bd. 2 Art. 33 Rn. 46). Diese Voraussetzungen sind - wie oben dargelegt - erfüllt (ebenso generell für das Amt der kommunalen Frauenbeauftragten Dreier/Masing aaO).
39dd) Der Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung nach § 8 AGG wegen der konkret zu leistenden Tätigkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Ablehnung des Klägers im Schreiben vom schwerpunktmäßig nicht hiermit, sondern formal mit § 5a NGO begründet hat. Dies gölte auch dann, wenn diese Norm unwirksam sein sollte. Anders als im verwaltungsrechtlichen Verfahren ist die Verkennung eines Ermessensspielraums für die Rechtfertigung nach § 8 Abs. 1 AGG unschädlich, wenn dessen Voraussetzungen objektiv vorliegen und der öffentliche Arbeitgeber sich bei seiner Auswahlentscheidung jedenfalls auch auf den unter § 8 AGG zu subsumierenden Sachverhalt beruft. Auf die teilweise unzutreffende Begründung einer tatsächlich gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung kann ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht gestützt werden.
III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2010 S. 1787 Nr. 30
BB 2010 S. 823 Nr. 14
DB 2010 S. 1534 Nr. 27
DB 2010 S. 22 Nr. 12
StBW 2010 S. 283 Nr. 6
WAAAD-45949