BGH Beschluss v. - 4 StR 497/09

Bandendiebstahl: Begriff der Bande

Gesetze: § 244 Abs 1 Nr 2 StGB, § 244a StGB

Instanzenzug: LG Bielefeld Az: 2 KLs 46 Js 54/08 - 35/08 Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen, davon in zwei Fällen in Form des Versuchs, sowie wegen Diebstahls in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den erweiterten Verfall von Bargeldbeträgen angeordnet, die bei diesem Angeklagten sichergestellt wurden. Den Angeklagten Le. hat es des schweren Bandendiebstahls in elf Fällen, davon in zwei Fällen in Form des Versuchs, schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; die weiter gehende Revision des Angeklagten L. ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2Die Verurteilung der Angeklagten wegen schweren bzw. versuchten schweren Bandendiebstahls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Bande in den Urteilsgründen nicht hinreichend belegt.

31. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Bande im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer noch unbestimmten Zahl von Diebstählen verbunden haben (BGHSt [GS] 46, 321, 325). Erforderlich ist ferner eine – ausdrücklich oder konkludent getroffene – Bandenabrede, bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzutun (BGHSt 50, 160, 164). Als Bandenmitglied ist anzusehen, wer in die Organisation der Bande eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich alle Bandenmitglieder persönlich miteinander verabreden oder einander kennen (BGH aaO; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 244 Rdn. 36).

4a) Gemessen daran begegnet es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht die Angeklagten und den gesondert verfolgten B. einerseits sowie die Mitangeklagten K., Bl. und Be. andererseits als Mitgliedereiner Bande im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB angesehen hat. Denn insoweit ist in den Urteilsgründen lediglich festgestellt, dass diese „Gruppen“ untereinander kooperierten, indem sie sich auf der Grundlage der vorgesehenen arbeitsteiligen Beschaffung von Kraftfahrzeugen „austauschten und unterstützten“, in ihren Bereichen jedoch „jeweils eigenständig“ tätig waren. Nähere Feststellungen zur Art der Kooperation, insbesondere zu Einzelheiten der gegenseitigen Unterstützung, hat die Strafkammer nicht getroffen. Schon im Hinblick darauf, dass die beiden, vom Landgericht als „Gruppen“ bezeichneten Teile des Zusammenschlusses ihre jeweilige Tätigkeit eigenständig entfalteten und auf unterschiedliche Fahrzeugarten spezialisiert waren, hätte es aber genauerer Feststellungen dazu bedurft, ob alle Beteiligten organisatorisch in eine (einheitliche) Bande eingebunden waren. Einen bandenmäßigen Zusammenschluss der Angeklagten L. und Le. allein mit dem gesondert verfolgten B. belegen die Urteilsgründe ebenfalls nicht. Zwar legen die zu den Absprachen unter den Angeklagten getroffenen Feststellungen (UA 9) eine Bandenmitgliedschaft des B. nahe. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Ausführungen des Landgerichts im Rahmen der rechtlichen Würdigung (UA 30). Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

52. Ergänzend bemerkt der Senat, dass die Verurteilung des Angeklagten L. wegen schweren Bandendiebstahls im Fall II. 3 sowie die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten schweren Bandendiebstahls im Fall II. 17 der Urteilsgründe auch aus anderen Gründen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Die im Fall II. 3 getroffenen Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte L. die Tat unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds beging. Das betreffende Fahrzeug wurde „von dem Angeklagten L. selbst oder mit dessen Wissen und Wollen von einem anderen Mitglied seiner Tätergruppe entwendet“. Danach ist in Anwendung des Zweifelssatzes zu Gunsten des Angeklagten L. von dessen Alleintäterschaft auszugehen. In Fall II. 17 der Urteilsgründe waren die Aktivitäten der Angeklagten sowie des gesondert verfolgten B. am Abend des noch nicht bis zum Stadium des Versuchs einer Diebstahlstat gediehen, soweit sie lediglich in Bi. umherfuhren und nach stehlenswerten Fahrzeugen Ausschau hielten. Bezüglich des anschließenden Tatgeschehens in P. lässt sich den Feststellungen nicht zweifelsfrei entnehmen, dass der Angeklagte Le. einen konkreten Tatbeitrag – gleichgültig, ob am Tatort oder nicht – erbracht hat. Allein die Bandenmitgliedschaft des Angeklagten reicht für eine Verurteilung wegen dieser Tat im vorliegenden Fall nicht (BGHSt 46, 321, 333 f.).

II.

6Die Anordnung des erweiterten Verfalls der bei dem Angeklagten L. sichergestellten Bargeldbeträge hat keinen Bestand.

a) Das Landgericht hat die Anordnung darauf gestützt, dass “sich eine deliktische Herkunft oder Verwendung des bei dem Angeklagten L.  sichergestellten Bargeldes“ aufdränge. Damit ist nicht belegt, dass die Gelder für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Vielmehr hat das Landgericht offen gelassen, ob die Gelder durch Veräußerung gestohlener Fahrzeuge erlöst bzw. für die Begehung von Diebstahlstaten bezahlt worden sind oder ob die Gelder lediglich - gleichsam als instrumenta sceleris - dazu dienen sollten, die Bandentätigkeit zu fördern. In diesem Falle kommt aber eine Verfallsanordnung, die beim Täter “Gewinne“ abschöpfen soll, nicht in Betracht.

7b) Zudem hat das Landgericht nicht bedacht, dass die den Verletzten aus den Diebstählen erwachsenen Ansprüche der Anordnung des erweiterten Verfalls der sichergestellten Geldbeträge gemäß §§ 73d Abs. 1 Satz 3, 73 Abs. 1 Satz 2 StGB insoweit entgegenstehen, als die Erfüllung der Ansprüche dem Angeklagten den Wert des aus den Taten Erlangten entziehen würde. Die Anordnung ist deshalb aufzuheben.

8c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass vorrangig zu klären ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Voraussetzungen für die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz gegeben sind, weil dann für die Anordnung eines erweiterten Verfalls nach § 73d StGB kein Raum ist (, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Fischer aaO § 73d Rdn. 9). Scheidet die Anordnung des Verfalls nach diesen Vorschriften nur deshalb aus, weil Ansprüche von Verletzten entgegenstehen, wird das Landgericht § 111i Abs. 2 StPO zu prüfen haben.

Fundstelle(n):
wistra 2010 S. 347 Nr. 9
SAAAD-45625