BVerwG Beschluss v. - 6 PB 2/10

Wahl des Bezirkspersonalrats; regelmäßige Personalstärke in den Gruppen; Meldungen der örtlichen Wahlvorstände; Bindung des Bezirkswahlvorstandes

Leitsatz

Der Bezirkswahlvorstand ist an die Zahlen, die ihm zu den in den Dienststellen in der Regel Beschäftigten und zu deren Verteilung auf die Gruppen von den örtlichen Wahlvorständen mitgeteilt wurden, nicht gebunden, wenn diese Zahlen mit den materiell-rechtlichen Vorgaben zur Ermittlung der regelmäßigen Personalstärke in den Gruppen nicht in Einklang stehen.

Gesetze: § 16 BPersVG, § 17 Abs 1 BPersVG, § 17 Abs 2 BPersVG, § 17 Abs 5 BPersVG, § 17 Abs 6 BPersVG, § 17 Abs 7 BPersVG, § 53 Abs 3 S 1 BPersVG, § 53 Abs 5 BPersVG, § 34 Abs 1 BPersVWO, § 35 Abs 1 BPersVWO

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Az: 4 A 10760/09 Beschlussvorgehend VG Mainz Az: 2 K 555/08

Gründe

1Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch.

21. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3Die Antragsteller wollen sinngemäß geklärt wissen, ob die Mitteilungen der örtlichen Wahlvorstände über die Zahl der in den Dienststellen in der Regel Beschäftigten und ihrer Verteilung auf die Gruppen nach § 34 Abs. 1 BPersVWO für den Bezirkswahlvorstand verbindlich ist, wenn dieser gemäß § 35 Abs. 1 BPersVWO die Zahl der zu wählenden Mitglieder des Bezirkspersonalrats und die Verteilung der Sitze auf die Gruppen ermittelt. Diese Frage ist anhand der einschlägigen Rechtsvorschriften eindeutig im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten, so dass es der Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

4a) Größe und gruppenbezogene Zusammensetzung des Bezirkspersonalrats beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung - BWB - richten sich nach §§ 16, 17 Abs. 1 und 2, 5 bis 7, § 53 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 BPersVG i.V.m. § 51 Abs. 2 SBG (vgl. zur Einbeziehung von Soldaten in die Personalvertretungen bei der Bundeswehrverwaltung: BVerwG 6 P 16.07 - BVerwGE 130, 165 = Buchholz 449.7 § 49 SBG Nr. 3 Rn. 14 ff.). Die danach gebotene prognostische Ermittlung der regelmäßigen Personalstärke in den Gruppen ist in zwei Schritten vorzunehmen. Der erste Schritt besteht darin, die tatsächliche Personalstärke in den Dienststellen des Geschäftsbereichs zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens festzustellen. Die daraus resultierende Regelvermutung ist in einem zweiten Schritt sodann zu überprüfen und ggf. zu korrigieren, wenn sich im Rahmen einer Rück- und Vorschau Anhaltspunkte dafür gewinnen lassen, dass die Verhältnisse im überwiegenden Teil der folgenden Amtsperiode von denjenigen im Zeitpunkt des Wahlausschreibens abweichen werden. Auf diese Weise wird dem Sinn und Zweck der Wahlvorschriften entsprochen, während der Amtszeit des zu wählenden Personalrats ein nicht nur vorübergehendes, sondern nahezu ständiges echtes Spiegelbild der Stärke der einzelnen Gruppen in der Dienststelle herzustellen und zufällige Verzerrungen des zwischen den Gruppen bestehenden Stärkeverhältnisses bei der Sitzverteilung zu vermeiden (vgl. BVerwG 6 PB 12.06 - Buchholz 250 § 17 BPersVG Nr. 4 Rn. 5 ff.).

5b) Die Regelungen in §§ 32 ff. BPersVWO zur Arbeitsteilung zwischen Bezirkswahlvorstand und örtlichen Wahlvorständen sind kein Selbstzweck. Ihre Auslegung und Anwendung hat sich von dem Ziel leiten zu lassen, die materiell richtige Größe und Zusammensetzung des Bezirkspersonalrats im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmungen sicherzustellen.

6c) Bereits den gesetzlichen Regelungen in § 23 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 BPersVG ist zu entnehmen, dass der Bezirkswahlvorstand die Hauptverantwortung dafür trägt, dass die Wahl zum Bezirkspersonalrat im Einklang mit dem dafür maßgeblichen formellen und materiellen Recht stattfindet. Die Hauptverantwortung des Bezirkswahlvorstandes wird dadurch, dass den örtlichen Wahlvorständen die technische Durchführung der Wahl obliegt, nicht infrage gestellt. Dieses gesetzliche Leitbild wird durch die Aussage in § 33 Abs. 1 BPersVWO bestätigt, wonach der Bezirkswahlvorstand die Wahl des Bezirkspersonalrats leitet und die örtlichen Wahlvorstände die Durchführung der Wahl in den einzelnen Dienststellen im Auftrag und nach Richtlinien des Bezirkswahlvorstandes übernehmen.

7d) Nach § 34 Abs. 1 BPersVWO obliegt es den örtlichen Wahlvorständen, die Zahl der in den Dienststellen in der Regel Beschäftigten und ihre Verteilung auf die Gruppen festzulegen und diese Zahlen unverzüglich schriftlich an den Bezirkswahlvorstand mitzuteilen. Hieran knüpft § 35 Abs. 1 BPersVWO an, wonach der Bezirkswahlvorstand die Zahl der zu wählenden Mitglieder des Bezirkspersonalrats und die Verteilung der Sitze auf die Gruppen ermittelt. Bestehen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den örtlichen Wahlvorständen gemeldeten Zahlen zum Regelstand keine Bedenken, so erschöpft sich die Aufgabe des Bezirkswahlvorstandes nach § 35 Abs. 1 BPersVWO darin, diese Zahlen zusammenzurechnen und auf dieser Grundlage die Größe und gruppenbezogene Zusammensetzung des Bezirkspersonalrats festzulegen. Das ist der Regelfall, von dem die Bestimmungen in § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 1 BPersVWO offensichtlich ausgehen.

8Stellt der Bezirkswahlvorstand dagegen fest, dass die von den örtlichen Wahlvorständen gemeldeten Zahlen unvollständig oder unrichtig sind, so hat er für eine Korrektur Sorge zu tragen (vgl. 4 B 10280.00 - PersR 2000, 123 <124>; Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 35 WO Rn. 1; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 34 WO Rn. 3, § 35 WO Rn. 2; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, H § 34 Rn. 3a). Unrichtig sind die Zahlen, wenn sie mit den rechtlichen Vorgaben zur Ermittlung des Regelstandes nicht im Einklang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn organisatorische Veränderungen im Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Anlass zur Korrektur kann der Bezirkswahlvorstand zwecks Vermeidung sachwidriger Verzerrungen auch haben, wenn die örtlichen Wahlvorstände bei ihren Feststellungen von uneinheitlichen Prognosemaßstäben ausgegangen sind. Zur Ermittlung derjenigen Zahlen, die den materiell-rechtlichen Maßstäben entsprechen, kann sich der Bezirkswahlvorstand des im Bereich der übergeordneten Dienststelle vorhandenen Sachverstandes bedienen (§ 1 Abs. 2 Satz 1, § 32 BPersVWO).

9e) Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffen sind, lag im vorliegenden Fall ein Sachverhalt vor, welcher den Bezirkswahlvorstand berechtigte und verpflichtete, von den gemeldeten Zahlen abzuweichen und Ermittlungen zur Feststellung der regelmäßigen Personalstärke in den Gruppen aufzunehmen. Danach hatten einige örtliche Wahlvorstände Zahlen zum Regelstand übermittelt, die auf der aktuellen Personalstärke basierten, während andere eine Prognose mit Blick auf die folgende Amtsperiode des Bezirkspersonalrats angestellt hatten. Aus einer Dienststelle lagen keinerlei Zahlen vor. Schließlich hatte sich der örtliche Wahlvorstand der mit Abstand größten Dienststelle außer Stande gesehen, aufgrund eigener Erkenntnisse die maßgeblichen Zahlen der in der Regel Beschäftigten zu ermitteln (Beschlussabdruck S. 8). Zudem stand fest, dass der Geschäftsbereich des BWB durch grundlegende Organisationsveränderungen und Umstrukturierungen geprägt war, die gravierende Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten in den Gruppen mit sich brachten (Beschlussabdruck S. 9). In einem derartigen Fall darf sich der Bezirkswahlvorstand des Sachverstandes in der übergeordneten Dienststelle bedienen, um auf der Grundlage eines einheitlichen Maßstabes zu einer belastbaren Prognose über die Personalstärke in den Gruppen zu gelangen.

10Die in diesem Zusammenhang erhobenen Angriffe der Antragsteller gegen die Beweiswürdigung durch das Oberverwaltungsgericht sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde unbeachtlich. Eine zulässige Verfahrensrüge ist den Ausführungen der Antragsteller nicht zu entnehmen (§ 72 Abs. 2 Nr. 3, § 72a Abs. 3 Satz 3 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 92a Satz 2 ArbGG.

112. Hat die von den Antragstellern aufgeworfene Rechtsfrage somit keine grundsätzliche Bedeutung, so kann auf sich beruhen, ob diese Frage mit Blick auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts in Abschnitt II 3 seiner Entscheidungsgründe (Beschlussabdruck S. 11) entscheidungserheblich ist (vgl. zum Kausalitätsmaßstab in der Wahlanfechtung: BVerwG 6 A 1.06 - Buchholz 272 Gleichstellungsrecht Nr. 3 Rn. 45 und BVerwG 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 = Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 6 Rn. 20).

Fundstelle(n):
CAAAD-45383