BFH Beschluss v. - VIII B 142/09

Keine Revisionszulassung wegen falscher materieller Rechtsanwendung; Überraschungsentscheidung; fehlerhafte Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften durch das Finanzamt im Besteuerungsverfahren oder im Einspruchsverfahren kein Verfahrensmangel

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 119 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug:

Gründe

1 1. Von der Darstellung des Tatbestandes sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

2 2. Die Beschwerde ist unbegründet. Revisionszulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Ebenso wenig ist ein Verfahrensmangel gegeben, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

3 a) Das Finanzgericht (FG) hat sich in seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf die dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die an den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgrund der Vereinbarung vom gezahlten Gelder als Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu bewerten waren. Mit der Begründung, die Zahlungen seien zur Abgeltung bereits erdienter Ansprüche erfolgt und die Vereinbarung vom enthalte —entgegen dem ursprünglichen Wunsch des Klägers— gerade nicht die Formulierung „Entschädigung”, hat das FG eine solche letztlich verneint. Indem sich die Kläger gegen diese Würdigung des FG wenden, rügen sie im Ergebnis die materielle Unrichtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils. Auf falsche materielle Rechtsanwendung kann die Zulassung der Revision indes nicht gestützt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289).

4 b) In dieser Würdigung des FG liegt auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) aufgrund einer Überraschungsentscheidung. Eine solche ist nur anzunehmen, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (, BVerfGE 84, 188; , BFHE 186, 29, BStBl II 1998, 505; BFH-Beschlüsse vom IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511; vom I B 127/98, BFH/NV 1999, 1609; Senatsurteil vom VIII R 80/98, BFH/NV 2000, 978). Im Streitfall ist eine Überraschungsentscheidung bereits deshalb zu verneinen, weil es nach der Begründung des FG-Urteils auf die genaue Höhe der bis zur Vereinbarung vom fälligen Ansprüche des Klägers schon deshalb nicht entscheidend ankam, weil nach dem eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung vom die Zahlung von 225.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer „alle offenen” Ansprüche des Klägers abdecken sollte. Aufgrund dieser Vertragsformulierung ist die Vertragsauslegung des FG jedenfalls vertretbar und für die Beteiligten nicht überraschend. Das gilt umso mehr, als auch der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) in seinen im Klageverfahren eingereichten Schriftsätzen im Zusammenhang mit den an den Kläger erfolgten Zahlungen mehrfach auf die Problematik „Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1a EStG” eingegangen ist und auch die Berichterstatterin des FG in ihrem Schreiben an den Kläger vom dieses Thema aufgegriffen hat.

5 c) Ein Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist auch im Hinblick auf die Anwendung des § 177 der Abgabenordnung (AO) nicht gegeben. Die —unterstellt— fehlerhafte Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften durch das FA im Besteuerungs- oder im Einspruchsverfahren ist kein Verfahrensmangel im revisionsrechtlichen Sinn (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 77, m.w.N.). Das FG hat sich unter Nr. 5 der Entscheidungsgründe detailliert mit der Anwendung des § 177 AO befasst und ist nach Abs. 3 der Vorschrift zu dem Ergebnis gekommen, eine Saldierung sei bis zur Grenze der Steuerermäßigung durch § 34 Abs. 3 EStG vorzunehmen. Wenn die Kläger sich dagegen wenden, rügen sie letztlich eine fehlerhafte materielle Rechtsanwendung. Wie vorstehend bereits ausgeführt, kann die Zulassung der Revision darauf nicht gestützt werden.

6 d) Weshalb der Rechtsstreit eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung haben sollte, ist nicht erkennbar.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NAAAD-45054