BSG Urteil v. - B 6 KA 34/08 R

Leitsatz

Leitsatz:

1. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung sind grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren eintretenden Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn die KÄV die Zulassungserteilung an den Arzt anficht.

2. Die Prüfung eines Versorgungsdefizits als Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung ist an der realen Versorgungslage auszurichten. Nachrangige Leistungsangebote anderer Leistungserbringer (zB ermächtigter Krankenhausärzte) sind außer Betracht zu lassen. 3. Der von den im Planungsbereich bereits zugelassenen Ärzten nicht gedeckte Versorgungsbedarf muss dauerhaft erscheinen, sich auf die gesamte Breite des spezialisierten Bereichs erstrecken und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreichen.

Instanzenzug: LSG Nordrhein-Westfalen, L 11 KA 31/08 vom SG Düsseldorf, S 14 KA 160/07 vom

Gründe

I

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer der Beigeladenen zu 8. erteilten Sonderbedarfszulassung.

Die Beigeladene zu 8. ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin; sie führt die Zusatzbezeichnung Allergologie und hat die Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie absolviert. Der Zulassungsausschuss erteilte ihr eine Zulassung wegen Sonderbedarfs als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit Vertragsarztsitz in der Stadt Düsseldorf "zur Erbringung ausschließlich kinderpneumologischer Leistungen an Kindern und Jugendlichen im Alter bis zu 18 Jahren" (Beschluss vom bzw Bescheid vom ). Den Widerspruch der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), die geltend machte, der Versorgungsbedarf sei durch die neun Internisten mit dem Schwerpunkt Pneumologie und sieben Kinder- und Jugendmediziner mit dem Schwerpunkt Allergologie gedeckt, wies der beklagte Berufungsausschuss zurück (Beschluss vom bzw Bescheid vom ). Er führte zur Begründung aus, ein besonderer Versorgungsbedarf gemäß § 24 Satz 1 Buchst b der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie idF vom , in Kraft seit dem , veröffentlicht im BAnz Nr 64 vom , S 3491 [ÄBedarfsplRL]) sei gegeben. Die Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie, die die Beigeladene zu 8. aufzuweisen habe, stelle eine besondere Qualifikation im Sinne des § 24 aaO dar. Der Versorgungsbedarf bestehe bei bestimmten kinderpneumologischen Leistungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Früherkennung und Behandlung von Mukoviszidose, Asthma, Sarkoidose und anderen seltenen Erkrankungen. Diese könnten von Kinder- und Jugendmedizinern ohne entsprechende Weiterbildung nicht abgerechnet werden, und den Lungenärzten und Internisten mit dem Schwerpunkt Pneumologie mangele es an Wissen und auch an Erfahrung im Umgang mit Kindern, wie die dazu befragten Dres. K. und R. bestätigt hätten.

Die Klägerin ist weder mit ihrer Klage noch mit ihrer Berufung erfolgreich gewesen (Urteile des Sozialgerichts [SG] vom und des Landessozialgerichts [LSG] vom ). Das LSG hat ausgeführt, die Sonderbedarfszulassung sei der Beigeladenen zu 8. zu Recht erteilt worden. Die Beurteilung des Beklagten, dass ein Sonderbedarf bestehe, sei nicht zu beanstanden. Zwar folge dies nicht schon daraus, dass die Weiterbildung Kinder-Pneumologie neu geschaffen worden sei und keine anderen Ärzte im Planungsbereich Düsseldorf diese aufzuweisen hätten. Entscheidend sei vielmehr, dass auch in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä in der seit geltenden Fassung) spezielle kinderpneumologische Leistungstatbestände aufgenommen worden seien, die nur von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie abgerechnet werden dürften. Im hier betroffenen Versorgungsbereich gebe es aber keinen Arzt mit dieser Qualifikation. Soweit der Beklagte Angaben der Dres. K. und R. herangezogen habe, sei dies nicht zu beanstanden, ungeachtet dessen, dass die Beigeladene zu 8. in deren Praxis Räumlichkeiten und Gerätschaften (mit)nutzen wolle.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das LSG hätte die Entscheidung des Beklagten, die Sonderbedarfszulassung zu erteilen, aufheben und ihn zur Neubescheidung verpflichten müssen. Ein besonderer Versorgungsbedarf gemäß § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL sei nicht gegeben, denn dessen Tatbestand stelle auf Schwerpunkte, fakultative Weiterbildungen und besondere Fachkunden ab, während die Klägerin eine Zusatzweiterbildung aufzuweisen habe. Selbst wenn dieser Unterschied aber als nicht relevant angesehen würde, wäre kein Sonderbedarf anzuerkennen. Die Einführung neuer Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen begründe keinen Sonderbedarf. Ebenso wenig ergebe dieser sich aus der Schaffung spezieller kinderpneumologischer Leistungstatbestände im EBM-Ä. Damit habe auch Kinder- und Jugendmedizinern die Möglichkeit zu speziellen pneumologischen Leistungen gegeben werden sollen. Das dürfe nicht dahingehend missverstanden werden, dass diejenigen Ärzte - wie Internisten mit dem Schwerpunkt Pneumologie -, die diese Leistungen bislang fachlich qualifiziert erbracht hätten, nicht mehr als genügend qualifiziert anzusehen seien. Eine ausreichende Befähigung hätten vor allem die Lungenfachärzte und Internisten mit dem Schwerpunkt Pneumologie, die diese Leistungen seit Langem erbrächten, und zwar bei Kindern aller Altersstufen. Eine ausreichende Qualifikation hätten auch die beiden Kinder- und Jugendmediziner, denen sie - die Klägerin - im Planungsbereich Düsseldorf die Abrechnung von neun kinderpneumologischen Leistungstatbeständen genehmigt habe, nachdem sie diese Leistungen jahrelang erbracht hätten. Aus deren Versorgungsberechtigung folge zum einen, dass die Versorgungslücke nicht mehr - wie erforderlich - in der gesamten Breite des spezialisierten Versorgungsbedarfs gegeben sei, und zum anderen, dass der verbleibende Versorgungsbedarf nicht für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreiche. Schließlich habe der Beklagte sich in unzulässiger Weise auf Angaben der Dres. K. und R. gestützt, in deren Praxis die Beigeladene zu 8. Räumlichkeiten und Gerätschaften (mit)nutzen wolle. Deren Angaben hätten objektiviert und verifiziert werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom und des Sozialgerichts Düsseldorf vom aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom zu verpflichten, über ihren - der Klägerin - Widerspruch gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom neu zu entscheiden.

Die Beigeladene zu 8. beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das LSG habe zu Recht die angefochtene Sonderbedarfszulassung als rechtmäßig angesehen. Die von ihr absolvierte Zusatzqualifikation Kinder-Pneumologie sei im Sinne des § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL als Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung bzw besondere Fachkunde anzusehen. Zu Recht begründe das LSG den Versorgungsbedarf mit den im EBM-Ä geschaffenen kinderpneumologischen Leistungstatbeständen. Die Klägerin verweise zu Unrecht auf eine Bedarfsdeckung durch zwei Kinder- und Jugendmediziner mit entsprechenden Abrechnungsgenehmigungen; denn diese entbehrten der Rechtsgrundlage, da sie mit den Qualifikationserfordernissen des EBM-Ä unvereinbar seien. Nicht tragfähig sei auch das Bedenken, der verbleibende Versorgungsbedarf reiche nicht für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis. Ein solches Erfordernis finde schon im Gesetz keine Stütze. Zudem hätte die Klägerin diesen Einwand bereits im Verwaltungs- oder jedenfalls im instanzgerichtlichen Verfahren vorbringen müssen. Vor allem treffe er in der Sache nicht zu; die Klägerin habe das von ihr - der Beigeladenen zu 8. - vorgelegte Material über den Umfang des Behandlungsbedarfs nicht berücksichtigt. Internisten mit dem Schwerpunkt (Erwachsenen-)Pneumologie könnten insbesondere sehr kleine Kinder im Regelfall nicht sachgerecht behandeln. Diese müssten zB dadurch zum geeigneten Pusten motiviert werden, dass mit ihnen vorgängig an einer Kerze geübt werde; zudem verfügten die Erwachsenen-Pneumologen im Regelfall nicht über alle kindgemäßen Geräte zB für den Laufbandtest und den Schweißtest sowie die entsprechende Software.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1. bis 6. äußern sich nicht zur Sache und stellen keine Anträge.

II

Die Revision der Klägerin, die aufgrund ihrer Aufgabe der Sicherstellung der Versorgung zur Einlegung von Rechtsmitteln in Zulassungsangelegenheiten befugt ist (hierzu s zuletzt Bundessozialgericht [BSG], SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 13 mwN und Urteil vom - B 6 KA 14/08 R - RdNr 19) und die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung erstrebt, ist begründet. Die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten sind aufzuheben. Dieser ist verpflichtet, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass in Düsseldorf ein Sonderbedarf für die Zulassung eines Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie bestehe, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

1. Zulassungen sind in Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, für die davon betroffenen Arztgruppen nur im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V) oder Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V) oder aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 ÄBedarfsplRL) möglich. Auf einen solchen Sonderbedarf stützt sich die Beigeladene zu 8. für ihr Begehren.

In solchen Planungsbereichen, in denen Neuzulassungen wegen Überversorgung beschränkt sind, lässt das Gesetz nur ausnahmsweise die Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu, nämlich gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V dann, wenn diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung unerlässlich sind. Die Vorgabe solcher Ausnahmeregelungen dient dem Ziel, im Einzelfall sicherzustellen, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt; die Beschränkungen gelten deshalb dann nicht, wenn in der konkreten örtlichen Situation ein Versorgungsdefizit besteht. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in Richtlinien die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Satz 1 Buchst a bis e, § 25, § 26 ÄBedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (zum Ganzen siehe - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 14 mwN).

Von den Tatbeständen des § 24 Satz 1 Buchst a bis e ÄBedarfsplRL kommt vorliegend eine (Sonderbedarfs-)Zulassung der Beigeladenen zu 8. allein nach § 24 Satz 1 Buchst b aaO in Betracht. Hiernach ist ein besonderer Versorgungsbedarf in einem Bereich erforderlich, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist". Voraussetzung ist dabei nach Buchst b Satz 2 aaO, "dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation (Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, Fachkunde) nachweist". Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt dabei außer Betracht (Buchst b Satz 3 [bzw seit dem , BAnz Nr 239 vom , S 8326: Satz 4] aaO).

2. Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung einer besonderen Qualifikation des Arztes und eines dementsprechenden Versorgungsbedarfs.

a) Das Erfordernis einer besonderen Qualifikation (Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde) im Sinne des § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL kann Schwierigkeiten unterliegen, seitdem die Begriffe der heutigen Weiterbildungsordnungen (WBOen) der Landesärztekammern nicht mehr durchgängig denjenigen des § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL entsprechen. Die Kammern haben ihre WBOen in Anknüpfung an die Neufassung der MusterWBO von 2003, die auf Beschlüssen des 106. Deutschen Ärztetages vom beruht (zur WBO siehe www.aerzteblatt.de unter "Archiv", dort 2003, A-1516 mit einem Link zum Volltext), großteils neu geregelt (zur Muster-WBO der Bundesärztekammer, einer Arbeitsgemeinschaft der Landesärztekammern, vgl BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 16 S 84; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 5 RdNr 17). Die Neufassungen der landesrechtlichen WBOen verwenden teilweise andere Termini als § 24 Satz 1 Buchst b aaO. Während hier noch von Schwerpunkten, fakultativen Weiterbildungen und besonderen Fachkunden die Rede ist, sind zB nach der WBO Nordrhein in der zum erfolgten Neufassung (Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen 2005, 1068) außer Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen auch Zusatzbezeichnungen vorgesehen, die sich auf sog Zusatzweiterbildungen gründen (§ 3 Abs 1 und 3, § 4 Abs 4 bis 6 WBO Nordrhein). Ein relevanter sachlicher Unterschied besteht insoweit aber nicht, wie gerade im Fall der Qualifikation Kinder-Pneumologie deutlich wird, deren Erwerb in anderen WBOen weiterhin als Schwerpunkt klassifiziert wird (zB in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, wie die Beigeladene zu 8. geltend macht) und die aufgrund ihrer 36-monatigen Dauer (Abschnitt C Nr 20 der WBO Nordrhein) den in § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL genannten Qualifikationen gleich steht. Eine solche sachliche Identität erfordert die rechtliche Gleichbehandlung, ungeachtet dessen, dass § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL möglicherweise längst den teilweise abweichenden Terminologien der WBOen hätte angepasst werden können.

b) Bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, verfügen die Zulassungsgremien in weitem Umfang über einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 16 mwN; s zuletzt auch - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ihre Beurteilung ist durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt. Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zunächst bei der Frage nach dem Umfang der erforderlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSG aaO RdNr 26). Sie haben einen Beurteilungsspielraum aber auch - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (zum Beurteilungsspielraum ebenso bei Ermächtigungen: BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 16 mwN; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 27; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 14 am Ende). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Frage der Deckung des Versorgungsangebots deren Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten - das gilt auch für Fälle von Kindern - sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die betroffene Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 35).

Soweit die Zulassungsgremien zB dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein. Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen möglicherweise bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 18, 19, 28). Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt (vgl BSG aaO RdNr 24). Bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen im konkreten Einzelfall haben sie allerdings, wie ausgeführt, einen Beurteilungsspielraum (oben RdNr 15 mit Bezugnahme auf -, aaO RdNr 26). Einen Beurteilungsspielraum haben sie hingegen - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken. Denn der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben; die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh so weit gehen, wie sich weitere Ermittlungen als erforderlich aufdrängen (s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X). In diesem Bereich ist kein Raum für die Annahme eines Beurteilungsspielraums; dies entspricht - entgegen der Ansicht des Beklagten - der Rechtsprechung sowohl der Sozial- als auch der Verwaltungsgerichte (zum Beurteilungsspielraum als Frage des materiellen Rechts und nicht des Verfahrensrechts s zB BVerwGE 59, 213, 215 f; im selben Sinne BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, jeweils RdNr 36).

Die Ermittlungen der Zulassungsgremien zur Bedarfsdeckung müssen sich an der Versorgungsrealität ausrichten. Deshalb kommt Angaben über die Zahl der im betroffenen Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzte und deren Fallzahlen allenfalls indizielle Aussagekraft zu. Wenn zB Ärzte bei Anwendung eines statistischen Fallzahlvergleichs nicht ausgelastet sind, zusätzliche Patienten aber nicht versorgen wollen, besteht lediglich ein potenzielles, nicht aber ein reales Versorgungsangebot. Nur eine Versorgung, die den Versicherten tatsächlich zur Verfügung steht, kann ihren Versorgungsbedarf decken. Solange die Versorgung nicht real gewährt wird oder jedenfalls eine Bereitschaft dazu besteht, ist eine Versorgungslücke gegeben, die der Deckung durch Sonderbedarfszulassungen - oder notfalls durch Ermächtigungen - zugänglich ist (zur Möglichkeit, auf Wartezeiten abzustellen, s Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 21/08 R - RdNr 18 iVm 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

Bei der Bewertung der Leistungserbringung und der Leistungsangebote anderer Ärzte als der zugelassenen Vertragsärzte ist eine differenzierende Bewertung geboten. Wie in § 24 Satz 4 ÄBedarfsplRL ausdrücklich bestimmt ist, hat eine Leistungserbringung in Krankenhäusern außer Betracht zu bleiben. Aber nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser, sondern auch deren ambulante Leistungen sind unberücksichtigt zu lassen, soweit diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Ärzte nachrangig ist. So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, bei der Prüfung eines Versorgungsbedarfs für Sonderbedarfszulassungen außer Betracht bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig ist gegenüber der Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 14 mwN; ebenso zB - RdNr 21, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, und - B 6 KA 38/08 R - RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen. Anderes gilt indessen für Ermächtigungen, die bedarfsunabhängig erteilt werden, wie zB im Falle des § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen.

c) Die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung setzt über das Vorliegen eines entsprechenden Versorgungsbedarfs hinaus voraus, dass der Bedarf dauerhaft erscheint und sich grundsätzlich auf die gesamte Breite des Schwerpunkts, der fakultativen Weiterbildung bzw der besonderen Fachkunde erstreckt (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 18, 25, 29) und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Auch insoweit haben die Zulassungsgremien einen Beurteilungsspielraum (s zuvor b). Wenn eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, kommt eine Sonderbedarfszulassung nicht in Betracht, sondern stattdessen nur die Erteilung einer Ermächtigung zB an einen entsprechend qualifizierten Krankenhausarzt (vgl hierzu BSG aaO RdNr 25). Soweit die Beigeladene zu 8. und das LSG einwenden, dass diese Erfordernisse zumindest teilweise durch normative Veränderungen entfallen und/oder rechtlich nicht haltbar seien (siehe dazu insbesondere LSG Nordrhein-Westfalen, MedR 2009, 361, 364 f unter 3.b: "Dieser rechtliche Ansatz findet im Gesetz keine Stütze"; kritisch zB auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2008, § 16b RdNr 22), vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Einzuräumen ist allerdings, dass die ÄBedarfsplRL mit Wirkung ab dem - Änderung vom , veröffentlicht im BAnz Nr 68 vom , S 2541 - durch Anfügung eines weiteren Satzes in Nr 24 dahingehend verändert bzw ergänzt worden sind, dass die Zulassung im Fall des Buchst b "ferner voraus(setzt), dass der Versorgungsbedarf dauerhaft erscheint." Nicht gerechtfertigt wäre es aber, daraus zu folgern, der Normgeber habe damit die vorgenannten, vom BSG geforderten drei Voraussetzungen (dass der besondere Versorgungsbedarf dauerhaft erscheinen und sich auf die gesamte Breite des Schwerpunkts erstrecken sowie für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreichen muss) auf die erste dieser Voraussetzungen - dauerhafter Bedarf - reduziert. Denn solchen untergesetzlichen Vorschriften kann nur nach Maßgabe der höherrangigen gesetzlichen Regelungen des SGB V Relevanz zukommen. Im höherrangigen Recht des SGB V besteht das normative Nebeneinander von Zulassung und Ermächtigung, dem die Vorstellung zugrunde liegt, dass Zulassungen zur vertragsärztlichen Versorgung stets auf einen gewissen Mindestumfang an vertragsärztlicher Tätigkeit ausgerichtet sein müssen, während Ermächtigungen auf die Behebung oder jedenfalls der Reduzierung solcher Versorgungslücken gerichtet sind, die nur punktuell sind und nicht ausreichen, um auf diese Leistungen eine Vertragsarztpraxis zu gründen (vgl die Ermächtigungstatbestände der § 116 SGB V, § 31, § 31a Ärzte-ZV; zur Abgrenzung vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 25). Die für Zulassungen getroffenen Regelungen haben grundsätzlich auch Wirkkraft für Sonderbedarfszulassungen; denn die Sonderbedarfszulassung ist eine Sonderform einer Zulassung im Gegensatz zu dem davon abgesetzten Rechtsinstitut der Ermächtigung. Die Notwendigkeit eines Mindestumfangs an vertragsärztlicher Tätigkeit für eine (Sonderbedarfs-)Zulassung findet ferner eine Stütze in § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV, wonach ein Arzt für den Erwerb einer Zulassung nur dann geeignet ist, wenn er für die vertragsärztliche Versorgung "in erforderlichem Maße zur Verfügung steht", was dahin ausgelegt wird, dass er vor allem als Vertragsarzt tätig sein muss und Nebentätigkeiten nur in untergeordnetem Ausmaß ausüben darf (zu dieser Rspr s zB BSGE 89, 134, 140 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 25; BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 40; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 16; BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 15). Für die Voraussetzung, dass eine Sonderbedarfszulassung nur erteilt werden darf, wenn der Arzt ein ausreichendes Tätigkeitsfeld vorfindet, sprechen auch Erfordernisse des Wirtschaftlichkeitsgebots: Die Erteilung einer (Sonderbedarfs-)Zulassung ohne vorherige Überprüfung der voraussichtlichen wirtschaftlichen Tragfähigkeit der anvisierten Praxis liefe tendenziell dem hohen Rang des Wirtschaftlichkeitsgebots zuwider, weil im Falle einer wirtschaftlich nicht tragfähigen Praxis die Gefahr nicht von der Hand zu weisen wäre, dass der Arzt sich zur Sicherung eines Mindestmaßes an Honorareinnahmen uU veranlasst sehen könnte, Leistungen auch ohne medizinische Notwendigkeit zu erbringen, was dem Wirtschaftlichkeitsgebot zuwiderliefe (zu solchen Erwägungen s insbes die Rspr zur früheren 55-Jahre-Zugangsgrenze, dazu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 98 Nr 3 RdNr 8 mwN). Mit dem Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit der Praxis korrespondiert schließlich auch die Möglichkeit der Zulassungsentziehung in dem Fall, dass die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr bzw - was dem gleich steht - in nur sehr geringem Umfang ausgeübt wird (vgl hierzu zB BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32: "in nennenswertem Umfang").

Das Weiterbestehen des Erfordernisses eines Mindestumfangs vertragsärztlicher Tätigkeit findet seine Bestätigung auch in dem geänderten § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V und dem neu eingefügten § 19a Ärzte-ZV (s Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom , BGBl I 3439, dort Art 1 Nr 5 Buchst c und Art 5 Nr 5). In diesen Neuregelungen ist die Verpflichtung, als Vertragsarzt in einem bestimmten Mindestausmaß für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung zu stehen, lediglich umfangsmäßig auf einen hälftigen Versorgungsauftrag reduziert, nicht aber aufgehoben worden (zur Konkretisierung s § 17 Abs 1a Satz 2 BMV-Ä und § 13 Abs 7a Satz 3 EKV-Ä).

Aus diesen Neuregelungen ergibt sich allerdings, dass eine wirtschaftliche Tragfähigkeit nicht mehr stets im Sinne eines vollzeitlichen Tätigkeitsumfangs zu fordern ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Tätigkeit im Umfang eines nur hälftigen Versorgungsauftrags geschaffen hat. Dies setzt jedoch entsprechende Erklärungen bzw Anträge voraus (s hierzu § 19a Abs 2 Ärzte-ZV). Bei Anwendung auf Sonderbedarfszulassungen bedeutet dies, dass Bewerber um Sonderbedarfszulassungen ihren Antrag umfangsmäßig auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken können, wodurch dann eine wirtschaftliche Tragfähigkeit nur in derart eingeschränktem Umfang gegeben sein muss. Eine solche Beschränkung, die im Übrigen honorarmäßig bei Zuteilung von Individualbudgets oder auch von Regelleistungsvolumina ein entsprechend reduziertes Budget bzw Volumen zur Folge hätte, enthielt der Antrag der Beigeladenen zu 8. nicht; und sie hat auch nicht später - nach der Gesetzesneuregelung vom - eine solche Beschränkung nachgeschoben. Deshalb muss in ihrem Fall die Voraussetzung wirtschaftlicher Tragfähigkeit im Umfang vollzeitlicher Tätigkeit erfüllt sein.

3. Bei Zugrundelegung der unter 2. dargestellten Maßstäbe ergibt sich, dass die Entscheidung des Beklagten, der Beigeladenen zu 8. als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin eine Sonderbedarfszulassung für den Versorgungsbereich der Kinder-Pneumologie zu erteilen, auch unter Berücksichtigung des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums den gesetzlichen Vorgaben nicht in vollem Umfang gerecht wird. Auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen des Beklagten kann nicht festgestellt werden, ob alle Voraussetzungen für die Erteilung der Sonderbedarfszulassung erfüllt sind.

Zutreffend ist, dass das Zulassungsbegehren der Beigeladenen zu 8. davon abhängt, ob die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL gegeben sind, nachdem der Landesausschuss im hier betroffenen Planungsbereich Düsseldorf für die Fachgruppe der Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hatte, die auch bis heute fortbestehen (s dazu die Ausführungen des LSG, das insoweit auf das Urteil des SG Bezug nimmt). Zutreffend ist auch, dass die Beigeladene zu 8. die dafür erforderliche besondere Qualifikation im Sinne des § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL aufweisen kann, denn die von ihr absolvierte "Zusatzweiterbildung" Kinder-Pneumologie steht den in § 24 aaO aufgeführten Qualifikationen (Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde) gleich (vgl oben RdNr 14).

Ob aber auch die weitere Voraussetzung eines - von den bereits zugelassenen Vertragsärzten nicht gedeckten - Versorgungsbedarfs erfüllt ist, kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Der Beklagte hat seine Einschätzung, dass in diesem Versorgungsbereich der kinderpneumologische Leistungsbedarf nicht oder jedenfalls nicht ausreichend gedeckt sei, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

a) Allerdings hat das LSG bei der Frage, ob ein Versorgungsbedarf im kinderpneumologischen Bereich vorliegt, zu Recht dem Umstand erhebliche Bedeutung beigemessen, dass in den EBM-Ä Leistungstatbestände aufgenommen worden sind, die nur von Kinder- und Jugendmedizinern mit der Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie abgerechnet werden können (s Kapitel III.a Abschnitt 4.4 Nr 3, sechster Spiegelstrich, des EBM-Ä in der ab geltenden Fassung, DÄ 2004, A 2554 f, bzw Kapitel III.a Abschnitt 4.5.2 des EBM-Ä in der ab dem geltenden Fassung, DÄ 2007, A 3197 f, bzw Kapitel III.a Abschnitt 4.5.2 Nr 1 des EBM-Ä in der ab dem geltenden Fassung, DÄ 2008 A 2601 f; jeweils mit Verweisung auf die dem DÄ beigefügte CD-ROM). Diese Tatbestände sind hier ungeachtet dessen, dass sie erst nach der Beantragung der Sonderbedarfszulassung durch die Klägerin und auch erst nach der Entscheidung des Berufungsausschusses über diesen Antrag geschaffen worden sind, zu berücksichtigen. Denn bei Zulassungsbegehren sind die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden; dh, dass alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind (vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, jeweils RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12).

Dies gilt ungeachtet dessen, dass hier Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Vornahmeklage des Arztes auf Erlangung der Zulassung ist, er vielmehr die Zulassung durch den Berufungsausschuss erhalten hat und er diese gegen die Klage einer KÄV oder von KKn(-Verbänden) verteidigt (zu deren Rechtsmittelbefugnis siehe BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 13 mwN). Insofern liegt zwar formal eine andere Konstellation vor, nämlich die Anfechtung durch einen Drittbeteiligten. Der Sache nach handelt es sich aber ebenfalls um eine Vornahmeklage des Arztes: Dieser muss sein Zulassungsbegehren sowohl gegenüber den Zulassungsgremien als auch gegenüber den für die Sicherstellung der Versorgung mitverantwortlichen KÄV und KKn(-Verbänden) durchsetzen: Er muss zur Erlangung einer bestandskräftigen Zulassung sowohl eine positive Entscheidung der Zulassungsgremien erhalten als auch eventuelle Rechtsmittel von KÄV und KKn(-Verbänden) erfolgreich abwehren. Beides zusammen ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches Vornahmebegehren auf Erlangung der Zulassung (insoweit in der Diktion missverständlich - und hiermit klargestellt - BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 2 RdNr 8). Die so gegebene Nähe bzw Einheit von Zulassungsgremien und den für die Sicherstellung der Versorgung mitverantwortlichen KÄV und KKn(-Verbänden) entspricht auch der sonstigen Rspr des BSG. So hat der Senat im Rahmen seiner Rspr zu § 63 SGB X die Kostenerstattungspflicht, die nach dem Gesetz den Fall der Widerspruchsstattgabe durch den Berufungs- bzw Beschwerdeausschuss betrifft, auf den - gleichwertigen - Fall eines erfolglosen Widerspruchs von KÄV bzw KK erstreckt (s BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 14 mwN).

Die mithin grundsätzliche Beachtlichkeit aller Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und aller Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz führt dazu, dass im Regelfall sowohl dem zulassungsbegehrenden Arzt vorteilhafte als auch ihm nachteilige Sach- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen sind (im vorliegenden Fall Berücksichtigung der späteren Änderungen des EBM-Ä zugunsten der ihre Sonderbedarfszulassung gegen die KÄV verteidigenden Beigeladenen zu 8.). In Ausnahmefällen kann allerdings die Berücksichtigung nachteiliger Änderungen verwehrt sein, wenn nämlich ein Arzt auf eine Entscheidung aufgrund einer früheren bestimmten Sach- und Rechtslage, die ihm Zulassungschancen bot, vertrauen durfte (vgl hierzu BSGE 95, 94 RdNr 5 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 10; - SozR 4-2500 § 118 Nr 1 RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Ein solcher Fall kann etwa dann gegeben sein, wenn sich ein anderer Arzt als Konkurrent auf denselben, nur vorübergehend frei gewordenen Vertragsarztsitz bewarb, bald danach aber wieder Zulassungsbeschränkungen angeordnet worden sind (vgl dazu BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, jeweils RdNr 5). Derartige Vertrauensschutzaspekte spielen vorliegend indessen keine Rolle. Die zwischenzeitliche Einführung von Leistungstatbeständen im EBM-Ä, die den Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie vorbehalten sind, ist für die Beigeladene zu 8. nicht nachteilig, sondern vorteilhaft.

Nach diesen Grundsätzen hat das LSG mithin zu Recht die im EBM-Ä erfolgte Neuaufnahme von Leistungstatbeständen, die nur von Kinder- und Jugendmedizinern mit der Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie abgerechnet werden können, berücksichtigt und dem auch erhebliche Bedeutung beigemessen. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass damit zugleich ein Versorgungsbedarf gegeben sei, der Sonderbedarfszulassungen für in dieser Weise qualifizierte Ärzte rechtfertige, geht jedoch zu weit. Ein solcher "Automatismus" besteht nicht. Zwar spricht im Falle eines Vorbehalts bestimmter Leistungstatbestände im EBM-Ä nur für in bestimmter Weise qualifizierte Ärzte Vieles dafür, dass im Regelfall nur diese als ausreichend befähigt anzusehen sind, diese Leistungen qualitativ angemessen zu erbringen. Diese Schlussfolgerung ausnahmsloser Befähigung der so qualifizierten Ärzte wäre jedoch nur dann zwingend, wenn zugleich mit der Schaffung der neuen, nur ihnen eröffneten, Leistungstatbestände die allgemein-pneumologischen Leistungspositionen dahingehend eingeschränkt worden wären, dass sie nicht mehr für die Untersuchung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen gelten. So liegt es aber nicht. Vielmehr ist es den Internisten mit dem Schwerpunkt (Erwachsenen-)Pneumologie weiterhin gestattet, Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr zu behandeln und zu untersuchen; eine generelle Bestimmung, die deren Behandlung den pneumologisch qualifizierten Kinder- und Jugendmedizinern vorbehält, besteht nicht.

b) Vor diesem Hintergrund bedarf es der Überprüfung, ob nicht auch Internisten mit dem Schwerpunkt (Erwachsenen-)Pneumologie die pneumologische Leistungen an Kindern quantitativ und qualitativ angemessen erbringen und damit den bestehenden Versorgungsbedarf decken. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch solche Ärzte - evtl aufgrund von Kenntnissen durch zeitweilige Weiterbildung in einer Kinderabteilung und/oder Kinderarztpraxis - zur Erbringung kinderpneumologischer Leistungen in der Lage und möglicherweise auch über das Vorliegen von Notfällen hinaus bereit sind. Dies erfordert freilich, dass sie die besonderen Anforderungen an Untersuchungen und Behandlungen bei (auch sehr kleinen) Kindern beachten und die entsprechende spezielle apparative Ausstattung besitzen. Diskutiert wird insoweit, ob ein sachgerechtes Vorgehen bei sehr kleinen Kindern zB Pusteübungen an einer Kerze vor der Lungenfunktionsprüfung sowie den Einsatz von Laufbandtestgerät, Schweißtestgerät, oszillometrischem Lungenfunktionsprüfungsgerät und besonderer Software erfordert. Über die kindgemäße Untersuchung bzw Behandlung hinaus müssen die Ärzte auch in der Lage sein, die Befunde zutreffend zu bewerten, insbesondere auch Mängel der Befundungsergebnisse, die auf entwicklungsspezifischer Non-Kooperation des Kindes beruhen, zu erkennen. Schließlich müssen sie bei ihren Therapieentscheidungen um etwaige Unterschiede zur Behandlung von Erwachsenen wissen: Bei diesen kann in bestimmten Fällen - zB bei Asthma - eine eher "schematische" Vorgehensweise in Betracht kommen, bei Kindern hingegen können Differenzierungen erforderlich sein, zB indem bei der Medikation im Falle notwendiger inhalativer Therapie je nach Entwicklungsstand des Kindes und der unterschiedlichen Eignung der Medikamente zwischen den verschiedenen Medikamenten und auch zwischen einer Anzahl von Inhalationsgeräten und Dosieraerosolen sachgerecht auszuwählen ist.

Bei der weiteren Überprüfung durch den Beklagten darf dieser sich nicht damit begnügen, diejenigen pneumologisch qualifizierten Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen möglicherweise bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen, sondern er muss auch deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - verifizieren (dazu oben RdNr 16). Er muss auch ermitteln und überprüfen, welche medizinisch-technische Ausstattung zur kindgerechten Leistungserbringung erforderlich ist, und überprüfen, ob diese Ärzte und Praxen darüber verfügen (vgl oben RdNr 16). Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Angabe, dass dafür "praktisch keine Ärzte zur Verfügung stehen", reicht nicht aus. Ungenügend ist auch, als Beleg lediglich die Angaben der Beigeladenen zu 8. sowie der Ärzte Dres. K. und R. anzuführen, denn diese Ärzte sind diejenigen, deren Praxisräume und Geräte die Beigeladene zu 8. mitnutzen will, sobald sie von der angefochtenen Sonderbedarfszulassung Gebrauch machen darf. Der Beklagte hätte deren Angaben deshalb in besonderem Maße objektivieren und verifizieren müssen (vgl dazu BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 28).

Klarzustellen ist, dass bei der Beurteilung, ob der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist oder ob er noch besteht, in erster Linie auf die Versorgung und Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Vertragsärzte abzustellen ist, aber auch das Leistungsvolumen der dortigen zur kinderpneumologischen Versorgung ermächtigten Hochschulambulanz zu berücksichtigen ist (vgl oben RdNr 18). Außer Betracht zu lassen sind dagegen die Leistungen und die Leistungsbereitschaft der ermächtigten Krankenhausärzte, weil Ermächtigungen nachrangig sind gegenüber der Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte (s RdNr 18); solche Ermächtigungen dürfen dann im Fall der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nicht mehr erneuert werden. Unberücksichtigt bleiben müssen ferner die Leistungsangebote aller derjenigen Ärzte, die keine kinderpneumologische Qualifikation aufweisen können. Hierzu zählen auch diejenigen Kinder- und Jugendmediziner, denen die Beklagte ungeachtet des Fehlens entsprechender Qualifikation die Abrechnung solcher Leistungen genehmigte. Die ihnen erteilten Abrechnungsgenehmigungen dürften der Rechtsgrundlage entbehren (zur engen Auslegung des § 73a Abs 1a Sätze 3 ff SGB V s BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 14 ff, 17 ff). Die Erteilung von Abrechnungsgenehmigungen an Ärzte, die nicht die nach dem EBM-Ä erforderliche Qualifikation aufweisen, kollidiert mit der vom BSG betonten Bedeutung von Qualifikationserfordernissen im EBM-Ä für die Leistungserbringung (hierzu siehe BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 18 ff, 28, 37). Der Gesichtspunkt, diese Ärzte hätten bereits vor Einführung des Qualifikationserfordernisses solche Leistungen erbracht - insofern greife der Gedanke des Bestandsschutzes durch -, kann ohne entsprechende normative Grundlage die Erteilung von Abrechnungsgenehmigungen nicht rechtfertigen. Hat also die Klägerin bei der Erteilung der Genehmigungen an die beiden Kinder- und Jugendmediziner rechtswidrig gehandelt, so darf deren Leistungserbringung nicht gegenüber einem Sonderbedarfsbegehren wie dem der Beigeladenen zu 8. berücksichtigt werden (zum Verstoß gegen Treu und Glauben durch Berufung auf rechtswidrigen Verwaltungsakt vgl BVerwG NVwZ 2008, 1024 f RdNr 13).

c) Wenn die weiteren Ermittlungen des Beklagten zu der Feststellung führen, dass ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf für kinderpneumologische Leistungen besteht, so muss der insoweit mögliche Leistungsumfang noch daraufhin untersucht werden, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint - was, wenn ein Versorgungsbedarf besteht, angesichts des Mangels an kinderpneumologisch qualifizierten Kinder- und Jugendmedizinern wohl zu bejahen sein dürfte - sowie ob der Bedarf sich auf die gesamte Breite dieses spezialisierten Versorgungsbedarfs erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Soweit sich der Versorgungsbedarf nicht nur auf einzelne kinderpneumologische Leistungen, sondern auf den gesamten kinderpneumologischen Leistungsbereich erstreckt, dürfte damit zugleich ein ausreichendes Betätigungsfeld für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis gegeben sein. Die abschließende Entscheidung hierüber ist aber dem Beklagten, der auch insoweit einen Beurteilungsspielraum hat, vorbehalten. Sollte eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Ärzte-ZV an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte).

4. Nach alledem hat der Beklagte über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Beigeladene zu 8. neu zu entscheiden, wofür weitere fundierte Ermittlungen erforderlich sind (s vor allem oben RdNr 30 - 33). Deshalb werden die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 8. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide förmlich unterlegen. Die Beigeladene zu 8. ist mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Revision - um die ihr vom Beklagten erteilte Sonderbedarfszulassung zu verteidigen - erfolglos geblieben (§ 154 Abs 3 VwGO). Der Beklagte ist im Revisionsverfahren in der Weise unterlegen, dass der von ihm erlassene Bescheid, der Gegenstand des Verfahrens gewesen ist, vom Senat aufgehoben worden ist. Dies ist, auch wenn er anders als in den Vorinstanzen keinen Abweisungs- bzw Zurückweisungsantrag gestellt hat, ein Unterliegen im Sinne des § 154 Abs 1 VwGO. Die Kostentragungspflicht des Hauptbeteiligten, der förmlich unterlegen ist, gilt unabhängig davon, ob er sich ansonsten "aus dem Prozess herausgehalten" hat, wie dies der Beklagte mit der Erklärung, weder einen Antrag stellen noch inhaltliche Ausführungen machen zu wollen, hier im Revisionsverfahren getan hat (Ergänzung zu - RdNr 25, und vom - B 6 KA 38/08 R - RdNr 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren - auch vorinstanzlich - keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 16).

Fundstelle(n):
GAAAD-43701