Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main - S 7270 A - 011 - St 113

Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft

/07/10001, BStBl 2009 I S. 1292


1. Allgemeines

Mit – IV B 8 – S 7270/07/10001 – wurde das aktualisierte Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft mit Stand Oktober 2009 herausgegeben, das über die wichtigsten Grundsätze der Umsatzbesteuerung von Bauleistungen unterrichten soll. Die Überarbeitung enthält Anpassungen an die aktuelle Rechtslage (z. B. Beispiele mit der Steuersatzangabe von 16 %) sowie redaktionelle Änderungen. Inhaltliche Änderungen wurden diesbezüglich insbesondere in den Abschnitten II. und VII. vorgenommen. Das Merkblatt ist in erster Linie für Bauunternehmer bestimmt, die Umsätze ausführen, für die nicht der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet (vgl. Abschnitt IX.).

Das Merkblatt wurde im BStBl 2009 I S. 1292 veröffentlicht und ist im Intranet unter Umsatzsteuer/Verwaltungsanweisungen/BMF-Schreiben/Kj.2009 abrufbar. Ferner wird es den Finanzämtern auch weiterhin als Vordruck „USt M 2 Merkblatt Bauwirtschaft” zur Verfügung gestellt und kann betroffenen Unternehmern ausgehändigt werden.

2. Sollversteuerung in der Bauwirtschaft

Die Bauwirtschaft führt ihre Leistungen üblicherweise in Form von Werklieferungen und Werkleistungen auf dem Grund und Boden der Auftraggeber aus. Diese Leistungen sind grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten zu versteuern (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG). Die Umsatzsteuer für die erbrachten Werklieferungen bzw. Werkleistungen entsteht daher mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Leistungserbringung.

Eine Werklieferung ist dann erbracht, wenn dem Auftraggeber die Verfügungsmacht mit der Übergabe und Abnahme des fertig gestellten Werks verschafft wird, vgl. , BStBl 1976 II S. 309. Die Abnahme ist an keine Form gebunden und kann auch durch schlüssiges Verhalten, z. B. durch Benutzung, erfolgen. Wird das vertraglich vereinbarte Werk nicht durch den Werkunternehmer fertig gestellt, entsteht ein neuer Leistungsgegenstand. Weitere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus Abschn. 178 Satz 1 Nr. 1 Satz 7 bis 10 UStR. Werkleistungen werden grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung erbracht.

Die Bauleistungen gelten daher regelmäßig im Zeitpunkt ihrer Abnahme als erbracht. Soweit die Leistungen als erbracht anzusehen sind, ist die Umsatzsteuer aufgrund des vereinbarten Leistungsentgelts zu entrichten. Bereits entrichtete Steuerbeträge auf Voraus- und Abschlagszahlungen sind abzuziehen.

2.1 Teilleistungen in der Bauwirtschaft

Für gewöhnlich stellen die Werklieferungen oder Werkleistungen der Bauwirtschaft keine Teilleistungen sondern vielmehr einheitliche Leistungen dar. Eine zutreffende Abgrenzung von Leistung und Teilleistung ist jedoch besonders im Hinblick auf die zum in Kraft tretende Steuersatzerhöhung unverzichtbar.

Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen (z. B. Werklieferungen und Werkleistungen), für die das Entgelt gesondert vereinbart wird und die demnach statt der einheitlichen Gesamtleistung geschuldet werden (vgl. Abschn. 180 UStR). Bauleistungen sind unter den folgenden Voraussetzungen als Teilleistungen anzuerkennen:

  1. Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werklieferung oder Werkleistung handeln.

    Wirtschaftlich teilbar sind die Leistungen der Bauwirtschaft regelmäßig entsprechend der einzelnen Gewerke. Inwieweit die einzelnen Gewerke wirtschaftlich weiter unterteilt werden können, bedarf der Prüfung im Einzelfall. Eine Zusammenstellung möglicher Teilungsmaßstäbe ist in dem Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft – Stand: Oktober 2009 – in Teil II. Tz. 2. enthalten. Die in Teil II. Tz. 2.20 genannten Teilungsmaßstäbe im Straßenbau weichen von der bisherigen Regelung des ab. Die Abweichung stellt jedoch nicht das Ergebnis einer geänderten Rechtsauffassung der Finanzverwaltung dar. Es bestehen für den Bereich des Straßenbaus weiterhin keine Bedenken, dass auch der bis auf die Feinschicht fertig gestellt Straßenoberbau einerseits und die Feinschicht andererseits als Teilleistungen angenommen werden. Ebenfalls kann es sich bei größeren Erdarbeiten um Teilleistungen handeln.

    Der Leistungsteil muss, wenn er Teil einer Werklieferung ist, abgenommen worden sein. Das bedeutet, dass die Teilabnahme, sofern sie schriftlich vereinbart wurde, auch gesondert schriftlich vorgenommen werden muss. Der Teil einer Werkleistung muss vollendet oder beendet worden sein.

    Eine nur aus steuerlichen Gründen vorgenommene Abnahme ist nicht anzuerkennen. Davon ist auszugehen, wenn die nachfolgend dargestellten Folgen der Abnahme ganz oder teilweise tatsächlich ausgeschlossen werden:

    • Fälligkeit der Vergütung.

    • Aus der Beweislast des Auftragnehmers für die Mangelfreiheit des Werks wird die Beweislast des Auftraggebers für die Mangelhaftigkeit des Werks.

    • Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs der Teilleistungen auf den Auftraggeber/Besteller des Werks.

    Wird hingegen lediglich der Beginn der Verjährung für Mängelansprüche der Teilleistung auf die Abnahme des Gesamtwerks hinausgeschoben, steht dies einer wirksamen Abnahme nicht entgegen.

  2. Für die Teile der Gesamtleistung muss in dem Werkvertrag ein gesondertes Entgelt vereinbart worden sein. Einigungen über Abschlagszahlungen sind keine gesonderte Entgeltsvereinbarung. Teilleistungen scheiden aus, wenn für das Gesamtwerk ein Festpreis vereinbart wurde oder wenn faktisch Teilabnahme erfolgen, ohne dass diese im Werkvertrag vereinbart oder die Vereinbarung im Werkvertrag geändert wurde.

  3. Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden. Die Abrechnung muss den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen.

2.2 Abschlagszahlungen

Liegen keine Teilleistungen vor und werden dennoch vor Ausführung der gesamten Leistung Zahlungen geleistet ist § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG zu beachten. Demnach entsteht die Steuer in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts (z. B. Anzahlungen, Abschlagszahlungen, Vorauszahlungen) vor Ausführung der Leistung oder Teilleistung gezahlt wird, bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem dieses vereinnahmt worden ist (Abschn. 181 UStR).

3. Ermittlung des Entgelts

Grundsätzlich richtet sich das Entgelt nach dem vereinbarten Leistungsentgelt. Bereits entrichtete Abschlagszahlungen sind hiervon abzuziehen. Zahlungen des Leistungsempfängers an Dritte wie z. B. der Steuerabzug nach den §§ 48 ff. EStG oder Sicherungseinbehalte durch den Auftraggeber nach § 17 VOB/B stellen keine Entgeltsminderung i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG dar.

3.1 Schätzung des Entgelts – zeitgerechte Versteuerung

In allen Fällen der Sollversteuerung hat der Unternehmer im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung die bereits erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen und hierbei das voraussichtliche Entgelt – sofern es noch nicht feststeht – sachgerecht zu schätzen.

Ist die Schätzung des Unternehmers offensichtlich unzutreffend, hat das Finanzamt das maßgebende Entgelt selbst zu ermitteln und ggf. zu schätzen.

Ergeben sich aus der Gewinnermittlung Hinweise, dass Bauleistungen erbracht, aber noch nicht abgerechnet wurden, ist ferner darauf zu achten, dass die Umsatzversteuerung bereits im Besteuerungszeitraum der Leistungserbringung erfolgt. Das betreffende Entgelt ist unter Umständen zu schätzen.

4. Steuersatzänderung

Unabhängig von der Frage, wann die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG entsteht, ist die Anwendung des zutreffenden Steuersatzes bei einer Steuersatzänderung danach zu bestimmen, wann die betreffenden Umsätze (Bauleistungen) bewirkt werden (vgl. Abschn. 160 Abs. 3 UStR). Unmaßgeblich sind sowohl der Zeitpunkt der Vereinnahmung wie auch der Zeitpunkt der Rechnungserteilung.

Werklieferungen oder Werkleistungen, auf die der allgemeine Steuersatz anzuwenden ist, unterliegen daher insgesamt der Besteuerung nach dem allgemeinen Steuersatz von 19 %, wenn sie nach dem ausgeführt werden. Eine andere umsatzsteuerrechtliche Behandlung kommt nur in Betracht, soweit Werklieferungen und Werkleistungen wirtschaftlich teilbar sind und in Teilleistungen erbracht werden (vgl. Tz. 2.1).

Das , BStBl 2006 I S. 477) enthält weitere Hinweise zur Erhöhung des allgemeinen Umsatzsteuersatzes mit Wirkung vom .

Die (USt-Kartei OFD Ffm. § 13 – S 7270 – Karte 6) ist durch diese Rdvfg. überholt und kann ausgesondert werden. Die Änderungen sind kursiv dargestellt.

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XAAAD-42946