OFD Hannover - S 2137 - 112 - StO 222/221

In Aussetzungsverfahren betreffend die Bildung von Rückstellungen für die Betreuung bereits abgeschlossener Lebensversicherungsverträge kann die Ermittlung der Rückstellung nach den Grundsätzen des erfolgen.

Das Niedersächsische in einem Aussetzungsverfahren entschieden, dass der Antragsteller dem Grunde nach berechtigt war, eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes für die Betreuung bereits abgeschlossener Lebensversicherungen zu bilden. Bei der Ermittlung der Rückstellung wurde hinsichtlich der Anzahl der Mitarbeiterstunden von einer Mitarbeiterstunde je Versicherungsvertrag (für die gesamte Laufzeit) ausgegangen (in Anlehnung an das , EFG 2007, 1931, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: X B 234/07).

Zur Begründung seines Antrags hatte der Antragsteller vorgetragen, dass folgende Betreuungsleistungen nach Abschluss von Lebensversicherungen zu erbringen seien: Änderung der Bankverbindung, Stundung der Beiträge bei Arbeitslosigkeit, Wiederinkraftsetzung der Verträge, Änderung der Bezugsrechte, Arbeitgeberwechsel, Sterbefälle, Abwehr von vorzeitigen Auflösungen, Beitragsfreistellungen. Da ein Teil der Kunden in einem anderen Bundesland wohne, sei ein erheblicher Fahraufwand notwendig. Nach den exemplarischen Aufzeichnungen der Mitarbeiter sei der Zeitaufwand von Lebensversicherungsverträgen sehr unterschiedlich. Er liege allerdings häufig deutlich über vier Stunden. Der von dem Antragsteller gewählte Ansatz von 2,5 Stunden sei daher eher an der unteren Grenze bemessen. Im Bestand des Antragstellers hätten sich im Streitjahr 792 Lebensversicherungsverträge befunden. Hinsichtlich des anzusetzenden Aufwands pro Stunde ging der Antragsteller gemäß einer Berechnung der Rückstellung für Lebensversicherungsverträge von einem Stundensatz von 26,59 € aus. Diesem Ansatz sei auch der Antragsgegner in seiner Berechnung gefolgt. Die Gesamtgemeinkosten des Antragstellers hätten im Streitjahr 95951,00 € betragen. Diese Aufwendungen seien durch 2.980 Arbeitsstunden zu dividieren, so dass sich (tatsächlich) ein Stundensatz von 32,20 € ergebe. Es ergebe sich somit auf der Grundlage des folgende Berechnung:

792 Verträge × 2,5 Stunden × 32,20 € = 63756,00 €.

Das Finanzamt hatte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid unter Berücksichtigung einer Rückstellung in Höhe von 11751,00 € von der Vollziehung ausgesetzt. Die Rückstellung wurde dabei wie folgt berechnet:

792 Verträge × 1 Stunde × 26,59 € × 0,558 (Abzinsungsfaktor) = 11751,00 €.

Besteht – wie im Streitfall – der Anlass für die Bildung der Rückstellung in einem Erfüllungsrückstand, ist maßgeblich die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens der Verbindlichkeit und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag, vgl. , BFH/NV 2001, 1334. Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen, , BFH/NV 2002, 845. Dabei ist der Steuerpflichtige gehalten, zur Rechtfertigung der von ihm begehrten Rückstellung konkrete Tatsachen darzulegen; er trägt die Feststellungslast, vgl. , BFH/NV 1998, 1217.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergaben sich nach Auffassung des Finanzgerichts keine Umstände, die den Antragsteller nach kaufmännisch vernünftigen und objektiv nachprüfbaren Umständen zur Bildung einer Rückstellung, die den Betrag in Höhe von 11751,00 € übersteigt, berechtigt hätten.

Insofern fehlte jeder substantiierte Vortrag des Antragstellers, in welchem Umfang ihm für die Betreuung von Lebensversicherungen nach dem Bilanzstichtag Lohnaufwand entstehen wird. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, Lohnaufwand für Nachbetreuung für zurückliegende Zeiträume, der durch geeignete Anschreibungen zeitnah ermittelt wurde, darzulegen und durch Vergleich der Lebensversicherungsbestände der Vergangenheit mit den am Bilanzstichtag vorhandenen Beständen hochzurechnen. Die dem Finanzgericht übersandten Tätigkeitsnachweise genügten diesen Anforderungen nicht. Diesen Unterlagen konnte zB nicht entnommen werden, wann der Aufwand entstanden war und welcher zeitliche Anteil auf die Nachbetreuung von Lebensversicherungen entfiel.

Es bestehen keine Bedenken, in Aussetzungsverfahren die Rückstellung anhand der in dem oben benannten Beschluss dargestellten Grundsätze zu ermitteln. Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei den Nachbetreuungsleistungen um Sachleistungsverpflichtungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG handelt. Bei der Abzinsung von Sachleistungsverpflichtungen ist für die Ermittlung der voraussichtlichen Restlaufzeit der Rückstellung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG auf den Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung abzustellen.

206. Derzeit werden Rückstellungen bei Kraftfahrzeughändlern für Verpflichtungen gegenüber Leasingunternehmen und Autovermietungen auf Rücknahme der gelieferten Kraftfahrzeuge nicht anerkannt.

Erlass Schleswig-Holstein VI 304 – S 2137 – 174 v. ;

StEK EStG § 5 Rückst. Nr. 206.

Mit dem , BFHE 219, 129, hat der BFH entschieden, dass für die von einem Kfz-Händler übernommene Verpflichtung, das an eine Leasinggesellschaft oder eine Autovermietung verkaufte Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingzeit bzw. nach einer Mindestvertragslaufzeit zu einem verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinbarten Entgelts auszuweisen ist. Diese Verbindlichkeit ist erst bei Ausübung oder Verfall des Rechts zum Rückverkauf des Fahrzeugs (der Rückverkaufsoption) erfolgswirksam auszubuchen.

Es ist bislang noch nicht entschieden, ob und ggf. wie dieses Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist. Bis zu dieser Entscheidung sind entsprechende Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen nicht anzuerkennen. Die Bearbeitung gleichgelagerter Rechtsbehelfsverfahren ist bis zu einer Entscheidung über die Anwendung des Urteils zurückzustellen.

207. Rückstellungen für Aufwendungen zur Anpassung des betrieblichen EDV-Systems an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) werden nicht anerkannt.

OFD Hannover v. - S 2137 - 112 - StO 222/221

Fundstelle(n):
TAAAD-42528