BFH Beschluss v. - I S 38, 39/09

Vorschriften der ZPO über die Ablehnung von Gerichtspersonen im Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz entsprechend anwendbar; keine Beschwerde gegen Entscheidung des BFH über eine Erinnerung gegen den Kostenansatz

Gesetze: GKG § 66 Abs. 1, GKG § 66 Abs. 3, GKG § 66 Abs. 8, ZPO § 42, ZPO § 44, ZPO § 45, ZPO § 51 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Der beschließende Senat hat mit Beschlüssen vom I E 16/09 und vom I E 14/09 die Erinnerungen der Kostenschuldnerin, Erinnerungsführerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Kostenschuldnerin) gegen zwei Kostenrechnungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zurückgewiesen. Gegen die Senatsbeschlüsse wendet sich die Kostenschuldnerin mit „sofortigen Beschwerden”, die hilfsweise als Gegenvorstellung(en) gelten sollen; zugleich lehnt sie zwei der an den Senatsbeschlüssen mitwirkenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

2 II. Die entsprechend § 73 Abs. 1 Satz 1, § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Rechtsbehelfe der Kostenschuldnerin bleiben ohne Erfolg.

3 1. Die Ablehnungsgesuche sind unzulässig.

4 a) Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) —von deren entsprechender Anwendbarkeit im Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz auszugehen ist—, kann ein Richter u.a. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt eine Ablehnung, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO).

5 b) In Rechtsprechung und Literatur ist jedoch anerkannt, dass ein Ablehnungsgesuch unzulässig ist, wenn sich die Ausübung des Ablehnungsrechts als missbräuchlich darstellt. Ein Missbrauch liegt u.a. vor, wenn das Gesuch schlechthin abwegig ist (Bundesverfassungsgericht —BVerfG—, Beschluss vom 2 BvR 36/60, BVerfGE 11, 1, 5; , BFH/NV 1988, 502) oder wenn die Ablehnung nur auf eine angebliche Rechtswidrigkeit zuvor ergangener Entscheidungen gestützt wird und weitere Gründe für die Befürchtung der Voreingenommenheit des Richters nicht benannt werden (BFH-Beschlüsse vom III R 24/74, BFHE 119, 227, BStBl II 1976, 627; vom XI B 114/95, BFH/NV 1996, 225; vom III E 5/03, BFH/NV 2004, 363). Ist die Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs offensichtlich, so kann über das Gesuch —abweichend von § 45 ZPO— das Gericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entscheiden (, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 3771). Auch der im Regelfall notwendigen vorherigen dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO) bedarf es dann nicht (BFH-Beschlüsse vom XI E 4/98, BFH/NV 1999, 952; vom VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485).

6 c) Im Streitfall liegt eine solche Situation vor. Die Kostenschuldnerin macht geltend, dass die abgelehnten Richter an Verfahren beteiligt gewesen seien, in denen ihr —der Kostenschuldnerin— „willkürlich prozessuale Rechte vorenthalten” worden seien, „permanent gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen” und ein faires Verfahren verweigert worden sei. Sie beruft sich damit letztlich nur auf die aus ihrer Sicht gegebene Rechtswidrigkeit von Entscheidungen, die ihr gegenüber in der Vergangenheit erlassen worden sind. Darüber hinaus gehende konkrete Gründe, die mit einer persönlichen Voreingenommenheit oder einer unsachlichen Einstellung der abgelehnten Richter in Zusammenhang gebracht werden könnten, bringt sie nicht vor. Zudem rügt sie die angeblichen Rechtsverletzungen nur pauschal und ohne nähere Bezeichnung bestimmter Fehler und nimmt —wiederum in pauschaler Weise— auf nicht näher beschriebene Äußerungen in anderen Verfahren Bezug. Ein solcher Vortrag kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sein, ein Befangenheitsgesuch zu stützen. Ein auf diese Weise begründetes Ablehnungsgesuch ist daher offensichtlich unzulässig. Angesichts dessen sind die Gesuche der Kostenschuldnerin unter Mitwirkung der abgelehnten Richter sowie ohne Einholung dienstlicher Stellungnahmen dieser Richter zu bescheiden und im Ergebnis zu verwerfen.

7 2. Die „sofortigen Beschwerden” sind nicht statthaft. Im Verfahren der Erinnerung gegen den Kostenansatz findet gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt.

8 3. Den Gegenvorstellungen ist ebenfalls kein Erfolg beschieden.

9 a) Die Senatsbeschlüsse vom 19. und sind nicht unter Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) ergangen. Der Senat hat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung über die Erinnerungen der Kostenschuldnerin befunden.

10 Die an den Senatsbeschlüssen mitwirkenden Richter waren in den Erinnerungsverfahren I E 14/09 und I E 16/09 nicht von der Kostenschuldnerin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden. Soweit sich die Kostenschuldnerin nunmehr auf ein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof A und den Richter am Bundesfinanzhof B vom in dem Erinnerungsverfahren I E 8/09 „sowie allen anderen, uns betreffenden Verfahren” bezieht, ist ein solches aus den Akten des Verfahrens I E 8/09 nicht zu ersehen. Die abschließende Senatsentscheidung in diesem Verfahren datiert vom ; in einem nachfolgenden Schriftsatz des Bevollmächtigten der Kostenschuldnerin vom ist von einem Ablehnungsgesuch nicht die Rede. Im Übrigen können die Wirkungen eines Ablehnungsgesuchs ohnehin nur in dem konkreten Verfahren eintreten, in dem es angebracht wird.

11 b) Die weiteren Ausführungen der Kostenschuldnerin laufen im Kern darauf hinaus, dass die mit den Erinnerungen angegriffenen Kostenrechnungen nicht hätten ergehen dürfen, weil die zur Kostenbelastung führenden Entscheidungen grob rechtswidrig gewesen seien. Mit diesem Einwand hat sich der Senat indessen schon in seinen Entscheidungen über die Erinnerungen auseinandergesetzt; er sieht keinen Anlass, den betreffenden Ausführungen weitere hinzuzufügen.

12 4. Die Auferlegung der Kosten der Beschwerde beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 135 Abs. 2 FGO. Die in § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG angeordnete Kostenfreiheit erstreckt sich nicht auf nicht statthafte Rechtsbehelfe (, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R968, m.w.N.). Die Befangenheitsgesuche und die Gegenvorstellungen lösen keine Gerichtsgebühren aus.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DAAAD-40987