BAG Beschluss v. - 1 ABR 66/08

Leitsatz

Leitsatz:

Geht ein Betrieb oder Betriebsteil unter Wahrung seiner bisherigen Identität durch Rechtsgeschäft auf einen Betriebserwerber über, tritt dieser betriebsverfassungsrechtlich an die Stelle des früheren Betriebsinhabers. Der neue Betriebsinhaber ist bis zu einer dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG genügenden Änderung zur Fortführung der im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung verpflichtet.

Gesetze: BetrVG § 101; BetrVG § 99 Abs. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; BetrVG § 1 Abs. 1 S. 2; ArbGG § 83 Abs. 3

Instanzenzug: LAG München, 8 TaBV 43/07 vom ArbG München, 3 BV 62/06 vom Veröffentlichungen: Für die Amtliche Sammlung: Ja

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin.

Die zu 2) bis 4) beteiligten Arbeitgeberinnen betreiben am Standort M einen Gemeinschaftsbetrieb mit knapp 700 Arbeitnehmern. Die Arbeitgeberinnen gehören zur A-Gruppe, deren Gesellschaften sich mit der Produktion, dem Verleih und dem Vertrieb von digitalen und mechanischen Geräten zur Filmherstellung befassen. Antragsteller ist der am Standort M gebildete Betriebsrat.

Die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin führt seit dem den Geschäftsbetrieb der vormaligen A KG fort, die am mit der IG Metall einen Haustarifvertrag in Form eines Anerkennungstarifvertrags abgeschlossen hatte. Diesen Tarifvertrag wandte die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin in ihrem Betrieb weiter an. Nach einem zwischen ihr und der IG Medien abgeschlossenen Haustarifvertrag vom gelten für die Arbeitnehmer sowie die Auszubildenden der "Betriebsgruppe Film" die zwischen der IG Medien und dem Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen e. V. (VTFF) geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung.

Die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin übertrug zum im Wege eines Betriebsteilübergangs ihren Bereich "Leihpark" auf die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin und den Bereich "Kopierwerk" auf die zu 4) beteiligte Arbeitgeberin. Die Beteiligten schlossen dazu am folgende Betriebsvereinbarung (BV 2002):

"...

2. Die Betriebsparteien sind sich einig, dass die aufnehmenden Gesellschaften in bezug auf die genannten Mitarbeiter mit Wirkung zum betriebsverfassungsrechtlich in die Rechte und Pflichten der A Cine Technik GmbH & Co Betriebs KG eintreten. Zudem wird die Tarifvertragsbindung, VTFF Tarifvertrag der Bereiche Kopierwerk und Leihparks-M, weiter aufrechterhalten.

3. Die aufnehmenden Unternehmen sichern zu, unter beratender Mitwirkung des Betriebsrates, die Möglichkeiten eines Haustarifvertrages mit der Tarifvertragspartei zu prüfen."

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin übernahm von der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin 37 Arbeitnehmer. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen waren 23 Mitarbeiter in den "Tarifvertrag VTFF" und ein Mitarbeiter in den "Tarifvertrag IG Metall" eingruppiert; mit 13 Arbeitnehmern war die Vergütung frei vereinbart. Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin stellte nach dem weitere 14 Arbeitnehmer ein, mit denen sie jeweils eine individuelle Vergütungsabrede traf. Zu diesen Arbeitnehmern gehört die Arbeitnehmerin V, die seit dem in der kaufmännischen Projektbetreuung beschäftigt wird. Die vom Betriebsrat geforderte Eingruppierung von Frau V "nach dem Tarifvertrag VTFF" lehnte die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ab.

Der Betriebsrat hat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet und zuletzt beantragt,

1. der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin aufzugeben, die mit Wirkung zum eingestellte Arbeitnehmerin Frau V in das betriebliche Vergütungssystem VTFF einzugruppieren, eine Eingruppierungsentscheidung zu treffen und die Zustimmung des Betriebsrats hierzu einzuholen und im Zustimmungsverweigerungsfall das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben,

2. die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin für jeden einzelnen Fall und Tag der Zuwiderhandlung nach einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung nach Ziff. 1 mit einem Zwangsgeld von bis zu 250,00 Euro zu belegen.

Die Arbeitgeberinnen haben beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, es fehle an einer betrieblichen Vergütungsordnung, in die die Arbeitnehmerin V einzugruppieren sei.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu 1 entsprochen und die weitergehende Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde beantragen die Arbeitgeberinnen die vollständige Abweisung der Anträge.

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem in der Rechtsbeschwerdeinstanz allein noch anhängigen Antrag zu 1 zu Unrecht entsprochen. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen durfte es nicht von der Pflicht der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin ausgehen, die Arbeitnehmerin V in eine im Gemeinschaftsbetrieb geltende Vergütungsordnung VTFF einzugruppieren. Dies führt zur teilweisen Aufhebung seiner Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat kann über den Antrag nicht selbst entscheiden. Es fehlt an ausreichenden Feststellungen über den Inhalt einer betrieblichen Vergütungs- ordnung, die für die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin maßgeblich ist.

I. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberinnen ist zulässig.

1. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist und er mit seinem Rechtsmittel gerade die Beseitigung dieser Beschwer begehrt. Die Beschwer eines Beteiligten besteht, wenn er durch die angegriffene Entscheidung nach ihrem materiellen Inhalt in seiner Rechtsstellung, die seine Beteiligungsbefugnis begründet, unmittelbar betroffen wird ( - Rn. 14, EzA TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 12; - 7 ABR 29/91 - zu B II 2 a der Gründe, AP ArbGG 1979 § 11 Prozeßvertreter Nr. 14 = EzA ArbGG 1979 § 11 Nr. 11). Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist ( (A) - zu B I 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 227).

2. Danach sind sämtliche Arbeitgeberinnen rechtsbeschwerdebefugt. Sie sind durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beschwert.

a) Für die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin folgt dies bereits daraus, dass ihr durch den Tenor der angefochtenen Entscheidung die Pflicht zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin V auferlegt worden ist.

b) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts berührt auch die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung der übrigen am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgeberinnen. Die Eingruppierung eines Arbeitnehmers betrifft zwar im Gemeinschaftsbetrieb lediglich die Rechtsbeziehung zum Vertragsarbeitgeber. Nur diesem gegenüber stehen dem Arbeitnehmer vertragliche Vergütungsansprüche zu, nur dieser kann und muss ggf. die in der Eingruppierung liegende Beurteilung korrigieren ( - zu II 2 a der Gründe, BAGE 113, 121). Überdies können im Gemeinschaftsbetrieb zudem für die an ihm beteiligten Arbeitgeber jeweils im Verhältnis zu ihren Arbeitnehmern verschiedene Vergütungsordnungen zur Anwendung gelangen ( - Rn. 26, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 13). Wird dem vorliegenden Antrag des Betriebsrats aber entsprochen, stünde dennoch fest, dass bei der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin vor dem Betriebsteilübergang auf die zu 2) und 4) beteiligten Arbeitgeberinnen eine betriebliche Vergütungsordnung bestanden hat. Zu deren Beachtung wären - soweit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht durch den Eingangshalbsatz ausgeschlossen ist - bei Fehlen von abändernden Vereinbarungen mit dem Betriebsrat auch die zu 3) und 4) beteiligten Arbeitgeberinnen im Verhältnis zu den bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmern verpflichtet, sofern die Arbeitsverhältnisse vom persönlichen Geltungsbereich dieser Vergütungsordnung erfasst werden.

II. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.

1. Der Antrag bedarf der Auslegung.

Er ist seinem Wortlaut nach auf die Eingruppierung der Arbeitnehmerin V in die "betriebliche Vergütungsordnung VTFF" gerichtet. Der Betriebsrat hat in der Anhörung vor dem Senat klargestellt, dass diese Vergütungsordnung nicht die Eingruppierungsmerkmale des zuletzt zwischen ver.di und dem VTFF abgeschlossenen Entgelttarifvertrags vom zum Inhalt hat. Mit der im Antrag verwandten Formulierung sollten vielmehr die zum Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs bei der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin geltenden tariflichen Regelungen bezeichnet werden. Dies sind nach der Verweisung in dem Haustarifvertrag vom der Gehaltstarifvertrag sowie der Lohntarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den technischen Betrieben für Film und Fernsehen e.V. (VTFF) vom 8./ (GTV 2000 bzw. LTV 2000). Dieses Antragsverständnis ist von seinem Wortlaut und der dazu vom Betriebsrat gegebenen Antragsbegründung umfasst.

2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ggf. vollstreckungsfähig gem. § 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 ArbGG iVm. § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin kann anhand der gewählten Antragsformulierung und ihrer Klarstellung erkennen, anhand welches Vergütungssystems sie eine Eingruppierungsentscheidung für die Arbeitnehmerin V treffen muss.

III. Ob die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin V in die sich aus dem Entgeltschema des GTV/LTV 2000 ergebende betriebliche Vergütungsordnung VTFF verpflichtet ist, kann aufgrund der bisher vom Landesarbeitgericht getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. Dies führt im Umfang ihrer Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

1. Der Betriebsrat kann zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und ihn um Zustimmung zu ersuchen, falls der Arbeitgeber die gebotene Eingruppierung unterlässt. Eine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat für den Betrieb des Arbeitgebers überhaupt zuständig ist und die im Betrieb bestehende Vergütungsordnung für den Arbeitnehmer gilt ( - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 13).

2. Eine Vergütungsordnung ist ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten, generell beschriebenen Merkmalen vorsieht ( - zu B II 2 b cc (1) der Gründe mwN, BAGE 112, 238). Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätze niederschlägt. Für die Maßgeblichkeit der Vergütungsordnung im Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt es nicht darauf an, weshalb sie im Betrieb Anwendung findet, ob aufgrund bestehender Tarifbindung, einer Betriebsvereinbarung, allgemein eingegangener vertraglicher Verpflichtungen oder einseitiger Praxis des Arbeitgebers ( - Rn. 20 mwN, NZA 2009, 1102). Findet eine Vergütungsordnung im Betrieb Anwendung, ist der Arbeitgeber daran betriebsverfassungsrechtlich gebunden. Das hat zur Folge, dass die in ihr enthaltenen Entlohnungsgrundsätze selbst nach dem Wegfall des ursprünglichen Geltungsgrundes der Vergütungsordnung zu beachten sind und vom Arbeitgeber nicht einseitig verändert werden können. Vielmehr bedarf er hierfür nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats ( - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 13; - 1 AZR 271/03 - zu IV 1 c aa der Gründe, BAGE 109, 369), sofern diese nicht nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG ausgeschlossen ist. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts sind jedoch nur die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, dh. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung und nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts ( - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

3. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil unter Wahrung seiner bisherigen Identität durch Rechtsgeschäft auf einen Betriebserwerber über, tritt dieser betriebsverfassungsrechtlich an die Stelle des früheren Betriebsinhabers. Mit dem vom BetrVG verwandten Begriff des Arbeitgebers wird der jeweilige Inhaber des Betriebs als Organ der Betriebsverfassung bezeichnet ( - zu B II 1 der Gründe, BAGE 101, 273; - 1 ABR 37/87 - zu B I 1 b der Gründe, BAGE 59, 371). Der neue Betriebsinhaber ist daher zur Fortführung einer im Betrieb bzw. Betriebsteil bestehenden Vergütungsordnung verpflichtet. Mit welchem Inhalt diese allerdings bei dem Erwerber weiter gilt, richtet sich grundsätzlich nach dem Geltungsgrund vor dem Betriebsübergang.

a) Beruhte die Anwendung einer betrieblichen Vergütungsordnung auf der Tarifbindung des Veräußerers, ist für deren dynamische Fortgeltung grundsätzlich die Tarifbindung des Erwerbers (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) erforderlich. Endet die normative Geltung des Tarifvertrags mit dem Übergang des Betriebs auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber, ist dieser betriebsverfassungsrechtlich nur gehalten, das bei dem Veräußerer geltende tarifliche Entgeltschema mit dem im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Inhalt fortzuführen. Zwar entfällt mangels Tarifbindung des Erwerbers der bisherige Geltungsgrund der Vergütungsordnung ( - zu I 1 c der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 18 = EzA BGB § 613a Nr. 203). Gleichwohl bleibt die ursprünglich tarifliche Vergütungsordnung die für den Betrieb maßgebliche Entgeltstruktur. Zu einer Nachbindung des Erwerbers an die für den Veräußerer geltenden Tarifverträge nach § 3 Abs. 3 TVG kommt es nicht. Die nach einem Betriebsübergang vereinbarten tariflichen Änderungen des Entgeltschemas wirken sich daher nicht mehr auf die statisch weiter geltende betriebliche Vergütungsordnung aus.

b) Hat der tarifgebundene Betriebsveräußerer die tariflichen Entlohnungsgrundsätze aufgrund einer einzelvertraglichen Bezugnahme oder aufgrund betrieblicher Übung auch auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer des Betriebs angewandt, hat er damit für diese Arbeitnehmergruppe einen eigenständigen Geltungsgrund geschaffen. In diesem Fall besteht im Betrieb betriebsverfassungsrechtlich eine einheitliche Vergütungsordnung für die tarifgebundenen und die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer. Mit welchem Inhalt diese nach einem Betriebsübergang weiter gilt, ist abhängig von der ursprünglichen Ausgestaltung ihres Geltungsgrundes beim Veräußerer. Wird das tarifliche Entgeltschema in seiner jeweiligen Fassung in Bezug genommen, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich dabei um eine bloße Gleichstellungsabrede oder um eine vom Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers unabhängige dynamische Bezugnahme auf das Tarifrecht handelt (dazu - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74). Liegt eine Gleichstellungsabrede vor, ist der Erwerber nicht zur Anpassung der betrieblichen Vergütungsordnung an künftige Änderungen des einschlägigen tariflichen Entgeltschemas verpflichtet. Hingegen richtet sich ihr Inhalt nach dem jeweils einschlägigen tariflichen Entgeltschema, wenn es sich um eine von der Tarifbindung des Veräußerers unabhängige Bezugnahmeklausel handelt.

c) Diese Grundsätze gelten auch für einen Arbeitgeber, der nicht den gesamten Betrieb, sondern nur einen Betriebsteil übernimmt und ihn ohne wesentliche Änderung der bestehenden Organisation gemeinsam mit dem Veräußerer als Gemeinschaftsbetrieb iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG fortführt. Im Gemeinschaftsbetrieb sind Inhaber der betrieblichen Leitungsmacht und damit Arbeitgeber iSd. BetrVG alle Unternehmen, die sich zur einheitlichen Leitung des Betriebs verbunden haben. Die betriebsverfassungsrechtliche Pflichtenstellung von Arbeitgeber und Betriebsrat knüpft an den Begriff des Betriebs und damit an die bestehende organisatorische Einheit an. Deren Identität bleibt unverändert, wenn in einem Teilbereich der bestehenden Organisation lediglich die Person des Betriebsinhabers ausgewechselt wird und die verbundenen Unternehmen den Betrieb nunmehr gemeinsam fortführen. Der neue Betriebsinhaber tritt jedoch gegenüber den übernommenen Arbeitnehmern an die Stelle des bisherigen Betriebsinhabers, soweit es für die Anwendung des BetrVG auf die Stellung als Vertragsarbeitgeber ankommt.

4. Das Landesarbeitsgericht hat es rechtsfehlerhaft für ausreichend angesehen, dass sich die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin bereits vor dem Betriebsteilübergang bei der deutlichen Mehrheit der übernommenen Arbeitnehmer an dem Vergütungssystem des Tarifvertrages VTFF orientiert habe. Das Beschwerdegericht hat jedoch keine nachprüfbaren Feststellungen zum Inhalt und Geltungsgrund der von ihm als maßgeblich angesehenen Vergütungsordnung getroffen. Ebenso hat es nicht aufgeklärt, ob die Arbeitnehmerin V aufgrund ihrer ausgeübten Tätigkeit in diese Vergütungsordnung einzugruppieren ist. Dies führt zur Aufhebung seiner darauf bezogenen Entscheidung.

IV. Der Senat kann über den geltend gemachten Anspruch nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind hierfür nicht ausreichend. Die Sache war daher gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Bei der neuen Anhörung wird das Landesarbeitsgericht von Folgendem auszugehen haben:

1. Der Antrag des Betriebsrats ist begründet, wenn die Arbeitnehmerin V bei der Einstellung Mitglied der Gewerkschaft ver.di war und ihre Tätigkeit dem persönlichen Geltungsbereich des GTV 2000 oder des LTV 2000 unterfällt. Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist verpflichtet, die in diesen Tarifverträgen geregelten Gehalts- und Lohngruppen als betriebliche Vergütungsordnung bei der Eingruppierungsentscheidung einer tarifgebundenen Arbeitnehmerin zu beachten.

a) Die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin ist seit dem an den mit der IG Medien abgeschlossenen Haustarifvertrag nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG gebunden. Dessen § 1 enthält eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils zwischen der IG Medien (seit dem : ver.di) und dem VTFF abgeschlossenen Tarifverträge. Die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin war vor den Betriebsteilübergängen der Bereiche "Leihpark" und "Kopierwerk" aufgrund ihrer Tarifbindung gegenüber den tarifgebundenen Arbeitnehmern zur Anwendung der jeweils einschlägigen Lohn- und Gehaltstarifverträge verpflichtet. Hierin liegt der Geltungsgrund für die Einführung der betrieblichen Vergütungsordnung bei der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin. Der Inhalt der Vergütungsordnung bestimmte sich für die am in der Betriebsgruppe Film beschäftigten Arbeitnehmer nach den in § 2 GTV 2000 bzw. § 2 LTV 2000 enthaltenen Eingruppierungsvorschriften.

b) Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist nach dem Betriebsteilübergang in die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin eingetreten. Damit war sie gehalten, die sich aus dem GTV/LTV 2000 ergebende betriebliche Vergütungsordnung für die bei ihr beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmer weiter anzuwenden. Diese Pflicht betraf nicht nur die übernommenen, sondern auch die ab dem neu eingestellten tarifgebundenen Arbeitnehmer, sofern deren Arbeitsverhältnisse dem persönlichen Geltungsbereich des GTV/LTV 2000 unterfallen. Eine Änderung der Vergütungsordnung, zu der auch die Beschränkung ihres persönlichen Geltungsbereichs auf die bis zum eingestellten Arbeitnehmer zählt, hätte nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Beteiligung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt.

2. Auf die Mitgliedschaft der Arbeitnehmerin V in der Gewerkschaft ver.di kommt es allerdings nicht an, wenn die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin vor dem Betriebsteilübergang des Leihparks nicht nur die tarifgebundenen Arbeitnehmer nach den jeweils einschlägigen tariflichen Vorschriften eingruppiert hat, sondern auch Nichtgewerkschaftsmitglieder. In diesem Fall hätte das tarifliche Entgeltschema zunächst bei der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin als betriebliche Vergütungsordnung aufgrund der vertraglichen Inbezugnahme des GTV/LTV 2000 oder ihrer Anwendung kraft betrieblicher Übung gegolten. Über den Inhalt der Arbeitsverträge bei der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Der Senat kann daher auch nicht beurteilen, mit welchem Inhalt eine solche Vergütungsordnung von der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin nach dem Betriebsteilübergang fortzuführen ist.

Für die Begründetheit des Antrags ist es ohne Bedeutung, ob die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin für außertarifliche Arbeitsverhältnisse eine weitere Vergütungsordnung in ihrem Betrieb eingeführt hat. Der Betriebsrat hat seinen Antrag auf die Eingruppierung der Arbeitnehmerin V in die betriebliche Vergütungsordnung VTFF beschränkt.

3. Die danach gebotene Sachverhaltsaufklärung ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Betriebsparteien in Nr. 2 Satz 2 BV 2002 die Anwendung der beim Betriebsteilübergang geltenden tariflichen Eingruppierungsvorschriften als betriebliche Vergütungsordnung vereinbart haben. Mit diesem Inhalt verstößt Nr. 2 Satz 2 BV 2002 gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist daher unwirksam.

a) Nach dieser Bestimmung können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Die Vorschrift dient der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und Stärkung der Funktionsfähigkeit der Koalitionen ( - Rn. 26, BAGE 118, 211). Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie wird auch dann gestört, wenn die Betriebsparteien für nicht tarifgebundene Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelungen in Form von Betriebsvereinbarungen treffen. Zu diesen zählen Betriebsvereinbarungen, die sich darauf beschränken, eine bestehende tarifvertragliche Regelung unverändert zu übernehmen und sie damit auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer zu erstrecken. Für das Bedürfnis nach betriebsnaher Regelung stehen Firmentarifverträge als kollektivrechtliche Gestaltungsmittel zur Verfügung ( - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

b) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG besteht allerdings nicht im Geltungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG. Die erzwingbare Mitbestimmung des Betriebsrats wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die entsprechende Angelegenheit nur üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird oder zwar tariflich geregelt, der Arbeitgeber aber an den betreffenden Tarifvertrag nicht gebunden ist. Andernfalls würde durch einen im Betrieb nicht geltenden Tarifvertrag zum Nachtteil der Beschäftigten eine mitbestimmte Regelung in den Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG überhaupt ausgeschlossen. Dies widerspräche der Schutzfunktion der Regelung ( - zu II 2 c der Gründe mwN, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

c) Die Betriebsparteien haben die Übernahme des zum Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs geltenden Entgeltschemas des GTV/LTV 2000 als betriebliche Vergütungsordnung nicht wirksam vereinbart. Nr. 2 Satz 2 BV 2002 enthält schon dem Wortlaut nach keine Übernahme der tariflichen Eingruppierungsvorschriften als Entlohnungsgrundsätze iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Der Betriebsrat hat vielmehr versucht, mit der BV 2002 die fehlende Tarifbindung der zu 2) und 4) beteiligten Arbeitgeberinnen zu kompensieren. Eine solche betriebliche Konkurrenzregelung verstößt gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Entgegen der erstmals in der Anhörung vor dem Senat geäußerten Auffassung des Betriebsrats war die Geltung der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch nicht durch § 112 Abs. 1 Satz 4 BetrVG ausgeschlossen. Die BV 2002 ist nach ihrem Regelungsgehalt ersichtlich kein Sozialplan iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG. Es kann daher dahinstehen, ob die Fortführung einer betrieblichen Vergütungsordnung für künftig einzustellende Arbeitnehmer überhaupt Bestandteil eines Sozialplans sein kann.

Fundstelle(n):
BB 2010 S. 500 Nr. 9
BB 2010 S. 707 Nr. 10
DB 2010 S. 511 Nr. 9
DStR 2010 S. 11 Nr. 9
NJW 2010 S. 1990 Nr. 27
NJW 2010 S. 8 Nr. 9
ZIP 2010 S. 492 Nr. 10
BAAAD-38063