Gemisch für die Zubereitung von Betacaroten nicht von der sog. Liste P für von Zöllen befreite pharmazeutische Erzeugnisse erfasst
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, KN Kap. 32 Anm. 3, KN Pos. 3204 1900
Instanzenzug:
Gründe
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) meldete im November 2006 „Beta Carotene (Pro-Vitamin A) CAS RN 7235/40/7” unter Angabe der Unterpos. 3204 19 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN) und des Zusatzcodes 2500 für zollbefreite pharmazeutische Erzeugnisse zur Abfertigung zum freien Verkehr an. Die Ware wurde wie angemeldet abgefertigt. Die Untersuchung einer Probe durch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) führte zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Ware um eine 1 % Betacaroten enthaltende Zubereitung von Betacaroten des Zusatzcodes 2501 handele, woraufhin der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) Zoll nach dem für Waren dieser Art vorgesehenen Zollsatz nacherhob.
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Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass es sich bei der streitigen Ware um eine Zubereitung von Betacaroten handele, die nicht vom Zoll befreit sei.
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Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt.
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor.
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Geht es —wie im Streitfall— allein darum, ob die Zollverwaltung die betreffende Ware zutreffend in den Zolltarif eingereiht hat oder ob die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers die richtige ist, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt, wie der beschließende Senat in seinem Beschluss vom VII B 136/01 (BFHE 198, 242) ausgeführt hat, der Klärungsbedürftigkeit der Tarifierungsfrage und ihrer ausreichenden Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entscheidende Bedeutung zu. Hat das FG die Tarifauffassung der Zollverwaltung bestätigt, muss der Beschwerdeführer unter Heranziehung der zu dieser Frage ggf. vorhandenen Literatur und Rechtsprechung der europäischen und der nationalen Gerichte sowie der einschlägigen Zolltarifmaterialien (Avise, Erläuterungen u.a.) Zweifel an dieser Einreihung der Ware erwecken und aufzeigen, aus welchen Gründen seiner abweichenden Tarifauffassung möglicherweise der Vorzug vor der Tarifauffassung der Zollverwaltung gegeben werden könnte. Derartige Zweifel begründet das Beschwerdevorbringen nicht.
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1. Nach Buchst. C Nr. 1. 1) der Besonderen Bestimmungen der Einführenden Vorschriften des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der (Änderungs-)Verordnung (EG) Nr. 1719/2005 der Kommission vom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 286/1) werden pharmazeutische Substanzen, die sowohl durch die CAS RN (Chemical Abstracts Service Registry Numbers) identifiziert als auch durch die INN (Internationalen Freinamen) des Anhangs 3 erfasst werden, von den Zöllen befreit. Im vorgenannten Anhang 3 (sog. Liste P) ist zwar bei der Unterpos. 3204 19 00 KN Betacaroten mit der CAS RN 7235-40-7 aufgeführt; das FG hat jedoch aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht geurteilt, dass es sich bei der vorliegend streitigen Ware nicht um Betacaroten handelt.
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Die Unterpos. 3204 19 00 KN erfasst „andere” synthetische organische Farbmittel, insbesondere auch Zubereitungen i.S. der Anm. 3 zu Kap. 32 KN auf der Grundlage synthetischer organischer Farbmittel. Wenn somit in dem pharmazeutische Erzeugnisse betreffenden Anhang 3 unter Angabe der Unterpos. 3204 19 00 KN nur Betacaroten aufgeführt ist, so gilt nach dem eindeutigen Wortlaut die Zollbefreiung weder für andere Farbmittel als Betacaroten noch für Zubereitungen von Farbmitteln dieser Unterposition.
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Bei der streitigen Ware handelt es sich um ein Gemisch verschiedener Stoffe, das Betacaroten mit einem Anteil von nur 1 % enthält. Die von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob der Zusatzcode 2500 nur für reines Betacaroten oder auch für Betacaroten in geringer Konzentration gilt, wenn Füllstoffe ohne pharmazeutische Wirkung zugesetzt sind, die dazu dienen, Betacaroten transport- oder verarbeitungssicher zu machen, ohne dass diese Stoffe mitverarbeitet oder weitergenutzt werden, ist zum Teil nicht klärungsfähig, zum Teil nicht klärungsbedürftig.
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Sollte es sich so —wie von der Beschwerde dargestellt, allerdings nicht vom FG festgestellt— verhalten, dass reines Betacaroten instabil und deshalb nur unter erschwerten Bedingungen transport- und lagerfähig ist und lediglich aus diesem Grund mit Pflanzenöl zu einer Emulsion verrührt wird (so auch die von der Beschwerde zitierten „Guidelines on the use of INNs”), könnte sich zwar die Frage stellen, ob das hierfür verwendete Öl zolltariflich wie eine Verpackung angesehen werden könnte. Im Streitfall wäre diese Frage allerdings in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil es sich bei der streitigen Ware nach den Feststellungen des FG, die sich auf die Probenuntersuchung durch die ZPLA stützen, nicht lediglich um eine Mischung von Betacaroten mit Pflanzenöl handelt, sondern um ein Gemisch verschiedener Substanzen, u.a. Sukrose, Dextrin und Gummi Arabicum, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie nur dem problemlosen Transport des Betacaroten dienen.
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Vielmehr ist unter Berücksichtigung des von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten und vom FG in Bezug genommenen Gutachtens davon auszugehen, dass sowohl die vorliegend zu beurteilende als auch andere handelsübliche, Betacaroten enthaltende Mischungen mit ihrer jeweiligen Zusammensetzung einer bestimmten Verwendung des Betacaroten als Nahrungsmitteln zugesetztes Farbmittel dienen. Dass eine solche in ihrer Zusammensetzung für eine bestimmte Verwendung vorgesehene Mischung eine Zubereitung von Betacaroten i.S. der Anm. 3 zu Kap. 32 KN ist, die nicht von der Liste P erfasst wird, hat das FG zutreffend erkannt. Klärungsbedürftige Fragen ergeben sich insoweit nicht.
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2. Den Feststellungen des FG lässt sich auch nicht eine die streitige Ware betreffende unterschiedliche Tarifierungspraxis anderer Mitgliedstaaten entnehmen. Die von der Beschwerde benannten dänischen verbindlichen Zolltarifauskünfte (vZTA) enthalten weder Angaben zur Zollfreiheit der jeweiligen Ware noch zu einer Warenbeschaffenheit, die mit derjenigen des Streitfalls vergleichbar ist. Anders als die Beschwerde meint, stellt sich somit vorliegend nicht die Frage, ob zu einer Tarifierung eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften einzuholen ist, wenn eine vZTA eines Mitgliedstaats bekannt ist, die von der Auffassung des FG abweicht.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 703 Nr. 4
StB 2010 S. 59 Nr. 3
OAAAD-37360