BFH Beschluss v. - III B 175/08

Bestandskraft eines Kindergeldablehnungsbescheids (wegen des unzureichenden Aufenthaltstitels eines Ausländers) trotz späterer Bewilligung für einen Teilzeitraum; Änderung eines Ablehnungsbescheids nur für die Zukunft

Gesetze: EStG § 62 Abs. 2, EStG § 70 Abs. 2, EStG § 70 Abs. 3, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

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I. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) lehnte den am eingegangenen Kindergeldantrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), eines vietnamesischen Staatsbürgers, am ab, weil sie die Voraussetzungen des § 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als nicht gegeben erachtete.

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Auf den erneuten Antrag vom setzte die Familienkasse Kindergeld ab Oktober 2006 fest. Nachdem der Kläger am wiederum Kindergeld beantragt hatte, lehnte die Familienkasse den Antrag am für die Zeiträume bis 2004 und ab 2005 ab und setzte Kindergeld für den Zeitraum Juli 2005 bis September 2006 fest.

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Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, Kindergeld für den Zeitraum Januar 2003 bis Juni 2005 sei am bestandskräftig versagt worden. Die Sperrwirkung der Bestandskraft werde nicht dadurch beseitigt, dass die Familienkasse für einen Teil des Zeitraums Kindergeld rechtswidrig rückwirkend gewährt habe. Die Bestandskraft der Ablehnung wirke für den danach verbliebenen Zeitraum fort. Der Ablehnungsbescheid vom könne auch nicht aufgehoben oder geändert werden.

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Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt der Kläger vor, das FG-Urteil beruhe auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Ihm sei rechtliches Gehör verweigert worden, da er sich nicht zum Umfang des Kindergeldantrages vom habe äußern können. Dieser sei ausschließlich auf einen künftigen Anspruch gerichtet gewesen, so dass der Ablehnungsbescheid vom nur für die Zukunft in Bestandskraft habe erwachsen können.

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Selbst wenn die Familienkasse den Kindergeldanspruch bestandskräftig abgelehnt haben sollte, hätte der Ablehnungsbescheid nach § 70 Abs. 2 und Abs. 3 EStG korrigiert werden können. Der Bescheid vom sei aufgrund der Annahme ergangen, dass er, der Kläger, keinen ausreichenden Aufenthaltstitel besitze. Er habe jedoch rückwirkend eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, was das FG unbeachtet gelassen habe. Das FG habe auch übersehen, dass er Kindergeld für den streitigen Zeitraum erhalten hätte, wenn er es erst nach Erhalt seines neuen Aufenthaltstitels rückwirkend beantragt hätte. Schließlich habe die Familienkasse selbst die Bestandskraft des ablehnenden Bescheides durchbrochen, indem sie für den Zeitraum Juli 2005 bis September 2006 Kindergeld festgesetzt habe.

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II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

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1. Die vom Kläger sinngemäß für grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gehaltene Rechtsfrage, ob die Bestandskraft eines Bescheides, durch den der Antrag auf Kindergeld abgelehnt wird, entfällt, wenn die Familienkasse später für einen Teil des davon betroffenen Zeitraums Kindergeld gewährt, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

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Sie ist nicht klärungsbedürftig, da sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat. Die Gewährung von Kindergeld für Zeiträume, für die die Kindergeldfestsetzung bestandskräftig abgelehnt worden ist, scheidet aus. Setzt die Familienkasse später gleichwohl für einen Teil dieses —bestandskräftig beschiedenen— Zeitraumes Kindergeld fest, so bleibt es im Übrigen bei der bestandskräftigen Ablehnung. Dabei ist unerheblich, ob die spätere Gewährung rechtmäßig oder —wie das FG entschieden hat— rechtswidrig ist, und worauf gegebenenfalls das rechtswidrige Handeln der Familienkasse zurückzuführen ist (z.B. weil die bestandskräftige Ablehnung für unbeachtlich gehalten oder übersehen wurde oder für einen Teil des Zeitraumes die Anwendbarkeit einer Änderungsvorschrift angenommen wurde).

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2. Geklärt und damit nicht grundsätzlich bedeutsam ist ebenfalls, dass es nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—) verstößt, wenn Kindergeldanträge für die Vergangenheit deshalb unterschiedlich beschieden werden, weil in dem einen Fall die Festsetzung von Kindergeld zuvor bereits bestandskräftig abgelehnt worden ist und in dem anderen nicht. Die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides ist der rechtfertigende Grund für die unterschiedliche Entscheidung (Senatsbeschluss vom III B 255/08, BFH/NV 2009, 1258).

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3. Mit seinem Vortrag, das FG habe unbeachtet gelassen, dass er rückwirkend eine Aufenthaltserlaubnis erhalten habe, der Bescheid vom aber aufgrund der Annahme eines nicht ausreichenden Aufenthaltstitels ergangen sei, wird kein Grund zur Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO) dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dasselbe gilt für den Hinweis auf eine mögliche Korrektur des Ablehnungsbescheides gemäß § 70 Abs. 2 und Abs. 3 EStG. Der Senat merkt dazu an, dass § 70 Abs. 2 und Abs. 3 EStG nur eine Änderung für die Zukunft ermöglichen, die Aufenthaltserlaubnis und die Aufenthaltsbefugnis waren dem Kläger aber vor dem erteilt worden.

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4. Die Revision ist nicht wegen der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) zuzulassen. Insoweit hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass er sich —schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung vor dem FG— zum zeitlichen Umfang seines Kindergeldantrages vom 12./ nicht äußern konnte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 600 Nr. 4
QAAAD-37342