BAG Urteil v. - 4 AZR 296/08

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: TVG § 3 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; BGB § 71 Abs. 1 S. 1; ZPO § 256 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 2; ArbGG § 67 Abs. 4; Lohnabkommen (vom ) zum Lohnrahmenabkommen Großhandel-Außenhandel-Dienstleistungen NRW § 5 Nr. 1 S. 1

Instanzenzug: LAG Hamm, 8 Sa 1131/07 vom ArbG Bocholt - 3 Ca 325/06 - Veröffentlichungen: Für die Amtliche Sammlung: Nein

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Vergütungsansprüche.

Der Kläger ist seit dem Jahre 1988 als Lagerarbeiter im Großhandelsunternehmen der Beklagten beschäftigt. Er erhält Entgelt nach der Lohngruppe VII des Lohnrahmenabkommens Großhandel-Außenhandel-Dienstleistungen NRW, zuletzt 2.119,77 Euro brutto. Der Kläger ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di).

Die Beklagte war ursprünglich im Unternehmens- und Arbeitgeberverband Großhandel-Außenhandel-Dienstleistungen W e.V. (Arbeitgeberverband) Vollmitglied. Bei diesem war zunächst die Möglichkeit einer Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft) nicht vorgesehen. Sie wurde auf der Mitgliederversammlung des Verbandes am satzungsändernd beschlossen. Die Satzungsänderung wurde am notariell beurkundet und am in das Vereinsregister eingetragen.

Mit Schreiben vom beantragte die Beklagte beim Arbeitgeberverband die Aufnahme in die OT-Mitgliedschaft rückwirkend zum . Mit Schreiben vom bestätigte dieser die OT-Mitgliedschaft der Beklagten ab dem .

Zwischen der Tarifgemeinschaft Großhandel-Außenhandel-Dienstleistungen NRW, zu der auch der Arbeitgeberverband gehört, und der Gewerkschaft ver.di wurden das Lohnabkommen vom (Lohnabkommen 2005) und das Gehaltsabkommen vom (Gehaltsabkommen 2005) geschlossen. Beide wurden ausdrücklich für die in der Tarifgemeinschaft zusammengeschlossenen Verbände, die namentlich in den Abkommen aufgeführt sind, geschlossen und traten - soweit hier von Bedeutung - am in Kraft. Darin wurde der "tarifliche Mindestlohn" bzw. das "tarifliche Monatsmindestgehalt" (jeweils § 2 der Abkommen) ab um jeweils 0,5 % angehoben. Nach § 4 des Lohnabkommens 2005 und nach § 5 des Gehaltsabkommens 2005 erhalten alle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer für September 2005 bis April 2006 einen monatlichen Festbetrag in Höhe von je 32,50 Euro, insgesamt 260,00 Euro, fällig mit dem Monatsentgelt August 2005. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten den Festbetrag anteilig entsprechend ihrer vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage - neben einer Feststellung zur Anwendung des Lohnabkommens 2005 - den tariflichen Festbetrag in noch restlicher Höhe von 130,00 Euro brutto nebst Zinsen, nachdem die Beklagte ihm einen Betrag von 130,00 Euro brutto gezahlt hatte.

Er hat die Ansicht vertreten, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finde das Lohnabkommen 2005 Anwendung, da es noch während der Tarifgebundenheit der Beklagten in Kraft getretenen sei. Die Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister besitze konstitutive Wirkung und eine Rückwirkung der Eintragung auf den Zeitpunkt des satzungsändernden Beschlusses oder seiner notariellen Beurkundung scheide aus Rechtsgründen aus.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 130,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem zu zahlen,

2. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien das Lohnabkommen für den Groß- und Außenhandel NRW Anwendung findet und die Beklagte verpflichtet ist, den in der Tabelle zu § 2 Lohnabkommen genannten Monatslohn zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei ab als OT-Mitglied nicht mehr tarifgebunden. Aus diesem Grund finde das Lohnabkommen vom auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Spätestens am sei rückwirkend zum die Lossagung der Beklagten von der Tarifbindung rechtswirksam geworden. Jedenfalls habe dem Arbeitgeberverband mit Rücksicht auf die bereits beschlossene Satzungsänderung die Rechtsvollmacht gefehlt, den Tarifvertrag auch mit Wirkung gegenüber den OT-Mitgliedern abzuschließen. Außerdem sei in der Erklärung der Beklagten vom zum Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft in einem ersten Schritt der Austritt aus dem Arbeitgeberverband und in einem zweiten Schritt der Verbandsbeitritt als OT-Mitglied enthalten. Sollte die Begründung der OT-Mitgliedschaft unwirksam gewesen sein, verbleibe es jedenfalls bei dem wirksamen Verbandsaustritt. Zumindest sei der Wechsel zur OT-Mitgliedschaft vor der erst mit Fälligkeitszeitpunkt für den wirksam werdenden Tariflohnerhöhung erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft erst nach Inkrafttreten des Tarifvertrags wirksam geworden und damit nicht geeignet sei, die bereits eingetretene Tarifgebundenheit zu beseitigen. Der erst am vorgenommenen, konstitutiv wirkenden Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister komme keine rückwirkende Bedeutung zu. Angesichts des ausdrücklich von den Tarifvertragsparteien bestimmten Zeitpunkts des Inkrafttretens des Tarifvertrags am sei für die Tarifbindung ohne Bedeutung, dass die Erhöhung des Tarifentgelts erst ab dem Monat September erfolge. Aus dem verbandsinternen - zunächst noch ohne satzungsgemäße Grundlage - vereinbarten Statuswechsel zur OT-Mitgliedschaft folge auch keine Beschränkung der Rechtsmacht des Verbands, einen Tarifvertrag für sämtliche Verbandsmitglieder abzuschließen.

II. Die hiergegen gerichtete zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist hinsichtlich beider Anträge zulässig und begründet.

1. Die Klage ist auch hinsichtlich des Antrages zu 2. zulässig.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Umformulierung des anfänglichen Antrags zu 2., mit dem der Kläger zunächst die gerichtliche Feststellung angestrebt hatte, sein Tarifgehalt in der Lohngruppe VII des Lohnabkommens für den Groß- und Außenhandel NRW betrage aufgrund der Tariferhöhung vom ab dem 2.130,37 Euro, im Verlauf des Berufungsverfahrens und nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist prozessrechtlich nicht zu beanstanden. Weder handelt es sich um eine unzulässige Klageänderung in der Berufungsinstanz, noch verstößt die Umformulierung erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gegen § 67 Abs. 4 ArbGG.

aa) Mit der Antragsumformulierung hat der Kläger an seinem ursprünglichen Klageziel nichts geändert. Der neu formulierte Antrag zu 2. war in dem bisherigen Antrag zu 2. bereits enthalten. Ihm geht es damit um die Feststellung, dass das Lohnabkommen - womit nach der Begründung das Lohnabkommen 2005 gemeint ist - auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar und die Beklagte zur Zahlung des Monatslohns nach der Tabelle in § 2 dieses Lohnabkommens verpflichtet ist. Auch in der neueren Formulierung stützt er seinen Antrag auf die Tatsachen, mit denen er seinen ursprünglichen Antrag zu 2. begründet hat. Schon daraus wird deutlich, dass er mit der Umformulierung nicht eine "Erweiterung" des ursprünglichen Antrags (vgl. - zu I der Gründe mwN, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 4) vorgenommen hat, sondern die von ihm begehrten Rechtsfolgen lediglich redaktionell neu gefasst hat.

bb) Auch § 67 Abs. 4 ArbGG steht der Zulässigkeit des neuen Antrags zu 2. nicht entgegen. In der Neufassung eines Antrags liegt bereits deshalb nicht das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel, weil der Klageantrag stets den Angriff selbst darstellt und nicht das Mittel dazu. Der Angriff selbst kann nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden ( - zu I 2 der Gründe mwN).

b) Der Antrag zu 2. ist als Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

aa) Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann der Kläger zugleich mit der Hauptklage - hier dem Klageantrag zu Ziff. 1 - auf Feststellung eines die Entscheidung bedingenden, dh. vorgreiflichen Rechtsverhältnisses klagen ( - zu I der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 1). Damit wird ein Element aus der Gesamtentscheidung verselbständigt und mit eigener Rechtskraft versehen. Grund hierfür ist die Eignung dieses Elements, über den konkreten Einzelfall hinaus, der mit der Hauptklage entschieden wird, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für mögliche Folgestreitigkeiten herzustellen. Eine Zwischenfeststellungsklage bedingt daher, dass die Frage nach dem Bestehen des entsprechenden Rechtsverhältnisses notwendig auch bei der Entscheidung über den Hauptantrag beantwortet werden muss, aber darüber hinaus auch für andere denkbare Folgestreitigkeiten Bedeutung haben kann. Diese Vorgreiflichkeit ersetzt die ansonsten notwendige Voraussetzung eines Feststellungsinteresses ( - Rn. 20, BAGE 124, 240).

bb) Danach ist der Antrag zu 2. als Zwischenfeststellungsantrag zulässig. Er ist auf die Feststellung der Anwendbarkeit des Lohnabkommens 2005 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien und auf die Zahlung des Monatslohns nach der Tabelle in § 2 dieses Lohnabkommens gerichtet. Dies festzustellen ist ein Element der Hauptklage im Antrag zu 1. und damit diesem vorgreiflich. Es ist zugleich für die weitere Abwicklung des Arbeitsverhältnisses der Parteien von Bedeutung.

2. Die Klage ist auch begründet. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Lohnabkommen 2005 für den Groß- und Außenhandel NRW Anwendung und die Beklagte ist verpflichtet, den in der Tabelle zu § 2 dieses Lohnabkommens genannten Monatslohn zu zahlen. Sie ist auch zur Zahlung des restlichen tariflichen Festbetrags von noch 130,00 Euro brutto nebst Zinsen verpflichtet.

a) Das Lohnabkommen 2005 gilt gemäß § 4 Abs. 1 TVG für die Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend. Die tarifrechtliche Wirksamkeit eines Wechsels der Beklagten von der Verbandsvollmitgliedschaft in eine OT-Mitgliedschaft scheitert bereits daran, dass die vereins- und satzungsrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen hierfür fehlen.

aa) Der Kläger war in dem Zeitraum, für den er Rechte aus dem Lohnabkommen 2005 in Anspruch nimmt, nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

bb) Die Beklagte war im Zeitpunkt des Abschlusses des Lohnabkommens 2005 am Mitglied mit Tarifbindung im Arbeitgeberverband und ist damit an dieses Lohnabkommen gebunden. Die Satzung des Arbeitgeberverbands sah bei Abschluss des Lohnabkommens noch nicht wirksam die Möglichkeit der OT-Mitgliedschaft vor, so dass die Beklagte eine solche Mitgliedschaft durch ihre Erklärung vom auch nicht begründen konnte. Diese Erklärung kann zudem nicht dahingehend ausgelegt oder gar umgedeutet werden, dass die Beklagte vorübergehend oder gänzlich aus dem Verband ausgetreten ist.

(1) Im maßgebenden Zeitpunkt des Abschlusses des Lohnabkommens 2005 am war die Beklagte noch nicht wirksam von der bisherigen Vollmitgliedschaft in eine OT-Mitgliedschaft des Arbeitgeberverbandes gewechselt.

(a) Maßgebend für die Feststellung der Tarifgebundenheit ist der Zeitpunkt der wirksamen und verbindlichen Tarifvereinbarung ( - Rn. 26, BAGE 124, 123), also der Zeitpunkt des Abschlusses des Lohnabkommens 2005 am . Demnach steht der Tarifgebundenheit der Beklagten entgegen ihrer Auffassung von vornherein nicht entgegen, dass die Tariferhöhung aus diesem Lohnabkommen erst zum fällig geworden ist.

(b) Zum Zeitpunkt des Tarifabschlusses am war die Beklagte noch nicht in eine OT-Mitgliedschaft gewechselt. Der Arbeitgeberverband hat die Möglichkeit, in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung zu wechseln, wirksam erst mit Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister am eingeführt. Bei Abschluss des Lohnabkommens 2005 mangelte es dem Verband an einer wirksamen satzungsmäßigen Grundlage für eine OT-Mitgliedschaft. Ohne eine solche Grundlage konnte die Beklagte nicht wirksam von der bisherigen Vollmitgliedschaft in eine OT-Mitgliedschaft wechseln.

(aa) § 3 Abs. 1 TVG bestimmt, dass die Mitglieder der tarifschließenden Verbände an einen Tarifvertrag, den der Verband schließt, gebunden sind. Zur Tarifgebundenheit bedarf es keiner ausdrücklichen Unterwerfungserklärung der Verbandsmitglieder. Hierfür genügt der Verbandsbeitritt. Darin kommt der Wille zum Ausdruck, an die vom Verband geschlossenen Tarifverträge als dessen Mitglied gebunden zu sein. Tarifautonomie als kollektive Privatautonomie gründet sich entscheidend auf diese mitgliedschaftliche Legitimation (vgl. - mwN, BAGE 119, 103).

(bb) Arbeitgeberverbände sind aufgrund der ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG verliehenen Satzungsautonomie (, 533/77, 419/78 - und - 1 BvL 21/78 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 50, 290, 367) grundsätzlich befugt, in ihren Satzungen eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung vorzusehen. Eine solche Regelung widerspricht im Grundsatz weder einfachem Recht noch Verfassungsrecht ( - BAGE 119, 103; - 4 AZR 419/07 - Rn. 26, AP TVG § 3 Nr. 38 = EzA GG Art. 9 Nr. 95).

(cc) Die Begründung einer OT-Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband setzt aber voraus, dass es für diese Mitgliedschaftsform zu dem Zeitpunkt, in dem ein bisheriges Vollmitglied eine OT-Mitgliedschaft begründen will, eine wirksame satzungsmäßige Grundlage gibt. Das erfordert, dass eine dahin gehende Satzungsänderung bereits in das Vereinsregister eingetragen ist, wobei die Eintragung nicht auf den Tag der Beschlussfassung zurückwirkt. Erst dann, wenn ein Arbeitgeberverband in seiner Satzung die Möglichkeit einer Mitgliedschaft ohne die Folge der Tarifgebundenheit wirksam vorsieht, sind die Mitglieder, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, keine Mitglieder iSv. § 3 Abs. 1 TVG.

(aaa) Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 BGB bedürfen Änderungen der Satzung, für die zunächst ein Beschluss der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1 iVm. § 33 BGB) oder eines nach § 40 BGB zuständigen Organs erforderlich ist, zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister. Bereits nach dem Gesetzeswortlaut wirkt diese Eintragung konstitutiv (vgl. Bamberger/Roth/Schwarz/Schöpflin BGB 2. Aufl. § 71 Rn. 1; MünchKommBGB/Reuter 5. Aufl. BGB § 71 Rn. 1); erst mit ihr wird die Satzungsänderung integrierter Bestandteil der Satzung (vgl. - BGHZ 55, 381). Eine zwar beschlossene, aber nicht in das Vereinsregister eingetragene Satzungsänderung ist sowohl für das Verhältnis des Vereins zu Dritten wie für das interne Vereinsleben ohne Wirkung ( - BGHZ 23, 122).

(bbb) Entgegen der Auffassung der Beklagten wirkt die Eintragung einer Satzungsänderung in das Vereinsregister nicht auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung hierüber zurück. Auch der Hinweis darauf, eine noch nicht eingetragene Satzungsänderung könne praktiziert werden, die Auffassung, Beschlüsse eines Vereins stünden unter der aufschiebenden Bedingung des Wirksamwerdens der Satzungsänderung durch Eintragung in das Vereinsregister sowie die Behauptung, zumindest im Innenverhältnis des Verbandes sei eine Satzungsänderung mit Rückwirkung zulässig, verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.

Dem steht bereits die konstitutive Wirkung der Eintragung von Satzungsänderungen in das Vereinsregister entgegen. Zudem erzeugt die vorliegende Satzungsänderung über die Einführung einer OT-Mitgliedschaft wegen ihres Einflusses auf die Tarifgebundenheit der Verbandsmitglieder nach § 3 Abs. 1, Abs. 3 TVG und ihrer damit verbundenen Einwirkung auf den Umfang der Normsetzungsbefugnis beider Tarifvertragsparteien eine derartige Wirkung nach außen, dass hierin nicht rückwirkend eingegriffen werden kann (dazu auch - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 20 = EzA TVG § 3 Nr. 20).

Die Beklagte kann sich für ihren Rechtsstandpunkt zur Rückwirkung auch nicht die auf die Entscheidung des stützen. Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis dahinstehen lassen, ob die dortige Satzungsänderung mit der Eintragung im Vereinsregister rückwirkend wirksam wurde. Es hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Rückwirkung der Eintragung sich nicht mit ihrer vom Gesetz angeordneten konstitutiven Wirkung vereinbaren lasse ( - zu I 2 der Gründe, NJW-RR 1998, 966). Soweit es weiter angenommen hat, Beschlüsse des Vereins stünden in der Regel unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung (OLG München zu I 2 der Gründe, aaO.), stützt das die Rechtsansicht der Beklagten nicht, weil damit nichts über eine Rückwirkung der Eintragung auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung ausgesagt wird.

(dd) Die Beklagte konnte daher mangels wirksamer satzungsmäßiger Grundlage im Januar 2005 nicht sofort eine OT-Mitgliedschaft im Verband begründen. Erst mit der Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister als Wirksamkeitserfordernis am wurde der aufgrund der neuen Satzung beantragte und bestätigte Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft wirksam. Damit war die Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Lohnabkommens 2005 am noch tarifgebunden. Ihr späterer Wechsel in die OT-Mitgliedschaft führte dann nicht mehr zum Wegfall ihrer Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 3 TVG).

(2) Die mit Schreiben vom abgegebene Erklärung der Beklagte kann auch nicht als Verbandsaustritt vor Abschluss des Lohnabkommens bewertet werden.

Die Auffassung der Beklagten, der mit Schreiben vom beantragte Wechsel zwischen Verbandsmitgliedschaftsformen enthalte als ersten Rechtsakt einen vorübergehenden Verbandsaustritt und sei als solcher auch vom Arbeitgeberverband mit Schreiben vom angenommen worden, ist verfehlt. Die Beklagte spaltet nicht nur einen einheitlichen Lebensvorgang künstlich auf. Sie entnimmt ihrem Schreiben darüber hinaus einen Regelungswillen, der in seinen Rechtsfolgen (Austritt aus dem Verband statt bloßem Statuswechsel) weit über das hinausgeht, was in diesem Schreiben nicht zum Ausdruck kommt. Aus diesem Grund scheidet auch eine Umdeutung der Vereinbarung über den Statuswechsel in eine Vereinbarung über einen sofortigen Austritt aus, deren satzungsmäßige Wirksamkeitsvoraussetzungen die Beklagte im Übrigen auch nicht dargelegt hat.

cc) Die Bindung beider Parteien an das Lohnabkommen 2005 lässt sich auch nicht mit dem Einwand der Revision in Frage stellen, der Arbeitgeberverband habe bei Abschluss des Lohnabkommens ohne Vollmacht der Beklagten gehandelt. Einer solchen individuellen Bevollmächtigung zum Tarifabschluss bedurfte es nicht. Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Lohnabkommens 2005 Vollmitglied des Arbeitgeberverbandes und unterlag als solches nach § 3 Abs. 1 TVG der Tarifbindung an diesen Tarifvertrag. Bei beiderseitiger Tarifgebundenheit folgt daraus nach § 4 Abs. 1 TVG die normative Wirkung im einzelnen Arbeitsverhältnis, die nicht zur Disposition einer Tarifvertragspartei oder von deren Mitgliedern steht (vgl. - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 20 = EzA TVG § 3 Nr. 20).

b) Der Kläger hat neben dem Anspruch auf Zahlung des restlichen Festbetrags in Höhe von 130,00 Euro brutto nach § 4 Lohnabkommen 2005 zudem auch Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm den in der Tabelle zu § 2 des Lohnabkommens 2005 genannten Monatslohn zahlt.

c) Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat die Beklagte gemäß § 97 ZPO zu tragen.

Fundstelle(n):
HAAAD-37238