Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LSG Nordrhein-Westfalen, L 19 AS 60/07 vom SG Düsseldorf, S 28 AS 321/07
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) streitig.
Der Kläger hat am Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen ihm ab dem (dem Tag seiner Antragstellung) Leistungen nach dem SGB II zu zahlen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Der Kläger hat hiergegen Widerspruch eingelegt. Das SG hat den Kläger darauf hingewiesen, dass die Klage mangels Abschluss des Vorverfahrens unzulässig sei. Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom , eingegangen bei Gericht am , erklärt: "Ich ziehe meine Klage und den Prozesskostenhilfeantrag vorläufig zurück. Sobald die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, werde ich gegebenenfalls die Klage und den Prozesskostenhilfeantrag erneut einreichen." Mit Schreiben vom hat er die Rücknahme dieser Klagerücknahme erklärt. Das festgestellt, dass die Klage durch die Rücknahme vom erledigt sei. Die dagegen gerichtete Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom ). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die mit Schreiben vom abgegebene Erklärung sei als Klagerücknahme wirksam. Der Kläger habe unmissverständlich erklärt, dass er die Klage zurückziehe. Die Hinzusetzung des Wortes "vorläufig" bedeute insoweit keine Einschränkung. Im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Satz ergebe sich daraus lediglich, dass er sich die erneute Klageerhebung vorbehalte, sofern die Sachurteilsvoraussetzungen eintreten sollten. Die Rücknahme erledige den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 102 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und könne grundsätzlich weder angefochten noch widerrufen werden (Hinweis auf BSG SozR 1500 § 102 Nr 2). Die Voraussetzungen eines ausnahmsweise möglichen Widerrufs entsprechend den Regeln über die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens (§§ 579, 580 Zivilprozessordnung [ZPO]) seien offensichtlich nicht erfüllt. Der Hinweis des SG, dass es für die Durchführung eines Klageverfahrens eines Vorverfahrens (§ 78 SGG) bedürfe, sei zutreffend, sodass eine Täuschung durch das Gericht nicht vorliege. Im Übrigen sei die Klage schon deshalb unzulässig gewesen, weil bei ihrer Erhebung eine Entscheidung der Beklagten noch nicht ergangen sei.
Der Kläger hat mit einem von ihm unterzeichneten Schreiben gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Beschwerde eingelegt, zugleich für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt.
II
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil es an der hinreichenden Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt (§ 73a SGG iVm § 114 ZPO). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs und des bisherigen Vorbringens nicht ersichtlich.
Es ist nicht zu erkennen, dass eine Zulassung der Revision gegen das von dem Kläger angegriffene Urteil auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Die Frage muss außerdem klärungsfähig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13; SozR aaO Nr 65). Im vorliegenden Fall sind keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen zu erkennen. Nach § 102 Satz 1 (jetzt Abs 1 Satz 1) SGG kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Diese Vorschrift macht die Klagerücknahme von keiner Form abhängig. Die Rücknahme ist eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet, auch wenn der Rechtsstreit materiell nicht erledigt wurde. Sie kann nach der Rechtsprechung des BSG, die das LSG zutreffend in Bezug genommen hat, grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden. Es ist nicht erkennbar, dass der vorliegende Rechtsstreit vor diesem Hintergrund weitere klärungsbedürftige Rechtsfragen aufwirft.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass das LSG mit seiner Würdigung, dass die Erklärung des Klägers eine unbedingte Klagerücknahme beinhalte, von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht.
Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass die Revision wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden könnte (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf die Verletzung der §§ 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Auch das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist hier nicht ersichtlich.
Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil sie den Anforderungen des § 73 SGG nicht entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
AAAAD-35561