BGH Beschluss v. - IX ZB 105/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 574 Abs. 2; ZPO § 575 Abs. 3; InsVV § 11 Abs. 1; InsVV § 11; InsVV § 19 Abs. 1

Instanzenzug: AG München, 1501 IN 2704/04 vom LG München I, 14 T 20884/07 vom

Gründe

I.

Der Rechtsbeschwerdeführer wurde mit Beschluss vom mit Wirkung von diesem Tag zum vorläufigen Insolvenzverwalter (im Folgenden: Insolvenzverwalter) über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Das Amt endete mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am . Er beantragte, die Vergütung für die vorläufige Verwaltung auf 170.877,07 EUR zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer, insgesamt 199.088,21 EUR, festzusetzen.

Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht die Vergütung auf 49.002,77 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt 56.843,21 EUR festgesetzt sowie die Auslagen auf 750 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, zusammen 870 EUR. Als Berechnungsgrundlage hat es einen Wert von 1.225.981,20 EUR zugrunde gelegt. Das entspricht der vom Verwalter beantragten Berechnungsgrundlage abzüglich der von ihm zusätzlich geltend gemachten 6.500.000 EUR für die von der Schuldnerin angemietete Immobilie. Gewährt wurde ein Bruchteil der Regelvergütung von 25 % zuzüglich Zuschlägen von zusammen 68,75 %, insgesamt 93,75 % der Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV.

Der sofortigen Beschwerde des Insolvenzverwalters hat das Amtsgericht insoweit abgeholfen, als es die Vergütung auf 65.276,42 EUR zuzüglich Umsatzsteuer von 10.444,23 EUR erhöht hat, zusammen auf 75.720,65 EUR. Die Festsetzung der Auslagen blieb unverändert. Es hat eine eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung des Grundstücks angenommen und die Berechnungsgrundlage um 135.000 EUR erhöht. Wegen erheblicher Befassung des Verwalters mit der Immobilie hatte es einen weiteren Zuschlag von 25 % zuerkannt, insgesamt also nunmehr Zuschläge von 93,75 %.

Die weitergehende sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Verwalter seinen Vergütungsantrag in vollem Umfang weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO), jedoch unzulässig; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). Dabei prüft der Bundesgerichtshof wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulässigkeitsgründe, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (, ZInsO 2005, 1162; v. - IX ZB 209/04, ZVI 2006, 351, 352 Rn. 4; v. - IX ZB 46/08, ZInsO 2009, 495, 496 Rn. 4).

1.

Nach Auffassung der Rechtsbeschwerde ist maßgeblich § 11 Abs. 1 InsVV in der Fassung der Verordnung vom (BGBl. I S. 3389). Sie hält die Frage für klärungsbedürftig, ob im Falle einer eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung § 11 Abs. 1 Satz 5 InsVV eingreift mit der Folge, dass eine Berücksichtigung bei der Bemessungsgrundlage nicht erfolgte und lediglich Zuschläge in Betracht kommen, oder ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - der Wert des eigenkapitalersetzend überlassenen Gegenstandes bei der Bemessungsgrundlage voll zu berücksichtigen ist. Die Klärung dieser Frage sei zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

2.

Die aufgeworfene Frage ist nicht entscheidungserheblich, weil § 11 Abs. 1 Satz 5 InsVV keine Anwendung findet.

a)

§ 11 Abs. 1 InsVV in der Fassung der Verordnung vom ist jedenfalls auf Vergütungen aus vorläufigen Insolvenzverwaltungen nicht anwendbar, die vor dem begonnen und geendet haben (, ZIP 2008, 2323 Rn. 5 ff; v. aaO Rn. 5). Dies war hier der Fall. Die vorläufige Verwaltung begann am und endete am .

b)

Für die Vergütung des Rechtsbeschwerdeführers findet deshalb gemäß § 19 Abs. 1 InsVV die Vorschrift des § 11 InsVV in der Fassung der Verordnung vom (BGBl. I 2004 S. 2569) Anwendung (, ZIP 2006, 2228 Rn. 6 ff; vgl. auch BGHZ 168, 321, 324 Rn. 7).

c)

Danach sind Gegenstände mit Aus- und Absonderungsrechten bei der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nur zu berücksichtigen, wenn sich der Verwalter damit in erheblichem Umfang befasst hat. In diesem Fall schlägt sich die erhebliche Befassung allerdings nicht in der Bemessungsgrundlage nieder, sondern führt zu einem Zuschlag zur Regelvergütung (BGHZ 168, 321, 326 Rn. 13). Einen derartigen Zuschlag haben die Vorinstanzen gewährt. Die Höhe wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen.

d)

Die Rechtsbeschwerde macht vielmehr geltend, das von der Schuldnerin gemietete Betriebsgrundstück müsse gleichwohl mit seinem Substanzwert in die Berechnungsgrundlage einbezogen werden, weil eine eigenkapitalersetzende Gebrauchsüberlassung vorgelegen habe.

Insoweit liegt ein Zulässigkeitsgrund nicht vor.

Eine Entscheidung zur Einheitlichkeitssicherung wegen behaupteter symptomatisch falscher Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 5 InsVV in der ab geltenden Fassung der Zweiten Änderungsverordnung ist nicht möglich, weil diese Fassung der Verordnung nicht anwendbar ist, die Frage der richtigen Auslegung der Vorschrift also nicht entscheidungserheblich wird.

Auch der geltend gemachte Zulässigkeitsgrund der Rechtsfortbildung liegt nicht vor, ebenso wenig wie Grundsatzbedeutung. Betrifft die Rechtsfrage, wegen der grundsätzliche Bedeutung oder das Erfordernis der Rechtsfortbildung geltend gemacht wird, auslaufendes Recht, so muss in der Begründung der Rechtsbeschwerde dargelegt werden, dass eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungsweisend sein kann (vgl. zur Nichtzulassungsbeschwerde , WM 2003, 987, 988, in BGHZ 154, 288 insoweit nur im Leitsatz abgedruckt).

An einer solchen Darlegung fehlt es, schon weil die Rechtsbeschwerde von der Anwendung des neuen Rechts ausgeht. Eine solche Darlegung ist aber auch nicht möglich. Da die Neuregelung des § 11 Abs. 1 InsVV auf einer Neukonzeption der Bemessung der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Verwalters beruht (vgl. aaO S. 2324 Rn. 9), könnte eine Rechtsprechung zum alten Recht in dem hier fraglichen Fall der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung nicht auf die Neuregelung übertragen werden. Es bedürfte dort vielmehr einer gänzlich neuen Entscheidungsfindung, gerade im Hinblick auf die neue Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 5 InsVV.

Der Beschwerdeführer trägt auch nicht vor - und dies ist auch nicht ersichtlich -, dass die Frage für das alte Recht noch weiterhin in einer erheblichen Anzahl von Fällen von Bedeutung wäre (vgl. aaO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
TAAAD-34000

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein