BSG Urteil v. - B 1 KR 19/08 R

Leitsatz

1. Der Anspruch auf Kostenerstattung für einen im EG-Ausland beschafften Zahnersatz setzt die Genehmigung der Versorgung nach Prüfung einer einem Heil- und Kostenplan vergleichbaren Unterlage durch die Krankenkasse vor der Behandlung voraus.

2. Das Erfordernis der vorherigen Genehmigung der zahnprothetischen Versorgung verstößt nicht gegen Europarecht.

Gesetze: SGB V F: § 13 Abs 4 S 1; SGB V F: § 27 Abs 1 S 2 Nr 2a; SGB V F: § 28 Abs 2; SGB V F: § 55 Abs 1; SGB V F: § 87 Abs 1a; EG Art 49

Instanzenzug: SG Karlsruhe, S 5 KR 3930/06 vom LSG Stuttgart, L 4 KR 5472/07 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer in der Tschechischen Republik durchgeführten zahnprothetischen Versorgung.

Die beklagte Krankenkasse (KK) genehmigte der 1963 geborenen, bei ihr versicherten Klägerin am eine zahnprothetische Versorgung gemäß Heil- und Kostenplan (HKP) des Zahnarztes I (...). Diese Versorgung ließ die Klägerin in der Folgezeit jedoch nicht durchführen, sondern beschaffte sich am Zahnersatz von dem Zahnarzt Dr. H F in (Tschechische Republik) gegen eine Vergütung von 1.810 Euro. Am erhielt die Beklagte die mit "Kostenvoranschlag/Rechnung" überschriebene Rechnung des Dr. H vom in Höhe von 1.810 Euro. Die Beklagte lehnte eine Kostenerstattung ab, weil die Behandlung nicht zuvor genehmigt worden sei (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ua vorgebracht, entsprechend einer ihr telefonisch erteilten Auskunft der Beklagten habe sie dieser den Kostenvoranschlag vor der Behandlung vorgelegt, sei aber von der Beklagten nicht darauf hingewiesen worden, dass auch die Genehmigung vor der Behandlung erteilt werden müsse. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom ). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen: Ihr stehe kein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 4 SGB V in Höhe der Festzuschüsse nach § 55 SGB V zu. Wie sich aus § 55, § 87 Abs 1a SGB V und den Bestimmungen des Bundesmantelvertrages-Zahnärzte (BMV-Z) entnehmen lasse, sei eine auf dem HKP basierende vorherige Genehmigung der KK zwingende Voraussetzung für einen Anspruch auf Festzuschüsse für eine zahnprothetische Versorgung. Dies gelte auch bei einer Auslandsbehandlung. Eine diskriminierende Beeinträchtigung der europäischen Dienstleistungsfreiheit ergebe sich daraus nicht. Der HKP müsse nicht auf den hierfür vorgesehenen inländischen Formularen, die einem ausländischen Arzt ggf nicht zur Verfügung stünden, erstellt werden; es genüge ein "Kostenvoranschlag", aus dem sich die Befunde und die beabsichtigte zahnprothetische Versorgung ergäben. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin der Beklagten den Kostenvoranschlag des tschechischen Zahnarztes vor der Behandlung am zugeleitet habe; zumindest habe die Klägerin nicht den Ausgang des Genehmigungsverfahrens abgewartet. Der von der Klägerin behauptete Beratungsfehler könne einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 4 SGB V ebenfalls nicht begründen (Urteil vom ).

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des materiellen Bundesrechts und des europäischen Rechts. Der BMV-Z gelte nur für inländische Vertragsärzte. Der Genehmigungsvorbehalt betreffe daher nicht ausländische Ärzte und dürfe einem Versicherten nicht entgegengehalten werden. Zudem stelle das Genehmigungsverfahren eine nicht gerechtfertigte Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, da es dem ausländischen Arzt unbekannt sei, von ihm nicht beeinflusst werden könne und ihn von der Behandlung der Versicherten deutscher KKn abhalte. Auch wenn das Genehmigungserfordernis den inländischen Arzt ebenso betreffe wie den ausländischen Arzt, diskriminiere es doch den Zahnarzt im Ausland zumindest mittelbar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom zu verurteilen, ihr 1.810 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG ihre Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, denn sie hat gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die im Jahr 2006 in Tschechien durchgeführte Versorgung mit Zahnersatz.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V (in der ab bis geltenden Fassung des Art 1 Nr 4 Buchst b Gesetz vom , BGBl I 2190). Nach dieser Vorschrift sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl L 149, 2; hier anzuwenden in der konsolidierten Fassung vom , ABl L 28, 1 zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch die Verordnung [EG] Nr 647/2005 vom , ABl L 117, 1), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin keinen Primärleistungsanspruch auf die entsprechende Naturalleistung in Deutschland hat. Der Primärleistungsanspruch setzt die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens voraus: die Prüfung des HKP und Genehmigung des Festzuschusses nach § 55, § 87 Abs 1a Satz 2 ff SGB V durch die KK vor einer zahnprothetischen Behandlung (dazu 1.). Dieses Verfahren hat die Klägerin nicht eingehalten (dazu 2.). Das Erfordernis, vor der Behandlung der KK einen HKP vorzulegen, verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen Europarecht (dazu 3.).

1. Wie sich aus der Formulierung "anstelle der Sach- oder Dienstleistung" in § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V ergibt, setzt die Vorschrift einen Anspruch auf die entsprechende Naturalleistung nach dem SGB V voraus. Dies gilt nicht nur für den Regelfall eines Sach- und Dienstleistungsanspruchs, sondern auch für den Fall, dass nach dem Recht des SGB V an dessen Stelle eine Geldleistung getreten ist. In beiden Fällen hängt ein Anspruch aus § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V grundsätzlich davon ab, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem SGB V vorliegen. Dahingestellt bleiben kann demnach, ob der Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer Versorgung mit Zahnersatz nach § 55 SGB V eine Sachleistung darstellt (so für die Zeit bis 1998: Bundessozialgericht - BSG - [1.Senat] SozR 4-2500 § 28 Nr 2 RdNr 4; ferner: Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2009, K § 55 RdNr 35; Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand November 2008, § 55 SGB V RdNr 5) oder eine Geldleistung (so etwa Höfler in: Kassler Komm, Stand April 2009, § 55 SGB V RdNr 64; Zuck in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl 2008, § 30 RdNr 14). Jedenfalls sind die betreffenden Leistungen bei einer Versorgung im Inland nach wie vor dem öffentlich-rechtlich ausgestalteten Leistungssystem des SGB V und der vertragszahnärztlichen Versorgung zuzuordnen (vgl schon BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 15 ff; BSG SozR 4-5555 § 12 Nr 1 S 2 ff). Danach hat ein Anspruch auf die Festzuschüsse nach §§ 55, 87 Abs 1a Satz 2 ff SGB V (§ 55 in der ab geltenden Fassung des Art 1 Nr 36 Gesetz vom , BGBl I 2190, dieser in der Fassung des Art 1 Nr 1 Buchst a Gesetz vom , BGBl I 3445 und des Art 4a Gesetz vom , BGBl I 2014; § 87 in der ab geltenden Fassung des Art 6 Nr 9 Gesetz vom , BGBl I 3242) ua auch die Prüfung der beabsichtigten Versorgung und deren vorherige Genehmigung durch die KK zur Voraussetzung.

Nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 2a SGB V umfasst die Krankenbehandlung die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen. (Hier nicht bedeutsame) Einzelheiten zum Anspruch auf zahnärztliche Behandlung sind in § 28 Abs 2 SGB V geregelt. Nach § 55 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs 1 SGB V anerkannt ist. § 87 Abs 1a Satz 2 ff SGB V in der hier maßgeblichen, ab (bis ) geltenden Fassung (Abs 1a eingefügt durch Art 1 Nr 66 Buchst b Gesetz vom , BGBl I 2190) bestimmt, dass im BMV-Z folgende Regelungen zu treffen sind: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien HKP zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs 4 und 5 SGB V nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet (Satz 2). Im HKP sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen (Satz 3). Der HKP ist von der KK vor Beginn der Behandlung zu prüfen (Satz 4). Die KK kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen (Satz 5). Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die KK die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs 1 oder 2 SGB V entsprechend dem im HKP ausgewiesenen Befund (Satz 6). Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der KK bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs 5 SGB V mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab (Satz 7). Die Umsetzung dieser Vorgaben findet sich in der Anlage 3 zum BMV-Z (in der Fassung vom , geändert durch Vereinbarung vom , derzeitiger Stand: ).

Nach dem dargestellten Regelungskomplex ist die Genehmigung der zahnprothetischen Versorgung vor ihrer Durchführung und nach Prüfung des entsprechenden HKP (dazu aa) Voraussetzung des Leistungsanspruchs nach § 55 Abs 1 SGB V (dazu bb).

aa) Zwar fordert § 87 Abs 1a Satz 6 SGB V nicht ausdrücklich, dass die Bewilligung des Festzuschusses vor der Behandlung zu erfolgen hat. Jedoch ergibt sich dies aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung (vgl in diesem Sinne: Engelhard, aaO, K § 55 RdNr 162; Höfler, aaO, § 55 SGB V RdNr 53, 57).

§ 55 SGB V ersetzte mit Wirkung vom § 30 SGB V in der bis zum geltenden Fassung (Art 1 Nr 3 Gesetz vom , BGBl I 3853). § 30 Abs 4 Satz 3 SGB V regelte in der ab dem geltenden Fassung, dass die im HKP vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vor Beginn der Behandlung der Genehmigung bedurfte. Mit der Einführung der befundbezogenen Festzuschüsse in § 55 SGB V (durch Art 1 Nr 36 Gesetz vom , BGBl I 2190) wurden die Regelungen zum HKP in den neu geschaffenen Abs 1a des § 87 SGB V aufgenommen. Eine Änderung der Rechtslage sollte damit aber nicht verbunden sein. Vielmehr enthält die Gesetzesbegründung neben den Erläuterungen zu den Neuregelungen den Hinweis, die Regelungen übernähmen ansonsten im Wesentlichen das geltende Recht (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD; CDU/CSU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN zum GKV-Modernisierungsgesetz, BT-Drucks 15/1525 S 104, zu Nr 66 Buchst b des Entwurfs; vgl auch Engelhard, aaO, K § 87 RdNr 526).

Zu § 30 Abs 4 Satz 3 SGB V (in der ab bis geltenden Fassung) hatte der 1. Senat des BSG ausgeführt, das abweichend vom Regelfall der Krankenbehandlung bestehende Genehmigungserfordernis rechtfertige sich daraus, dass einerseits die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Zahnersatzversorgung anhand von Röntgenaufnahmen und Voruntersuchungen (Vitalitätsprüfung, Parodontosezustand usw) gut vorab beurteilt werden könne, andererseits eine nachträgliche Prüfung nach Eingliederung des fertigen Zahnersatzes auf besondere Schwierigkeiten stoße. Der mit der Vorlage des Behandlungsplans und dem Genehmigungserfordernis verfolgte Zweck entfalle, wenn die Zahnersatzversorgung bereits durchgeführt worden sei. Eine nachträgliche Genehmigung durch die KK ergäbe dann keinen Sinn mehr (vgl BSG SozR 4-1500 § 55 Nr 1 RdNr 10 f). Diese Aussagen gelten gleichermaßen für die hier maßgebliche Rechtslage.

Wie sich aus dem Regelungszusammenhang des § 87 Abs 1a Satz 2 bis 7 SGB V ableiten lässt, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Maßnahmen, die vor und die nach der Behandlung erfolgen müssen. Nach Satz 4 der Bestimmung erfolgt die Prüfung des HKP vor der Behandlung, während nach Satz 7 die Abrechnung der Festzuschüsse nach der Behandlung zu geschehen hat. Systematisch stellt sich die Bewilligung des Festzuschusses als Endpunkt und damit als Teil der Prüfung des HKP dar. Sie hat daher in Anknüpfung an § 87 Abs 1a Satz 4 SGB V vor der Behandlung zu erfolgen. Wie der Senat schon zu der Vorgängerregelung ausgeführt hat, kann auch nur auf diese Art und Weise der mit dem HKP verfolgte Zweck erreicht werden.

bb) Die im 4. Kapitel des SGB V angesiedelten Vorschriften zum Genehmigungserfordernis regeln nicht nur die Beziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern, sondern gestalten auch das Leistungsrecht. Dies folgt zunächst aus der Entstehungsgeschichte der Normen. Mit der Einführung der befundbezogenen Festzuschüsse in § 55 SGB V (durch Art 1 Nr 36 Gesetz vom , BGBl I 2190) wurden die Regelungen zum HKP nicht mehr - wie zuvor in § 30 SGB V - in die Vorschrift über den Leistungsanspruch, sondern in den neu geschaffenen Abs 1a des § 87 SGB V aufgenommen. Die Rechtslage sollte damit - wie bereits dargelegt - insoweit aber nicht geändert werden, der Gesetzgeber wollte vielmehr im Wesentlichen das geltende Recht übernehmen (Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 15/1525 zu Nr 66 Buchst b; vgl auch Engelhard, aaO, K § 87 RdNr 526).

Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen für ihre Auswirkung auf das Leistungsrecht. Zweck der Aufstellung des HKP und des Genehmigungserfordernisses ist die Einhaltung der Grundsätze der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit bei der in der Regel kostenaufwändigen zahnprothetischen Behandlung. Der KK soll - anders als bei der ärztlichen Behandlung im Übrigen - Gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen - auch im Interesse des Versicherten - steuern zu können (vgl zur Rechtslage vor dem : BSG SozR 4-1500 § 55 Nr 1 RdNr 10). Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn nicht auch der Leistungsanspruch des Versicherten von der Genehmigung der Behandlung abhängig wäre.

2. Die Klägerin hat für die am in Tschechien durchgeführte Behandlung nicht das vorgeschriebene Genehmigungsverfahren durchgeführt.

Der Kostenvoranschlag des tschechischen Zahnarztes ging nach den nicht mit der Revision angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG erst am bei der Beklagten ein. Eine Prüfung und Genehmigung dieses HKP war demnach vor der Behandlung unmöglich. Da also schon der HKP der Beklagten zu spät vorgelegt worden ist, ist unerheblich, ob die Beklagte die Klägerin - wie diese vorträgt - im Rahmen eines Telefonats nicht darauf hingewiesen hat, dass auch die Genehmigung vor der Behandlung hätte erteilt werden müssen.

Anzuknüpfen ist nicht etwa an den am von der Beklagten genehmigten HKP des Zahnarztes Ihssen (Ötigheim) vom . Dahingestellt bleiben kann, ob überhaupt und ggf unter welchen Bedingungen die Genehmigung des HKP eines anderen als die Behandlung durchführenden Zahnarztes herangezogen werden kann. Denn die Genehmigung des HKP vom verlor jedenfalls durch Zeitablauf ihre rechtliche Wirkung. Eine enge zeitliche Anbindung der Behandlung an die Prüfung und Genehmigung des HKP ergibt sich aus der Sache selbst: Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung lassen sich nur bezogen auf einen konkreten Gesundheitszustand, der sich schon durch bloßen Zeitablauf oder wegen inzwischen durchgeführter Maßnahmen geändert haben kann, bestimmen. Dementsprechend ist nach der Anlage 3 zum BMV-Z in der damals geltenden Fassung (vgl unter "III. Zuschussfestsetzung" der Anlage 3 des BMV-Z in der Fassung vom , geändert durch Vereinbarung vom , Stand: ) für die Wirksamkeit der Genehmigung des Festzuschusses erforderlich, dass die Behandlung innerhalb von sechs Monaten nach Genehmigung erfolgt. Dies war hier nicht der Fall; zwischen der Genehmigung im Juli 2004 und der Durchführung der Behandlung im März 2006 liegen mehr als 1 1/2 Jahre.

3. Das für eine inländische Behandlung zwingend zu durchlaufende Genehmigungsverfahren ist auch bei einer Behandlung in einem anderen EG-Mitgliedstaat grundsätzlich einzuhalten (dazu a). Eine europarechtliche Diskriminierung geht damit bei europarechtskonformer Anpassung des Verfahrens nicht einher (dazu b).

a) Die Regelung des zum durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom (BGBl I 2190) eingefügten § 13 Abs 4 SGB V setzt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur (passiven) Dienstleistungs- und Warenfreiheit im Bereich des Gesundheitswesens um und passt damit das deutsche Krankenversicherungsrecht an die europarechtlichen Vorgaben an (vgl dazu BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4, jeweils RdNr 8 ff). Da die Leistungserbringer im Ausland typischerweise nicht in das deutsche Leistungserbringungssystem eingegliedert sind, wird Kostenerstattung gewährt. Wie sich schon aus der Formulierung "anstelle der Sach- oder Dienstleistung" in § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V ergibt, setzt dieser Umstand jedoch - ähnlich wie in den weiteren Fällen der Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 und 3 SGB V (stRspr zu § 13 Abs 3 SGB V, vgl zuletzt , SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12 ff) - nicht das SGB V im Übrigen außer Kraft, sondern belässt es bei seinem Leistungsrahmen.

Das aufgezeigte Regelungskonzept des § 13 Abs 4 SGB V entspricht europäischem Recht: Es nimmt hin, dass Leistungsvoraussetzungen und Begrenzungen des Leistungsumfangs, die im nationalen Recht angelegt sind, uneingeschränkt gelten, wenn und solange sie für die Betroffenen nicht in europarechtswidriger Weise diskriminierend wirken (vgl EuGHE I 2003, 4509, RdNr 97 ff, 106 ff = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 RdNr 127 ff, 137 ff - Müller-Fauré/van Riet; EuGHE I 2004, 2641 RdNr 48 ff - Leichtle; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 11; BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4, jeweils RdNr 10). Daher kann die Übernahme von Kosten für eine Krankenbehandlung im Ausland innerhalb der EU von dem in Betracht kommenden inländischen Leistungsträger - hier der beklagten KK - nur insoweit verlangt werden, als das Krankenversicherungssystem des Staates der Versicherungszugehörigkeit eine Deckung garantiert (stRspr, vgl EuGHE I 2003, 4509, RdNr 106 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 RdNr 137 - Müller-Fauré/van Riet). So hat der EuGH etwa auch das Erfordernis, vor dem Facharzt zunächst einen Allgemeinarzt zu konsultieren, ausdrücklich als zulässig angesehen (vgl EuGHE I 2003, 4509, RdNr 106 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 RdNr 137 - Müller-Fauré/van Riet). Dementsprechend gilt der Arztvorbehalt des § 15 SGB V für den Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln und Laboruntersuchungen als Teil der Krankenbehandlung auch bei einer Behandlung im Ausland innerhalb der EU (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 13 ff).

b) Das Erfordernis der Vorlage eines HKP zur Genehmigung auch bei einer Behandlung im Ausland innerhalb der EU steht nicht im Widerspruch zu der durch Art 49 EG gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit. Denn es bewirkt nicht, dass die in Deutschland zugelassenen Leistungserbringer gegenüber Anbietern von medizinischen Sach- und Dienstleistungen, die in anderen Mitgliedstaaten der EU ansässig sind, ungerechtfertigt privilegiert werden.

Das dargestellte Verfahren der Vorlage und Prüfung des HKP durch die KK vor der zahnprothetischen Behandlung gilt unterschiedslos für den Fall der Versorgung mit Zahnersatz im Inland wie im Ausland. Nach der Rechtsprechung des EuGH geht mit Anforderungen, die sowohl für Leistungen im Inland als auch im Ausland Geltung beanspruchen, grundsätzlich keine Beeinträchtigung der europarechtlichen (passiven) Dienstleistungsfreiheit einher; dies gilt insbesondere auch für die Durchführung eines Anerkennungs- bzw Genehmigungsverfahrens (vgl EuGHE I 2004, 2641, RdNr 37, 40 mwN - Leichtle; vgl zB auch Becker/Walser, NZS 2005, 449, 455 f).

Eine Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit kann sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht daraus ergeben, dass dem in einem anderen EG-Mitgliedstaat ansässigen Arzt das Erfordernis eines solchen Verfahrens für die Bewilligung des Festzuschusses möglicherweise unbekannt ist und von ihm daher nicht beeinflusst werden kann. Würde man - worauf die Argumentation der Klägerin hinaus läuft - nur solche Voraussetzungen und Anforderungen des inländischen Rechtes im Falle einer Auslandsbehandlung für anwendbar erklären, von denen der nicht in Deutschland niedergelassene Arzt Kenntnis hat, so würde dies zu einer willkürlichen und unvorhersehbaren Nichtanwendung inländischen Rechts führen, welche die Leistungsgrenzen des nationalen Rechts obsolet werden ließe, obwohl das europäische Recht hierzu keine Handhabe bietet: Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH lässt das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt (EuGHE 1984, 523, juris RdNr 16 - Duphar ua; EuGHE I 1997, 3395, juris RdNr 27- Sodemare ua; EuGHE I 1998, 1831, juris RdNr 21 = SozR 3-6030 Art 30 Nr 1 S 5 - Decker; EuGHE I 1998, 1931, juris RdNr 17 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 5 S 8 - Kohll; , zur Veröffentlichung vorgesehen in EuGHE, juris RdNr 29 - Hartlauer). In Ermangelung einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene bestimmt deshalb das Recht eines jeden Mitgliedstaats, unter welchen Voraussetzungen ua ein Anspruch auf Leistung besteht (EuGHE I 1997, 511, juris RdNr 36 - Stöber und Piosa Pereira; EuGHE I 1998, 1831, juris RdNr 22 = SozR 3-6030 Art 30 Nr 1 S 5 - Decker; EuGHE I 1998, 1931, juris RdNr 18 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 5 S 8 - Kohll).

Anhaltspunkte für eine derartige, die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten missachtende Handhabung der inländischen Anspruchsvoraussetzungen lassen sich auch der Rechtsprechung des EuGH nicht entnehmen. Vielmehr begründet - wie dargelegt - die europäische Dienstleistungsfreiheit für den ausländischen Leistungserbringer gerade kein Recht, ausländische Patienten nur zu den ihm bekannten, ausländischen Bedingungen zu behandeln (vgl ferner zB Kingreen, Das Sozialstaatsprinzip im europäischen Verfassungsverbund, 2003, 540).

Soweit die Regelungen des § 87 Abs 1a SGB V und des BMV-Z auf im Inland zugelassene Vertragszahnärzte zugeschnitten sind, ist der Anwendungsbereich des § 87 Abs 1a SGB V und des BMV-Z allerdings in europarechtskonformer Auslegung auf Behandlungen im Ausland innerhalb der EU zu erweitern. Diese europarechtskonforme Auslegung kann bewirken, dass - wie auch das LSG zutreffend ausgeführt hat - der Arzt im Ausland den HKP nicht zwingend auf den hierfür im Inland zur Verfügung stehenden Formularen erstellen muss, sondern die für die Prüfung der KK notwendigen Informationen in formloser Art und Weise zusammenstellen kann. Unklarheiten oder Zweifel können dabei unproblematisch durch Nachfragen der KK oder des Arztes behoben werden. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, sind diesbezüglich keine durchgreifenden Bedenken gerechtfertigt; denn die Beklagte hat der Klägerin das Fehlen der inländischen Formulare zum HKP nicht entgegengehalten.

4. Nach den vorstehenden Ausführungen scheidet die Einleitung eines Vorlageverfahrens an den EuGH nach Art 234 EG aus. Durch die unter 3 a) dargestellte EuGH-Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass Leistungsvoraussetzungen des nationalen Rechts auch bei der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme von Krankenbehandlung uneingeschränkt gelten, solange sie - wie hier - in gleicher Weise für eine Behandlung im Inland gelten. Es bestehen daher keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung von Europarecht im hier betroffenen Bereich mehr (vgl hierzu allgemein zB EuGHE 1982, 3415, 3430 - C.I.L.F.I.T.).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
UAAAD-33408