BFH Urteil v. - V R 4/08 BStBl 2010 II S. 310

Übernahme des Betriebs von Einrichtungen durch einen Unternehmer für eine Stadt; Vorliegen eines Leistungsaustauschs; Bestimmung des Leistungsempfängers; umsatzsteuerliche Organschaft; Anwendungsbereich des § 4 Nr. 20 Buchstabe 1 UStG; Fehlen von Entscheidungsgründen im Urteil

Leitsatz

1. Übernimmt der Unternehmer für eine Stadt den Betrieb verschiedener Einrichtungen (Tierpark, Schwimmbad und Sportplatz) gegen Übernahme der mit dem Betrieb dieser Einrichtungen verbundenen Verluste (Ausgleichszahlungen), kann es sich entweder um Entgelte der Stadt nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die gegenüber den Nutzern der Einrichtungen erbrachten Leistungen oder um Entgelte für eine gegenüber der Stadt ausgeführte Betriebsführungsleistung handeln.

2. Beruht die wirtschaftliche Eingliederung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auf Leistungen des Mehrheitsgesellschafters (Organträger) gegenüber seiner Tochtergesellschaft (Organgesellschaft), müssen entgeltliche Leistungen vorliegen, denen für das Unternehmen der Organgesellschaft mehr als nur unwesentliche Bedeutung zukommt.

Gesetze: UStG 1993/1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1UStG 1993/1999 § 2 Abs. 2 Nr. 2UStG 1993/1999 § 10 Abs. 1 Satz 3Richtlinie 77/388/EWG Art. 2 Nr. 1Richtlinie 77/388/EWG Art. 4 Abs. 4Richtlinie 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a

Instanzenzug: (EFG 2009, 615) (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Gesellschafter sind die Stadt M (Stadt) zu 75 % und die Gemeinde N (Gemeinde) zu 25 %. Am schloss die Klägerin mit der Stadt einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Danach übernahm die Klägerin von der Stadt die Bewirtschaftung des Schwimmbades, des Tierparks und zweier Sportplätze, die bis dahin allesamt von der Stadt in Eigenregie betrieben worden waren. Die Überlassung der hierfür erforderlichen Grundstücke erfolgte unentgeltlich durch die Stadt. Die Stadt verpflichtete sich, die Verluste, die nach Verrechnung mit den aus dem Betrieb der Einrichtungen erzielten Einnahmen verblieben, zu erstatten. Die Stadt erbrachte im Übrigen an die Klägerin entgeltliche Leistungen im Bereich des Winterdienstes. Die Klägerin unterwarf die aus dem Betrieb der Einrichtungen unmittelbar von Dritten erzielten Einnahmen der Umsatzsteuer. Die von der Stadt geleisteten Ausgleichszahlungen behandelte sie hingegen als nicht der Umsatzsteuer unterliegende Zuschüsse.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ging im Anschluss an eine Außenprüfung davon aus, es handele sich bei den von der Stadt geleisteten Ausgleichszahlungen um Entgelte für Leistungen, die die Klägerin aufgrund der Bewirtschaftung der Einrichtungen gegenüber der Stadt erbrachte, und setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre 1997 bis 2000 durch Bescheide vom entsprechend fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass es sich bei den von der Stadt geleisteten Ausgleichszahlungen um Entgelte für steuerpflichtige Leistungen gehandelt habe. Die Ausgleichszahlungen seien keine nichtsteuerbaren Zuschüsse, sondern das von der Stadt zu zahlende Entgelt für den Betrieb der Einrichtungen im Interesse der Stadt. Die Klägerin habe diesen Gesichtspunkt im Klageverfahren nicht mehr aufgegriffen. Es liege auch keine Organschaft vor. Die Stadt sei entgegen § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) kein tauglicher Organträger. Ein Organträger müsse umsatzsteuerrechtlich Unternehmer sein. Juristische Personen des öffentlichen Rechts könnten nur Organträger sein, wenn und soweit sie unternehmerisch tätig seien. Dies sei nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art der juristischen Person des öffentlichen Rechts i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) möglich. Die juristische Person des öffentlichen Rechts müsse eigene entgeltliche Leistungen erbringen. Durch das bloße Halten einer Beteiligung, durch eine unentgeltliche Tätigkeit oder durch eine Tätigkeit einer mit ihr verbundenen Gesellschaft könne eine juristische Person des öffentlichen Rechts keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Für den Streitfall folge daraus, dass die Stadt nur Organträger sei, wenn sie selbst im Bereich des Betriebs von Schwimmbädern, Sportplätzen sowie des Tierparks unternehmerisch tätig gewesen sei, sie also insoweit einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten hätte. Dies sei aber nicht der Fall, da die Stadt den Betrieb dieser Einrichtungen auf die Klägerin übertragen habe und ein möglicher mittelbarer Betrieb dieser Einrichtungen nicht ausreiche. Ohne Bedeutung sei, ob die Stadt in anderen Bereichen Betriebe gewerblicher Art unterhalte, da es für die Organträgereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts auf deren unternehmerische Betätigung im konkreten Tätigkeitsbereich der Organgesellschaft ankomme.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen und formellen Rechts geltend. Es fehle an einer entgeltlichen Leistung der Klägerin, da es sich bei den Zahlungen der Stadt um echte Zuschüsse gehandelt habe. Ihnen liege kein Leistungsaustausch zugrunde. Die Klägerin habe durch die Zahlungen nur unterstützt werden sollen, damit sie ihre Tätigkeit ausüben könne. Es werde nur ein Verlustausgleich gewährt, so dass nicht von einer leistungsbezogenen Abgeltung einer von der Klägerin zu erbringenden Leistung auszugehen sei. Die Stadt erziele keinen wirtschaftlichen Vorteil, da es sich nur um die Übernahme freiwilliger Aufgaben der Stadt handele. Die Klägerin sei nicht gegründet worden, um Leistungen zu erbringen. Ihre Tätigkeit diene ausschließlich dem Interesse ihrer Gesellschafter. Sie werde zum Nutzen der Bevölkerung tätig, was sich auch in den niedrigen Eintrittsgeldern niederschlage, die den Abschluss mit einem positiven Ergebnis regelmäßig ausschlössen. Die Verlustentstehung könne sie aufgrund der Vorgaben der Stadt nicht vermeiden. Damit liege das wirtschaftliche Risiko bei der Stadt, die die Fehlbeträge ausgleiche.

Weiter liege auch eine Organschaft vor, da im Rahmen der Betriebsaufspaltung die vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens in eine unternehmerische Tätigkeit umqualifiziert werde. Eine Betriebsaufspaltung sei auch bei einer unentgeltlichen Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen gegeben. Im Übrigen sei die Grundstücksüberlassung ohne ein an die Stadt zu zahlendes Entgelt im Hinblick auf die Verlustübernahme durch die Stadt einer entgeltlichen Überlassung gleichzustellen. Im Streitfall sei zwar kein Nutzungsentgelt gezahlt worden. Eine nachhaltige Einnahmeerzielungsabsicht ergebe sich jedoch aus der gesellschaftsrechtlich begründeten Gewinnabsicht. Die Stadt sei im Übrigen durch ihre Betriebe gewerblicher Art wie z.B. durch den Winterdienst und für die Überlassung der Grundstücke an die Klägerin unternehmerisch tätig. Die Stadt sei eigentlicher Betreiber der durch die Klägerin bewirtschafteten Einrichtungen.

Das FG habe weiter übersehen, dass es sich bei den auf die Klägerin übertragenen Einrichtungen zuvor um Betriebe gewerblicher Art gehandelt habe und keine Betriebsaufgabe erklärt worden sei. Das FG habe auch nicht die Voraussetzungen des § 4 KStG geprüft. Das FG habe schließlich nicht berücksichtigt, dass sich aus einer Bescheinigung des Landes B vom ergebe, dass der Tierpark die gleichen kulturellen Aufgaben erfülle wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG genannten Einrichtungen. Diese Bescheinigung sei auch rückwirkend anzuwenden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer 1997 bis 2000 unter Änderung der Bescheide vom und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom für 1997 um . DM, für 1998 um . DM, für 1999 um . DM und für 2000 um . DM herabzusetzen.

Das FA beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

Bei den Ausgleichszahlungen handele es sich um Entgelte für die steuerbare und steuerpflichtige Bewirtschaftung der Einrichtungen für die Stadt. Es liege keine Organschaft vor, da die Stadt mit der unentgeltlichen Überlassung von Grundstücken und Betriebsvorrichtungen keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe. § 4 Nr. 20 UStG sei auf Bewirtschaftungsleistungen nicht anzuwenden.

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das Urteil ist teilweise nicht mit Gründen versehen und verletzt daher Bundesrecht (§ 119 Nr. 6 FGO). Weiter hat das FG keine hinreichenden Feststellungen zum Empfänger der durch die Klägerin erbrachten Leistungen getroffen.

1. Nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO muss ein finanzgerichtliches Urteil u.a. Entscheidungsgründe enthalten. Fehlt es hieran, ist das Urteil als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen (§ 119 Nr. 6 FGO).

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH— (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 363, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung) ist eine Entscheidung nicht mit Gründen versehen, wenn sie nicht erkennen lässt, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen für sie maßgeblich waren. Der Begründungszwang bezweckt, die Prozessbeteiligten über die das Urteil tragenden Erkenntnisse und Überlegungen des Gerichts zu unterrichten. Dabei muss das FG zwar nicht auf alle Einzelheiten des Sachverhalts und auf jede von den Beteiligten angestellte Erwägung näher eingehen. Ein Urteil enthält aber keine hinreichenden Entscheidungsgründe, wenn das FG einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergeht oder einen bestimmten Sachverhaltskomplex überhaupt nicht berücksichtigt (z.B. , BFH/NV 2001, 626). Unter selbständigen Ansprüchen und selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln sind dabei die eigenständigen Klagegründe und solche Angriffs- und Verteidigungsmittel zu verstehen, die den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 363).

b) Im Streitfall ist das FG, obwohl es einen entgeltlichen und mangels Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) auch steuerbaren Leistungsaustausch bejahte, nicht auf den von der Klägerin im Verfahren vor dem FG geltend gemachten selbständigen Anspruch eingegangen, wonach die den Tierpark betreffenden Leistungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG steuerfrei seien. Das FG hat den Vortrag der Klägerin hinsichtlich der ihr nach dieser Vorschrift erteilten Bescheinigung vom und damit einen eigenständigen Klagegrund unerörtert gelassen, der den Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bildet, ohne dass das angefochtene Urteil dabei erkennen lässt, aus welchen Gründen der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Steuerfreiheit der auf den Tierpark entfallenden Leistungen vom FG abgelehnt wurde.

c) Das Fehlen von Entscheidungsgründen i.S. des § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO ist ein Verfahrensmangel, auf dem das FG-Urteil beruht (§ 119 Nr. 6 FGO). Eine Ausnahme hiervon lässt die Rechtsprechung nur zu, wenn das übergangene Angriffs- oder Verteidigungsmittel zur Begründung oder zur Abwehr des Angriffs ungeeignet war und eine erneute Entscheidung des FG deshalb nur zu einer Bestätigung des Urteils führen könnte (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 626).

Dies trifft auf den Streitfall indes nicht zu. Zwar ist die Bescheinigung erst am und damit erst nach Ablauf der Streitjahre ergangen. Weiter lässt sich der Bescheinigung selbst auch nicht entnehmen, ob sie für einen Zeitraum vor ihrer Erteilung gültig ist. Eine Rückwirkung der Bescheinigung kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, zumal der Tierpark bis zur Übernahme durch die Klägerin durch die Stadt als öffentlich-rechtliche Körperschaft betrieben wurde und ggf. die Stadt aufgrund des zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Vertrages als eigentlicher Betreiber des Tierparks anzusehen sein könnte. Erst auf der Grundlage weiterer Feststellungen kann unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom V R 3/98, BFHE 187, 334, BStBl II 1999, 147) und der hieran geübten Kritik (, BFH/NV Beilage 2007, 325, unter 2.) über die Steuerfreiheit der Leistungen entschieden werden.

2. Weiter hat das FG keine hinreichenden Feststellungen zum Empfänger der durch die Klägerin erbrachten Leistungen getroffen.

a) Das FG hat den Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu Recht bejaht.

aa) Entgeltliche Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. z.B. , BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II. 1., m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des BFH).

Der für die Steuerbarkeit erforderliche Leistungsaustausch ist bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen zu verneinen, wenn Zahlungen, die z.B. aus struktur- oder allgemeinpolitischen oder volkswirtschaftlichen Gründen erfolgen, lediglich dazu dienen, die Tätigkeit des Zahlungsempfängers allgemein zu fördern, nicht aber als Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Träger der öffentlichen Kasse anzusehen sind. Anders ist es, wenn Zahlungen zur Ausführung bestimmter Leistungen im Interesse des Zuwendenden geleistet werden (BFH-Urteil in BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.1.c). Erbringt z.B. ein Unternehmer aufgrund eines gegenseitigen Vertrages Leistungen zur Erfüllung der von ihm übernommenen Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegen Entgelt, ist grundsätzlich von einem Leistungsaustausch auszugehen (vgl. , BFHE 219, 403, BStBl II 2009, 483, Leitsatz 1, und vom V R 63/05, BFH/NV 2008, 996, Leitsatz 2). Der Leistungsaustausch ergibt sich nach dieser Rechtsprechung nicht bereits aus der bloßen Übernahme von Aufgaben, sondern aus der tatsächlichen Führung der Geschäfte und der Vornahme der Tätigkeiten, die im übertragenen Aufgabenbereich anfallen (nicht zutreffend insoweit Lippross, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2009, 781). Für das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gelten im Übrigen hinsichtlich der Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG keine Besonderheiten (, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486).

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen im Streitfall keine sog. echten (nichtsteuerbaren) Zuschüsse vor. Ob es sich aus Sicht der Stadt um die Übernahme freiwilliger Aufgaben handelte, ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die Klägerin die Einrichtungen zum Nutzen der Allgemeinheit betrieben hat, da es sich hierbei nur um Motive für die Begründung des Leistungsaustausches durch die Stadt handelt, die aber nicht den für den Leistungsaustausch erforderlichen Zusammenhang in Frage stellen.

b) Das FG hat keine näheren Feststellungen dazu getroffen, an wen die Klägerin ihre Leistungen erbrachte. Insoweit ist im zweiten Rechtsgang Folgendes zu berücksichtigen:

aa) Zum einen könnte es sich bei den Zahlungen der Stadt um das Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für Leistungen handeln, die die Klägerin gegenüber den Benutzern der Einrichtungen erbrachte. Insoweit kommt es darauf an, ob den Zahlungen der Stadt preisauffüllender Charakter zukam, wenn die Stadt die Höhe der für die Nutzung der Einrichtungen zu entrichtenden Entgelte vorgab und sich zur Verlustdeckung verpflichtete (vgl. hierzu , BFHE 148, 351, BStBl II 1987, 228, unter II. 2. c zu Landesbeihilfen für die verbilligte Personenbeförderung von Schülern im öffentlichen Nahverkehr, und , BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322 zu Zuschüssen für Milchleistungsprüfungen).

Handelt es sich bei den Zahlungen der Stadt um ein zusätzliches Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die an die Benutzer der Einrichtungen erbrachten Leistungen, ist weiter zu prüfen, ob und inwieweit diese Leistungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG steuerfrei sind oder nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d und Nr. 9 UStG als Umsätze, die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten und der Schwimmbäder verbunden sind, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

bb) Zum anderen kommt auch in Betracht, dass die Stadt Leistungsempfänger war (vgl. , BFHE 211, 50, BStBl II 2007, 63, unter II. 1.).

Sind die Zahlungen der Stadt als Entgelt für eigenständige Leistungen der Klägerin an die Stadt anzusehen, hat das FG zu prüfen, ob diese Leistungen, soweit sie sich auf den Betrieb des Tierparks beziehen, nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG steuerfrei sind. Dabei wird das FG zu berücksichtigen haben, dass § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 und 2 UStG zwar „Umsätze” der dort bezeichneten Einrichtungen befreit, dass es sich aber bei richtlinienkonformer Auslegung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG um kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen handeln muss. Hierfür sind nähere Feststellungen zum Inhalt der von der Klägerin erbrachten Leistungen zu treffen.

Hinsichtlich des Schwimmbads und ggf. auch hinsichtlich des Tierparks könnte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d und Nr. 9 UStG auf eigenständige Betriebsführungsleistungen in Betracht kommen (so , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1994, 61, und des Hessischen , EFG 1997, 641, beide zu § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG).

3. Im Übrigen ist das FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen der Klägerin und der Stadt keine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestand.

a) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Gemeinschaftsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

Organträger können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sein, wenn sie Unternehmer sind (, BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375, Leitsatz 1). Aufgrund einer bloßen Beteiligung, einer unentgeltlichen Tätigkeit oder durch die Tätigkeit einer mit ihr verbundenen Gesellschaft wird die juristische Person des öffentlichen Rechts allerdings nicht zum Unternehmer (BFH-Urteil in BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375, Leitsatz 2). Die entgeltlichen Leistungen, die eine Unternehmereigenschaft der juristischen Person des öffentlichen Rechts begründen, können auch an eine Gesellschaft erbracht werden, mit der als Folge dieser Leistungstätigkeit eine Organschaft besteht (BFH-Urteil in BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375, Leitsatz 3).

b) Entgegen dem Urteil des FG liegen keine hinreichenden Feststellungen vor, um zu entscheiden, ob die Stadt „tauglicher Organträger” war, da das FG offen gelassen hat, ob die Stadt in anderen Bereichen (z.B. Stadtwerke) unternehmerisch tätig war. Im Ergebnis hat das FG gleichwohl zu Recht eine Organschaft verneint, da im Streitfall die erforderliche wirtschaftliche Eingliederung fehlt.

aa) Für die wirtschaftliche Eingliederung kommt es darauf an, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung —auch in verschiedenen Wirtschaftszweigen— besteht. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein und sich fördern und ergänzen (, BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, unter II. 1. c, m.w.N.).

bb) Danach liegt im Streitfall keine wirtschaftliche Eingliederung vor, da zwischen den Tätigkeiten der Klägerin in den Bereichen Bewirtschaftung eines Schwimmbads, eines Tierparks und zweier Sportplätze und den nach Auffassung der Klägerin bestehenden Unternehmensbereichen der Stadt (Grundstücksüberlassung und Winterdienst) kein die wirtschaftliche Eingliederung begründender Zusammenhang bestand.

Zwar hat die Stadt die für den Betrieb der Einrichtungen erforderlichen Grundstücke und Betriebsvorrichtungen der Klägerin zur Nutzung überlassen. Diese Nutzungsüberlassung erfolgte jedoch unentgeltlich, so dass die Stadt insoweit nicht unternehmerisch tätig war (BFH-Urteil in BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375, Leitsatz 2) und daher auch keine aufeinander abgestimmte und sich fördernde und ergänzende entgeltliche Tätigkeit vorlag, die eine wirtschaftliche Eingliederung begründet (BFH-Urteil in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, unter II. 1. c). Beschränkt sich die Tätigkeit des Mehrheitsgesellschafters auf die Erbringung einer bloßen Beistellung für die von der Tochtergesellschaft bezogene Leistung, liegt keine entgeltliche Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 UStG vor (vgl. hierzu , BFHE 221, 74, BStBl II 2009, 493, Leitsatz 2). Die zur Begründung der wirtschaftlichen Eingliederung erforderliche Entgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung an die Klägerin ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht daraus, dass die Stadt aufgrund der Verlustübernahme Zahlungen an die Klägerin tätigte. Die wirtschaftliche Eingliederung setzt aber entgeltliche Leistungen des Organträgers an die Organgesellschaft voraus.

Weiter folgt aus dem von der Stadt für die Klägerin entgeltlich durchgeführten Winterdienst keine wirtschaftliche Eingliederung; denn eine wirtschaftliche Eingliederung setzt Leistungen voraus, die für das Unternehmen der Tochtergesellschaft zu einer mehr als nur „unbedeutenden Entlastung” führen (vgl. , BFH/NV 1998, 1534, unter II. 2. c). Daher begründet der von der Stadt entgeltlich übernommene Winterdienst ebenso wenig eine wirtschaftliche Eingliederung wie z.B. die Buchführungs- und Personalverwaltungsleistungen im Senatsurteil in BFH/NV 1998, 1534.

Ob ertragsteuerrechtlich eine Betriebsaufspaltung vorliegt, die Stadt eine Betriebsaufgabe erklärt hat und ein Betrieb gewerblicher Art gegeben ist, spielt schließlich keine Rolle, da diese Umstände das Fehlen der nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG eigenständig umsatzsteuerrechtlich zu beurteilenden (wirtschaftlichen) Eingliederung nicht ersetzen können.

Fundstelle(n):
BStBl 2010 II Seite 310
BB 2009 S. 2519 Nr. 47
BFH/NV 2009 S. 2067 Nr. 12
BFH/PR 2010 S. 20 Nr. 1
BStBl II 2010 S. 310 Nr. 5
DB 2009 S. 2414 Nr. 45
DStRE 2009 S. 1389 Nr. 22
DStZ 2009 S. 908 Nr. 24
GmbHR 2009 S. 1285 Nr. 23
HFR 2010 S. 44 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2009 S. 3396
StB 2009 S. 419 Nr. 12
StBW 2009 S. 5 Nr. 22
StuB-Bilanzreport Nr. 21/2009 S. 822
UR 2009 S. 793 Nr. 22
UStB 2009 S. 350 Nr. 12
WPg 2010 S. 47 Nr. 1
IAAAD-30590