Anrechnung der Genossenschaftsanteilsförderung auf Wohnungseigenheimzulage
Leitsatz
Die Eigenheimzulage für die Anschaffung einer Wohnung mindert sich jeweils um den Betrag, den der Anspruchsberechtigte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 EigZulG in Anspruch genommen hat. Dabei ist der Förderzeitraum für die Begünstigung der Mitgliedschaft (Geschäftsanteil) an der Genossenschaft dem Förderzeitraum hinsichtlich der Begünstigung der Wohnung gegenüberzustellen und die Zulage für die Wohnung jahreskongruent zu kürzen, d.h. im Wege einer so genannten Überblendung.
Unerheblich ist, in welcher zeitlichen Reihenfolge die zu fördernde Wohnung hergestellt bzw. angeschafft und der Genossenschaftsanteil angeschafft worden ist.
Die Anrechnung ist personenbezogen vorzunehmen. Dies gilt auch bei Ehegattenmiteigentumsanteilen. Sind Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen, Miteigentümer einer Wohnung, ist die Eigenheimzulage nur insoweit zu mindern, als sie auf den Ehegatten entfällt, der die Eigenheimzulage in Anspruch genommen hat.
Wird die Anschaffung des Genossenschaftsanteils zeitlich nach der Anschaffung der Wohnung gefördert, ist der die Wohnung betreffende Zulagenbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.
Gesetze: EigZulG § 9 Abs. 2, EigZulG § 9 Abs. 5, EigZulG § 17, AO § 175
Instanzenzug: EZ (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und Eigentümer eines selbstgenutzten Objekts, für welches der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ihnen mit Bescheid vom Eigenheimzulage für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von 8 000 DM (Fördergrundbetrag 5 000 DM zuzüglich Kinderzulage 3 000 DM) gewährte. Für seine Ende Dezember 2003 erworbenen Anteile an einer Wohnungsbaugenossenschaft in Höhe von 5 113 € gewährte das FA dem Kläger mit Bescheid vom Eigenheimzulage für die Jahre 2003 bis 2009 in Höhe von jeweils 666 € sowie für das Jahr 2010 in Höhe von 451 €. Mit Bescheid vom gleichen Tag änderte das FA den Bescheid über Eigenheimzulage ab 1996 für das selbstgenutzte Objekt, indem für die Jahre 1996 und 1997 auf die dem Kläger zuzurechnenden Fördergrundbeträge und Kinderzulagen die entsprechenden Beträge für die Jahre 2003 und 2004 aus der Genossenschaftsförderung angerechnet wurden (in Höhe von 154 DM Fördergrundbetrag bzw. 512 DM Kinderzulagen). Nachdem das FA festgestellt hatte, dass die Umrechnung der Anrechnungsbeträge von € in DM unterblieben war, teilte es den Klägern noch am selben Tag mit, dass der Bescheid nicht der Entscheidung entspreche, sich der Versand jedoch aus technischen Gründen nicht mehr habe vermeiden lassen. Am erging ein erneut geänderter Bescheid über Eigenheimzulage ab 1996, wobei die entsprechenden Anrechnungen für 1996 und 1997 unter Benennung der korrekten DM-Beträge vorgenommen wurden. Der Einspruch hiergegen blieb ohne Erfolg.
Mit Bescheid vom rechnete das FA die Eigenheimzulage für den Genossenschaftsanteil für das Jahr 2005 auf die dem Kläger zuzurechnende Eigenheimzulage für das selbstgenutzte Wohneigentum für das Jahr 1998 an. Der Einspruch blieb wiederum ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die Bescheide vom und vom ab; das FA habe zu Recht die für die Jahre 2003 bis 2005 festgesetzte Eigenheimzulage für den Erwerb der Genossenschaftsanteile auf die den Kläger betreffende Eigenheimzulage 1996 bis 1998 für das selbstgenutzte Wohneigentum angerechnet. Die Anrechung nach § 9 Abs. 2 Satz 4 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung sei nicht nur in Fällen einer zeitlich parallelen Förderung vorzunehmen, sondern betreffe auch Sachverhalte, in denen eine vor- oder nachgelagerte Förderung vorliege. Hier sei die Anrechnung jahreskongruent im Wege einer sog. Überblendung vorzunehmen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Bescheide über Eigenheimzulage für das selbstgenutzte Wohnobjekt sowie die Genossenschaftsanteile des Klägers dahingehend zu ändern, dass keine Anrechnung erfolgt.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Recht hat das FG die Änderungsbescheide zur Eigenheimzulage für das selbstgenutzte Wohnobjekt hinsichtlich der Jahre 1996 bis 1998 für rechtmäßig erachtet, insbesondere eine Minderung des Fördergrundbetrags gemäß § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG bzw. der Kinderzulage gemäß § 9 Abs. 5 Satz 6 EigZulG zugelassen.
2. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG mindert sich der Fördergrundbetrag für die Anschaffung einer Wohnung jeweils um den Betrag, den der Anspruchsberechtigte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 EigZulG in Anspruch genommen hat. Dies gilt gemäß § 9 Abs. 5 Satz 6 EigZulG entsprechend für die Kinderzulagen. Eine Doppelförderung soll so ausgeschlossen werden (BTDrucks 13/2784, S. 33, 40). Dabei ist der Förderzeitraum für die Begünstigung der Mitgliedschaft (Geschäftsanteil) an der Genossenschaft dem Förderzeitraum hinsichtlich der Begünstigung der Wohnung gegenüberzustellen und die Zulage für die Wohnung jahreskongruent zu kürzen, d.h. im Wege einer sog. Überblendung („Erstjahr gegen Erstjahr, Zweitjahr gegen Zweitjahr etc."; h.M., vgl. Wacker, EigZulG, 3. Aufl., § 9 Rz 62, m.w.N.; Blümich/Erhard, § 9 EigZulG Rz 21; , BStBl I 2005, 305, Rz 88). Unerheblich ist, in welcher zeitlichen Reihenfolge die zu fördernde Wohnung hergestellt bzw. angeschafft und der Genossenschaftsanteil angeschafft worden sind. Denn die Förderung nach dem Eigenheimzulagengesetz ist objektbezogen, wobei für jedes Objekt ein bestimmter Förderzeitraum begünstigt ist. Entsprechend ist auch die auszuschließende Doppelförderung auf das jeweilige Objekt und den jeweiligen Förderzeitraum zu beziehen (, BFH/NV 2009, 128).
Wird die Anschaffung des Genossenschaftsanteils zeitlich nach der Anschaffung der Wohnung gefördert, ist der die Wohnung betreffende Zulagenbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 128; Wacker, a.a.O.; Blümich/Erhard, a.a.O.; Lademann/Boeker, EigZulG, § 9 Rz 23 f.; a.A. Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., Rz 562; Drosdzol, Finanz-Rundschau 1998, 416, 421).
Die Anrechnung ist personenbezogen vorzunehmen; dies gilt auch bei Ehegattenmiteigentumsanteilen (Wacker, a.a.O., Rz 62). Sind Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes erfüllen, Miteigentümer einer Wohnung, ist die Eigenheimzulage nur insoweit zu mindern, als sie auf den Ehegatten entfällt, der die Eigenheimzulage in Anspruch genommen hat (Lademann/Boeker, a.a.O., § 9 Rz 23b; BStBl I 1998, 190, Rz 117).
3. Das Urteil des FG entspricht den genannten Grundsätzen.
Der nachträgliche Erwerb der Genossenschaftsanteile durch den Kläger und die entsprechende Inanspruchnahme der Genossenschaftsanteilsförderung stellen ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung im Hinblick auf die ursprünglichen Eigenheimzulagenbescheide hinsichtlich des Wohnobjekts dar (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 128).
Einwände gegen die Anrechnung der vom Kläger beanspruchten Genossenschaftsanteilsförderung der Höhe nach sind nicht erhoben und auch nicht ersichtlich.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1610 Nr. 10
HFR 2009 S. 1180 Nr. 12
RAAAD-26988