Einholung eines Sachverständigengutachtens; Annahme einer voraussichtlich dauernden Wertminderung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Gesetze: FGO § 76 Abs. 1 Satz 1, FGO § 115 Abs. 2, EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
1. Auf das Vorbringen der Klägerin, das angefochtene Urteil weiche von dem (BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294) ab, kann die Zulassung der Revision nicht gestützt werden. Der mit diesem Vorbringen geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kommt von vornherein nur in Betracht, wenn das angefochtene Urteil und die behaupteten Divergenzentscheidungen zum gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt ergangen sind (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall.
Zutreffend weist der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) in der Beschwerdeerwiderung darauf hin, dass sich der BFH im Urteil in BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294 mit der Frage zu befassen hatte, ob bei börsennotierten Aktien, die als Finanzanlage gehalten werden, von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) auszugehen sei, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken sei und zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorlägen. Dies hat der BFH mit der Begründung bejaht, die am Kapitalmarkt beteiligten Personen würden alle ihnen verfügbaren Informationen über die Aktie zusammenfassend in ihre Angebote einfließen lassen; der Börsenwert spiegele daher die Auffassungen der Marktteilnehmer über den Wert einer Aktie als Kapitalanlage wider. Der Börsenwert würde die Einschätzung künftiger Risiken und Erfolgsaussichten des Unternehmens beinhalten und daher zu einem Stichtag die Erwartungen einer großen Zahl von Marktteilnehmern über die zukünftige Entwicklung des Kurses ausdrücken. Deshalb besitze er „voraussichtlich” dauerhaften Charakter.
Im Streitfall hatte das Finanzgericht (FG) nicht über die Wertminderung börsennotierter Wertpapiere zu entscheiden. Für einen Geschäftswert, der von der Klägerin auch als „Residualgröße” bezeichnet wurde, existieren keine Börsenkurse, in die Informationen von Marktteilnehmern über künftige Risiken und Erfolgsaussichten eines Unternehmens einfließen könnten. Der Sachverhalt unterscheidet sich im Streitfall erheblich von dem Sachverhalt, den der I. Senat des BFH in der Entscheidung in BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 214 zu beurteilen hatte. Für den Geschäftswert einer Apotheke gibt es keinen Börsenkurs; hierauf hat der BFH in dem von der Klägerin herangezogenen Urteil entscheidend abgestellt.
2. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung durch Nichterhebung angebotener Beweise (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) setzt voraus, dass der Beschwerdeführer die ermittlungsbedürftigen Tatsachen (Beweisthemen), die angebotenen Beweismittel, die genauen Fundstellen (Schriftsatz oder Terminsprotokoll, in denen die vom FG nicht erhobenen Beweismittel benannt worden sind), das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme, inwieweit das Urteil des FG darauf beruhen kann, darlegt und ausführt, dass —sofern die Voraussetzungen des § 295 der Zivilprozessordnung gegeben sind— bei nächster sich bietender Gelegenheit die Nichterhebung der Beweise gerügt worden ist oder dass die Absicht des FG, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, nicht rechtzeitig erkennbar war, um dies noch vor dem FG rügen zu können (Senatsbeschluss vom X B 142/03, nicht veröffentlicht).
Im Streitfall ergibt sich aus dem insoweit maßgeblichen Sitzungsprotokoll nicht, dass die Klägerin, die auch im finanzgerichtlichen Verfahren von ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, das Übergehen von Beweisanträgen gerügt hätte. Sie hat zudem in der Beschwerdebegründung nicht vorgetragen, dass sie in der mündlichen Verhandlung die Protokollierung einer entsprechenden Rüge verlangt bzw. —im Falle einer Weigerung des Gerichts, die Protokollierung vorzunehmen— eine Protokollberichtigung beantragt habe (, BFH/NV 2000, 582). Selbst wenn man der Einlassung der Klägerin folgt, sie habe nach dem Hinweis des Gerichts, eine Entscheidung werde den Beteiligten schriftlich zugestellt, einen Beweisbeschluss erwartet und nur deshalb sei eine entsprechende Rüge unterblieben, käme die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers nicht in Betracht.
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Ermessensfreiheit findet dort ihre Grenzen, wo sich die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen mangels eigener Sachkunde dem Gericht aufdrängen musste (, BFH/NV 2005, 2015). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist nach der Rechtsprechung auszugehen, wenn der Teilwert des Wirtschaftsgutes zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt (, BFHE 212, 526, BStBl II 2006, 680, m.w.N.). Ob diese Voraussetzungen hinsichtlich eines Geschäftswerts vorliegen, können Richter der Finanzgerichtsbarkeit aufgrund ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit grundsätzlich anhand der Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie anderer Erkenntnisquellen beurteilen. Im Streitfall hat das FG eine voraussichtlich dauernde Wertminderung mit der Begründung verneint, die Auswirkungen des zum in Kraft getretenen Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssicherungsgesetz) seien erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten (S. 7 Abs. 3 der Entscheidung). Für eine Teilwertabschreibung zum sei daher kein Raum. Auf den Umstand, dass die Umsätze der Apotheke auch nach Inkrafttreten des Beitragssicherungsgesetzes nicht zurückgegangen seien, hat das Gericht lediglich im Rahmen einer Alternativbegründung hingewiesen.
3. Die zusätzliche Begründung vom ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAD-24464