BFH Urteil v. - IX R 18/07

Überquotal übernommene Aufwendungen für ein Vermietungsobjekt durch Miteigentümer

Leitsatz

Übernimmt einer von mehreren Miteigentümern einen seinen Miteigentumsanteil übersteigenden Anteil an den Kosten für die Unterhaltung des gemeinschaftlichen Vermietungsobjekts, sind diese Kosten nur dann ihm allein als Werbungskosten zuzurechnen, wenn mit der überquotalen Kostentragung keine Zuwendung - z.B. im familiären Bereich - an den/die anderen Miteigentümer beabsichtigt ist und der zahlende Miteigentümer mit seinem Ersatzanspruch gegen seine Miteigentümer ausfällt.
Dies gilt grundsätzlich auch für ausfallende Ersatzanspruche gegen nahe Familienangehörige.

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1, EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die seit verheirateten und im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Kläger und Revisionskläger (Kläger) haben mit Ehevertrag vom bestimmt, dass ein Zugewinnausgleich zwischen ihnen vor Ablauf von 10 Jahren nicht stattfinden soll, dies unter folgender dreifacher Bedingung: Der Kläger erwirbt innerhalb von 24 Monaten nach Eheschließung eine von der Klägerin ausgesuchte Immobilie mit einer Nettomiete in Höhe von wenigstens 240 000 DM jährlich auf seine Kosten für beide Vertragsbeteiligten zu ideellen Miteigentumsanteilen von je 1/2 und bringt dabei mindestens 25 % der Erwerbskosten durch Eigenmittel auf. Der restliche Kaufpreis und die weiteren Kosten des Erwerbs werden durch von beiden Beteiligten aufzunehmende Kredite aufgebracht und die dafür fälligen Zins- und Tilgungsleistungen aus der Nettomiete der Immobilie abgedeckt. Unmittelbar nach Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens stellt der Kläger die Immobilie lastenfrei und übereignet seinen halben Miteigentumsanteil lasten- und kostenfrei auf die Klägerin. Werden diese kumulativen Bedingungen nicht erfüllt, soll der Zugewinnausgleich nach gesetzlichen Regelungen erfolgen.

Am erwarben die Kläger zu je 1/2 ein Grundstück in X mit einem zu errichtenden Gebäude zu einem Kaufpreis von 4 810 100 DM. Am verpflichtete sich der Kläger, alle mit der Anschaffung und Vermietung des Grund und Bodens sowie des Gebäudes zusammenhängenden Kosten alleine zu tragen. Er stellte die Klägerin von allen in diesem Zusammenhang ihr gegenüber entstehenden Ansprüchen Dritter im Innenverhältnis frei und verzichtete ihr gegenüber auf jegliche aus dem Miteigentum am Grundstück und Gebäude sowie aus ihrer Gesamtschuldnerstellung als Vermieter resultierende Regressansprüche, soweit er Verbindlichkeiten gegenüber Dritten begleichen werde. Die Vereinbarung erfasste auch alle Ansprüche im Zusammenhang mit dem von den Vertragsparteien zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen. Die Klägerin trat im Gegenzug ihre Ansprüche auf den Mietzins an den Kläger ab.

Nach Fertigstellung des Objekts schlossen die Kläger gemeinsam Mietverträge ab und begründeten gemeinsam Finanzierungsdarlehen. Zins- und Tilgungsleistungen wurden von einem gemeinsamen Konto der Kläger bezahlt.

In ihren Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre 1996 bis 2000 rechneten die Kläger die Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung allein dem Kläger zu. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) rechnete die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jedoch dem Kläger und der Klägerin zu je 50 % zu. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1338 veröffentlichten Urteil, die Vereinbarung vom rechtfertige die von den Klägern geltend gemachte alleinige Aufwandszurechnung beim Kläger nicht. Sie halte insbesondere einem Fremdvergleich nicht stand.

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, die sie auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) sowie auf die Verletzung materiellen Rechts stützen. Das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen, indem es kurz vor Beendigung der mündlichen Verhandlung den Kläger zu den Vermögensverhältnissen seiner Ehefrau befragt habe, jedoch ein Hinweis, aus welchen Gründen eine derartige Befragung erfolge, unterblieben sei. Unzutreffend sei das FG von einer Bereicherung der Klägerin ausgegangen, obwohl eine Scheidung nicht erfolgt sei. Die Vereinbarung vom sei steuerlich anzuerkennen. Schließlich habe das FG § 39 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) verkannt; der Kläger sei wirtschaftlicher Eigentümer der Immobilie.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG aufzuheben und die Bescheide zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1996 bis 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung allein dem Kläger zugerechnet werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. Die von den Klägern geltend gemachte Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor. Vielmehr hatten sie in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit, sich zu den Vermögensverhältnissen der Klägerin zu äußern. Eine Verpflichtung des FG zum Rechtsgespräch bestand nicht. Den rechtskundig vertretenen Klägern oblag es vielmehr, alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht zu ziehen und ihren Vortrag darauf einzurichten (vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 2320, unter II.2.a); ggf. hätten sie um einen Fristnachlass zur Stellungnahme zu den Vermögensverhältnissen der Klägerin nachsuchen können.

2. Das FG hat im Streitfall die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den Klägern zu Recht entsprechend ihrer Miteigentumsanteile an dem Mietobjekt zugerechnet.

a) Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind Einkünfte i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einheitlich und gesondert festzustellen, wenn daran mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen zuzurechnen sind. Dies ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dann der Fall, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich —wie im Streitfall die Kläger— den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) verwirklichen und dadurch Einkünfte erzielen (, BFHE 125, 532, BStBl II 1978, 674; vom IX R 103/85, BFHE 150, 124, BStBl II 1987, 707, m.w.N.).

Hierbei ist grundsätzlich das zivilrechtliche Beteiligungsverhältnis (§§ 743, 748 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) auch Maßstab für die anteilige steuerrechtliche Zurechnung der Einkünfte, solange die Miteigentümer keine abweichende, auch steuerrechtlich zu berücksichtigende Vereinbarung getroffen haben (, BFHE 82, 25, BStBl III 1965, 256; vom IX R 59/01, BFHE 208, 203, BStBl II 2005, 454, m.w.N.). Übernimmt aber einer von mehreren Miteigentümern einen höheren Anteil an Kosten für die Unterhaltung des gemeinschaftlichen Vermietungsobjekts, so kann der Grundsatz der anteiligen steuerrechtlichen Zurechnung der Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen eine Einschränkung erfahren:

- Zunächst setzt eine von dem quotalen Maßstab abweichende Zurechnung voraus, dass mit der überquotalen Kostentragung keine Zuwendung —z.B. im familiären Bereich— an den/die anderen Miteigentümer beabsichtigt ist.

- Ferner darf sich die den Miteigentumsanteil übersteigende Übernahme der Aufwendungen nicht lediglich als eine vorläufige Kostentragung des Miteigentümers darstellen, die dieser gegenüber den anderen Miteigentümern im Wege einer Kreditgewährung übernimmt. Hiervon ist aber z.B. dann auszugehen, wenn die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs, der dem überquotal (vor-)leistenden Miteigentümer gegen die anderen Miteigentümer gemäß § 426 BGB zusteht, bis zu einem späteren Zeitpunkt (beispielsweise der Veräußerung des Objekts) hinausgeschoben wird; in diesem Fall bleibt der Ausgleichsanspruch des überquotal leistenden Miteigentümers unberührt, so dass es bei der Ermittlung des Überschusses der Gemeinschaft und dessen Verteilung regelmäßig unberücksichtigt bleiben kann, welcher der Miteigentümer jeweils Aufwendungen für die Gemeinschaft getragen hat (, BFHE 190, 82, BFH/NV 2000, 118).

Anders liegt es, wenn der Leistende von vornherein keinen Anspruch auf Ersatz gegen seine Miteigentümer hat oder diese ihm tatsächlich später keinen Ersatz leisten, der zahlende Miteigentümer also mit seinem Ersatzanspruch ausfällt. In diesen Fällen ist es gerechtfertigt, allein dem Leistenden die Kosten als Werbungskosten zuzurechnen; dies gilt grundsätzlich auch für ausfallende Ersatzansprüche gegen nahe Familienangehörige.

b) Nach diesen Grundsätzen waren die Einkünfte (Werbungskostenüberschüsse) aus Vermietung und Verpachtung nicht dem Kläger allein, sondern den Klägern jeweils zur Hälfte zuzurechnen.

Zwar tätigt derjenige, der mit einer überquotalen Kostentragung belastet ist, diese im Regelfall ausschließlich zu Zwecken der Einkünfteerzielung. Dies gilt aber nicht, wenn hierin eine Verwendung des Einkommens liegt, insbesondere durch eine Zuwendung i.S. von § 12 Nr. 2 EStG (vgl. P. Fischer, juris PraxisReport Steuerrecht 14/2005 Anm. 5 unter C.). Hiervon ist im Streitfall auszugehen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem wirtschaftlichen Eigentum des Klägers. Die Voraussetzungen für die Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ergeben sich nicht aus § 39 Abs. 2 AO; diese Vorschrift betrifft nur die Zurechnung von Wirtschaftsgütern. Entscheidend ist vielmehr, wer das Vermietungsobjekt einem anderen entgeltlich zur Nutzung überlässt, d.h. Träger der Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag ist (, BFH/NV 2003, 1043; vom IX R 69/04, BFHE 216, 329, BStBl II 2007, 579; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 21 Rz 5, 40).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1247 Nr. 8
HFR 2009 S. 972 Nr. 10
FAAAD-24085