BFH Beschluss v. - VII B 123/08

Zolltarifliche Einreihung von Nagelschraube mit Kunststoffdübel

Gesetze: KN Pos. 3926, KN Pos. 7318

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Oberfinanzdirektion (OFD), deren Zuständigkeit inzwischen auf den Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt) übergegangen ist, erteilte der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) im Januar 2007 zwei verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) für zusammengesetzte Waren, bestehend aus einem Langschaftdübel aus Kunststoff sowie einer Nagelschraube, jeweils fünf Dübel mit vormontierter Nagelschraube gemeinsam in einem Polybeutel verpackt, mit denen die Waren in die Unterpos. 3926 90 97 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht wurden. Mit Bescheiden vom widerrief die OFD die vZTA mit der Begründung, dass sich die Einreihungsauffassung dahin geändert habe, dass die Waren von Abschn. XV der KN erfasst würden.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die erteilten vZTA zu Recht widerrufen worden seien. Es handele sich im Streitfall um zusammengesetzte Waren, die nach der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der KN (AV) 3b in die Pos. 7318 KN einzureihen seien, weil die Nagelschrauben als der charakterbestimmende Bestandteil anzusehen seien. Der Zweck der zu tarifierenden zusammengesetzten Waren sei das Befestigen bzw. die Montage von Gegenständen z.B. im Mauerwerk oder auch an Betonwänden. Hierzu sei der Dübel allein ungeeignet, während die Nagelschraube auch ohne Einsatz eines Dübels grundsätzlich geeignet sei, die Befestigung herbeizuführen. Da das Befestigen von Gegenständen der eigentliche Zweck der zusammengesetzten Ware sei, erhalte diese ihren Charakter durch den Bestandteil, der das Befestigen eigentlich bewirke, nämlich durch die Nagelschraube. Der Dübel habe demgegenüber nur unterstützende Funktion, indem er für die notwendige Festigkeit der Nagelschraube im Mauerwerk sorge. Wollte man von einer gleich großen Bedeutung des Dübels und der Nagelschraube für die zusammengesetzte Ware ausgehen, sei diese nach der AV 3c ebenfalls in die Pos. 7318 KN einzureihen.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, hilfsweise der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind z.T. nicht schlüssig dargelegt, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, liegen aber jedenfalls nicht vor.

Geht es —wie im Streitfall— allein darum, ob die Zollverwaltung die betreffende Ware zutreffend in den Zolltarif eingereiht hat oder ob die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers die richtige ist, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt, wie der beschließende Senat in seinem Beschluss vom VII B 136/01 (BFHE 198, 242) ausgeführt hat, der Klärungsbedürftigkeit der Tarifierungsfrage und ihrer ausreichenden Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entscheidende Bedeutung zu. Hat das FG die Tarifauffassung der Zollverwaltung bestätigt, muss der Beschwerdeführer unter Heranziehung der zu dieser Frage ggf. vorhandenen Literatur und Rechtsprechung der europäischen und der nationalen Gerichte sowie der einschlägigen Zolltarifmaterialien (Avise, Erläuterungen u.a.) Zweifel an dieser Einreihung der Ware erwecken und aufzeigen, aus welchen Gründen seiner abweichenden Tarifauffassung möglicherweise der Vorzug vor der Tarifauffassung der Zollverwaltung gegeben werden könnte.

Derartige Zweifel begründet das Beschwerdevorbringen indes nicht.

Wie die Beschwerde zutreffend ausführt, darf zwar nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats bei der tariflichen Einreihung auf den Verwendungszweck einer Ware nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. So kann zum einen der Verwendungszweck einer Ware ein Tarifierungskriterium sein, sofern er der Ware in Anbetracht ihrer objektiven Merkmale und Eigenschaften innewohnt (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften —EuGH— vom C-403/07 —Metherma—, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2009, 15). Zum anderen kann sich gerade bei der Frage nach dem gemäß AV 3b charakterbestimmenden Bestandteil einer zusammengesetzten Ware das entscheidende Merkmal z.B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus dem Umfang, der Menge, dem Gewicht, dem Wert, aus ihrem Erscheinungsbild oder eben auch aus der Bedeutung des Bestandteils in Bezug auf die Verwendung der Ware ergeben (vgl. —VOBIS—, Slg. 1996, I-3047; Senatsurteil vom VII R 8/06, BFH/NV 2007, 1368; Lux in Dorsch, Zollrecht, A 4, VO KN, App. 1: Kombinierte Nomenklatur —Einf.— Rz 74).

Es ist daher zolltarifrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG auf den offenkundigen Verwendungszweck der zusammengesetzten Ware, Gegenstände im Mauerwerk oder auch an Betonwänden zu befestigen, abgestellt und untersucht hat, welchem Warenbestandteil insoweit maßgebliche Bedeutung zukommt. Im Übrigen macht die Beschwerde nichts anderes, soweit sie ausführt und begründet, weshalb ihrer Ansicht nach der Dübel der für die sichere und verlässliche Befestigung schwerer Gegenstände entscheidende Warenbestandteil sein soll.

Allein die unterschiedliche Bewertung der Bestandteile der im Streitfall zu tarifierenden Waren durch das FG einerseits und die Beschwerde andererseits rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Welches der vorstehend genannten, nicht abschließend aufzählbaren Merkmale im Einzelfall bei der Bestimmung des charakterbestimmenden Bestandteils i.S. der AV 3b zu berücksichtigen ist, hängt von der Art der Ware ab (, BFH/NV 1992, 853; vom VII R 36/97, BFHE 186, 188, BStBl II 1998, 739, und in BFH/NV 2007, 1368). Die auf dieser Grundlage vorzunehmende Gesamtwürdigung und Gewichtung der festgestellten objektiven Merkmale der zu vergleichenden Warenbestandteile, ist eine dem Tatsachengericht vorbehaltene Würdigung, die auf tatsächlichem Gebiet liegt und daher einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist (Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1368, m.w.N.).

Aus diesem Grund vermag auch nicht die eine andere Ware betreffende österreichische vZTA, auf die die Beschwerde verweist, Zweifel an der Tarifauffassung des FG zu erwecken.

Der hilfsweise geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Gestalt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt, da keine abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der angeblichen Divergenzentscheidungen gegenübergestellt werden. Soweit die Beschwerde nur wiederum darauf verweist, dass nach den angeführten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs auf den Verwendungszweck einer Ware nicht abzustellen ist, kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1289 Nr. 8
WAAAD-23761