BGH Beschluss v. - IX ZB 202/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: InsO § 20 Abs. 2; InsO § 287 Abs. 1

Instanzenzug: LG Bonn, 6 T 321/07 vom AG Bonn, 95 IN 174/05 vom

Gründe

I.

Nachdem ein Gläubiger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des A. G. (künftig: Schuldner) beantragt hatte, wies das Insolvenzgericht den Schuldner mit Schreiben vom , welches dem Schuldner am zugestellt wurde, darauf hin, dass er einen Antrag auf Restschuldbefreiung nur stellen könne, wenn er selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantrage, und gab ihm Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen einen solchen Eigenantrag zu stellen. Am ging beim Insolvenzgericht ein Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung ein. Das Insolvenzgericht eröffnete am das Insolvenzverfahren und wies den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung mit Beschluss vom wegen Verfristung als unzulässig zurück. Die sofortige Beschwerde des Schuldners blieb ohne Erfolg. Der Senat hat dem Schuldner auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens bewilligt. Mit der daraufhin eingelegten Rechtsbeschwerde wendet sich der Schuldner gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen.

II.

Dem Schuldner war gegen die Versäumung der Fristen für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Schuldner hat am und damit innerhalb der Rechtsbeschwerdefrist Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts vom beantragt. Der Beschluss vom über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist ihm am zugestellt worden. Am hat der Schuldner Rechtsbeschwerde eingelegt, sie begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Wiedereinsetzungsfristen für die Einlegung der Rechtsbeschwerde ( § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und deren Begründung (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) sind damit gewahrt worden.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft ( §§ 7, 6, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.

1.

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der am eingegangene Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung sei verfristet, weil er nicht innerhalb der in § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO normierten Frist eingelegt worden sei. Der Antrag auf Restschuldbefreiung hätte nach dieser Regelung spätestens innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der am erfolgten Zustellung des gerichtlichen Hinweises gemäß § 20 Abs. 2 InsO gestellt werden müssen.

2.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO ist ein Antrag auf Restschuldbefreiung innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 InsO zu stellen, wenn der Antrag auf Restschuldbefreiung nicht mit dem Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden wird. Eine Verfristung des Antrags auf Restschuldbefreiung nach dieser Norm scheidet im vorliegenden Fall aus, weil nicht festgestellt ist, dass der Schuldner den Antrag auf Restschuldbefreiung nicht zusammen mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Im Übrigen beginnt die Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO auch nach einem Hinweis nach § 20 Abs. 2 InsO nicht zu laufen, solange noch kein Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung gestellt ist ( , WM 2004, 1740, 1742 m.w.N.). Auch insoweit fehlen Feststellungen, die eine Verfristung des Antrags auf Restschuldbefreiung belegten.

3.

Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar ( § 577 Abs. 3 ZPO). Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist nicht deshalb unzulässig, weil es an einem zulässigen, insbesondere rechtzeitig gestellten Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens fehlte. Ein solcher Eigenantrag ist regelmäßig nicht nur im Verbraucherinsolvenzverfahren, sondern auch im Regelinsolvenzverfahren Voraussetzung für die Gewährung von Restschuldbefreiung (BGHZ 162, 181, 183 m.w.N.). Liegt ein Gläubigerantrag auf Insolvenzeröffnung vor, ist der Schuldner deshalb nach § 20 Abs. 2 InsO darauf hinzuweisen, dass er zur Erlangung der Restschuldbefreiung auch einen eigenen Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen muss (BGH aaO S. 184). Hierfür ist ihm eine angemessene richterliche Frist zu setzen, die in der Regel nicht mehr als vier Wochen ab Zustellung der Verfügung betragen sollte (BGH aaO S. 185 f). Diese Frist ist keine Ausschlussfrist; § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO gilt insoweit nicht. Vielmehr kann der Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung auch nach Ablauf dieser Frist bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam gestellt werden (, ZIP 2008, 1976, 1977, Rn. 14-18). Da das Insolvenzverfahren hier erst lange nach Eingang des Eigenantrags des Schuldners eröffnet wurde, bestehen gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken.

4.

Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ist danach aufzuheben. Da das Landgericht bei richtiger Sachbehandlung den Beschluss des Insolvenzgerichts hätte aufheben und die Sache an das Insolvenzgericht zurückverweisen müssen, trifft der Senat diese Entscheidung selbst (vgl. BGHZ 160, 176, 185).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
VAAAD-22665

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein