BVerwG Beschluss v. - 6 P 8.08

Leitsatz

1. Das Beteiligungsrecht des Personalrats bei Prüfungen nach § 80 BPersVG schließt die Teilnahme an den Beratungen der Prüfungskommission nicht ein.

2. Das Beteiligungsrecht ist nicht auf die äußeren Prüfungsbedingungen begrenzt, sondern betrifft auch inhaltliche Aspekte der Prüfung; es erstreckt sich auf den mündlichen und schriftlichen Teil der Prüfung.

3. Die Prüfungskommission hat dem in die Prüfung entsandten Personalratsmitglied Gelegenheit zu geben, seine Anregungen und Bedenken in einem oder erforderlichenfalls mehreren vertraulichen Gesprächen vorzutragen.

Gesetze: BPersVG § 80

Instanzenzug: OVG Nordrhein-Westfalen, 1 A 4160/06 PVB vom VG Köln, 33 K 698/06 PVB vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

I

Mit Schreiben vom bat die Beteiligte den Antragsteller, für das in der Zeit vom 22. bis durch die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung durchzuführende Auswahlverfahren für den Aufstieg in den höheren Dienst, an welchem Beamte aus dem Ministerium sowie aus nachgeordneten Dienststellen teilnahmen, einen Beobachter zu benennen. Dem kam der Antragsteller mit Schreiben vom nach. Mit weiterem Schreiben vom bat er, eine Teilnahme auch an den Beratungen der Auswahlkommission zu ermöglichen. Dem trat die Beteiligte mit Schreiben vom entgegen.

Das Begehren des Antragstellers, ein von ihm benanntes Mitglied auch an der abschließenden Beratung der Auswahlkommission über das Prüfungsergebnis

beratend teilnehmen zu lassen, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers mit dem Antrag,

den erstinstanzlichen Beschluss zu ändern und festzustellen, dass sein von ihm benanntes Mitglied aus § 80 BPersVG berechtigt ist, im Rahmen der Teilnahme an Prüfungen im Auswahlverfahren für die Zulassung zum Aufstieg in den höheren Dienst auch an der abschließenden Beratung über das Prüfungsergebnis beratend teilzunehmen,

hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Unter einer Prüfung im Sinne des § 80 BPersVG könne nur die Leistungsabnahme selbst verstanden werden. Die daran anschließende Beratung der Prüfungskommission gehöre zwar zum Prüfungsverfahren, setze aber die Beendigung der Prüfung voraus. Dem Gesetzgebungsverfahren zur seinerzeitigen Neufassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes lasse sich nichts Abweichendes entnehmen. Zwar sei nach früherem Recht dem Personalratsmitglied lediglich die Anwesenheit bei der Prüfung zu gestatten gewesen, während nunmehr eine beratende Teilnahme ermöglicht werde. Diese Erweiterung betreffe jedoch lediglich die Art der Einfluss nehmenden Teilnahme, nicht aber die Abschnitte des Prüfungsverfahrens. Das Auslegungsergebnis werde durch Sinn und Zweck der Regelung in § 80 BPersVG bestätigt. Das Recht auf Teilnahme solle zum einen zur Beruhigung der Prüflinge beitragen und ihre Sicherheit stärken. Zum anderen solle die Prüfungskommission darin unterstützt werden, einen von Störungen und Nachteilen freien Verlauf der Prüfung zu gewährleisten. Nur in diesem Rahmen diene die Vorschrift den Interessen der vom Personalrat vertretenen Bediensteten. Nicht aber sei es Sinn der Teilnahme, die Prüfungskommission zu kontrollieren. Es bestehe keinerlei Verpflichtung des Personalrats, nur besonders vorgebildete Personalratsmitglieder zu benennen. Auch sonst sei keine Einbindung in die Prüfungsabläufe oder Vermittlung der Prüfungsmaßstäbe vorgesehen. Nur unter den vorgenannten Voraussetzungen wäre aber ein effektiver Einfluss auf die Bewertung der Prüfungsleistung gewährleistet, die letztlich mit einer beratenden Teilnahme an der Ergebnisfindung der Prüfungs- oder Auswahlkommission einherginge.

Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Bei § 80 BPersVG handele es sich um ein dem Personalrat zustehendes Beteiligungsrecht besonderer Art. Das Begriffsverständnis der Prüfungsordnungen, welche einem anderen Rechtskreis angehörten, sei hier nicht maßgeblich. Abgesehen davon sei in den einschlägigen Ausbildungs-, Prüfungs- und Laufbahnverordnungen ein vollständiger Abschluss der Prüfung mit Eintritt in die Bewertungsphase nicht unmittelbar vorausgesetzt. Bei zeitlich wie thematisch langgestreckten Prüfungen, welche mit Zwischenberatungen der Prüfungskommission einhergingen, sei eine an der zeitlichen Abfolge orientierte Abgrenzung von Prüfung und Prüfungsbewertung nicht möglich. Wenn das in § 80 BPersVG verbürgte Recht auf Teilnahme zur Beruhigung der Prüflinge beitragen und ihre Sicherheit stärken solle, so könne dieses Ziel nicht erreicht werden, wenn vom Personalratsmitglied erkannte soziale Kriterien oder Ansatzpunkte einer Ungleichbehandlung keine Berücksichtigung in der Beratung über die Bewertung finden könnten. Eine auf die Leistungsabnahme begrenzte Teilnahme könne nicht zu einer Beruhigung der Prüfungskandidaten beitragen, wenn diese ihre Leistungen weitgehend von den Prüfern unbeeinflusst erbrächten (Vortrag halten, Diskussion leiten usw.). Bei einer solchen Prüfungsgestaltung könne sich die Sicherheit, das Personalratsmitglied werde auf eine faire und gleiche Behandlung durch die Prüfer hinwirken, gar nicht erst entwickeln, da sich Ansatzpunkte für eine solche Ungleichbehandlung überhaupt erst in der anschließenden Kommissionsberatung ergeben könnten. Dass sich einzelne Prüflinge unter schlechteren Bedingungen hätten präsentieren können oder dass einzelne Prüfungsabschnitte durch äußere Umstände erschwert worden seien, lasse sich oftmals erst in der späteren Schluss- bzw. Zwischenberatung sachgemäß anbringen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und nach dem in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrag zu erkennen.

Die Beteiligte beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss.

II

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Antragsteller kann nicht verlangen, dass ein von ihm benanntes Mitglied im Rahmen des Auswahlverfahrens für die Zulassung zum Aufstieg in den höheren Dienst an den Beratungen der Auswahlkommission teilnimmt.

Rechtsgrundlage für das streitige Begehren ist § 80 BPersVG. Danach kann an Prüfungen, die eine Dienststelle von den Beschäftigten ihres Bereichs abnimmt, ein Mitglied des für diesen Bereich zuständigen Personalrats, das von diesem benannt ist, beratend teilnehmen.

1.

Das Auswahlverfahren für die Zulassung zum Aufstieg in den höheren Dienst ist mit einer Prüfung im Sinne von § 80 BPersVG verbunden. Darunter ist ein in bestimmter Weise geregeltes Verfahren zu verstehen, das der Feststellung von persönlichen und fachlichen Eigenschaften und Fähigkeiten der Beschäftigten dient (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 7 P 9.62 - BVerwGE 16, 101 <102> = Buchholz 238.3 § 57 PersVG Nr. 4 S. 11 und vom - BVerwG 7 P 4.63 - BVerwGE 19, 133 <134> = Buchholz 238.3 § 57 PersVG Nr. 5 S. 12).

Die gesetzgeberische Leitentscheidung für den Aufstieg der Bundesbeamten findet sich jetzt in § 22 Abs. 5 Satz 1 BBG vom , BGBl. I S. 160, wonach vor dem Wechsel in ein Amt einer höheren Laufbahngruppe eine entsprechende Qualifikation durch eine Prüfung nachzuweisen ist. Die Voraussetzungen und das Verfahren regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (§ 22 Abs. 5 Satz 2 BBG). Dies ist in §§ 35 bis 41 BLV vom , BGBl. I S. 284, geschehen. Das hier in Rede stehende Auswahlverfahren ist in § 36 BLV geregelt. Danach findet bei den Bewerbern eine Eignungsüberprüfung statt. Diese besteht beim Aufstieg in eine Laufbahn des höheren Dienstes mindestens aus einem Vorstellungsgespräch und einer schriftlichen Bearbeitung von Aufgaben. Für die Bewertung ist eine weisungsunabhängige Auswahlkommission zuständig (§ 36 Abs. 3 und 4 BLV). Beim Auswahlverfahren handelt es sich demnach um ein förmliches Verfahren, durch welches Eignung und Befähigung der Aufstiegsbewerber für die künftigen Laufbahnaufgaben festgestellt werden sollen. Die noch zu § 33 BLV in der Fassung der Bekanntmachung vom , BGBl. I S. 2459, ergangene und derzeit noch anzuwendende konkretisierende Richtlinie für das Auswahlverfahren für die Zulassung zum Aufstieg in den höheren Dienst vom (GMBl S. 425) bestätigt dieses Ergebnis.

2.

§ 80 BPersVG verlangt weiter, dass die Dienststelle die Prüfung abnimmt. Dies ist hier nicht deswegen zu verneinen, weil gemäß § 36 Abs. 3 Satz 2 BLV die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung mit der Durchführung der Auswahlverfahren betraut werden kann.

Zwar handelt es sich bei der Bundesakademie um einen organisatorisch verselbständigten Teil des Bundesministeriums des Innern mit ressortübergreifend ausgerichteter Aufgabenstellung; sie ist daher keine Einrichtung im Geschäftsbereich der Beteiligten. § 80 BPersVG setzt jedoch nicht voraus, dass die Dienststelle die Prüfung selbst durchführt, sondern lediglich, dass sie die Durchführung in ihrem Namen veranlasst, wobei sie allerdings nicht jeden Einfluss auf die Gestaltung und den Ablauf der Prüfung sowie auf die Bestellung der Prüfer verlieren darf. Im Übrigen kann die Dienststelle nicht durch Einschaltung eines ihr nicht unterstehenden Prüfungsamts das Recht des Personalrats ausschließen, ein Mitglied an der Prüfung teilnehmen zu lassen (vgl. BVerwG 7 P 4.70 - PersV 1971, 138 <139>; vgl. ferner Lorenzen, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 80 Rn. 7; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 80 Rn. 2; Fischer/Goeres/ Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 80 Rn. 3; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 80 Rn. 3; Benecke, in: Richardi/Dörner/ Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 80 Rn. 3).

Ob die Beteiligte das Auswahlverfahren selbst durchführt oder damit die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung beauftragt, liegt nach § 36 Abs. 3 Satz 2 BLV in ihrem Ermessen. Entscheidet sie sich für Letzteres, so kann dadurch das Beteiligungsrecht des Personalrats nach § 80 BPersVG nicht ausgeschlossen werden. Bei ihr verbleibt in jedem Fall die Gesamtverantwortung. Dies kommt vor allem in § 36 Abs. 6 Satz 1 BLV zum Ausdruck, wonach über die Zulassung zum Aufstieg die oberste Dienstbehörde unter Berücksichtigung des Vorschlags der - internen oder externen - Auswahlkommission entscheidet. Deren Prüfungstätigkeit ist demnach im Sinne einer Hilfsfunktion eingebunden in die von der Dienststelle zu verantwortende Auswahlentscheidung. Hinzu kommen hier weitere Elemente der Einflusssicherung durch die Dienststelle, welche sich aus der Richtlinie vom ableiten lassen. Nach deren Nr. 3 entsenden die Ressorts Mitglieder in die Auswahlkommission, und nach Nr. 2 unterbreiten die Ressorts Vorschläge für den schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens.

3.

Das Auswahlverfahren ist eine Prüfung, die die Beteiligte von den Beschäftigten ihres Bereichs abnimmt. Mit Bereich ist der Geschäftsbereich der Dienststelle gemeint, zu dem diese selbst und alle ihr nachgeordneten Dienststellen gehören (vgl. Beschlüsse vom a.a.O. S. 139 bzw. S. 16, vom a.a.O. S. 139 und vom - BVerwG 7 P 3.73 - Buchholz 238.3 § 57 PersVG Nr. 8 S. 4; Altvater u.a., a.a.O. § 80 Rn. 2; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. § 80 Rn. 3). Im vorliegenden Fall geht es um Auswahlverfahren für Aufstiegsbewerber, die ausschließlich im Geschäftsbereich der Beteiligten, nämlich bei dieser selbst oder bei den ihr nachgeordneten Dienststellen, beschäftigt sind. Dies wird durch das Anschreiben der Beteiligten an den Antragsteller vom bestätigt, welches zum Anlass für die Einleitung des vorliegenden Verfahrens geführt hat.

4.

Das Auswahlverfahren für den Aufstieg in den höheren Dienst im Bereich der Beteiligten ist eine verwaltungsinterne Prüfung. Das besondere Beteiligungsrecht der Personalvertretung nach § 80 BPersVG knüpft nicht allein an den äußeren Tatbestand an, dass eine Dienststelle Mitarbeitern ihres Bereichs Prüfungen abnimmt, sondern setzt weiter voraus, dass sich die Wirkungen der Prüfung im Falle des Bestehens wie im Falle des Nichtbestehens auf den Bereich der Dienststelle beschränken, dass es sich also um eine verwaltungsinterne Prüfung handelt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt beim Abschluss einer Berufsausbildung, die jeder öffentlich-rechtliche Dienstherr oder jeder in Betracht kommende private Arbeitgeber anzuerkennen hat (vgl. BVerwG 6 P 40.83 - Buchholz 238.38 § 68 RPPersVG Nr. 1 S. 3 f.). Im vorliegenden Fall hat das Votum der Auswahlkommission nach § 36 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 6 Satz 1 BLV keine Auswirkungen, die über den Geschäftsbereich der Beteiligten hinausgehen. Es hat Bedeutung nur für die Entscheidung der Beteiligten, Bewerber aus ihrem Bereich zum Aufstieg zuzulassen.

5.

Der Antragsteller ist der für den Geschäftsbereich der Beteiligten zuständige Personalrat, der nach § 80 BPersVG berechtigt ist, eines seiner Mitglieder zum Auswahlverfahren vor der Auswahlkommission zu entsenden. Geht es um eine Prüfung für den Geschäftsbereich einer übergeordneten Dienststelle, so gelten für die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Hauspersonalrat und Stufenvertretung die allgemeinen Grundsätze des § 82 Abs. 1 BPersVG (vgl. Lorenzen, a.a.O. § 80 Rn. 22; Altvater u.a., a.a.O. § 80 Rn. 2a; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 80 Rn. 2; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 80 Rn. 6a; Benecke, a.a.O. § 80 Rn. 6). Da von dem hier in Rede stehenden Auswahlverfahren die Aufstiegsbewerber aus dem gesamten Geschäftsbereich der Beteiligten betroffen sind, steht das Benennungsrecht dem bei ihr gebildeten Hauptpersonalrat, dem Antragsteller, zu (vgl. BVerwG 6 P 4.02 - Buchholz 250 § 82 BPersVG Nr. 17 S. 9).

6.

Das Beteiligungsrecht des Antragstellers nach § 80 BPersVG erstreckt sich nicht auf die Beratung des Prüfungsergebnisses durch die Auswahlkommission.

a)

Der Wortlaut der Vorschrift gibt allerdings keinen eindeutigen Aufschluss.

aa)

Das gilt zum einen für das Merkmal der "Prüfung".

Der Senat hat im BVerwG 6 P 19.78 - (BVerwGE 57, 264 <266> = Buchholz 238.3A § 80 BPersVG Nr. 1 S. 2) angenommen, dass bereits der sprachliche Inhalt des Begriffs "Prüfung" der Einbeziehung der Beratung des Prüfungsergebnisses in das Beteiligungsrecht entgegenstehe. Die Beratung der Prüfungskommission gehöre zwar zum Prüfungsverfahren, nicht aber zur Prüfung. Die Prüfung sei beendet, wenn die Feststellung des Ergebnisses beginne. Die Beratung setze also die Beendigung der Prüfung voraus.

Dieses Verständnis, welches sich stark an der Aufgliederung des Prüfungsverfahrens im Prüfungsrecht orientiert, sieht der Senat im Rahmen von § 80 BPersVG nicht länger als zwingend an. Die knappe, nicht näher differenzierende Formulierung ist für sich betrachtet offen für ein weites Verständnis, wonach die Leistungsbewertung unverzichtbares Element einer jeden Prüfung ist (vgl. Lorenzen, a.a.O. § 80 Rn. 19). In diesem Sinne hatte der Senat noch im BVerwG 6 P 2.78 - (BVerwGE 57, 151 <158> = Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 6 S. 43) ausgeführt: "Zum Wesensgehalt einer Prüfung gehört es, dass sie eine Feststellung von Leistungen und Fähigkeiten zum Gegenstand hat. Sie findet ihren Abschluss in einer Leistungsbewertung."

Ein derartiges Verständnis ist sprachlich nicht deswegen von vornherein ausgeschlossen, weil § 80 BPersVG von Prüfungen spricht, welche die Dienststelle von den Beschäftigten "abnimmt". Denn auch das Merkmal der Prüfungsabnahme kann in der Weise verstanden werden, dass es neben der Leistungsabnahme die Leistungsbewertung mit umfasst.

bb)

Ebenso wenig sprachlich eindeutig ist das in § 80 BPersVG weiter enthaltene Merkmal der "beratenden Teilnahme".

Der Senat hat im zitierten Beschluss vom (a.a.O. S. 269 f. bzw. S. 5 f.) dieses Merkmal transitiv verstanden, also im Sinne einer beratenden Unterstützung der Prüfungskommission. Nicht ausgeschlossen erscheint es freilich, dem Merkmal eine intransitive Bedeutung zuzumessen, also im Sinne einer Teilnahme an der Diskussion des Beratungsgegenstandes unter Ausschluss des Stimmrechts. Bei diesem Verständnis gewinnt das Merkmal seine Konturen durch den unausgesprochenen Verweis auf sein Gegenteil, nämlich die stimmberechtigte Teilnahme.

b)

Die Entstehungsgeschichte des § 80 BPersVG vermittelt ebenfalls kein eindeutiges Bild.

Nach § 57 Abs. 3 PersVG vom , BGBl. I S. 477, war bei Prüfungen, die eine Dienststelle von den Bediensteten ihres Bereichs abnahm, einem Mitglied des für diesen Bereich zuständigen Personalrats, das von diesem benannt war, die Anwesenheit zu gestatten. Der zuständige Bundestagsausschuss hatte auf diese Regelung Gewicht gelegt, weil es sich für die Prüflinge eine Beruhigung und eine Verstärkung ihrer Sicherheit von der Anwesenheit des ihnen bekannten Mitgliedes der Personalvertretung versprach (BTDrucks 2/1189 S. 8).

Unter dem übersandte die Bundesregierung dem Bundesrat den Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes, welcher in § 76 eine Regelung vorsah, die § 57 Abs. 3 PersVG entsprach (BRDrucks 306/72 S. 17, 34). Dieser Gesetzentwurf wurde am beim Bundestag eingebracht (BTDrucks 6/3721). Zum Regierungsentwurf gab der Deutsche Gewerkschaftsbund eine Stellungnahme ab, in welcher er vorschlug, dass an den Beratungen der Prüfungskommissionen das von den betreffenden Bediensteten benannte Personalratsmitglied mit beratender Stimme teilnehmen könne (vgl. Beschluss vom a.a.O. S. 268 bzw. S. 4). Nach Auflösung und Neuwahl des Bundestages entschlossen sich die damaligen Koalitionsfraktionen, den Regierungsentwurf aus der vorherigen Wahlperiode unverändert in den Bundestag einzubringen, erklärten jedoch, dass sie sich nicht mit dem Gesetzentwurf identifizierten, vielmehr in einer ganzen Reihe von Punkten Änderungen des Gesetzentwurfs für notwendig hielten (vgl. BTDrucks 7/1373 S. 1 f.). Zu § 76 des Fraktionsentwurfs (BTDrucks 7/176 S. 18 und 34) schlug der Innenausschuss gemäß seinem Antrag vom eine Fassung vor, welche als § 80 BPersVG Gesetz geworden ist (BTDrucks 7/1339 S. 39). In seinem Bericht vom ist er auf die vorbezeichnete Änderung nicht eingegangen.

aa)

Weshalb der Gesetzgeber den Vorschlag des DGB, das in die Prüfung zu entsendende Personalratsmitglied von den Prüflingen benennen zu lassen, nicht aufgegriffen hat, liegt auf der Hand. Dieser Vorschlag war wenig sachgerecht, weil unklar war, wie zu verfahren gewesen wäre, wenn sich die Kandidaten einer Gruppenprüfung nicht auf ein bestimmtes Personalratsmitglied geeinigt hätten. Dass der Gesetzgeber - auch insoweit abweichend von der Empfehlung des DGB - keine Aussage dahin getroffen hat, dass sich das Teilnahmerecht auf die Beratung der Prüfungskommission erstreckt, kann darauf hindeuten, dass er die Beteiligung der Personalvertretung in dieser Hinsicht einschränken wollte. Möglicherweise kann aber das Verhalten des Gesetzgebers seine schlichte Erklärung auch darin finden, dass er die knappe Formulierung mit Rücksicht auf gleiche oder ähnliche Formulierungen an anderen Stellen des Gesetzestextes (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 4, §§ 36, 40, 52 Abs. 1 Satz 1 BPersVG) für hinreichend klar gehalten und deswegen die sprachliche Doppelung "beratende Teilnahme an der Beratung" für entbehrlich gehalten hat.

bb)

Zu erwägen ist, dass der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Bundespersonalvertretungsgesetzes die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 57 Abs. 3 PersVG mit ihrem engen, die Beratung des Prüfungsergebnisses nicht einschließenden Verständnis von der Prüfung vor Augen haben konnte (vgl. BVerwG 7 P 11.58 - BVerwGE 8, 219 = Buchholz 238.3 § 57 PersVG Nr. 2). Ob freilich dem Vorschlag des Innenausschusses, auf welchen die Gesetz gewordene Fassung des § 80 BPersVG zurückgeht, eine Analyse der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung tatsächlich vorausgegangen ist, ist nicht bekannt.

cc)

Immerhin war bei Verabschiedung des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom in einigen Landespersonalvertretungsgesetzen eindeutig geregelt, dass sich das Beteiligungsrecht des Personalrats bei Prüfungen auf die Beratung der Prüfungskommission erstreckte. Andererseits gab es zum damaligen Zeitpunkt auch Landesrecht, welches die Teilnahme an der Beratung ausdrücklich ausschloss (vgl. die Nachweise im Beschluss vom a.a.O. S. 268 bzw. S. 4). Der Bundesgesetzgeber hat demnach in beiden Richtungen von einer Klarstellung abgesehen.

c)

Teleologische und ergänzende rechtssystematische Erwägungen lassen die Einbeziehung der Beratung der Prüfungskommission in das Beteiligungsrecht nach § 80 BPersVG nicht zu.

Der Senat hat im Beschluss vom (a.a.O. S. 270 bzw. S. 6) den eigentlichen Zweck des § 80 BPersVG nicht in einer Kontrolle der Prüfungskommission bei Durchführung der ihr in der Sache allein obliegenden Prüfung, sondern in einer Unterstützung der Prüfungskommission und einer Betreuung der Prüflinge mit dem Ziel gesehen, einen von Störungen und Nachteilen freien Verlauf der Prüfung zu gewährleisten. Daran ist im Wesentlichen festzuhalten.

Unterstützung der Prüfungskommission und Betreuung der Prüflinge sind personalvertretungsrechtlich relevante Ziele. Sie lassen sich unbedenklich aus der generellen Aufgabe des Personalrats zur Wahrnehmung der Beschäftigteninteressen einerseits sowie aus dem Gedanken der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BPersVG) andererseits herleiten. Das stellt auch der Antragsteller nicht in Abrede.

Besonders begründungsbedürftig ist allerdings die Absage an den Kontrollgedanken. Denn die Kontrolle der Dienststelle im Interesse der Beschäftigten hat der Personalrat sowohl im Rahmen seiner allgemeinen Aufgaben als auch bei Wahrnehmung seiner Beteiligungsrechte zu verfolgen (vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 2, § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG). Ein - speziell ausgestaltetes - Beteiligungsrecht ist auch die Teilnahme des Personalrats an Prüfungen gemäß § 80 BPersVG, wie sich schon aus der systematischen Stellung der Vorschrift in Teil 1 Kapitel 5 Abschnitt 3 des Gesetzes ("Angelegenheiten, in denen der Personalrat zu beteiligen ist") ergibt. Die uneingeschränkte Übertragung des Kontrollgedankens, der den allgemeinen Aufgaben des Personalrats ebenso wie seinen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechten immanent ist, auf das Beteiligungsrecht nach § 80 BPersVG mit der Folge einer Einbeziehung der Beratungen der Prüfungskommission ist jedoch aus folgenden Gründen ausgeschlossen.

Bei § 80 BPersVG handelt es sich um eine Norm des Personalvertretungsrechts, welche auf einen anderen Rechtskreis, nämlich den des Prüfungsrechts, verweist. Die Sitzungen und Beratungen der Prüfungskommission stellen den Kernbereich der Prüfertätigkeit dar. Für sie schreiben die Prüfungsordnungen, welche das Prüfungsverfahren in seinen Einzelheiten normieren, Exklusivität vor: Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich die bestellten Prüfer, es sei denn, dass ausnahmsweise die Mitwirkung dritter Personen ausdrücklich zugelassen wird. Damit wird der Besonderheit dieses Verwaltungsverfahrens Rechnung getragen, welche durch die Unabhängigkeit der Prüfer, den ihnen zuerkannten Beurteilungsspielraum und die Vertraulichkeit ihrer Beratungen geprägt ist. Ist ein Personalratsmitglied berechtigt, an den Sitzungen der Prüfungskommission beratend teilzunehmen, so erhält es auch ohne Stimmrecht zwangsläufig Einfluss auf die Bewertung der Prüfungsleistungen; es wird faktisch zum Mitglied der Prüfungskommission. Der Gesetzgeber ist zwar frei, das Beteiligungsrecht des Personalrats an Prüfungen auf diese Weise zu gestalten und damit modifizierend in das Prüfungsrecht einzugreifen. Wegen der erheblichen Auswirkungen bedarf es jedoch einer eindeutigen Regelung, wie dies in einigen Landespersonalvertretungsgesetzen geschehen ist (vgl. § 54 Abs. 4 BrPersVG, § 90 HmbPersVG, § 85 RhPPersVG, § 79 ThürPersVG). An einer derartigen eindeutigen Regelung fehlt es in § 80 BPersVG. Diese Bestimmung lässt vielmehr - wie bereits oben des Näheren ausgeführt wurde - nach Wortlaut, Rechtssystematik und Entstehungsgeschichte die Frage offen, ob sich das Beteiligungsrecht auf die Beratung der Prüfungskommission erstreckt.

Eine unzweideutige Regelung ist noch aus einem anderen Grunde geboten. Erhält das Personalratsmitglied Zutritt zu den Beratungen der Prüfungskommission, so dringt der Personalrat damit in das Zentrum der Entscheidungsfindung der Dienststelle vor. Dies ist atypisch. Denn bei den klassischen Beteiligungsrechten, der Mitbestimmung und der Mitwirkung, setzt die Einleitung des Beteiligungsverfahrens voraus, dass die Willensbildung beim Dienststellenleiter abgeschlossen ist; nach § 69 Abs. 2 Satz 1 und § 72 Abs. 1 BPersVG muss die Maßnahme "beabsichtigt" sein (vgl. BVerwG 6 PB 19.07 - Buchholz 251.91 § 76 SächsPersVG Nr. 1 Rn. 4 m.w.N.). Diese zeitliche und verfahrensmäßige Abstufung wird aufgelöst, wenn das Personalratsmitglied bei der Meinungsbildung über das Prüfungsergebnis zugegen ist.

7.

Erstreckt sich das Beteiligungsrecht nach § 80 BPersVG demnach nicht auf die Beratung der Prüfungskommission, so sieht sich der Senat doch veranlasst, den Inhalt dieses Beteiligungsrechts in zweifacher Hinsicht gegenüber dem bisher in der Rechtsprechung Anerkannten hinaus zu erweitern.

a)

Das Recht des Personalratsmitgliedes, gegenüber der Prüfungskommission Anregungen und Bedenken vorzutragen, ist nicht auf die äußeren Prüfungsbedingungen (Raumfrage, Pausenregelung usw.) begrenzt. Für eine dahingehende Einschränkung liefert der Wortlaut des § 80 BPersVG keinen Anhalt. Sein anerkannter Sinn und Zweck, die Prüflinge zu unterstützen und die Prüfungskommission zu beraten, wird am effektivsten erreicht, wenn es dem Personalratsmitglied gestattet ist, alle sachlichen Aspekte, die ihm bei der Beobachtung des Prüfungsgeschehens aufgefallen sind, geltend zu machen. Gegenstand kritischer Hinweise mit der Bitte um Berücksichtigung können danach der ausgewählte Prüfungsstoff, die gestellten Prüfungsfragen, das Verhalten der Prüfer und andere die Bewertung der Prüfungsleistung bestimmende Gesichtspunkte sein. Der Ausschluss derartiger den Prüfungsinhalt betreffender Faktoren ist umso weniger geboten, als das Beteiligungsrecht nach § 80 BPersVG auf eine beratende Teilnahme beschränkt ist. Die Prüfungskommission ist durch die Stellungnahme des Personalratsmitgliedes daher nicht gebunden, sondern frei in ihrer Entscheidung, ob sie dessen Hinweise, Anregungen und Bedenken berücksichtigt oder nicht.

Dass § 80 BPersVG hinsichtlich der fachlichen Qualifikation des in die Prüfung entsandten Personalratsmitgliedes keine Anforderung stellt, steht nicht entgegen. Der Personalrat ist aufgerufen, dasjenige Mitglied zu entsenden, welches für diese Aufgabe nach Qualifikation oder Erfahrung am ehesten geeignet erscheint. Ob und in welchem Maße dessen Einwände erwägenswert sind, kann die Prüfungskommission frei beurteilen.

b)

Das Beteiligungsrecht nach § 80 BPersVG erstreckt sich auch auf die schriftliche Prüfung. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten eine Beschränkung der Teilnahme auf die mündliche Prüfung (vgl. Lorenzen, a.a.O. § 80 Rn. 17; Altvater u.a., a.a.O. § 80 Rn. 8; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 80 Rn. 6; Benecke, a.a.O. § 80 Rn. 5; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 80 Rn. 6). Auch im Rahmen der schriftlichen Prüfung kann das entsandte Personalratsmitglied auf ordnungsgemäße äußere Prüfungsbedingungen hinwirken und damit einen Beitrag zur Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge leisten. Entsprechendes gilt - wenn auch nicht in gleichem Umfang wie bei der mündlichen Prüfung - für inhaltliche Fragen. Jedenfalls bestehen keine Bedenken dagegen, dass das Personalratsmitglied in seine Anregungen und Bedenken die Aufgabenstellung bei der schriftlichen Prüfungsarbeit einbezieht.

c)

Die Prüfungskommission hat dem entsandten Personalratsmitglied Gelegenheit zu geben, seine Anregungen und Bedenken vorzutragen. Dies hat in einem oder erforderlichenfalls mehreren vertraulichen Gesprächen zu geschehen. Diese müssen zeitlich so gewählt sein, dass die Einwände des Personalratsmitgliedes bei der verbindlichen Beratung der Prüfungskommission über die jeweiligen Prüfungsleistungen Beachtung finden können. Dies bedeutet für das hier in Rede stehende Auswahlverfahren für die Zulassung zum Aufstieg in den höheren Dienst, dass das von dem Personalratsmitglied etwa verlangte vertrauliche Gespräch zwischen der Auswahlkommission und ihm jeweils vor Eintritt in die Beratung über die Bewertung des mündlichen bzw. schriftlichen Teils stattzufinden hat (Nr. 4.2 und 4.3 der Richtlinie vom ).

Interventionen des Personalratsmitgliedes während des eigentlichen Prüfungsgeschehens (mündliche, schriftliche Prüfung) werden seltenen Ausnahmesituationen vorbehalten bleiben müssen, in denen den Prüflingen rechtswidrige und anderenfalls nicht oder nur schwer reparable Nachteile drohen. Im Übrigen werden in aller Regel nachträgliche Hinweise ausreichen, weil die Prüfungskommission im Rahmen der prüfungsrechtlichen Vorgaben befugt ist, auf im vertraulichen Gespräch vorgebrachte Einwände des Personalratsmitgliedes, welche ihr berechtigt erscheinen, angemessen zu reagieren.

8.

Für einen noch weitergehenden Inhalt des Beteiligungsrechts nach § 80 BPersVG lässt sich der vom Antragsteller wiederholt zitierte Senatsbeschluss vom - BVerwG 6 P 16.01 - (Buchholz 251.95 § 51 MBGSH Nr. 5) nicht anführen. Dort hat der Senat ein Mitbestimmungsrecht bei Einführung eines Assessment-Centers auf der Grundlage der Allzuständigkeit des Personalrats nach dem Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein zuerkannt und zugleich entschieden, dass das u.a. auf Auswahlverfahren und Prüfungen bezogene spezielle Teilnahmerecht nach § 49 Abs. 4 Satz 1 MBGSH nicht entgegensteht (a.a.O. S. 23 f.). Zu dem genauen Inhalt dieses Teilnahmerechts verhält sich der Senatsbeschluss nicht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BAAAD-21036