Zulässigkeit einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO; Bestimmung des Steuerpflichtigen und sachlicher Umfang einer Außenprüfung liegt im Ermessen der Finanzbehörde
Gesetze: AO § 193 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 102
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat weder eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO— a.F.; vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; , juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln.
Nach diesen Maßstäben bedarf die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Frage nach den Auswahlkriterien hinsichtlich der Beurteilung der Ermessensausübung der Finanzverwaltung bei Anordnung einer Außenprüfung keiner erneuten Klärung durch eine weitere Revisionsentscheidung des BFH. Denn es ist höchstrichterlich geklärt, dass nach § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen zulässig ist, die einen gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, oder die —wie im Streitfall der Kläger— freiberuflich tätig sind. Den Umfang der Außenprüfung bestimmt die Finanzverwaltung in einer schriftlich zu erteilenden Prüfungsanordnung (§ 196 AO; ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 1994, 500, m.w.N.).
Sowohl die Bestimmung des Steuerpflichtigen wie auch des sachlichen und zeitlichen Umfangs einer Außenprüfung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde (vgl. , BFHE 166, 105, BStBl II 1992, 220, und vom I R 142/90, BFHE 168, 226, BStBl II 1992, 784, jeweils m.w.N.). Für die Ausübung des Ermessens hat die Finanzverwaltung zwar die durch die Betriebsprüfungsordnung (BpO) 2000 vom (BStBl I 2000, 368 - zuletzt geändert durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der BpO, der Vollstreckungsanweisung und der Vollziehungsanweisung vom , BStBl I 2008, 274) gesetzten Grenzen zu beachten. Indes sind Ermessensentscheidungen der Finanzverwaltung —wie sie die Anordnung einer Außenprüfung enthält— nach § 102 FGO von den Gerichten nur auf die Ausübung fehlerfreien Ermessens zu überprüfen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 500; vom III R 8/88, BFH/NV 1990, 273). Eine Auslegung der Verwaltungsanweisungen nach den für die Auslegung von Gesetzen maßgeblichen Kriterien ist den Gerichten verwehrt (vgl. , BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, und vom VII R 39/87, BFHE 158, 182); vielmehr haben die Gerichte die der Finanzverwaltung zustehende „Bandbreite” bei der pflichtgemäßen Ermessensausübung zu respektieren und dürfen nicht ihr Ermessen an die Stelle des der Finanzverwaltung zustehenden Ermessens setzen. Es ist auch geklärt, dass die Finanzbehörde mangels ausreichender Prüfungskapazität für alle in Betracht kommenden Prüfungsfälle im Rahmen ihres Auswahlermessens über einen möglichst sachgerechten und effektiven Einsatz ihrer beschränkten Mittel befinden kann und muss. Da eine umfassende Prüfung der unter § 193 Abs. 1 AO fallenden Personengruppen nicht realisierbar ist, kann sich die Finanzbehörde zumindest die prophylaktische Wirkung nutzbar machen, die in der Unberechenbarkeit eines prüfungsfreien Zeitraums zwischen den turnusmäßigen Prüfungen liegt (vgl. , BFHE 154, 425, BStBl II 1989, 4, m.w.N.).
Im Streitfall hat sich das Finanzgericht (FG) mit dem Problem der Ermessensausübung der Finanzverwaltung, insbesondere der Frage des Auswahlermessens und den inhaltlichen Grenzen der Ermessensausübung, unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung und die Entstehungsgeschichte des § 193 AO ausführlich auseinandergesetzt und ist nach Abwägung der Umstände des Einzelfalles zu dem Schluss gekommen, die angefochtene Prüfungsanordnung verstoße weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch sei sie willkürlich.
Wenn der Kläger sich gegen die Rechtsauffassung des FG wendet, ein Ermessensfehler des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) bei Erlass der Prüfungsanordnung sei nicht gegeben, so rügt er im Ergebnis, das FG-Urteil sei materiell-rechtlich fehlerhaft. Die Zulassung der Revision kann mit der Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung aber nicht erreicht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 887 Nr. 6
EAAAD-20478