Rüge der finanzgerichtlichen Tatsachenwürdigung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (hier: "Outback-Farmtraining" keine Berufsausbildung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2, FGO § 118 Abs. 2, EStG § 32 Abs. 4
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog für seinen Sohn M Kindergeld. Dieser nahm seit dem an einem sog. Outback Farmtraining (Live and Work) in Australien teil. Vom bis zum nahm M in Sydney an einem Sprachkurs teil. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) lehnte die Gewährung von Kindergeld für die Zeit ab April 2007 ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) bejahte nur für den April 2007 einen Anspruch auf Kindergeld und wies die Klage im Übrigen ab. Es war der Ansicht, das Outback Farmtraining könne nicht als Berufsausbildung angesehen werden. Es handele sich um eine bloße Hilfstätigkeit ohne konkreten Bezug zu einem zu ergreifenden Beruf. Der Hinweis darauf, dass der Sohn plane, ein landwirtschaftliches Studium oder ein Studium der Tiermedizin aufzunehmen, sei nicht ausreichend. Es liege auch kein Berufspraktikum vor. Im Streitfall sei eine etwaige Berufsausbildung gegenüber der Arbeitsleistung von völlig untergeordneter Bedeutung. Das Outback Farmtraining sei auch keine soziale Tätigkeit gewesen. Nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) werde ein solcher Dienst ganztätig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen geleistet, insbesondere in Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. Eine derartige Einrichtung liege im Streitfall nicht vor. Für den Monat April 2007, in dem M Sprachunterricht erhalten habe, stehe dem Kläger Kindergeld zu.
Zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde führt der Kläger im Wesentlichen aus, M habe in Australien Kenntnisse erworben, die er für sein Studium der Landwirtschaft oder der Tiermedizin verwenden könne. Er sei durchgehend auf Farmen als Farmarbeiter eingesetzt gewesen und habe sich zur Vervollkommnung und Abrundung seines Wissens und seiner Fähigkeiten auf den künftigen Beruf vorbereitet. Die Rechtssache sei wegen der Frage der Live-and-Work-Praktika von grundsätzlicher Bedeutung, auch sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig. Zu klären sei die Rechtsfrage, in welchem Umfang Auslandsaufenthalte, die von privaten oder auch nicht gemeinnützigen Anbietern organisiert würden und bei denen im Rahmen von Praktika Erfahrungen auf einem bestimmten Berufsfeld erworben würden, geeignet seien, den Anspruch auf Kindergeld auszulösen oder fortbestehen zu lassen. Der BFH habe seine diesbezügliche Rechtsprechung gelockert. Angesichts der Vielzahl der FG-Entscheidungen sei unklar, welche Kriterien erfüllt sein müssten. Es sei noch nicht entschieden worden, ob bei einem Auslandspraktikum, das der Vorbereitung auf ein Studium diene, der steuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung erfüllt sei. Das angefochtene Urteil weiche zudem von der Rechtsprechung des BFH ab. Das FG habe den Rechtssatz aufgestellt, dass eine bloße Hilfstätigkeit im Ausland nicht geeignet sei, einen konkreten Bezug zu einem künftig zu ergreifenden Beruf herzustellen. Dieser Rechtssatz widerspreche der weiten Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung, wie ihn der BFH in seiner Rechtsprechung geprägt habe (Urteile vom VIII R 78/99, BFHE 203, 90, BStBl II 2003, 841; vom VIII R 58/01, BFHE 199, 11, BStBl II 2002, 523; vom VIII R 75/00, BFH/NV 2004, 171). Hiernach befinde sich jeder in Berufsausbildung, der seine Berufsziele noch nicht erreicht habe, sich aber ernsthaft darauf vorbereite. Hierzu zählten auch Hilfstätigkeiten im Rahmen der Berufsvorbereitung. Für wissenschaftliche Hilfstätigkeiten habe das FG Baden-Württemberg dies entschieden (Urteil vom 2 K 40/00, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2002, 1618). Auch sei zu beanstanden, dass das FG den Fall entschieden habe, obwohl beim BFH unter dem Aktenzeichen III R 61/06 eine Revision anhängig sei, die einen im Wesentlichen vergleichbaren Sachverhalt betreffe.
II. 1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.
a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den gegebenenfalls veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Auch ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch das erforderliche Allgemeininteresse. Ebenso fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung bei einer lediglich einzelfallbezogenen Beurteilung eines Streitfalles (z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335, und vom VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Allein mit der Formulierung einer Rechtsfrage wird noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Der Umstand, dass über die konkrete Fallgestaltung noch nicht entschieden worden ist, belegt keinen im Allgemeininteresse liegenden Klärungsbedarf. Kann der Streitfall anhand der bislang ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden werden, ist eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht gerechtfertigt.
c) Im Streitfall kam das FG —ausgehend von der Rechtsprechung des BFH— zu der Überzeugung, dass das sog. Outback Farmtraining in Australien keinen konkreten Bezug zu einem zu ergreifenden Beruf des M gehabt habe. Die Behauptung des Klägers, M beabsichtige, ein Studium der Tiermedizin oder ein landwirtschaftliches Studium aufzunehmen, war für das FG nicht ausreichend. Die Würdigung von Tatsachen durch das Gericht kann nicht im Verfahren über die Nichtzulassung der Revision gerügt werden (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1335).
2. Insoweit, als der Kläger geltend macht, es sei eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), weil das FG von den BFH-Urteilen in BFHE 203, 90, BStBl II 2003, 841, in BFHE 199, 11, BStBl II 2002, 523 und in BFH/NV 2004, 171 sowie vom Urteil des FG Baden-Württemberg in EFG 2002, 1618 abgewichen sei, ist die Beschwerde unbegründet. Nach Ansicht des Klägers weicht der vom FG aufgestellte Rechtssatz, wonach eine bloße Hilfstätigkeit im Ausland nicht geeignet sei, einen konkreten Bezug zu einem künftig zu ergreifenden Beruf herzustellen, von den zitierten Urteilen ab. Allerdings findet sich dieser Rechtssatz im angefochtenen Urteil in dieser Allgemeinheit nicht. Vielmehr war die Vorinstanz im Streitfall der Überzeugung, der Auslandsaufenthalt habe keinen konkreten Bezug zu einem aufzunehmenden Studium im Bereich der Tiermedizin oder der Landwirtschaft gehabt.
3. Mit dem Vortrag, das FG habe zur Sache entschieden, obwohl beim BFH eine Revision zu einem vergleichbaren Sachverhalt anhängig sei, macht der Kläger keinen Verfahrensmangel geltend, der zur Revisionszulassung führt. Ein Ruhen des finanzgerichtlichen Verfahrens nach § 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung hätte entsprechende Anträge der Beteiligten vorausgesetzt, die allerdings nicht gestellt wurden. Ebenso wenig kam eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO in Betracht (s. , BFH/NV 2008, 940).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 909 Nr. 6
IAAAD-19260