BFH Urteil v. - IV R 11/06

Steuerbegünstigte Betriebsaufgabe eines landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs

Leitsatz

Die Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs ist jedenfalls dann (noch) steuerbegünstigt, wenn sich beim Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen die Betriebsaufgabe zwar über 15 Monate, jedoch lediglich über zwei Veranlagungszeiträume erstreckt.

Gesetze: EStG § 14, EStG § 16 Abs. 3, EStG § 34 Abs. 2 Nr. 1, BGB § 313, AO § 39 Abs. 2 Nr. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Brüder und unterhielten seit 1974 einen buchführungspflichtigen landwirtschaftlichen Betrieb in W. in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Im Oktober 1993 begannen die Kläger damit, einzelne Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens des landwirtschaftlichen Betriebs an verschiedene Erwerber zu veräußern. Im Einzelnen wickelten die Kläger ihren landwirtschaftlichen Betrieb wie folgt ab:

- Oktober 1993: Veräußerung von ca. 6,1 ha Grünland.

- 6. November und : Veräußerung der gesamten Milchquoten.

- Januar 1994: Veräußerung der Milchkühe an die GmbH in G., an der die Kläger beteiligt waren.

- : Veräußerung einer Scheune mit Grundstück für 80 000 DM.

- : Abschluss eines notariellen Vertrages über die Veräußerung der Hofstelle (31,24 ha landwirtschaftliche Nutzfläche) mit den Eheleuten K. Der Vertrag umfasst auch die Auflassung des Grundstücks. Nach § 3 des Vertrages sollte der Besitz an dem Kaufobjekt am auf die Erwerber übergehen. Als Kaufpreis war ein Betrag von insgesamt 960 000 DM vereinbart. Die Kaufpreiszahlung sollte ratierlich erfolgen; 100 000 DM bei Vertragsschluss, 200 000 DM bis zum sowie die restlichen 660 000 DM bis zum .

- Dezember 1994: Die Erwerber begannen mit Umbauarbeiten des auf der Hofstelle befindlichen Wohnhauses. Ebenfalls im Dezember 1994 teilten die Kläger der Gebäudeversicherung mit (), dass sie die Hofstelle an die Eheleute K. verkauft und übergeben hätten.

- : Die Kaufvertragsparteien änderten mit notarieller Vereinbarung den Kaufvertrag dahin, dass Besitz, Nutzung, Gefahrübergang sowie die mit dem Kaufobjekt verbundenen öffentlichen Lasten und Abgaben bereits „mit Wirkung vom ” auf die Erwerber übergegangen sind und der Restkaufpreis von 660 000 DM am gezahlt werden sollte.

- Ende Dezember 1994: Veräußerung der verbliebenen Bullen sowie der restlichen Maschinen an den Betrieb in G.

- Dezember 1994: Die nach Veräußerung der Hofstelle noch verbliebenen 8 ha landwirtschaftliche Fläche überführten die Kläger mit Einstellung ihrer Tätigkeit in W. in ihr Privatvermögen.

Im Rahmen der Feststellungserklärungen für die Jahre 1993 und 1994 gingen die Kläger von einer tarifbegünstigten Betriebsaufgabe bis zum aus und erklärten entsprechende Aufgabegewinne.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) folgte zunächst den Erklärungen. In den geänderten Feststellungsbescheiden für 1993 und 1994 und dem erstmaligen Feststellungsbescheid für 1995 vertrat das FA jedoch die Auffassung, dass eine allmähliche Betriebsabwicklung stattgefunden habe und deshalb laufende Gewinne vorlägen. Zudem sei der Gewinn aus der Veräußerung der Hofstelle in 1995 realisiert worden.

Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging von einer tarifbegünstigten Betriebsaufgabe aus, da die Kläger die betriebliche Tätigkeit endgültig eingestellt und alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang, d.h. innerhalb kurzer Zeit, an verschiedene Erwerber veräußert und im Übrigen in das Privatvermögen überführt hätten.

Der Betrieb sei innerhalb kurzer Zeit abgewickelt worden, da die Kläger die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem Abwicklungszeitraum von (allenfalls) 15 Monaten, nämlich von Oktober/November 1993 bis Ende Dezember 1994, veräußert bzw. entnommen hätten.

Der Aufgabezeitraum habe im Oktober 1993 mit dem Abschluss des Kaufvertrages über die Fläche von 6,1 ha Grünland begonnen und habe mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an der Hofstelle am geendet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe für das FG fest, dass das wirtschaftliche Eigentum an dem Hofgrundstück auf Grund schlüssiger Vereinbarung zwischen den Kaufvertragsparteien ungeachtet der anders lautenden notariellen Urkunde bereits am auf die Käufer übergegangen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei daher auch der Gewinn aus dieser Grundstücksveräußerung realisiert worden.

Die vollständigen Urteilsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1054 veröffentlicht.

Dagegen richtet sich die Revision des FA. Das wirtschaftliche Eigentum an der Hofstelle sei erst in 1995 übergegangen. Die von dem FG vorgenommene Auslegung zum Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums widerspreche dem Grundsatz, wonach steuerlich anzuerkennende Vereinbarungen nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft vereinbart werden könnten. Auch lasse das FG bei seiner Auslegung unberücksichtigt, dass den Käufern nach dem Kaufvertrag zumindest bis zum Zeitpunkt der Änderungsabrede vom kein Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks bzw. auf Besitzübergabe zugestanden habe. Auch hätten die Kläger das Grundstück noch bis zum Einzug der Käufer genutzt, da sich bis zu diesem Zeitpunkt das an die GmbH veräußerte Vieh teilweise noch auf dem Hof befunden habe. Die Verschiebung der Fälligkeit des Restkaufpreises um einen Monat nach hinten sei als Gegenleistung für die Übernahme der Lasten durch die Erwerber zu würdigen, die nach der Vertragsgestaltung von den Klägern zu tragen gewesen wären.

Den notariellen Vereinbarungen kämen ein höherer Beweiswert und eine höhere Aussagekraft zu, als der behaupteten mündlichen Vereinbarung. Die Wirksamkeit einer notariellen Vereinbarung könne nicht, wenn sie sich als steuerlich ungünstig herausstelle, durch eine mündliche Vereinbarung geändert werden.

Davon ausgehend habe sich die Abwicklung des Betriebs über drei Veranlagungszeiträume erstreckt und sei daher nicht mehr tarifbegünstigt.

Das FA beantragt (sinngemäß), die Vorentscheidung aufzuheben und unter Berücksichtigung der unstreitigen Buchwertabspaltung der Milchquote die Feststellungsbescheide 1993 und 1995 dahin abzuändern, dass für 1993 ein laufender Gewinn in Höhe von 521 632 DM und für 1995 ein laufender Gewinn in Höhe von 19 802 DM festgestellt wird, im Übrigen die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Zutreffend sei das FG nach der Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass auf Grund zulässiger, vom notariellen Kaufvertrag abweichender Vereinbarung Besitz, Nutzungen und Lasten und damit das wirtschaftliche Eigentum an der Hofstelle zum auf die Erwerber übergegangen seien. Damit erstrecke sich die Betriebsaufgabe allenfalls auf 15 Monate. Es liege daher ein kurzer Abwicklungszeitraum im Sinne der Rechtsprechung vor. Die Veräußerungsgewinne seien daher tarifbegünstigt zu versteuern.

II. Das angefochtene Urteil ist gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen offenbarer Unrichtigkeit zu berichtigen.

1. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt insoweit vor, als der Tenor betreffend den Feststellungsbescheid 1994 in der den Beteiligten übersandten schriftlichen Urteilsausfertigung und ebenfalls in der von den Richtern unterschriebenen Originalurteilsausfertigung offensichtlich irrtümlich lautet: Für 1994 wird ein Gewinn von insgesamt 222 105 DM festgestellt, der sich aus ./. 222 105 DM laufendem Verlust und 834 528 DM Aufgabegewinn zusammensetzt. Tatsächlich hat das FG, ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung und entsprechend dem Antragsbegehren der Kläger, gemäß § 104 Abs. 1 FGO im Anschluss an die mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung zutreffend wie folgt tenoriert: Für 1994 wird ein Gewinn von insgesamt 222 105 DM festgestellt, der sich aus ./. 22 677 DM laufendem Verlust und 244 782 DM Aufgabegewinn zusammensetzt. Das Urteil ist mit dem verkündeten Tenor wirksam geworden (vgl. , BFHE 203, 523, BStBl II 2004, 89). Der davon abweichende Tenor in der schriftlichen Urteilsausfertigung ist daher zu berichtigen.

2. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt des Weiteren insoweit vor, als das FG wegen der Feststellung für 1995 offensichtlich irrtümlich einen laufenden Verlust in Höhe von 19 457 DM festgestellt hat. Ausgehend von dem Antrag der Kläger, wie er in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung protokolliert worden ist, handelt es sich dabei um den Saldo der Einkünfte aus Kapitalvermögen (48 DM), Vermietung und Verpachtung (2 888 DM) sowie Land- und Forstwirtschaft (./. 22 393 DM). Da das FG dem Antrag der Kläger in vollem Umfang stattgeben wollte, stimmt der erkennbar gewollte Inhalt des Tenors nicht mit dem formulierten Tenor überein. Der Tenor ist mithin entsprechend dem Antragsbegehren zu berichtigen.

3. Zuständig für die Berichtigung ist nach Anhängigkeit des Verfahrens in der Rechtsmittelinstanz —wie im Streitfall— der BFH. Die berichtigte Fassung tritt an die Stelle der ursprünglichen Fassung und ist allein maßgeblich für die Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. , BFH/NV 2004, 1265, m.w.N.).

III.

Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen

(§ 126 Abs. 2 FGO).

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Kläger ihren landwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 14 i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgegeben und daraus einen tarifbegünstigten Gewinn erzielt haben. Ebenfalls zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Hofstelle im Jahr 1994 realisiert worden ist.

1. Gemäß § 14 i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt als Veräußerung auch die Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs. Eine Betriebsaufgabe kann sich im Gegensatz zu der Betriebsveräußerung über einen gewissen Zeitraum hinweg vollziehen. Die Betriebsaufgabe verlangt, dass nach der Betriebseinstellung alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an mehrere Abnehmer veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt oder insgesamt in das Privatvermögen überführt werden (, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385, und vom IV R 14/03, BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395, jeweils m.w.N.). Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, und endet mit der Veräußerung oder Entnahme der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage.

2. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des FG, dass die Betriebsaufgabe mit dem Verkauf der Grünlandflächen im Oktober 1993 begonnen und mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an der Hofstelle an die Eheleute K. und der Überführung der verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen ins Privatvermögen zum Ende des Jahres 1994 abgeschlossen worden ist.

a) Ist die Betriebsaufgabe mit dem Verkauf der letzten wesentlichen Betriebsgrundlagen abgeschlossen, kommt es für die Bestimmung des Betriebsaufgabezeitraums nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, sondern auf den tatsächlichen Vollzug des Kaufvertrages an (Senatsurteil vom IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392). Eine Grundstücksübertragung ist erst dann vollzogen, wenn das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück auf den Erwerber übertragen worden ist.

b) Weder der Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages noch die Auflassung (§§ 873, 925 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) führen als solche zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem Grundstück. Maßgebend ist allein, wann der Erwerber vereinbarungsgemäß wirtschaftlich über das Wirtschaftsgut verfügen kann. Das ist bei der Übertragung eines Grundstücks in der Regel der Fall, wenn Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf diesen übergehen. Denn maßgebend für eine Zurechnung aufgrund wirtschaftlichen Eigentums ist vor allem, dass Substanz und Ertrag des Grundstücks wirtschaftlich dem Nutzungsberechtigten zustehen. Solange Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten noch nicht auf den Erwerber übergegangen sind, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (, BFHE 202, 320, BStBl II 2003, 751, m.w.N.).

c) Der Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an einem Grundstück bestimmt sich dabei in der Regel nach dem Moment, zu dem dem Erwerber nach dem notariellen Kaufvertrag Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten übertragen werden (, BFHE 196, 139, BStBl II 2002, 284, m.w.N.).

d) Den Kaufvertragsparteien ist es jedoch grundsätzlich unbenommen, eine von der ursprünglichen schuldrechtlichen notariellen Vereinbarung abweichende Regelung über den Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten zu treffen. Ist die Auflassung zu diesem Zeitpunkt bereits erklärt, bedarf diese Vertragsänderung auch nicht mehr der notariellen Form gemäß § 313 BGB (, BGHZ 104, 276).

Etwas anderes lässt sich auch nicht dem BFH-Urteil in BFHE 202, 320, BStBl II 2003, 751 entnehmen. Soweit darin ausgeführt wird, dass das behauptete Einverständnis zwischen den Vertragspartnern, dass Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten abweichend von der notariellen Vereinbarung bereits früher übergehen, für die Annahme des wirtschaftlichen Eigentums nicht genüge, handelt es sich um die Würdigung eines Einzelfalls. Die Entscheidung kann indes nicht dahin verstanden werden, dass eine den Kaufvertrag abändernde Vereinbarung grundsätzlich nicht zulässig sei. Auch der Entscheidung in BFHE 196, 139, BStBl II 2002, 284, auf die die Entscheidung in BFHE 202, 320, BStBl II 2003, 751 Bezug nimmt, lag ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Dort hat der BFH einer behaupteten Vereinbarung über den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil die Vereinbarung noch vor dem Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages datierte.

Steuerlich sind die Vereinbarungen indes dann nicht anzuerkennen, wenn sie auf einen bereits abgelaufenen Zeitpunkt zurückwirken sollen. Denn grundsätzlich ist es dem Steuerpflichtigen nicht möglich, auf steuerrelevante Vorgänge mit Wirkung für die Vergangenheit Einfluss zu nehmen (, BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682, m.w.N.).

3. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG die Überzeugung gewonnen, dass das wirtschaftliche Eigentum an der Hofstelle nicht entsprechend der Regelung im Kaufvertrag vom erst am , sondern bereits am auf die Erwerber übertragen worden ist. Diese Feststellung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Im finanzgerichtlichen Verfahren obliegt es dem FG, den der Besteuerung zu Grunde zu legenden Sachverhalt zu ermitteln (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Es muss zu diesem Zweck den Vortrag der Beteiligten und den sonstigen Akteninhalt verwerten sowie erforderlichenfalls Beweis erheben (§ 81 FGO). Die Würdigung der ihm vorliegenden Unterlagen und Beweisergebnisse ist grundsätzlich allein dem FG vorbehalten, das hierbei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheiden muss (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die auf diese Weise zustande gekommene Entscheidung kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das FG entweder von einem unzureichend aufgeklärten Sachverhalt ausgegangen ist oder mit seiner Sachverhaltswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat (, BFH/NV 2005, 1009, m.w.N.).

b) Im Streitfall hat das FG aus den vorliegenden Unterlagen und den Zeugenaussagen geschlossen, dass das wirtschaftliche Eigentum an der Hofstelle auf Grund einer den Kaufvertrag abändernden mündlich getroffenen Vereinbarung bereits am auf die Erwerber übergegangen ist. Die Angriffe gegen diese Würdigung haben keinen Erfolg. Auf Grund der Einlassung der Erwerberin und des den Kaufvertrag beurkundenden Notars ist diese Schlussfolgerung des FG jedenfalls möglich. Die Erwerberin hat sich dahin eingelassen, dass sie sich bereits etwa ein bis zwei Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages mit den Klägern dahin verständigt habe, dass sie —die Käufer— in das bereits leergezogene Haus einziehen könnten. Sie hätten auch gleich mit umfangreichen Renovierungsarbeiten an dem Gebäude begonnen und ihre Pferde auf den Grundbesitz verbracht. Die von den Klägern getragenen Grundstückslasten seien mit Gegenansprüchen aus der Versorgung der auf dem Hof verbliebenen Kälber verrechnet worden. Der beurkundende Notar hat bekundet, dass er den Übergang und die Nutzung der Hofstelle von der landwirtschaftlichen Genehmigung habe abhängig machen wollen. Ihm sei aber bekannt gewesen, dass die Beteiligten etwas anderes im Sinn gehabt hätten. Dass die Erwerber bereits vorher „in das Gebäude gewollt” hätten, habe sich auch aus der hohen Anzahlung ergeben. Er habe aber für den Vertrag ein festes Datum gebraucht und den Parteien eine interne Regelung anheim gestellt.

Soweit das FG aus den mündlichen Absprachen der Kaufvertragsparteien im Zusammenhang mit der vorzeitigen Inbesitznahme und der Renovierung der Hofstelle sowie der Einlassung des Notars gefolgert hat, dass der Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten einvernehmlich abweichend von dem Kaufvertrag jedenfalls auf den vorverlegt worden sei, mag diese Würdigung zwar nicht zwingend sein, sie ist aber jedenfalls möglich und deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

Da in dem Kaufvertrag bereits die Auflassung erklärt wurde, bedurfte die abweichende Vereinbarung, worauf das FG zutreffend hingewiesen hat, nicht der notariellen Form und konnte daher formlos zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbart werden.

Davon ausgehend hat das FG der weiteren notariellen Vereinbarung vom im Ergebnis zu Recht keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Die Kaufvertragsparteien haben die den Kaufvertrag vom insoweit abändernde notarielle Vereinbarung ersichtlich auf Grund der irrigen Annahme getroffen, dass es für die Wirksamkeit der zuvor getroffenen mündlichen Vereinbarung der notariellen Form bedürfe. So verstanden wird in der notariellen Vereinbarung vom der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auch nicht rückwirkend geregelt, sondern der bereits tatsächlich vollzogene Übergang nachträglich in notarieller Form bestätigt. Soweit darin vereinbart worden ist, dass Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten mit Wirkung vom auf die Käufer übergehen sollten, ist das FG nach der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass es sich um eine „falsa demonstratio” gehandelt habe, da die Kläger das wirtschaftliche Eigentum tatsächlich schon in 1994 auf die Erwerber übertragen hätten. Dies werde auch durch die Aussage des Notars bestätigt, wonach die Datumsfestlegung aus seiner Sicht nur abrechnungstechnischer Natur gewesen sei und nicht dem tatsächlichen Geschehensablauf entsprochen habe.

Dass sich auf der Hofstelle bis Mai 1995 noch Vieh befunden hat, welches die Kläger an die GmbH in G. veräußert hatten, steht der Würdigung des FG ebenfalls nicht entgegen. Insoweit hat das FG nämlich festgestellt, dass die Kaufvertragsparteien ab dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums eine Verrechnungsabrede über die von den Klägern zu zahlende Nutzungsvergütung mit den von den Erwerbern zu tragenden Grundstückslasten getroffen haben. Die Frage des höheren Beweiswertes einer notariellen Vereinbarung gegenüber einer davon abweichenden mündlichen Vereinbarung stellt sich im Streitfall schon deshalb nicht, weil der beurkundende Notar im Rahmen der Zeugeneinvernahme ausgesagt hat, dass das Datum nur abrechnungstechnischer Natur gewesen sei und er gewusst habe, dass das Grundstück bereits vor diesem Zeitpunkt übergegangen sei.

4. Die Betriebsaufgabe wurde auch innerhalb kurzer Zeit vollzogen.

a) Ob die Veräußerung und/oder Entnahme der wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb eines kurzen und damit noch der Steuerbegünstigung unterfallenden Abwicklungszeitraums durchgeführt worden ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da die Wirtschaftsgüter bei der Betriebsaufgabe im Gegensatz zur Betriebsveräußerung regelmäßig an mehrere Abnehmer veräußert werden, bedarf es für die Verkaufsabwicklung regelmäßig eines gewissen Zeitraums. Für dessen Bestimmung ist insbesondere die Marktgängigkeit der zum Verkauf stehenden Betriebsgrundlagen zu berücksichtigen. Es kann dem Steuerpflichtigen nämlich nicht zugemutet werden, schwer verkäufliche Wirtschaftsgüter unter Zeitdruck unter ihrem Wert „loszuschlagen”, nur um die Steuervergünstigung aus § 16 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu erhalten ( und VI 119/65, BFHE 87, 134, BStBl III 1967, 70).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat in einem besonders gelagerten Einzelfall einen Abwicklungszeitraum von 14 oder auch 18 Monaten bei dem Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen ungeachtet des Umstandes als unschädlich angesehen, dass der Betriebsaufgabegewinn sich dadurch über zwei Veranlagungszeiträume erstreckte (Senatsurteile in BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385, und in BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395, jeweils m.w.N.).

c) Da das wirtschaftliche Eigentum an der Hofstelle nach den bindenden Feststellungen des FG bereits zum auf die Erwerber übergegangen ist und die letzten verbliebenen Betriebsgrundstücke zum Ende des Jahres 1994 in das Privatvermögen überführt worden sind, hat sich die Betriebsaufgabe über einen Zeitraum von 15 Monaten erstreckt. Dieser Abwicklungszeitraum ist noch als „kurzer Zeitraum” im Sinne der Rechtsprechung zu werten.

Ob ein 15-monatiger Abwicklungszeitraum auch dann noch als „kurzer Zeitraum” im Sinne der Rechtsprechung zu werten ist, wenn er sich über drei Veranlagungszeiträume erstreckt, bedarf keiner Entscheidung, da im Streitfall lediglich zwei Veranlagungszeiträume betroffen sind.

5. Da das wirtschaftliche Eigentum an der Hofstelle im Jahr 1994 übergegangen ist, ist der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Hofstelle ebenfalls in 1994 realisiert worden.

6. Die Sache ist spruchreif. Die Höhe der vom FG festgestellten Veräußerungsgewinne und laufenden Gewinne bzw. Verluste ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auch der Senat hat nach den vorliegenden Unterlagen keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Feststellung, wie sie sich nach der Korrektur der offenbaren Unrichtigkeit im Tenor ergebe, zu zweifeln.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 937 Nr. 6
KAAAD-18497