Keine Wiedereinsetzung wegen verspäteter Anhörungsrüge bei Angehörigen der steuerberatenden Berufe
Gesetze: FGO § 56, FGO § 133a
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Kläger) wendet sich mit einer Anhörungsrüge nach § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegen den (BFH/NV 2009, 41), mit dem seine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Die Anhörungsrüge wurde mit Schriftsatz des steuerlichen Beraters des Klägers vom , eingegangen am gleichen Tag, erhoben. Mit der Rüge macht der Kläger Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend.
Zur Frage, ob die Anhörungsrüge gegen den dem steuerlichen Berater des Klägers am bekannt gegebenen BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 41 rechtzeitig erhoben worden ist, wird vorgetragen, die Rüge sei nicht verspätet eingelegt worden. Nicht dem Verfahrensbevollmächtigten, sondern dem Kläger sei rechtliches Gehör versagt worden. Der steuerliche Berater habe dem Kläger den ihm am bekannt gegebenen Beschluss in BFH/NV 2009, 41 wegen einer reisebedingten Abwesenheit erst am aushändigen können. Der Kläger habe somit erst an diesem Tag von der Entscheidung Kenntnis nehmen können und innerhalb einer Frist von zwei Wochen die Anhörungsrüge angebracht.
Der Beklagte, Beschwerdegegner und Rügegegner (das Finanzamt) hat sich zur Rüge des Klägers nicht geäußert.
II. Die Anhörungsrüge ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen. Die Frist für die Einlegung einer Anhörungsrüge ist nicht gewahrt.
1. Nach § 133a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO ist die Anhörungsrüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben. Es kann dahinstehen, wann der Kläger selbst Kenntnis von den geltend gemachten Verletzungen des rechtlichen Gehörs genommen hat. Nach § 62 Abs. 6 Satz 5 FGO sind Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an den Bevollmächtigten zu richten. Mit dieser Zustellung und nicht mit der Zustellung an den Beteiligten beginnt die Rechtsmittelfrist zu laufen (, BFHE 107, 163, BStBl II 1973, 84). Da der Beschluss dem Bevollmächtigen des Klägers am bekannt gegeben worden ist, ist die am beim BFH eingegangene Anhörungsrüge verspätet.
2. Dem Kläger ist auch nicht nach § 56 Abs. 1 FGO Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren, weil er nicht ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Einreichung der Anhörungsrüge zu wahren. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dessen Verschulden sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO zurechnen lassen muss (vgl. , BFHE 157, 305, BStBl II 1989, 848, 850), hat die Frist nach § 133a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO schuldhaft versäumt.
a) Ein Verschulden i.S. des § 56 Abs. 1 Satz 1 FGO ist, jedenfalls wenn es sich um die Fristversäumnis eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts handelt, nur dann zu verneinen, wenn die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt angewendet worden ist (vgl. , BFH/NV 1994, 384, 385). Schon bei einfacher Fahrlässigkeit ist danach Verschulden gegeben; reicht der Prozessbevollmächtigte für seinen Mandaten Anhörungsrüge ein, so muss er auch die entsprechenden Formen und Fristen einhalten (vgl. zur Revision , BFH/NV 2000, 740). Denn von Angehörigen der steuerberatenden Berufe, die als Prozessbevollmächtigte ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf einlegen, muss erwartet werden, dass sie die Voraussetzungen und die Anforderungen dafür kennen oder sich zumindest davon Kenntnis verschaffen (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 76/92, BFH/NV 1994, 105; vom VII B 222/97, BFH/NV 1998, 616; vom III R 14/01, BFH/NV 2002, 48). Ein Rechtsirrtum über das einzulegende Rechtsmittel bzw. den einzulegenden Rechtsbehelf bzw. die insoweit zu wahrenden Anforderungen sind danach nicht entschuldbar (Senatsbeschluss vom X R 5/01, BFH/NV 2001, 936).
b) Nach diesen Maßstäben kann im Streitfall Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu der Auffassung gelangen konnte, die Frist nach § 133a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO beginne erst in dem Zeitpunkt, in dem er den Senatsbeschluss in BFH/NV 2009, 41 an den Kläger weiterleitet.
3. Die Kostenpflicht ergibt sich aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz —GKG— (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG i.d.F. des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember
2004, BGBl I 2004, 3220). Es fällt eine Festgebühr von 50 € an.
Fundstelle(n):
PAAAD-15993